European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2011:T101310.20110412 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 12 April 2011 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1013/10 | ||||||||
Anmeldenummer: | 06003212.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | G05B 19/4063 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Steuerung landwirtschaftlicher Arbeitsmaschinen | ||||||||
Name des Anmelders: | CLAAS Selbstfahrende Erntemaschinen GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Rechtliches Gehör - bejaht Neuheit (Hauptantrag) - verneint Zurückverweisung (Hilfsantrag) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 06003212.5. Die Zurückweisung wurde mit fehlender Neuheit (Artikel 54 (2) EPÜ) des in Anspruch 1 beanspruchten Verfahrens gegenüber der Druckschrift
D1: R. Freimann et al: Gerät steuert Traktor: Optimierungsmöglichkeiten der Gespannführung. VDI Berichte 1544, Seiten 201-206, Düsseldorf, VDI-Verlag (2000)
begründet.
II. Mit der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerde führerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Angelegenheit zur weiteren Prüfung an die erste Instanz zurückzu ver weisen. Weiterhin wurde die Rückzahlung der Beschwerde gebühr beantragt.
III. In einer am 5. Oktober 2010 ergangenen Mitteilung nahm die Kammer zur Neuheit sowie dem Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr vorläufig Stellung.
IV. Zusammen mit einem am 17. Dezember 2010 eingegangenen Schreiben reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Satz Ansprüche ein. Es wurde beantragt, die Entscheidung aufzuheben und wegen schwerwiegender Verfahrensmängel an die erste Instanz zurückzuverweisen. Hilfsweise wurde beantragt, ein Patent auf der Grundlage der ursprünglich eingereichten Ansprüche zu erteilen. Weiterhin wurde hilfsweise beantragt, die Anmeldung auf der Grundlage der am 17. Dezember 2010 eingereichten Ansprüche weiterzuverfolgen.
V. Anspruch 1 wie ursprünglich eingereicht, auf dessen Grundlage die angefochtene Entscheidung ergangen ist, lautet:
"Verfahren zur Steuerung mobiler landwirtschaftlicher Arbeitsmaschinen (47), welche aus einer Kombination eines Trägerfahrzeug (1) und mindestens einem Arbeits gerät (2) [sic] als Teil einer auswechselbaren Aus rüstung besteht und das Trägerfahrzeug (1) zumindest ein als Jobrechner (4,44,44',44") ausgebildetes Steuerungs element und ein Terminal (5) zur Prozess beobachtung und zur Prozesssteuerung aufnimmt, und das Trägerfahrzeug 1 mindestens ein Kopplungselement (3) zur Ankopplung einer auswechselbaren Ausrüstung als Arbeitsgerät (2) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuerung des Arbeitsprozesses der Arbeits maschine (47) von einem mikroprozessorgesteuerten ersten Jobrechner (9) und einem mikroprozessorgesteuerten zweiten Jobrechner (4) erfolgt und der erste Jobrechner (9) des angekoppelten Arbeitsgerätes (2) zumindest teilweise die Leitfunktion der Prozesssteuerung übernimmt."
Anspruch 1 wie am 17. Dezember 2010 eingereicht enthält das weitere Merkmal "wobei die Software als Steuerungs programm zur Steuerung der landwirtschaftlichen Arbeits maschinen (47) in einem Speicher 45 des Arbeitsgerätes (2) dauerhaft gespeichert ist"; weiterhin unterscheidet sich der Anspruch 1 gegenüber dem ursprünglich einge reichten Anspruch 1, dadurch, dass das Wort "und" nach "Steuerungselement" fehlt.
Entscheidungsgründe
1. Verfahrensmangel
Der angefochtenen Entscheidung liegt kein von der Beschwerdeführerin geltend gemachter Verfahrensmangel in Form der Verletzung des rechtlichen Gehörs zugrunde.
Der der angefochtenen Entscheidung vorausgegangene einzige Bescheid vom 30. August 2007 verweist auf die Stellungnahme zum Europäischen Recherchenbericht. Unter Punkt 2 der Stellungnahme wird zur Neuheit des Verfahrens des Anspruchs 1 ausgeführt: "Der Oberbegriff ist lediglich die Beschreibung eines Gespannes zur Bodenbearbeitung, welches aus Traktor und angehängtem Arbeitsgerät besteht. Alle Merkmale des Oberbegriffs gehörten zum Anmeldezeitpunkt zum allgemeinen Wissen des Fachmann [sic]. Druckschrift Dl zeigt darüber hinaus, dass die Steuerung des Arbeitsprozesses der Arbeitsmaschine von einem mikroprozessorgesteuerten ersten Jobrechner und einem mikroprozessorgesteuerten zweiten Jobrechner erfolgt (Bild 1 und Abschnitt "Gespann-automation nach ISO 11783") und der erste Jobrechner des angekoppelten Arbeitsgerätes zumindest teilweise die Leitfunktion der Prozesssteuerung übernimmt (Seite 201, Zeilen 7-15; Seite 203, Zeilen 2-4; Seite 204, Zeilen 23 - 26). Somit sind alle Merkmale von Anspruch 1 bekannt und der Gegenstand des Anspruches 1 ist somit nicht neu (Artikel 54 EPÜ)."
