T 1232/10 () of 4.12.2014

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2014:T123210.20141204
Datum der Entscheidung: 04 Dezember 2014
Aktenzeichen: T 1232/10
Anmeldenummer: 05825190.1
IPC-Klasse: G07C 9/00
G09F 3/03
E05B 45/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 453 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: SYSTEM UND VERFAHREN ZUR REGISTRIERUNG DES ÖFFNENS VON VERSCHLÜSSEN VON ZU SICHERNDEN RÄUMEN
Name des Anmelders: ROBERT BOSCH GMBH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention R 137(3)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 15(1)
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Neuheit - (nein) Hauptantrag, zweiter Hilfsantrag
Erfinderische Tätigkeit - (nein) erster, dritter und vierter Hilfsantrag
Spät eingereichter Antrag - Antrag identisch mit dem im erstinstanzlichen Verfahren nicht zugelassenen Hilfsantrag
Spät eingereichter Antrag - zugelassen (nein)
Spät eingereichter Antrag - fünfter Hilfsantrag
Spät eingereichte Hilfsanträge - zugelassen (nein) sechster Hilfsantrag
Zurückverweisung an die erste Instanz - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Anmelderin richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 05 825 190 wegen mangelnder Neuheit nach Artikel 54(1) EPÜ (Hauptantrag) und wegen mangelnder erfinderischer Tätig­keit nach Artikel 56 EPÜ (damaliger erster Hilfsantrag, zweiter Hilfs­antrag, dritter Hilfsantrag, dama­liger vierter Hilfsantrag, damaliger sechster Hilfsantrag) zurückzuweisen und den damaligen fünften Hilfsantrag nach Regel 137(3) EPÜ nicht in das Prüfungsverfahren zuzulassen.

II. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragte die Beschwerdeführerin (Anmelderin) die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage der Ansprüche gemäß dem der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Hauptantrag, oder, hilfsweise, gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vom 4. Dezember 2014 eingereichten ersten Hilfsantrag, gemäß dem der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden zweiten oder dritten Hilfsantrag, oder gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vom 4. Dezember 2014 eingereichten vierten Hilfsantrag, weiter hilfsweise die Rückverweisung der Beschwerde an die Prüfungs­abteilung zur Prüfung des der angefochtenen Ent­scheidung zugrundeliegenden fünften Hilfsantrags, weiter hilfsweise die Erteilung eines Patents auf der Grundlage der Ansprüche gemäß dem mit Schreiben vom 4. November 2014 eingereichten sechsten Hilfsantrag oder gemäß dem in der mündlichen Verhandlung eingereichten siebten Hilfsantrag.

III. Es wird auf folgendes Dokument Bezug genommen:

D1: US 2004/0100379 A1.

IV. Der Wortlaut des jeweiligen unabhängigen Anspruchs 1 der entsprechenden Anträge lautet wie folgt (Einfügung der Referenzzeichen "(i)", "(ii)", ..., "(vii)" durch die Kammer):

a) Hauptantrag

"1. Einrichtung zur Registrierung des Öffnens von Türen oder Deckeln von zu sichernden Räumen, wobei ein Versiegelungsmodul (1), das einen Lagesensor (6), einen Mikroprozessor (4), einen Speicher (5) und eine Vorrichtung (2, 3) zur drahtlosen Kommunikation enthält, derart an die Tür oder den Deckel anbringbar ist, dass der Lagesensor (6) an der Tür oder dem Deckel befestigt ist

(i) und der Lagesensor (6) eine Bewegung der Tür oder des Deckels detektiert und die Bewegung dokumentierende Daten in den Speicher (5) schreibt,

und wobei eine Erfassungseinrichtung (11) mindestens eine Vorrichtung (13, 14) zur drahtlosen Kommunikation, einen Mikroprozessor (12) und einen Speicher (15) enthält,

(ii) die zum Auslesen mindestens der die Bewegung dokumentierenden Daten aus dem Speicher (5) des Versiegelungsmoduls (1) und zum Einschreiben dieser Daten in den Speicher (15) der Erfassungseinrichtung (11) ausgebildet sind."

b) Erster Hilfsantrag

Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass er die folgenden zusätzlichen Merkmale enthält:

"und

(iii) wobei nach einer Befestigung eines den Speicher (5) und den Lagesensor (6) enthaltenen Versiegelungs­moduls (1) an der Tür oder dem Deckel die Erfassungs­einrichtung (11) das Versiegelungsmodul (1) durch eine drahtlose Kommunikation aktiviert,

(iv) indem in die Erfassungseinrichtung (11) über eine Eingabeeinheit (16) ein Befehl zur Datenübertragung an das Versiegelungs­modul (1) gegeben wird,

(v) wobei Daten der Datenübertragung einen Befehl enthalten, einen im Versiegelungsmodul (1) enthaltenen Timer auf Null zu setzen und zu starten."

c) Zweiter Hilfsantrag

Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass er das folgende zusätzliche Merkmal enthält:

(vi) "und wobei das Versiegelungsmodul (1) eine optische Anzeigevorrichtung (8) zur Darstellung des aktuellen Status aufweist."

d) Dritter Hilfsantrag

Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass er das folgende zusätzliche Merkmal enthält:

(vii) "und wobei die Erfassungseinrichtung (11) ein Programm aufweist, welches die gespei­cherten Daten von Türen oder Deckeln eines gesicherten Raumes auf einem Bild­schirm (17) sichtbar macht und mit Hilfe eines Menüs eine sequentielle Über­prüfung der zugehörigen Versiegelungs­module (1) vor­gibt, worauf die jeweils überprüften Ver­sie­gelungs­module (1) auf dem Bildschirm (17) entsprechend gekennzeichnet werden."

e) Vierter Hilfsantrag

Anspruch 1 des vierten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass er zusätzlich die Merkmale (iii) bis (v) und (vii) enthält.

