T 1108/10 () of 9.3.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T110810.20120309
Datum der Entscheidung: 09 März 2012
Aktenzeichen: T 1108/10
Anmeldenummer: 04705084.4
IPC-Klasse: F25D 29/00
F25D 23/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kältegerät und Tür für ein Kältegerät
Name des Anmelders: BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(3)
Schlagwörter: Neuheit - Hauptantrag: nein
Zulässigkeit - Hilfsanträge 1 bis 7: nein
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 1212/08
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1768/11
T 0403/14
T 0878/16
T 1420/16
T 0971/18
T 1632/18
T 2019/18
T 2583/18

Sachverhalt und Anträge

I. Mit der am 13. Januar 2010 zur Post gegebenen Entscheidung nach Lage der Akte hat die Prüfungsabteilung die Europäische Patentanmeldung Nr. 04705084.4 auf der Basis einer Internationalen Anmeldung PCT/EP2004/000638, am 26. Januar 2004 angemeldet und unter der Nummer WO-A- 2004/065867 veröffentlicht, zurückgewiesen.

Zur Begründung verwies die Prüfungsabteilung auf die im Bescheid zu der am 17. September 2009 datierten Ladung zur mündlichen Verhandlung erhobenen Einwände, dass der Gegenstand des mit Schreiben vom 26. November 2004 eingereichten Anspruchs 1 gegenüber der D5 (US-A-6059420 oder der D1 (WO-A-02/065036) nicht neu sei und damit die Artikel 52(1) und 54(1) EPÜ verletze, und dass die weiteren Ansprüche 2 bis 14 keine Basis für einen gewährbaren unabhängigen Anspruch darstellten.

II. Hiergegen legte die Patentanmelderin (Beschwerdeführerin)

am 9. Februar 2010 Beschwerde ein; die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet.

Mit der Beschwerdebegründung vom 5. Mai 2010 hat die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Basis der am 26. Januar 2004 ursprünglich eingereichten Ansprüche zu erteilen.

Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.

III. Mit als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung versandten Bescheid vom 12. Dezember 2011 teilte die Kammer der Beschwerdeführerin ihre vorläufige Meinung mit, insbesondere dass der beanspruchte Gegenstand in D1 und D5 neuheitsschädlich offenbart sei. Hierzu erklärte die Kammer, dass die Prüfungsabteilung die Definition des im Anspruch 1 Erfindungsgegenstands korrekt ausgelegt hat, und dass die Definition des beanspruchten Erfindungsgegenstands durch die von der Beschreibung nicht gestützten und an sich unbestimmten Begriffe "Querrand" und "Längsrand" derart breit und spekulativ ausgefallen sei, dass sie keine eindeutige und klare Unterscheidung gegenüber D1 und D5 aufweise.

Wegen des weiteren Inhalts der vorläufigen Meinung der Kammer wird auf den Ladungsbescheid Bezug genommen.

IV. Die Beschwerdeführerin beantragte in der mündlichen Verhandlung vom 9. März 2012, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Basis eines der Anspruchssätze, eingereicht mit Schriftsatz vom 2. Februar 2012 als Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 7, zu erteilen.

V. Am Ende der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdekammer ihre Entscheidung verkündet.

VI. Der unabhängige Anspruch 1 der Anträge lautet jeweils wie folgt:

a) gemäß Hauptantrag

"Tür (2) für ein Kältegerät mit einer Außenwand (3) und einer Innenwand (9), die entlang ihrer Längs- und Querränder miteinander verbunden sind,

dadurch gekennzeichnet,

dass ein Querrand derart ausgebildet ist, dass ein über die Tiefe der Tür (2) reichendes Sichtfenster (13) erzeugt ist."

b) gemäß Hilfsantrag 1

Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 beruht auf der Kombination des Anspruchs 1 des Hauptantrags mit den, - im Text unterstrichenen -, Merkmalen der abhängigen Ansprüche 2 und 5 des Hauptantrags bzw. wie ursprünglich eingereicht:

"Tür (2) für ein Kältegerät mit einer Außenwand (3) und einer Innenwand (9), die entlang ihrer Längs- und Querränder miteinander verbunden sind und einen isolierenden Zwischenraum begrenzen,

dadurch gekennzeichnet,

dass an einer als Querrand der Tür dienenden kürzeren Rechteckseite ein Querrand derart ausgebildet ist, dass ein über die Tiefe der Tür (2) reichendes Sichtfenster (13) erzeugt ist, und dass ein an einem Querrand der Außenwand (3) und einem Querrand der Innenwand (9) befestigtes erstes Abschlusselement (5) der Kontur des Sichtfensters (13) folgt."

