European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2011:T106510.20111012 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 12 October 2011 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1065/10 | ||||||||
Anmeldenummer: | 02764478.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | H04L 12/28 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren und System für GSM-Billing bei WLAN-Roaming | ||||||||
Name des Anmelders: | Togewa Holding AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Swisscom (Schweiz) AG | ||||||||
Kammer: | 3.5.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Ausreichende Offenbarung - nach Änderungen (ja) Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, zur Post gegeben am 21. April 2010, mit der das Europäische Patent EP 1 529 375 auf Grund mangelnder Offenbarung widerrufen wurde.
II. Die Beschwerdeschrift der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) ging am 10. Mai 2010 ein. Die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 24. August 2010 eingereicht. Es wurde beantragt, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und den Widerruf des Patents rückgängig zu machen.
III. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) argumentierte mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2010, dass der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche nicht ausführbar sei und die Erfordernisse der Artikel 84 und 123(3) EPÜ nicht erfüllt seien. Weiter wurde beantragt, die Akte zur Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit zurückzuverweisen, sollte der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche als ausführbar angesehen werden. Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.
IV. Mit einem Bescheid vom 27. Juni 2011 wurden die Parteien zur mündlichen Verhandlung am 12. Oktober 2011 geladen. In einem Anhang zur Ladung zur mündlichen Verhandlung brachte die Kammer ihre vorläufige Meinung zum Ausdruck. Die Kammer gab eine vorläufige Einschätzung zur Offenbarung und zu möglichen Problemen mit Artikel 123(3) EPÜ und zu den in der anberaumten mündlichen Verhandlung diesbezüglich zu diskutierenden Fragen. Für den Fall, dass die Ausführbarkeit anerkannt würde, wurde mitgeteilt, dass die Kammer beabsichtige, den Fall dann an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen zwecks Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit.
V. Mit einer Eingabe vom 5. September 2011 überreichte die Beschwerdeführerin folgende Unterlagen zum Nachweis des allgemeinen Fachwissens im Hinblick auf die Offenbarung der Erfindung des Streitpatents:
StL1: GSM-Spezifikation 09.02 (Mobile Application Part (MAP) Specification: Release 1996),
StL2 (von der Beschwerdeführerin teilweise auch als StL3 bezeichnet): GSM-Spezifikation 03.01 (network functions: Release 1998),
StL3 (von der Beschwerdeführerin teilweise auch als StL2 bezeichnet): GSM-Spezifikation 02.09 (security aspects: Release 1997),
StL4: GSM-Spezifikation 03.20 (security related network functions: Release 1999; neu ETS 300 534),
StL5: GSM-Spezifikation 04.08 (Release 1998),
StL6: GSM-Spezifikation 05.02 (Release 1996),
StL7: Garg, Vijay K. et al.: "Principles & Applications of GSM" (Prentice Hall Communications Engineering and Emerging Technologies Series, 1997, S. xx und 71-90 und
StL8: Heine, Gunnar: "GSM Networks: Protocols, Terminology, and Implementation" (Artech House Publishers, 1998), S. 153-165 und 228-233.
Darüber hinaus wurden weitere Argumente für eine ausreichende Offenbarung der beanspruchten Lehre des Streitpatents vorgebracht.
VI. Mit Schreiben vom 14. September 2011 teilte die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) mit, dass sie nicht an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen beabsichtige. Vielmehr wurde beantragt, eine Entscheidung gemäß Aktenlage zu treffen.
VII. Am 12. Oktober 2011 fand eine mündliche Verhandlung statt, bei der lediglich die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) vertreten war und in deren Verlauf die Beschwerdeführerin alle bestehenden Anträge durch einen neuen Antrag mit den unabhängigen Patentansprüchen 1 und 8 ersetzte.