f) Fünfter Hilfsantrag

"1. Einrichtung zur Registrierung des Öffnens von Türen oder Deckeln von zu sichernden Räumen, wobei ein Versiegelungsmodul (1), das einen Lagesensor (6), einen Mikroprozessor (4), einen Speicher (5) und eine Vorrichtung (2, 3) zur drahtlosen Kommunikation enthält, derart an die Tür oder den Deckel anbringbar ist, dass der Lagesensor (6) an der Tür oder dem Deckel befestigt ist und der Lagesensor (6) eine Bewegung der Tür oder des Deckels detektiert und die Bewegung dokumentierende Daten in den Speicher (5) schreibt, wobei das Versiegelungsmodul (1) eine optische Anzeigevorrichtung (8) zur Darstellung des aktuellen Status aufweist,

wobei eine Erfassungseinrichtung (11) mindestens eine Vorrichtung (13, 14) zur drahtlosen Kommunikation, einen Mikroprozessor (12) und einen Speicher (15) enthält, die zum Auslesen mindestens der die Bewegung dokumentierenden Daten aus dem Speicher (5) des Versiegelungsmoduls (1) und zum Einschreiben dieser Daten in den Speicher (15) der Erfassungseinrichtung (11) ausgebildet sind,

wobei nach einer Befestigung eines den Speicher (5) und den Lagesensor (6) enthaltenen Versiegelungsmoduls (1) an der Tür oder dem Deckel die Erfassungseinrichtung (11) das Versiegelungsmodul (1) durch eine drahtlose Kommunikation aktiviert, und

wobei die Erfassungseinrichtung (11) ein Programm aufweist, welches die gespeicherten Daten von Türen oder Deckeln eines gesicherten Raumes auf einem Bildschirm (17) sichtbar macht und mit Hilfe eines Menüs eine sequentielle Überprüfung der zugehörigen Versiegelungsmodule (1) vorgibt, worauf die jeweils überprüften Versiegelungsmodule (1) auf dem Bildschirm (17) entsprechend gekennzeichnet werden."

g) Sechster Hilfsantrag

"1. Einrichtung zur Registrierung des Öffnens von Öffnungen von Behältnissen für Wert- und Verschluss­sachen,

wobei ein Versiegelungsmodul (1), das einen Lagesensor (6), einen Mikroprozessor (4), einen Speicher (5) und eine Vorrichtung (2, 3) zur drahtlosen Kommunikation enthält, derart an die Öffnung anbringbar ist, dass der Lagesensor (6) an der Öffnung befestigt ist und der Lagesensor (6) eine Bewegung der Öffnung detektiert und die Bewegung dokumentierende Daten in den Speicher (5) schreibt,

wobei eine Erfassungseinrichtung (11) mindestens eine Vorrichtung (13, 14) zur drahtlosen Kommunikation, einen Mikroprozessor (12) und einen Speicher (15) enthält, die zum Auslesen mindestens der die Bewegung dokumentierenden Daten aus dem Speicher (5) des Versiegelungsmoduls (1) und zum Einschreiben dieser Daten in den Speicher (15) der Erfassungseinrichtung (11) ausgebildet sind, und wobei die Erfassungs­einrichtung (11) ein Programm aufweist, welches die

gespeicherten Daten von Öffnungen auf einem Bildschirm (17) sichtbar macht und mit Hilfe eines Menüs eine sequentielle Überprüfung der zugehörigen Versiegelungs­­module (1) vorgibt, worauf die jeweils überprüften Versiegelungsmodule (1) auf dem Bildschirm (17) entsprechend gekennzeichnet werden."

h) Siebter Hilfsantrag

"1. Einrichtung zur Registrierung des Öffnens von Türen von zu sichernden Räumen, umfassend ein Luftfahrzeug, ein Versiegelungsmodul (1) und eine Erfassungs­einrichtung (11),

wobei das Versiegelungsmodul (1), das einen Lagesensor (6), einen Mikroprozessor (4), einen Speicher (5) und eine Vorrichtung (2, 3) zur drahtlosen Kommunikation enthält, derart an die Tür des Luftfahrzeugs anbringbar ist, dass der Lagesensor (6) an der Tür des Luft­fahrzeugs befestigt ist und der Lagesensor (6) eine Bewegung der Tür des Luftfahrzeugs detektiert und die Bewegung dokumentierende Daten in den Speicher (5) schreibt, wobei die Erfassungseinrichtung (11) mindestens eine Vorrichtung (13, 14) zur drahtlosen Kommunikation, einen Mikroprozessor (12) und einen Speicher (15) enthält, die zum Auslesen mindestens der die Bewegung dokumentierenden Daten aus dem Speicher (5) des Versiegelungsmoduls (1) und zum Einschreiben dieser Daten in den Speicher (15) der Erfassungs­einrichtung (11) ausgebildet sind,

wobei nach einer Befestigung eines den Speicher (5) und den Lagesensor (6) enthaltenen Versiegelungsmoduls (1) an der Tür die Erfassungseinrichtung (11) das Versiegelungsmodul (1) durch eine drahtlose Kommunikation aktiviert, und

wobei die Erfassungseinrichtung (11) ein Programm aufweist, welches die gespeicherten Daten von Türen eines gesicherten Raumes auf einem Bildschirm (17) sichtbar macht und mit Hilfe eines Menüs eine sequentielle Überprüfung der zugehörigen Versiegelungsmodule (1) vorgibt, worauf die jeweils überprüften Versiegelungsmodule (1) auf dem Bildschirm (17) entsprechend gekennzeichnet werden." V. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen: | | |

a) Hauptantrag - Neuheit

Es werde in Anspruch 1 des Hauptantrags eine Ein­rich­tung beansprucht, mit der nicht nur eine einzelne Information wie "Tür offen" gespeichert werde, sondern eine Mehrzahl von Daten, welche die Bewegung der Tür oder des Deckels beschrieben. Dies gehe aus der Verwendung der Mehrzahl beim Merkmal "Daten" hervor und stehe im Einklang mit der Beschreibung der Anmeldung, wo beschrieben werde, dass der Sensor ein Signal in Abhängigkeit von der Entfernung eines Teils erzeuge, wobei das auf der Tür montiert sein könne (Seite 3, letzter Absatz) und dass die Daten eine Bewegung dokumentierten (Seite 4, erster Absatz). Eine solche Lösung sei auch vorteilhaft, da aus der Bewegung Rückschlüsse gezogen werden könnten.