c) gemäß Hilfsanträge 2 bis 6

Der Anspruch 1 der Hilfsanträge 2 bis 6 beruht auf dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 bzw. des Hilfsantrags 2 und wurde jeweils um aus der Beschreibung entnommene Merkmale, - im Text unterstrichenen -, ergänzt:

- gemäß Hilfsantrag 2:

"Tür (2) für ein Kältegerät mit einer Außenwand (3) und einer Innenwand (9), die entlang ihrer Längs- und Querränder miteinander verbunden sind und einen isolierenden Zwischenraum begrenzen,

dadurch gekennzeichnet,

dass an einer als Querrand der Tür dienenden kürzeren Rechteckseite ein über die Tiefe der Tür (2) reichendes Sichtfenster (13) erzeugt ist, dass ein an einem oberen Querrand der Außenwand (3) und einem Querrand der Innenwand (9) befestigtes erstes Abschlusselement (5) der Kontur des Sichtfensters (13) folgt, und dass das erste Abschlusselement (5) eine horizontale Platte (7) umfasst, die an ihrer Unterseite mit Nuten (8) versehen ist, in welche die auf jeweils gleichem Niveau liegenden Querränder der Außenwand (3) und der Innenwand (9) eingreifen."

- gemäß Hilfsantrag 3:

"Tür (2) ... [gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 2] ..., dass die Außenwand (3) nach oben durch ein mit der horizontalen Platte (7) einteiliges Außenwandstück (11) des Abschlusselementes (5) verlängert ist, und dass das Sichtfenster (13) in dem Außenwandstück (11) gebildet ist."

- gemäß Hilfsantrag 4:

"Tür (2) ... [gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 1] ..., und dass die Außenwand (3) sich beiderseits des Sichtfensters (13) bis unmittelbar an den oberen Querrand der Tür (2) erstreckt und in eine Nut (8) des ersten Abschlusselementes (5) eingreift."

- gemäß Hilfsantrag 5:

"Tür (2) ... [gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 1] ..., dass die Außenwand (3) sich beiderseits des Sichtfensters (13) bis unmittelbar an den oberen Querrand der Tür (2) erstreckt und dass das erste Abschlusselement (5) bündig mit der Außenwand (3) abschließt."

- gemäß Hilfsantrag 6:

"Tür (2) ... [gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 1] ..., und dass der Querrand der Außenwand (3) ein als Aussparung dienendes Sichtfenster (13) besitzt und über den entsprechenden Querrand der Innenwand (9) hinausragt."

d) gemäß Hilfsantrag 7:

Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 7 beruht auf dem Zusammenfügen der Merkmale des Anspruchs 12 (Kältegerät) und des Anspruchs 1 (Tür) des Hilfsantrags 1 mit zusätzlichen, aus der Beschreibung entnommenen, - im Text unterstrichenen -, Merkmalen:

"Kältegerät mit einer Tür (2) mit einer Außenwand (3) und einer Innenwand (9), die entlang ihrer Längs- und Querränder miteinander verbunden sind und einen isolierenden Zwischenraum begrenzen sowie mit einem Korpus (1), an den die Tür (2) angeschlagen ist,

dadurch gekennzeichnet,

dass an einer als Querrand der Tür dienenden kürzeren Rechteckseite ein über die Tiefe der Tür (2) reichendes Sichtfenster (13) erzeugt ist, welches an der Tür (2) so platziert ist, dass bei geschlossener Tür (2) ein Anzeigenelement sichtbar ist, dass ein an einem Querrand der Außenwand (3) und einem Querrand der Innenwand (9) befestigtes erstes Abschlusselement (5) der Kontur des Sichtfensters (13) folgt, dass die Außenwand (3) sich beiderseits des Sichtfensters (13) bis unmittelbar an den oberen Querrand der Tür (2) erstreckt, und dass an einer oberen Vorderseite des Korpus (1) eine Bedienblende (17) angeordnet ist, welche in das Sichtfenster (13) eingreift und mit der Außenwand (3) sowie dem oberen Abschlusselement (5) eine mit der Außenwand (3) bündige Stirnfläche (22) aufweist."