VIII. Der unabhängige Anspruch 1 dieses Antrags lautet wie folgt:
"1. Computergestütztes Verfahren zur Leistungserfassung und -verrechnung bei Roaming eines mobilen IP-Node (20) in heterogenen WLANs, wobei der mobile IP-Node (20) über eine drahtlose Schnittstelle innerhalb einer Basic Service Area eines WLANs auf einen Access Point (21/22) eines WLAN zugreift, wobei die Basic Service Area des WLAN ein oder mehrere einem Access Server (23/1001) zugeordnete Access Points (21/22) umfasst, bei welchem der mobile IP-Node (20) auf einen Request des Access Servers (23/1001) eine auf einer SIM-Karte (201) des mobilen IP-Nodes (20) gespeicherte IMSI an den Access Server (23/1001) übermittelt und die IMSI des IP-Nodes (20) in einer Datenbank (31) eines SIM-RADIUS-Moduls (30) gespeichert wird, dadurch gekennzeichnet,
dass basierend auf der IMSI mittels von in einer SIM-Benutzerdatenbank (34) abgespeicherten Informationen der logische IP-Datenkanal des WLAN zu entsprechenden GSM-Daten für Signal- und Datenkanäle eines GSM-Netzwerkes benutzerspezifsch ergänzt wird, wobei mittels eines SIM-Gateway-Moduls (32) zur Durchführung der Authentifizierung des IP-Nodes (20) basierend auf den GSM-Daten die notwendigen SS7/MAP-Funktionen generiert werden und wobei das SIM-RADIUS-Modul (30) mittels SIM-Benutzerdatenbank (34) und SIM-Gateway-Moduls [sic](32) die Authentifizierung des mobilen IP-Nodes basierend auf der IMSI der SIM-Karte (201) des mobilen Nodes (20) bei einem HLR (37) eines GSM-Netzwerkes durchführt;
dass ein Billing-Modul (1003) mittels eines Billing-Gateway-Interfaces (1031) auf den Access Server (23/1001) zugreift, wobei erste Call Detail Records des mobilen IP-Nodes (20) vom Access Server (23/1001) auf das Billing-Modul (1003) übertragen werden (1011) und wobei das Billing Gateway Interface (1031) eine zugeordnete Billing-Management-Datenbank (1032) mit dem
Konfigurationsprofil jedes Access Servers (23/1001) umfasst,
dass zweite Call Detail Records des mobilen IP-Nodes (20) an ein Proxy-Modul (1002) übermittelt werden (1010), welches Proxy-Modul (1002) mindestens Identität des mobilen IP-Nodes (20) und/oder Zeitdauer und/oder Anbieter der beanspruchten Leistung erfasst und an das Billing-Modul (1003) weitergibt (1012), und
dass das Billing-Modul (1003) entsprechend der beanspruchten Leistung basierend auf den Daten des Proxy-Modul [sic](1002) und den ersten Call Detail Records (1011) TAP-Files (1014) erzeugt und diese zusammen mit Fakturierungsanweisungen (1013) an ein Clearing-Modul (1004) übermittelt, wobei die Fakturierungsanweisungen (1013) mindestens benutzerspezifische und/oder dienstanbieterspezifische Verrechnungsdaten umfassen, und wobei das Clearing-Modul (1004) die beanspruchte Leistung des Benutzers (1008) einem Anbieter (1008) eines Festnetzes (1007) verrechnet (1016) und/oder die TAP-Files (1017) zur Verrechnung an einen GSM (1005) Dienstanbieter (1006) übermittelt."