Dokument D1 offenbare jedoch ein binäres System, bei dem lediglich die Öffnung der Tür detektiert werde. Ein Bewegungsablauf der Tür werde nicht aufgezeichnet.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei daher neu.

b) Erster Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit

Das in Dokument D1 verwendete Lesegerät 16 diene hauptsächlich als Relaisstation zwischen dem Server 15 und der Vorrichtung 12 wie aus Absatz [0048] hervor­gehe. Außerdem werde im Absatz [0098] beschrieben, dass die Aktivierung der Vorrichtung durch den Server 15 erfolge. Es gehe aus diesem Absatz hingegen nicht hervor, dass das Lesegerät 16 Eingabemittel zur Aktivierung der Vorrichtung 12 aufweise. Durch die beanspruchte Aktivierung des Versiegelungsmoduls durch die Erfassungseinrichtung könne der Benutzer bei der Aktivierung nahe bei dem Ver­siege­lungsmodul sein, wodurch die Benutzer­freundlichkeit verbessert werde.

Außerdem werde in D1 lediglich offenbart (Absatz [0056]), dass Türereignisse zeitgestempelt würden, jedoch nicht, dass ein Befehl an das Versiegelungsmodul übermittelt werde, einen Timer auf Null zu setzen und zu starten. Dadurch werde weniger Strom verbraucht, da Strom nur nach dem Starten des Timers verbraucht werde. Die Zuverlässigkeit der Erkennung eines Siegelbruchs werde somit erhöht. Für die beanspruchte Lösung erhalte der Fachmann aus Dokument D1 keine Anregung.

c) Zweiter Hilfsantrag - Neuheit

In Dokument D1 werde lediglich offenbart (Absatz [0058]), dass der Mikroprozessor 22 in der Vorrichtung 12 programmiert sein könne, einen hörbaren oder sichtbaren Alarm abzugeben. Der Alarm könne jedoch auch über die Antenne 20 an das Lesegerät 16 gehen, so dass er dort hörbar oder sichtbar werde. Somit werde im Dokument D1 nicht offenbart, dass das Versiegelungs­modul eine optische Anzeigevorrichtung aufweise.

d) Dritter Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit

Die objektive technische Aufgabe könne noch stets darin gesehen werden, die Zuverlässigkeit der Erkennung eines Siegelbruchs zu erhöhen. Dokument D1 führe den Fachmann von der beanspruchten Erfindung weg, da das Lesegerät 16 lediglich als Relaisstation diene. Ferner enthalte D1 für den Fachmann keine Anregung, die beanspruchte Vorrichtung zu entwickeln.

e) Vierter Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit

Die Unterscheidungsmerkmale (iii) bis (v) und (vii) würden durch die Erfassungseinrichtung realisiert. Somit liege keine Aneinanderreihung von Merkmalen vor, sondern die Merkmale stünden in Wechselwirkung. Die entsprechende objektive technische Aufgabe bestehe wieder darin, die Zuverlässigkeit der Erkennung eines Siegelbruchs zu erhöhen.

f) Fünfter Hilfsantrag - Zulassung des Antrags

Die Entscheidung der Prüfungsabteilung, den fünften Hilfsantrag nach Regel 137 (3) EPÜ nicht zuzulassen, sei nicht nach billigem Ermessen getroffen worden, sondern weise willkürlichen Charakter auf. Der fünfte Hilfsantrag sei als Reaktion auf den Verlauf der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung eingereicht worden. Zudem sei er prima facie geeignet, die Einwände zu den vorhergehenden Anträgen auszuräumen.

g) Sechster Hilfsantrag - Zulassung des Antrags

Anspruch 1 des sechsten Hilfsantrags basiere auf Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags, wobei ergänzt sei, dass das Öffnen von Öffnungen von Behältnissen für Wert- und Verschlusssachen registriert werde. Diese Änderung basiere auf Seite 2, vorletzter Absatz, der Beschreibung der Anmeldung.

h) Siebter Hilfsantrag

Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 des siebten Hilfsantrags sei es realistischer, nicht von Dokument D1 sondern von den in der Anmeldung beschriebenen Papiersiegeln als dem nächstliegenden Stand der Technik auszugehen.

Außerdem bestehe seitens der Beschwerdeführerin kein Einwand dagegen, die Sache zur Prüfung des siebten Hilfsantrags an die erste Instanz zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag - Neuheit

2.1 Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass diejenigen Merkmale des Anspruchs 1, welche nicht den Lagesensor und die entsprechenden, die Bewegung dokumentierenden Daten betreffen, im Dokument D1 offenbart wurden.

2.2 In der Tat offenbart Dokument D1 (Absätze [0047]-[0050] und [0055], Abbildungen 1A, 2A und 3A) ein Sicherheits­system für die effektive Überwachung von Containern mit einer an einem Container 10 angebrachten Vorrichtung 12, einem Lesegerät 16 und einem Server 15. Die Vorrichtung 12 überwacht den Container 10 mittels einem Türsensor 29, der zur Detektion der Öffnung der Tür des Containers 10 eingerichtet ist. Außerdem umfasst die Vorrichtung 12 einen Mikroprozessor 22, einen Speicher 24 und eine Funkeinheit 21 und eine Antenne 22 zur Kommunikation mit kurzer Reichweite mit dem Lesegerät 16, das zu diesem Zweck eine Antenne 30 enthält. Ferner enthält das Lesegerät 16 einen Mikroprozessor 36 und einen Speicher 38 für die Steuerung des Datenaustausches zwischen der Vorrichtung 12 und dem Lesegerät 16 und für die Speicherung dieser Daten.