VII. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten entscheidungsrelevanten Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen:

a) Hauptantrag

Die von der Prüfungsabteilung vorgenommene, und im Ladungsbescheid der Beschwerdekammer bestätigte Auslegung der Definition im Anspruch 1, dass in D5 der Grossteil der Tür als Sichtfenster von den Quer- und Längsprofilen des Türrahmens ausgebildet sei, treffe nicht zu, da der Türrahmenteil (20) keinen ein Sichtfenster aufweisenden Querrand und die durchsichtigen Paneele (22,24) Tür kein Sichtfenster im Sinne des Anspruchs 1 darstellen.

Die Begriffe "Querränder" und "Längsränder" im Anspruch 1 beträfen die horizontalen bzw. vertikalen Ränder (Beschreibung, Seite 4, Zeilen 16 bis 25) und beziehen sich sowohl auf die Innen- oder Außenwand als auch auf die Tür.

Gleichermaßen könne das Türpaneel (9) von D1 nicht mit dem beanspruchten Längs- oder Querrand gleichgestellt werden, da es nicht als Türteil, sondern als ein auf der Tür aufgesetztes Hohlprofil ausgebildet sei, und weil die Tür (2) selbst kein Sichtfenster aufweise.

Folglich sei der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags neu.

b) Hilfsanträge 1 bis 7

- Die in den Hilfsanträgen 1 bis 7 vorgenommenen Änderungen seien darauf gerichtet, die im Ladungsbescheid der Kammer erstmals hervorgebrachten Klarheitseinwände auszuräumen. Im Prüfungsverfahren sei ausschließlich die Neuheit des im Anspruch 1 definierten Gegenstands bemängelt gewesen; eine breite Auslegung der Begriffe "Querrand" und "Längsrand" sei dagegen nicht Inhalt der Diskussion gewesen.

Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 beruhe auf der Kombination der Ansprüche 1, 2 und 5 des Hauptantrags stelle nun das Merkmal "Querrand" klar. Als "Querrand" werde der Bereich der Tür definiert, in welchem die oberen Kanten der Innen- und Außenwände durch das Abschlusselement verbunden werden. Ein derartiges verbindendes Abschlusselement sei weder in D1 noch in D5 offenbart.

Die aus der Beschreibung entnommenen, in den Anspruch 1 der Hilfsanträge 2 bis 7 jeweils hinzugefügten Merkmale seien lediglich weitere Klarstellungen der Begriffe "Querränder" und "Längsränder" im Hinblick auf die spezifischen Strukturen der unterschiedlichen Ausführungsformen des Erfindungsgegenstands und gehörten deshalb auch zum Unfang des zu recherchierenden Gegenstands. Zudem ergäbe sich durch die jeweils aufgenommenen Merkmale ein ganz eindeutiger Unterschied gegenüber D1 und D5, so dass auch das Kriterium der Neuheit offensichtlich erfüllt sei.

Die Beschwerdeführerin ersuchte daher die Kammer, ihr Ermessen nach Artikel 12(4) und 13(3) VOBK dahingehend auszuüben, dass die Hilfsanträge 1 bis 7 ins Verfahren zugelassen werden.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag

2.1 Änderungen

Der Anspruch des Hauptantrags entspricht dem mit Schriftsatz vom 26. November 2004 eingereichten Anspruch 1, welcher die Basis für die im Ladungsbescheid der Prüfungsabteilung vom 17. September 2009 mitgeteilte Begründung einer mangelnden Neuheit und folglich auch für die Zurückweisung gemäß Entscheidung nach Lage der Akte bildete. Der mit Schreiben vom 26. November 2004 eingereichte geänderte Anspruch 1 unterscheidet sich vom ursprünglich eingereichten Anspruch 1 lediglich durch das Streichen im Kennzeichen der Wörter "Längs- und".

Ferner wurde Anspruch 14 des Hauptantrags geändert, indem ein offensichtlicher Fehler im Rahmen von Regel 139 EPÜ korrigiert wurde.

2.2 Neuheit

Die D1 betrifft ein Kältegerät 1 (Seite 1, Zeile 8), dessen Tür 2 ein als Abschlusselement dienendes und als Hohlprofil ausgebildetes Türpaneel 9 aufweist.