Der unabhängige Anspruch 8 ist auf ein korrespondierendes System gerichtet und lautet wie folgt:
"8. System zur Leistungserfassung und -verrechnung beim Roaming eines mobilen IP-Nodes (20) in heterogenen WLANs, welches System mindestens ein WLAN mit jeweils einer Basic Service Area umfasst, welche Basic Service Area eines WLANs einen oder mehrere einem Access Server (23/1001) zugeordnete Access Points (21/22) umfasst, welche Access Points (21/22) eine drahtlose Schnittstelle (211) zum Kommunizieren mit mobilen IP-Nodes (20) umfassen und welche mobilen IP-Nodes (20) eine SIM-Karte (201) zum Speichern einer IMSI umfassen, dadurch gekennzeichnet,
dass der Access Server (23/1001) ein SIM-Radius Modul (30) eine SIM-Benutzerdatenbank (34) und ein SIM-Gateway-Modul (32) zur benutzerspezifischen Ergänzung des logischen IP-Datenkanals des WLAN zu entsprechenden GSM-Daten für Signal- und Datenkanäle eines GSM-Netzwerkes umfasst, wobei zur Durchführung der Authentifizierung des IP-Nodes (20) mittels eines SIM-Gateway-Moduls (32) die notwendigen SS7/MAP-Funktionen basierend auf den GSM-Daten generierbar sind und wobei die Authentifizierung und/oder Service Autorisierung des mobilen IP-Nodes (20) mittels des SIM-RADIUS-Modul [sic](30), der SIM-Benutzerdatenbank (34) und des SIM-Gateway-Moduls (32) basierend auf der IMSI der SIM-Karte (201) des mobilen Nodes (20) bei einem HLR (37) eines GSM-Netzwerkes durchführbar ist,
dass der Access Server (23/1001) ein Billing-Modul (1003) mit einem Billing Gateway Interfaces [sic] (1031) für den Zugriff auf Access Server (23/1001) umfasst, wobei erste Call Detail Records des mobilen IP-Nodes (20) vom Access
Server auf das Billing-Modul (1003) übertragbar sind (1011) und wobei das Billing Gateway Interface (1031) eine zugeordnete BillingManagement-Datenbank [sic] (1032) mit den Konfigurationen der einzelnen Access Server (23/1001) umfasst,
dass mittels eines Proxy-Moduls (1002) zweite Call Detail Records des mobilen IP-Nodes (20) vom Access Server (1001) downloadbar sind (1010), wobei mit dem Proxy-Modul (1002) mindestens Identität des mobilen IP-Nodes (20), Zeitdauer und Anbieter der beanspruchten Leistung erfassbar sind und an das Billing-Modul (1003) weitergebbar sind (1012),
dass mittels dem Billing-Modul (1003) der beanspruchten Leistung entsprechende TAP-Files (1014) erzeugbar sind und diese zusammen mit Fakturierungsanweisungen (1013) an ein Clearing-Modul (1004) übermittelbar sind, wobei die Fakturierungsanweisungen (1013) mindestens benutzerspezifische und/oder dienstanbieterspezifische Verrechnungsdaten umfassen."
IX. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der Patentansprüche 1-14, Patentansprüche 1 und 8 eingereicht als Hauptantrag während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, Patentansprüche 2-7 und 9-14 in der erteilten Fassung.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte schriftlich die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Zurückverweisung an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung.
X. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete die Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründung wurden wirksam und fristgerecht eingereicht. Die Beschwerdegebühr wurde ebenfalls fristgerecht entrichtet (siehe Sachverhalt und Anträge, Punkt II). Die Beschwerde ist daher zulässig.
2. Erweiterung des Schutzbereichs (Artikel 123(3) EPÜ)
2.1 In den erteilten unabhängigen Ansprüchen ist das hinsichtlich der Ausführbarkeit problematische Teilmerkmal verblieben, obwohl dieses laut BF gar nicht erforderlich wäre (vgl. den die Seiten 1 und 2 verbindenden Absatz in der Beschwerdebegründung). Dieses erste Teilmerkmal des kennzeichnenden Teils von Anspruch 1 wie erteilt lautet:
"dass ein SIM-Radius-Modul (30) mittels einer SIM-Benutzerdatenbank (34) und einem SIM-Gateway-Modul (32) den logischen IP-Datenkanal des WLAN zu entsprechenden GSM-Daten für Signal- und Datenkanäle eines GSM-Netzwerkes benutzerspezifisch ergänzt, wobei die Authentifizierung und/oder Service Autorisierung des mobilen IP-Nodes (20) basierend auf der IMSI der SIM-Karte (201) des mobilen Nodes (20) bei einem HLR (37) und/oder VLR (37) eines GSM-Netzwerkes durchgeführt wird"
2.2 Aus Sicht der Kammer leistet dieses Teilmerkmal einen technischen Beitrag zur beanspruchten Leistungserfassung und - verrechnung, weil eine authentisierte und autorisierte Verbindung zwischen einem IP Knoten und dem GSM Netz für den abzurechnenden Roaming Zugriff erforderlich ist. Insbesondere ist eine "Ergänzung" der IP Daten zur Umwandlung in den Signalkanal des GSM Netzes im Hinblick auf die Identität und Zeitdauer der Verbindung von Bedeutung.