2.3 Somit offenbart Dokument D1, in den Worten des Anspruchs 1 des Hauptantrags, eine Einrichtung zur Registrierung des Öffnens von Türen oder Deckeln von zu sichernden Räumen (Innenraum des Containers 10), wobei ein Versiegelungsmodul (Vorrichtung 12), das einen Lagesensor (Türsensor 29), einen Mikroprozessor (Mikroprozessor 22), einen Speicher (Speicher 24) und eine Vorrichtung (Funkeinheit 21 und Antenne 22) zur drahtlosen Kommunikation enthält, derart an die Tür oder den Deckel anbringbar ist, dass der Lagesensor (Türsensor 29) an der Tür oder dem Deckel befestigt ist und wobei eine Erfassungseinrichtung (Lesegerät 16) mindestens eine Vorrichtung (Antenne 30) zur drahtlosen Kommunikation, einen Mikroprozessor (Mikroprozessor 36) und einen Speicher (Speicher 38) enthält.

2.4 Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass nicht eine Einrichtung beansprucht werde, mit der nur eine einzelne Information wie "Tür offen" gespeichert werde, sondern vielmehr werde der gesamte Bewegungsablauf dokumentiert.

Wie aus der Beschreibung der Anmeldung hervorgeht, ist es jedoch lediglich die Funktion des Lagesensors, die Tatsache, dass eine unzulässige Öffnung der Türe oder des Deckels erfolgte, zu detektieren (siehe die Beschreibung der Anmeldung, Seite 4, Zeilen 2-3). Dazu ist es aber nicht erforderlich, bei einer solchen Öffnung der Türe oder des Deckels den ganzen Bewegungsablauf zu dokumentieren. In dem einzigen konkreten Ausführungsbeispiel in der Anmeldung werden dementsprechend auch lediglich die Zeitpunkte gespeichert, an denen eine Bewegung detektiert wird. Details bezüglich der Bewegung selbst werden nicht gespeichert (siehe Seite 7, dritter Absatz und Abbildung 2).

Das Merkmal (i) im Anspruch 1 des Hauptantrags ist daher so zu verstehen, dass der Lagesensor dazu eingerichtet ist, die Tatsache, dass eine unzulässige Öffnung der Türe oder des Deckels erfolgte, durch die Detektion der Bewegung der Türe oder des Deckels zu erfassen. Entsprechend ist die Speicherung von "die Bewegung dokumentierende[n] Daten" in den Merkmalen (i) und (ii) so zu verstehen, dass auch die bloße Speicherung des Zeitpunktes der Türöffnung - so wie es auch im einzigen Ausführungs­beispiel der Erfindung beschrieben ist - darunterfällt. Dies folgt auch schon daraus, dass das Wort "Daten" aus­schließlich im Plural gebräuchlich ist, d. h. ein Pluralwort ist.

Sowohl in den von der Prüfungsabteilung angeführten Absätzen [0015] und [0056] (vorletzter Satz) als auch im Anspruch 41 des Dokuments D1 ist ein solcher Lage­sensor offenbart. Die detektierten Türereignisse werden im Speicher 24 der Vorrichtung 12 gespeichert und an das Lesegerät 16 übermittelt, wo sie im Speicher 38 des Lesegeräts 16 abgelegt werden (siehe D1, Absätze [0056] und [0088]). Somit sind auch die Merkmale (i) und (ii) des Anspruchs 1 des Hauptantrags im Dokument D1 offenbart.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist daher nicht neu (Artikel 54 (1) EPÜ 1973).

3. Erster Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit

3.1 Nächstliegender Stand der Technik

Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags wurde gegenüber Anspruch 1 des der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden ersten Hilfsantrags durch die Hinzufügung der zusätz­lichen Merkmale (iv) und (v) weiter einge­schränkt. Die Prüfungsabteilung ging bei der Prüfung der erfin­deri­schen Tätigkeit bezüglich des damaligen beanspruchten Gegenstandes von Dokument D1 als dem nächstliegenden Stand der Technik aus. Die Beschwerdeführerin geht ebenfalls von diesem Dokument als dem nächstliegenden Stand der Technik aus.

In der Tat offenbart Dokument D1 einen Gegenstand, der zum gleichen Zweck entwickelt wurde wie die beanspruchte Erfindung, nämlich zur Bereitstellung einer Einrichtung zur Registrierung des Öffnens von Türen oder Deckeln von zu sichernden Räumen, und hat die wichtigsten technischen Merkmale mit ihr gemein. Dokument D1 wird daher als der nächstliegende Stand der Technik angesehen.

3.2 Unterschiedsmerkmale

3.2.1 Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass das in Dokument D1 verwendete Lesegerät 16 hauptsächlich als Relaisstation zwischen dem Server 15 und der Vorrichtung 12 diene, wie aus Absatz [0048] hervor­gehe. Außerdem werde im Absatz [0098] beschrieben, dass die Aktivierung der Vorrichtung durch den Server 15 erfolge. Es gehe aus diesem Absatz hingegen nicht hervor, dass das Lesegerät 16 Eingabemittel zur Aktivierung der Vorrichtung 12 aufweise. Die Merkmale (iii) und (iv) seien daher im Dokument D1 nicht offenbart.

3.2.2 Im Dokument D1 werden drei Varianten des Lesegeräts 16 offenbart: das Handlesegerät 16(A), das bewegliche Lesegerät 16(B) und das stationäre Lesegerät 16(C) (Absatz [0048] und Abbildung 1A). Der von der der Beschwerdeführerin hervorgehobene Hinweis in Absatz [0048], dass das Lesegerät hauptsächlich als Relaisstation zwischen der Vorrichtung 12 und dem Server diene, schließt nicht aus, dass das Lesegerät 16 auch andere Funktionen hat. Außerdem sind die Funk­tionen der verschiedenen Vari­anten des Lesegeräts 16 nicht identisch. Es­ ist nämlich davon auszugehen, dass ein mobiles Lesegerät 16(A), das von einem Benutzer bedient wird, anders verwendet wird und somit andere Funktionen hat, als ein stationäres Lesegerät 16(C) wie beispielsweise das in Abbildung 5 gezeigte, neben einer Bahnstrecke installierte Lesegerät.