Die in den Figuren gezeigte Tür 2 ist selbstverständlich nicht aus vollem Material und weist daher eine Außenwand und eine Innenwand auf, die entlang ihrer horizontalen und vertikalen Kanten, also entlang ihrer Längs- und Querkanten, miteinander verbunden sein müssen und sind.

Im Oberbegriff des Anspruchs 1 des Hauptantrags wird die Verbindung zwischen den Querrändern der Wände definiert, was allerdings bei rein technischer Betrachtung lediglich als Verbindung der Ränder zu verstehen ist.

Das Kennzeichen verlangt nur eine besondere Ausbildung eines Querrands. Laut Angaben der Beschwerdeführerin betrifft der Begriff "Querrand" sowohl eine horizontale Kante der Innenwand oder eine horizontale Kante der Außenwand als auch einen flächigen horizontalen Randbereich der Tür.

Im Einklang mit einer der in Frage kommenden Auslegungsoptionen gilt das den horizontalen oberen Randbereich der Tür bildende Türpaneel 9 als Querrand der Tür im Sinne des Kennzeichens des Anspruchs 1.

Ferner ist im Paneel 9, also in einem Querrand der Tür, ein über die Tiefe der Tür reichendes Sichtfenster 13 erzeugt (Seite 3, Zeilen 26 bis 30, Seite 4, Zeilen 21 bis 28, Abbildungen 1 bis 3).

Folglich sind sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 aus D1 neuheitsschädlich vorweggenommen und der Hauptantrag nicht gewährbar (Artikel 52(1) und 54(1) EPÜ).

Es ist somit - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, die hierin das (einzige) entscheidende Unterscheidungsmerkmal gegenüber der D1 sieht - ohne Belang, dass das Türpaneel 9 als eigenes Teil und getrennt vom Rest der Tür hergestellt wird, da Anspruch 1 kein dementsprechendes Unterscheidungsmerkmal beinhaltet. Ebenfalls unwesentlich für die Frage der Neuheit ist, dass das Paneel 9 gemäß D1 auf dem größeren Teil der Tür 2 aufgesetzt wird, zumal dies vom Wortlaut des Anspruchs 1 nicht ausgeschlossen ist und zudem im Wesentlichen einem Ausführungsbeispiel des Anmeldungsgegenstands, nämlich den in Figuren 1 und 2 dargestellten Aufsatz 5, entspricht.

3. Hilfsanträge

Die geänderten Anspruchssätze der Hilfsanträge 1 bis 7 wurden mit Schriftsatz vom 2. Februar 2012, eingegangen am 7. Februar 2012, eingereicht. Folglich unterliegt die Zulässigkeit dieser späten Anträge dem Ermessen der Kammer unter Anwendung der Artikel 12(4) und 13(3) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK).

Beim Ausüben des Ermessens hat die Kammer folgende Aspekte berücksichtigt und gewürdigt.

3.1 Dem Argument der Beschwerdeführerin, dass die Hilfsanträge nicht früher vorgebracht werden konnten, weil die Kammer in ihrem Ladungsbescheid, und somit erstmalig im Prüfungsverfahren, die Klarheit bemängelt hat, so dass geänderte Anträge als Reaktion auf die Klarheitseinwände eingereicht werden mussten, vermag die Kammer nicht folgen.

3.1.1 Laut der im Ladungsbescheid mitgeteilten vorläufigen Meinung der Kammer finden die Begriffe "Querrand" und "Längsrand" in der Beschreibung keine Unterstützung und seien an sich relativ unbestimmt und vage (Artikel 84 EPÜ), so dass folglich die D1 und D5 auf den Wortlaut zu lesen seien und gemäß der Zurückweisungsbegründung den beanspruchten Gegenstand neuheitsschädlich vorwegnehmen. Einen eigenständigen Einwand bezüglich der Klarheit wurde nicht erhoben, vielmehr ging insgesamt aus dem Ladungsbescheid hervor, dass der Anspruch 1 sehr breit gefasst und dadurch der Gegenstand des Hauptantrags gegenüber D1 und D5 nicht zu unterscheiden sei. Der wesentliche Mangel war somit eindeutig die fehlende Neuheit gegenüber D1 und D5, wie bereits von der Prüfungsabteilung entschieden.

Somit kann das Einreichen der geänderten Anspruchssätze nicht als Reaktion auf einen angeblich vollkommen neuen und erstmalig genannten Einwand gerechtfertigt werden.