2.3 Gegenüber dem vergleichbaren Teilmerkmal des erteilten Anspruchs 1 wurden in dem nunmehr geltenden Anspruch 1 lediglich weitere technische Details hinzugefügt, weshalb der Schutzbereich nicht erweitert wurde. Die Anforderungen des Artikels 123(3) EPÜ sind somit erfüllt.
Das gleiche gilt für den nebengeordneten Anspruch 8 mit dessen korrespondierendem ersten Teilmerkmal des kennzeichnenden Teils.
3. Ausführbarkeit (Artikel 100b mit Artikel 83 EPÜ)
3.1 Die Einspruchsabteilung gelangte zu ihrer negativen Entscheidung bezüglich der Offenbarung von Anspruch 1 basierend auf dem Einwand, dass die GSM Triplets nur vom HLR/VLR angefordert werden könnten, wenn vom WLAN aus der Signalisierungskanal zum HLR/VLR bereits bestehe. Es sei daher für den Fachmann nicht ausreichend offenbart, wie das SIM-Radius-Modul funktioniere und wie die GSM-Triplets vom HLR/VLR abzuholen seien.
3.2 Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) machte sich diese Auffassung zu eigen und argumentierte im wesentlichen auf der Grundlage eines Gutachtens zur Rechtsgültigkeit eines parallelen Schweizer Patents (vorgelegt mit Schreiben vom 11. Februar 2009) gegen die Ausführbarkeit der beanspruchten Erfindung des Streitpatents. Im genannten Gutachten wurde insbesondere auf die Ausführungen ab Seite 6 verwiesen. Dem Gutachten sei insbesondere zu entnehmen, dass die GSM Triplets nur vom HLR/VLR angefordert werden können, wenn vom WLAN aus der Signalisierungskanal zum HLR/VLR bereits besteht (vgl. Seite 7, vorletzter Absatz zu Merkmal M6 "vorerst noch gar nicht zugreifbar"). Weder die Beschreibung des Streitpatents (vgl. vor allem Spalte 13, Zeilen 27 bis 32), noch die Argumente der Beschwerdeführerin lieferten nähere Aufschlüsse darüber, wie genau ein SIM-Radius-Modul und ein SIM-Gateway-Modul aufgebaut seien, geschweige denn wie diese funktionierten. Auch bleibe offen, welcher Art die "in einer SIM-Benutzerdatenbank (34) abgespeicherten Informationen" seien, mit deren Hilfe die beanspruchte benutzerspezifische Ergänzung erfolgen solle. Es würden zwar zahlreiche Passagen der Beschreibung zitiert und allgemeine Hintergrund informationen gegeben, jedoch bleibe die Frage unbeantwortet, weshalb der Fachmann aufgrund seines Fachwissens in der Lage gewesen wäre, das fragliche Teilmerkmal zu realisieren. Insbesondere bleibe unklar, was genau unter den "entsprechenden GSM-Daten" gemäß dem oben zitierten Teilmerkmal zu verstehen sei.
3.3 Die Beschwerdeführerin argumentierte im wesentlichen, dass die beanspruchte Ergänzung benutzerspezifisch sei, weil die IMSI selbst immer eine benutzerspezifische Information sei, und diese IMSI mit den notwendigen MAP/SS7-Funktionen für den Übergang in das GSM-Netzwerk durch ein SIM-RADIUS-Modul und ein SIM-Gateway Modul ergänzt würde. Alleine aus dem Hinweis auf die Verwendung des SS7/MAP-Protokolls ergebe sich für den Fachmann zwingend, dass auf der Grundlage des Global Title GT auf den HLR zugegriffen werde.