Insbesondere wird im Absatz [0098] des Dokuments D1 mit Bezug auf Abbildung 8 ein Sicherungsprozess beschrie­ben. In dieser Abbildung wird das Lesegerät 16 in der­selben Weise dargestellt wie das mobile Lesegerät 16(A) in Abbildung 1. In dem erwähnten Absatz wird mit Bezug auf Schritt 804 beschrieben, dass mit dem Lesegerät 16 ein Container 10 zur Sicherung ausgewählt wird. In Folge davon wird im Schritt 806 eine Anfrage an den Server geschickt, der im Schritt 808 einen ver­schlüsselten Sicherheits­schlüssel generiert, welcher im Schritt 810 über das Lesegerät 16 an die Vorrichtung 12 gesendet wird. Im Schritt 812 wird der Sicherheits­schlüssel in der Vorrichtung 12 entschlüsselt und gespeichert. Ferner wird beschrieben (siehe Absatz [0098], letzter Satz), dass der Container 10 automatisch gesichert wird, wenn er in den Bereich des Lesegeräts kommt, oder der Benutzer jeweils einen bestimmten ausgewählten Container 10 sichern kann.

Das Lesegerät 16 sendet somit den Sicherheitsschlüssel an die Vorrichtung 12, wodurch die Vorrichtung 12 gesichert, d. h. aktiviert, wird. Die Tatsache, dass der Sicherheits­schlüssel von dem Server 15 generiert wird, spielt für die Beurteilung, ob die Merkmale (iii) und (iv) im Dokument D1 offenbart sind, keine Rolle, da dies durch diese Merkmale nicht ausgeschlossen ist.

Da somit im Dokument D1 offenbart ist, dass der Benutzer mittels des Lesegeräts 16 einen bestimmten Container 10 zur Sicherung auswählen kann, ist es nach Ansicht der Kammer implizit im Dokument D1 offenbart, dass das Lesegerät 16 eine Eingabeeinheit aufweist. Mittels dieser kann der Benutzer mit dem Lesegerät 16 interagieren und den gewünschten Container 10, der gesichert werden soll, auswählen.

Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass die Merkmale (iii) und (iv) im Dokument D1 offenbart sind.

3.2.3 Dokument D1 offenbart jedoch weder einen Timer noch die Übertragung eines Befehls, den Timer auf Null zu setzen und zu starten. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des ersten Hilfsantrags unterscheidet sich daher durch das Merkmal (v) von der im Dokument D1 offenbarten Ein­richtung.

3.3 Objektive technische Aufgabe

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin werde aufgrund des Merkmals (v) weniger Strom verbraucht, da Strom nur nach dem Starten des Timers verbraucht werde. Die Zuverlässigkeit der Erkennung eines Siegelbruchs werde somit erhöht. Die objektive technische Aufgabe sei es daher, dies zu erreichen.

Im Dokument D1 wird offenbart, dass Türereignisse zeit­gestempelt werden (siehe Absatz [0056]). Dies setzt nach Ansicht der Kammer voraus, dass die Vorrichtung 12 eine Uhr enthält. Im Vergleich dazu ist die Wirkung des Merkmals (v) in der Tat ein redu­zierter Strom­verbrauch und somit ein reduzierter Energie­verbrauch, da der im Versiegelungs­modul ent­haltene Timer durch den von der Eingabeeinheit gesen­deten Befehl gestartet wird und deshalb keinen Strom verbraucht, solange das Versiegelungsmodul nicht akti­viert ist. Das Ziel eines geringen Energie­verbrauchs geht auch aus der Beschreibung der Anmeldung hervor, insbesondere bezüglich der Kommunikation zwischen dem Versiegelungsmodul und der Erfassungs­einrichtung (siehe die Beschreibung, Seite 2, letzter Absatz).

Dadurch wird jedoch nach Ansicht der Kammer nicht die Zuverlässigkeit der Erkennung des Siegelbruchs erhöht, da bei der Beurteilung dieser Zuverlässigkeit voraus­zusetzen ist, dass das Versiegelungsmodul mit aus­reichend Energie versorgt wird.

Die objektive technische Aufgabe wird daher darin gesehen, den Energieverbrauch des Versiegelungsmoduls zu reduzieren.

3.4 Naheliegen

Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, dass der Fachmann aus Dokument D1 keine Anregung für die beansprucht Lösung erhalte.

In Dokument D1 wird jedoch offenbart, dass die Vor­rich­tung 12 eine Stromquelle 26, z. B. eine Batterie, enthält (Absatz [0055]). Ferner werden verschiedene Maßnahmen zur Ver­längerung der Lebensdauer der Batterie offenbart. Dies ist besonders für solche Anwendungen wichtig, bei denen der Container 10 über einen langen Zeitraum überwacht werden muss, wie z. B. wenn er sich auf einem Frachtschiff befindet (siehe Absatz [0094] und Abbildung 6). So wird beschrieben, dass die Batterie in der Vorrichtung selbst untergebracht sein kann, damit die Batterie innerhalb des Containers 10 angeordnet ist und somit kleineren Temperatur­schwan­kungen ausgesetzt ist. Außerdem wird eine Verfahrens­weise zur Energie­ein­spa­rung offenbart, wonach sich die Vorrichtung 12 außer­halb bestimmter Zeitfenster in einem Schlafmodus befindet (Absätze [0055] und [0059]).

Der Fachmann, der von Dokument D1 als dem nächst­liegen­den Stand der Technik ausgeht, ist sich daher der Notwendigkeit der Energieeffizienz wohl bewusst und würde sich folglich damit befassen, die objektive tech­nische Aufgabe zu lösen, nämlich den Energieverbrauch des Ver­sie­gelungsmoduls zu reduzieren.