Gegen diesen Einwand hat die Anmelderin in dem am 18. Dezember 2007 eingegangenen Schreiben (vgl. den die Seiten 1 und 2 überbrückenden Absatz) vorgebracht, es werde "an keiner Stelle der D1 [] offenbart, dass dem Gerät ein Job rechner zugeordnet sei, der auch noch die Leit funktion der Prozess steuerung zwischen Traktor und Gerät übernimmt".
Die Anmelderin hat damit von ihrer Gelegenheit Gebrauch gemacht, sich zum Einwand fehlender Neuheit zu äußern.
Die Verweise auf D1 in der Begründung der angefochtenen Entscheidung auch in Bezug auf Merkmale des Oberbegriffs führen das - von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellte - Argument, die Merkmale des Oberbegriffs gehörten zum allgemeinen Fachwissen, genauer aus. Durch diese Verweise wird jedoch kein sachlich neuer Einwand fehlender Neuheit erhoben.
Dem Antrag der Beschwerdeführerin, die Angelegenheit wegen schwerwiegender Verfahrensmängel an die erste Instanz zur weiteren Prüfung auf der Grundlage der ursprünglich eingereichten Ansprüche zurückzuverweisen, kann daher nicht stattgegeben werden.
2. Anspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung - Neuheit (Artikel 54 (2) EPÜ)
Die Druckschrift D1 beschreibt eine Steuerung für ein aus einem Traktor und einer angekoppelten Arbeitsmaschine bestehendes landwirtschaftliches Gespann. Die im Blockdiagramm in Bild 2 explizit genannte Kreiselegge wird gemäß der Angabe im Blockdiagramm in Bild 3 im Heckkraftheber angebracht; die Kreiselegge stellt somit eine auswechselbare Ausrüstung des Gespanns dar. Der Traktor weist einen Jobrechner (Traktorrechner, Bild 2) sowie eine Benutzer station (Bild 2) auf. Aus dem in Bild 2 dargestellten Informationsfluss ergibt sich implizit, dass die Benutzerstation der Ein- und Ausgabe von Informationen zwischen Fahrer und System dient. Die Benutzerstation stellt daher ein Terminal zur Steuerung und Beobachtung von Prozessen gemäß dem Wortlaut des Anspruchs 1 dar. Der oben genannte Heckkraftheber stellt das im Anspruch genannte Kopplungselement dar. Weiterhin offenbart D1, dass bei einem Traktor mit Klasse 3 Schnittstelle ein am Gerätebus angeschlossener Rechner "Einfluss auf die mechanischen und hydraulischen Schnittstellen des Traktors" nimmt (vgl. Seite 203, erster Absatz). Eine konkrete Einflussgröße repräsentieren die in der Tabelle 1 genannten Positionierbefehle für die "Heck 3-Punkt" (Heckkraft heber), die von dem über den Gerätebus angeschlossenen Rechner vorgegeben werden. Damit übernimmt dieser Rechner des Arbeits geräts zumindest teilweise die Leitfunktion der Prozess steuerung.
Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumente, die in D1 beschriebene Traktor-Geräte-Kombination offenbare weder eine Benutzerstation zur Prozess steuerung und -beobachtung noch einen dem Arbeitsgerät zugeordneten Jobrechner, der die Leitfunktion der Prozessteuerung übernehmen könnte, sind nicht stichhaltig. Entgegen der Auffassung der Beschwerde führerin ist für den Fachmann bereits in dem Begriff "Benutzerstation" deren Aufgabe der Prozesssteuerung und -beobachtung mit enthalten. Was den Jobrechner im Arbeitsgerät betrifft, so erwähnt D1 (letzter Absatz auf Seite 204), die Arbeitsgeräte mit Jobrechnern auszustatten, um die zur Implementierung der Automatiken notwendigen Signale zu erzeugen.
Da der ursprünglich eingereichte Anspruch 1 nicht das Erfordernis des Artikels 54 (2) EPÜ erfüllt, kann dem Antrag auf Erteilung eines Patents auf der Grundlage dieses unabhängigen Anspruchs nicht stattgegeben werden.
3. Zurückverweisung
Artikel 111 (1) EPÜ stellt es in das Ermessen der Kammer, entweder im Rahmen der Zuständigkeit des Organs tätig zu werden, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, oder die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an dieses Organ zurückzuverweisen. Im vorliegenden Fall hat die Prüfungsabteilung im Rahmen des Prüfungsverfahrens lediglich die Neuheit des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1 geprüft. Zu dem weiteren Merkmal des am 17. Dezember 2010 eingereichten Anspruchs 1, welches dem ursprünglich eingereichten abhängigen Anspruch 2 entspricht, hat die Prüfungs abteilung nicht Stellung genommen: die die abhängigen Ansprüche betreffende Bemerkung unter Punkt III.4 der angegriffenen Entscheidung stellt keinen sachlich begründeten Einwand dar.
Die Kammer verweist die Angelegenheit daher an die erste Instanz zurück zur weiteren Prüfung auf der Grundlage der am 17. Dezember 2010 eingereichten Ansprüche.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung zur weiteren Prüfung auf der Grundlage der am 17. Dezember 2010 eingereichten Ansprüche zurückverwiesen.