3.1.2 Aber auch in der Sache trifft das Argument zumindest für die Hilfsanträge 2 bis 7 nicht zu.

Im Anspruch 1 der Anspruchssätze der Hilfsanträge 2 bis 7 können die hinzugefügten Merkmale keineswegs einer Klarstellung des Anspruchs im Sinne von Artikel 84 EPÜ dienen, zumal die von der Beschreibung nicht gestützten Begriffe "Querrand" und "Querränder" unverändert im Anspruch 1 verbleiben.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 der Hilfsanträge 2 bis 7 bezieht sich auf spezifische Strukturen zur Gestalt des Sichtfensters nach den unterschiedlichen Ausführungsvarianten des Erfindungsgegenstands, wie beschrieben und in den Figuren dargestellt. Die dazu in den Anspruch 1 der Hilfsanträge 2 bis 7 aufgenommenen Merkmale stammen aus der Beschreibung. Dieser Vorgang entspricht ganz eindeutig einzig und allein dem Versuch, den beanspruchten Gegenstand von dem Stand der Technik zu unterscheiden bzw. die Neuheit gegenüber D1 und D5 herzustellen.

3.1.3 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Vorbringen zumindest der Hilfsanträge 2 bis 7 keine Reaktion auf die Bemerkungen im Ladungsbescheid bezüglich Artikel 84 EPÜ darstellt und ihre Berücksichtigung somit im Ermessen der Kammer im Rahmen des Artikels 14(2) VOBK liegt.

3.1.4 Darüber hinaus wurden die Hilfsanträge 1 bis 7 nicht mit der Beschwerdebegründung, sondern nach Erhalt der Ladung zur mündlichen Verhandlung eingereicht und folglich verspätet vorgebracht, so dass das Ermessen der Kammer auch im Hinblick auf Artikel 13(3) VOBK auszuüben ist.

3.2 Artikel 14(2) VOBK

Während der mündlichen Verhandlung hat die Kammer auf die Entscheidung T1212/08 - 3.2.02 vom 13. Januar 2012, insbesondere Punkt 4 der Begründung, verwiesen und dem Vertreter der Beschwerdeführerin für die weitere Diskussion eine Kopie ausgehändigt.

3.2.1 Im vorliegenden Fall wurde der geänderte Anspruchsgegenstands der Hilfsanträge 2 bis 7 erstmalig im Beschwerdeverfahren vorgebracht. Im erstinstanzlichen Verfahren hat die Patentanmelderin keinen geänderten Anspruchssatz vorgelegt, sondern den die Basis des Internationalen Vorläufigen Prüfungsberichts bildenden unabhängigen Anspruch 1 unverändert aufrechterhalten. Die Prüfungsabteilung hat in ihrem Ladungsbescheid vom 17. September 2009 die Beanstandung der Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 gegenüber D1 und D5 nochmals detailliert vorgetragen. Darauf hin hat die Patentanmelderin am 7. Dezember 2009 per Telekopie ihre Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung abgesagt und eine Entscheidung nach Lage der Akte beantragt. Diese erging sodann mit der auf die im Ladungsbescheid genannten Mängel bezogenen Begründung.

3.2.2 Die erstmalig im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Ansprüche der Hilfsanträge 2 bis 7 konnten also im besagten Ladungsbescheid der Prüfungsabteilung auch nicht berücksichtigt bzw. geprüft werden. Folgedessen liegt auch keine Entscheidung der Erstinstanz über den Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 dieser Hilfsanträge vor.

3.2.3 Zudem kommt in Betracht, dass der Anspruch 1 der Hilfsanträge 2 bis 7 aus den Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1, welcher der Kombination der Ansprüche 1, 2 und 5 des Hauptantrags entspricht, und aus zusätzlichen Merkmalen, welche aus der Beschreibung entnommen wurden. Diese zusätzlichen Merkmale definieren Details oder Teilaspekte der verschiedenen Ausführungsbeispiele, die in der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht als wesentlich für die Definition der Erfindung erkennbar waren. Ob diese Aspekte im Umfang des zu recherchierenden Gegenstands mitrecherchiert wurden, ist demnach äußerst fraglich.

3.2.4 Die Kammer sieht sich daher nicht in der Lage, im Rahmen der Zuständigkeit der Prüfungsabteilung tätig zu werden und die Sachprüfung der Hilfsanträge 2 bis 7 selbst durchzuführen (Artikel 111(1) EPÜ).