Bei einem Roaming-Abkommen (hier zwischen dem WLAN- und dem GSM-Provider) erfolge grundsätzlich eine Übermittlung der zugrunde liegenden Global Titles GT (hier an den WLAN-Provider). Daher seien die GT der von dem Roaming-Abkommen eingeschlossenen GSM-Teilnehmer WLAN-seitig bekannt. Die Global Titles GT seien für den Fachmann erkennbar die in der SIM-Benutzerdatenbank abgespeicherten benutzerspezifischen Informationen. Anhand der benutzerspezifischen IMSI des Teilnehmers im WLAN erfolge die Zuordnung des jeweiligen GT anhand dessen das SIM-RADIUS-Modul dann WLAN-seitig die entsprechenden VLR-Funktionen zum Zugriff mittels SS7/MAP auf den "entsprechenden" HLR (mit Verweis auf Spalte 17, Zeilen 49 bis 53 des Streitpatents), also den der IMSI und dem Global Title GT zugeordneten HLR vornehme und darüber die Authentifizierung erfolge. Das SIM-Gateway-Modul sei hierbei nichts anderes als eine auf dem Markt erhältliche Standardkomponente zur Umsetzung des WLAN-Protokolls auf das GSM-Protokoll. Demnach sei für den Fachmann anhand der Informationen der Beschreibung des Streitpatents interpretiert im Lichte des allgemeinen Fachwissens ohne weiteres erkennbar, dass der logische IP-Datenkanal auf Seiten des WLAN mittels des in der SIM-Benutzerdatenbank gespeicherten Global Title GT zu GSM-Daten für Signal- und Datenkanäle des GSM-Netzwerks benutzerspezifisch ergänzt werde.
3.4 Die Kammer folgt dieser Argumentation der Beschwerdeführerin (welche zusätzlich durch die eingeführten Literaturstellen StL1 bis StL8 gestützt wird, vgl. z.B. StL1, Seite 41, Abschnitt 4.1.3.3.2 und Seite 43, Abschnitt 4.1.3.7; StL7, Seite 80), dass der Fachmann anhand seines diesbezüglichen allgemeinen Fachwissens der Beschreibung des Streitpatents (vgl. die Absätze [16], [25] und [26] mit Verweisen auf StL1 und StL4, insbesondere Spalte 16, Zeilen 18 bis 48) entnehmen konnte, wie er unter Verwendung des SS7/MAP-Protokolls den paketorientierten IP-Datenstrom mit In-Band-Signalisierung umwandeln muss, um diesen zu entsprechenden verbindungsorientierten GSM-Daten für den separaten bzw. Out-of-Band Signalkanal neben den Datenkanälen eines GSM-Netzwerkes benutzerspezifisch zu ergänzen. Alleine aus der GSM-Spezifikation ergibt sich bereits, wie GSM Triplets vom einer IMSI zugehörigen HLR angefordert werden können.
Die Kammer sieht aus diesen Gründen den Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 als vollständig offenbart an.
Der Gegenstand des unabhängigen Systemanspruchs 8 weist korrespondierende Teilmerkmale auf und ist daher hinsichtlich der Ausführbarkeit genauso zu sehen wie der Anspruch 1.
4. Die Kammer hat bereits mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass sie beabsichtige bei Anerkennung der Ausführbarkeit des Streitpatents, den Fall an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen (Artikel 111(1) EPÜ) zwecks Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit (Artikel 52(1) mit 54 und 56 EPÜ). Dies wurde von der Beschwerdegegnerin (Einsprechende) auch explizit beantragt (siehe Schreiben vom 29. Dezember 2010, Seite 5, letzter Absatz).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen auf der Grundlage der Patentansprüche 1-14, Patentansprüche 1 und 8 eingereicht als Hauptantrag während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, Patentansprüche 2-7 und 9-14 in der erteilten Fassung.