Der Fachmann würde dabei alle Strom verbrauchenden Komponenten der Vorrichtung 12 auf den Prüfstand stellen und feststellen, dass die für die Zeit­stempel verwendete Uhr auch dann Energie verbraucht, wenn die Vorrichtung 12 gar nicht aktiviert ist. Um dies zu vermeiden, würde er den Zeitmesser so einrichten, dass er nur dann Energie verbraucht, wenn die Vorrichtung 12 aktiviert ist. Da die Vorrichtung 12 durch das Lesegerät 16 mittels der Übermittlung des Sicherheits­schlüssels aktiviert wird, wäre es für den Fachmann naheliegend, zusätzlich zu dem Sicherheits­schlüssel auch einen Befehl zum Starten des Zeitmessers an die Vorrichtung 12 zu übersenden. Den Zeitmesser dabei vorher auf Null zu setzen, stellt lediglich eine von wenigen Alternativen mit bekannten entsprechenden Vorteilen dar. Somit würde der Fachmann auch einen Befehl an die Vorrichtung 12 übersenden, den Zeitmesser auf Null zu setzen. Folglich würde der Fachmann ohne erfinderisches Zutun zu dem beanspruchten Gegenstand gelangen.

Daher weist der Gegenstand des Anspruchs 1 des ersten Hilfsantrags keine erfinderische Tätigkeit auf (Artikel 52 (1) EPÜ und Artikel 56 EPÜ 1973).

4. Zweiter Hilfsantrag - Neuheit

4.1 Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass er das zusätzliche Merkmal aufweist, dass das Versiegelungs­modul eine optische Anzeigevorrichtung zur Darstellung des aktuellen Status aufweist (siehe Merkmal (vi) unter Punkt IV. oben).

In der Beschreibung der Anmeldung wird dazu ausgeführt (Seite 3, vierter Absatz), dass beispielsweise mit einer LED angezeigt wird, wenn das Versiegelungsmodul seit dem Aktivieren bewegt wurde.

4.2 Im Dokument D1 wird offenbart (siehe Absatz [0058]), dass der Mikroprozessor 22 der Vorrichtung 12 so programmiert sein kann, dass er einen akustischen oder visuellen Alarm abgibt, wenn der Türsensor 29 die Öffnung der Tür des Containers 10 detektiert.

Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, dass der Alarm jedoch auch über die Antenne 20 an das Lesegerät 16 gehen könne, so dass er dort hörbar oder sichtbar werde. Somit werde im Dokument D1 nicht offenbart, dass das Versiegelungs­modul eine optische Anzeigevorrichtung aufweise.

Das Lesegerät 16 befindet sich jedoch mit der Vorrich­tung 12 in einer Funkverbindung mit kurzer Reichweite (D1, Absatz [0050]). Wäre die Annahme der Beschwerde­führerin richtig, müsste das Lesegerät 16 demnach zur Abgabe des Alarms nicht nur eingeschaltet sein, sondern sich auch in der Reichweite der betroffenen Vorrichtung 12 befinden. Dies widerspricht jedoch dem Zweck des Alarms, auf das Sicherheitsproblem aufmerksam zu machen. Somit wird es als im Dokument D1 implizit offenbart angesehen, dass die Vorrichtung 12 zur Abgabe des Alarms eine optische oder akustische Anzeige­vorrichtung aufweist.

Das zusätzliche Merkmal (vi) ist somit bereits aus Dokument D1 bekannt. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des zweiten Hilfsantrags ist daher nicht neu (Artikel 54 (1) EPÜ 1973).

5. Dritter Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit

5.1 Nächstliegender Stand der Technik, Unterschiedsmerkmale

Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass er das zusätzliche Merkmal (vii) enthält. Dieses Merkmal ist als das Unterschiedsmerkmal zu der aus dem nächst­liegenden Stand der Technik - Dokument D1 - bekannten Einrichtung anzusehen.

5.2 Objektive technische Aufgabe

In der angefochtenen Entscheidung vertrat die Prüfungs­abteilung die Ansicht, dass die zu lösende Aufgabe darin gesehen werden könne, die Daten eines Ver­siegelungs­moduls zu übertragen und darzustellen.

Die von der Prüfungsabteilung formulierte Aufgabe enthält jedoch Elemente der Lösung, nämlich bezüglich der Darstellung von Daten. Dies ist jedoch zu ver­meiden, da es zwangsläufig zu einer rückschauenden Betrachtungsweise und somit zu einer nicht objektiven Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit führt.

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin könne die objektive technische Aufgabe noch stets darin gesehen werden, die Zuverlässigkeit der Erkennung eines Siegelbruchs zu erhöhen.

Das Unterschiedsmerkmal (vii) betrifft jedoch nicht die Zuverlässigkeit der Erkennung des Siegelbruchs, als vielmehr die Handhabung der Erfassungseinrichtung. In der Anmeldung ist bezüglich des zusätzlichen Merkmals angegeben, dass dadurch ein planmäßiges Arbeiten und eine lückenlose Registrierung sichergestellt werden kann (Seite 4, dritter Absatz). Davon ist bei der Formulierung der objektiven Aufgabe auszugehen. Tatsächlich wird durch das Unterschiedsmerkmal (vii) ein planmäßiges Arbeiten und eine lückenlose Registrierung dadurch ermöglicht, dass die Daten von Türen/Deckeln eines gesicherten Raumes auf einem Bildschirm sichtbar gemacht werden, eine sequentielle Überprüfung der zugehörigen Versiegelungsmodule vorgegeben wird und die überprüften Versiegelungsmodule auf dem Bildschirm gekennzeichnet werden.

Die objektive technische Aufgabe wird deshalb darin gesehen, ein planmäßiges Arbeiten und eine lückenlose Registrierung sicherzustellen.

5.3 Naheliegen

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin enthalte das Dokument D1 keine Anregung, die beanspruchte Vorrichtung zu entwickeln.