Unter Berücksichtigung der gebotenen Verfahrensökonomie sowie des Stands des Verfahrens ist auch eine Zurückverweisung der Angelegenheit zur Weiterentscheidung an die Erstinstanz nicht angebracht.

Die Kammer teilt diesbezüglich die Einschätzung unter Punkt 4.5 der oben zitierten Entscheidung T1212/08, dass die beiden inadäquaten Verfahrensabläufe durch das rechtzeitige Einreichen der Anspruchssätze der Hilfsanträge im erstinstanzlichen Verfahren nicht entstanden wären. Das Beschwerdeverfahren ist weder die Fortsetzung des erstinstanzlichen Prüfungsverfahrens noch ein zweites, je nach Umständen von der Patentanmelderin wählbares und frei aufrufbares Parallelverfahren für die ansonsten durch eine zuständige Prüfungsabteilung durchzuführende Sachprüfung.

3.2.5 Aus den dargelegten Gründen übt die Kammer ihr durch Artikel 12(4) VOBK eingeräumte Ermessen dahingehend aus, die Hilfsanträge 2 bis 7 nicht in das Verfahren zuzulassen.

3.3 Artikel 13(3) VOBK

3.3.1 Zugunsten der Beschwerdeführerin unterstellt die Kammer, dass diese in Bezug auf Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 die Anspruchsänderung lediglich zur Herstellung der Klarheit im Sinne von Artikel 84 EPÜ vorgenommenen hat und dieser Hilfsantrag 1 somit als Reaktion auf die in der vorläufigen Meinung der Kammer genannten Mängel zu verstehen wäre. In diesem (Zweifels-)Fall fiele das nach Artikel 12(4) VOBK eingeräumte Ermessen zugunsten der Beschwerdeführerin aus.

Zudem setzt sich der geänderte Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 aus den Merkmalen der Ansprüche 1, 2 und 5 des Hauptantrags zusammen, welche im Wesentlichen den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1, 2 und 5 entsprechen, so dass der neu definierte Gegenstand zu recherchieren war.

3.3.2 Unabhängig davon ist die Zulässigkeit des erst nach dem Ladungsbescheid der Kammer vorgebrachten Hilfsantrags 1 am Maßstab des durch Artikel 13(3) VOBK eingeräumten Ermessens zu prüfen.

Die Kammer stellt dabei fest, dass durch die Aufnahme des einen "Querrand der Tür" definierenden Merkmals aus dem ursprünglichen Anspruch 2 ein dritter Querrand im Anspruch 1 definiert wird, welcher das Sichtfenster nun erzeugen soll. Daraus entsteht ein weiterer Klarheitsmangel, zumal einerseits der Querrand der Innen- oder Außenwand als Kante zu verstehen sei, aber andererseits der Querrand der Tür einen flächigen Bereich der Tür definieren soll.

Die Merkmale der ursprünglich eingereichten Ansprüche 2 und 5 scheinen bereits auch aus D1 bekannt zu sein.

Das Türpaneel 9 gemäß D1 bildet gleichwohl die als Querrand der Tür dienende kürzere Rechteckseite, wird auf den Türkorpus 2 aufgesetzt und dort befestigt. Demnach erfüllt das Türpaneel 9 gemäß D1 auch die Merkmale eines an einem Querrand der Außenwand und einem Querrand der Innenwand befestigten Abschlusselements, welches der Kontur des Sichtfensters folgt.

Daher scheint der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 prima facie auch kein Unterscheidungsmerkmal gegenüber D1 zu beinhalten.

Im Ergebnis stellt die Kammer fest, dass die Erfordernisse der Artikel 52(1), 54(1) und 84 EPÜ prima facie durch den Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 nicht erfüllt sind.

Aus diesen Gründen übt die Kammer ihr durch Artikel 13(3) VOBK eingeräumte Ermessen dahingehend aus, den Hilfsantrag 1 nicht in das Verfahren zuzulassen.

4. Im Ergebnis liegt kein patentfähiger Anspruch vor, weil der Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag nicht neu im Sinne von Artikel 54(1) EPÜ ist und die Hilfsanträge 1 bis 7 unter Anwendung von Artikeln 12(4) und 13(3) VOBK nicht in das Verfahren zugelassen worden sind.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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