Im Dokument D1 ist es jedoch offenbart (siehe Absatz [0048]), dass das mobile Lesegeräts 16(A) in Verbindung mit einem Mobiltelefon, einem persönlichen digitalen Assistenten, oder einem Laptop-Computer verwendet werden kann. Außerdem wird im Absatz [0058] des Dokuments D1 beschrie­ben, dass die Vorrichtung 12 von dem Lesegerät 16 eine Kontrollabfrage erhalten kann, worauf der Mikroprozessor 22 der Vorrichtung 12 auf den Speicher zugreifen kann und z. B. Türereignisse, Sicherheits­verstöße oder andere gespeicherte Infor­mationen an das Lesegerät 16 weiterleiten kann. Ferner ist es aus den mit Bezug auf die Abbildungen 4-7 beschriebenen Anwendungen offensichtlich, dass ein Lesegerät 16 mit mehreren Vorrichtungen 12, welche an verschiedenen Containern 10 befestigt sind, kommuni­zieren kann (siehe z. B. Absatz [0093], letzter Satz).

Somit ist es nach Ansicht der Kammer für den mit der Lösung der gestellten Aufgabe betrauten Fachmann naheliegend, die Vorrichtung 12 so auszugestalten, dass die in Reichweite des Lesegeräts 16 befindlichen, auf den jeweiligen Containern 10 angebrachten Vorrichtungen 12 auf einem Bildschirm angezeigt werden. Dies kann bei­spiels­weise der Bildschirm des mit dem Lesegerät 16 verbundenen Laptop-Computers sein. Dadurch kann der Benutzer auswählen, an welche Vorrichtung 12 eine Kontrollabfrage gesendet werden soll. Durch die einfachste Anordnung der Darstellungen der jeweiligen Vorrich­tungen 12, nämlich in Form einer Liste, wird zwangsläufig eine sequentielle Überprüfung der Vorrichtungen 12 vorgegeben. Um eine doppelte Abfrage zu vermeiden ist es ferner naheliegend die bereits abgefragten Vorrichtungen 12 auf dem Bildschirm entsprechend zu kennzeichnen.

Folglich würde der Fachmann ohne erfinderisches Zutun zu dem beanspruchten Gegenstand gelangen. Daher weist der Gegenstand des Anspruchs 1 des dritten Hilfsantrags keine erfinderische Tätigkeit auf (Artikel 52 (1) EPÜ und Artikel 56 EPÜ 1973).

6. Vierter Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit

6.1 Anspruch 1 des vierten Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass er zusätz­lich die Merkmale (iii) bis (v) und (vii) ent­hält, d. h. er stellt die Kombination der Merkmale des jeweiligen Anspruchs 1 des ersten und dritten Hilfs­antrags dar.

6.2 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin würden alle Unter­schieds­merkmale durch die Erfassungseinrichtung reali­siert. Somit liege keine Aneinanderreihung von Merk­malen vor, sondern die Merkmale stünden in Wechsel­wirkung. Die entsprechende objektive technische Aufgabe bestehe wieder darin, die Zuverlässigkeit der Erkennung eines Siegelbruchs zu erhöhen.

6.3 Wie aus den Ausführungen oben hervorgeht unterscheidet sich Anspruch 1 des vierten Hilfsantrags von der aus dem nächst­liegenden Stand der Technik - Dokument D1 - bekannten Einrichtung dadurch, dass er die Merkmale (v) und (vii) aufweist.

Diese Merkmale betreffen nicht die Zuverlässigkeit der Erkennung eines Siegelbruchs, sondern den Energie­verbrauch des Versiegelungsmoduls bzw. das planmäßige Arbeiten und eine lückenlose Registrierung. Es gibt auch keinen Synergieeffekt zwischen den Merkmalen.

Somit ist die objektive technische Aufgabe in der Form von zwei Teilaufgaben wie oben bezüglich Anspruch 1 des ersten bzw. dritten Hilfsantrags zu formulieren (siehe Punkte 3.3 und 5.2). Die beanspruchten Lösungen dieser Aufgaben sind aus den oben genannten Gründen für den Fachmann naheliegend (siehe Punkte 3.4 und 5.3).

Daher weist der Gegenstand des Anspruchs 1 des vierten Hilfsantrags keine erfinderische Tätigkeit auf (Artikel 52 (1) EPÜ und Artikel 56 EPÜ 1973).

7. Fünfter Hilfsantrag - Zulassung des Antrags

7.1 Der fünfte Hilfsantrag wurde von der Prüfungsabteilung gemäß Regel 137 (3) EPÜ nicht in das Prüfungsverfahren zugelassen, da nach Ansicht der Prüfungsabteilung die Einwände bezüglich der anderen Anträge prima facie nicht überwunden seien.

7.2 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei die Entscheidung der Prüfungsabteilung willkürlich.

Dieser Einschätzung kann die Kammer nicht folgen, da die Prüfungsabteilung Gründe für ihre Ermessens­entscheidung gegeben hat, nämlich dass die Einwände bezüglich der anderen Anträge prima facie nicht überwunden seien.

Die Kammer kann auch keine Willkür erkennen. Anspruch 1 des fünften Hilfsantrags betrifft nämlich die Kombina­tion der Merkmale des jeweiligen Anspruchs 1 gemäß dem damaligen ersten bis dritten Hilfsantrag und diese Ansprüche waren von der Prüfungsabteilung bereits als nicht gewährbar angesehen worden. Außerdem sah die Prüfungsabteilung keine Synergieeffekte zwischen den Lösungen der unabhängigen Teilaufgaben. Demgegenüber enthielt der damalige sechste Hilfsantrag Merkmale aus der Beschreibung, die in keinem höher­rangigen Antrag enthalten waren. Infolge dieser Unterschiede wurde der fünfte Hilfsantrag nicht in das Prüfungsverfahren zugelassen, während der damalige sechste Hilfsantrag zugelassen wurde.

Die Kammer sieht daher keine Gründe, die Ermessens­entscheidung der Prüfungsabteilung bezüglich der Zulassung des fünften Hilfsantrags in das Prüfungs­verfahren aufzuheben.

7.3 In einem Bescheid gemäß Artikel 15 (1) VOBK teilte die Kammer der Beschwerdeführerin mit, dass sie dazu neige, den fünften Hilfsantrag gemäß Artikel 12 (4) VOBK auch nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.

Die Beschwerdeführerin machte diesbezüglich keine weiteren Ausführungen. Somit sieht die Kammer keine Gründe, von ihrer frühren Einschätzung abzuweichen.

Der fünfte Hilfsantrag wird somit gemäß Artikel 12 (4) VOBK nicht in das Beschwerdeverfahren zugelassen.

8. Sechster Hilfsantrag - Zulassung des Antrags

Die Ansprüche des sechsten Hilfsantrags wurden erstmals von der Beschwerdeführerin am 4. November 2014, d. h. einen Monat vor der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer, eingereicht. Sie betreffen einen Gegenstand, welcher weder im vorausgehenden Verfahren vor der Beschwerdekammer noch im Prüfungsverfahren eine Rolle gespielt hat. Die Beschwerdeführerin hat keinerlei Gründe für dieses sehr späte Einreichen angeführt. Der Kammer ist es auch nicht ersichtlich, warum die Beschwerdeführerin die Ansprüche des sechsten Hilfsantrags nicht bereits früher eingereicht hat.

Außerdem hätte es einer komplexen Diskussion bezüglich der Klarheit der neuen Ansprüche bedurft. Die Diskus­sion der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit hätte ferner zu der Einschätzung führen können, dass eine zusätzliche Recherche erforderlich wäre. Dies hätte zwangsläufig dazu geführt, dass die Sache am Ende der mündlichen Verhandlung nicht reif zur Entscheidung gewesen wäre.

Aus den vorgenannten Gründen wird der sechste Hilfs­antrag gemäß Artikel 13 (1) und (3) VOBK (ABl. EPA 2007, 536 ff.) nicht in das Verfahren zugelassen.

9. Siebter Hilfsantrag

9.1 Anspruch 1 des siebten Hilfsantrags entspricht im Wesentlichen Anspruch 1 des der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden sechsten Hilfsantrags, abgesehen davon, dass im Anspruch 1 des siebten Hilfsantrags der Bezug auf "Deckel" gestrichen wurde, um nicht gegen die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ zu verstoßen.

9.2 Die Prüfungsabteilung vertrat in der angefochtenen Entscheidung die Ansicht (siehe Punkt 7 der Entschei­dungs­gründe), dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des damaligen sechsten Hilfsantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Der Gegenstand des damaligen vierten Hilfsantrags sei auf ein Luftfahrzeug beschränkt worden. Dabei handele es sich jedoch um keine erfinderische Auswahl, denn auch im Gebiet der Luftfahrzeuge sei es bekannt, Container wie im Dokument D1 zu befördern.

Des Gegenstand des Anspruchs 1 des damaligen vierten Hilfsantrags beruhe ferner nicht auf einer erfinde­rischen Tätigkeit, da er die Merkmale des Hauptantrags mit den Unterscheidungsmerkmalen des damaligen ersten Hilfsantrags und des dritten Hilfsantrags kombiniere, zwischen denen es keinen Synergieeffekt gebe. Der Gegenstand des jeweiligen Anspruchs 1 des damaligen ersten Hilfsantrags und des dritten Hilfsantrags wiesen - ausgehend von Dokument D1 - keine erfinderische Tätigkeit auf (siehe die Punkte 2, 4 und 5 der Entscheidungsgründe).

9.3 Somit geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Türe eines in einem Luft­fahrzeug transpor­tierten Containers von der Prüfungs­abteilung als die in Anspruch 1 des damaligen sechsten Hilfsantrags bean­spruchte "Tür ... des Luftfahrzeugs" angesehen wurde.

Diese Auslegung des Anspruchs widerspricht jedoch seinem Wortlaut, da eine solche Türe nicht Teil des Luftfahrzeugs ist und somit nicht als Türe des Luftfahrzeugs angesehen werden kann.

Die Auslegung widerspricht auch der Beschreibung der Anmeldung, in welcher ausgeführt wird, dass die Erfin­dung von dem Stand der Technik ausgeht, wonach nach dem Abschluss von Wartungsarbeiten die Türen der Luftfahr­zeuge mit Papier-Klebe-Siegeln versehen werden, um zu verhindern, dass ein Unbefugter das Luftfahrzeug betritt (Seite 1, Zeilen 18-25). In dem konkreten Aus­führungsbeispiel wird dementsprechend beschrieben, dass die Versiegelungsmodule mit den Kennzeichen SM1 bis SMn an den Türen DN1 bis DNn des Luftfahrzeugs ACN1 befestigt werden (Seite 6, Absatz 3 bis Seite 7, Absatz 2; Abbildung 2). Es geht demnach klar aus der Beschrei­bung hervor, dass der Zutritt zum Luftfahrzeug über­wacht werden soll und dass die Türen des Luftfahrzeugs eben diesen Zutritt ermög­lichen.

9.4 In der angefochtenen Entscheidung ist die Prüfungs­abteilung bei der Beurteilung der erfinderischen Tätig­keit des Gegenstandes des Anspruchs 1 des damaligen sechsten Hilfsantrags von Dokument D1 als dem nächst­liegenden Stand der Technik ausgegangen.

Nach Ansicht der Kammer kann jedoch Dokument D1 nicht als der nächstliegende Stand der Technik für den im Anspruch 1 des siebten Hilfsantrags beanspruchten Gegenstand angesehen werden, da dieses Dokument nicht zum gleichen Zweck oder mit demselben Ziel wie die beanspruchte Erfindung entwickelt wurde, nämlich der Überwachung des Zutritts von Luft­fahr­zeugen.

9.5 Die in der Entscheidung angeführten Gründe bezüglich des damaligen sechsten Hilfsantrags werden somit als nicht stichhaltig angesehen. Die Entscheidung ist daher aufzuheben.

Die Beschwerdeführerin hat keine Einwände gegen die Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz geäußert, welche der Kammer im vorliegenden Fall angezeigt erscheint.

Somit wird die Angelegenheit gemäß Artikel 111 (1) EPÜ 1973 an die erste Instanz zurückverwiesen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Prüfung zurückverwiesen.

Quick Navigation