European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2013:T088510.20130417 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 17 April 2013 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0885/10 | ||||||||
Anmeldenummer: | 03797198.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | A46B 9/04 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Zahnbürste mit Borstenfeld | ||||||||
Name des Anmelders: | F.A. Rueb Holding GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Trisa Holding AG | ||||||||
Kammer: | 3.2.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - Hauptantrag (nein) Änderungen - Hilfsantrag - unzulässige Erweiterung (ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, dass das Europäische Patent Nr. 1 423 029 in geändertem Umfang die Erfordernisse des EPÜ erfüllt.
II. Die Einspruchsabteilung entschied, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des erteilten Patents gegenüber den folgenden Entgegenhaltungen nicht neu sei:
D1: DE-A-1 226 531
D2: US-A-5 305 489
III. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Entscheidung aufzuheben und das Patent in der Fassung wie erteilt, hilfsweise gemäß ihrem Hilfsantrag aufrechtzuerhalten. Ferner hat sie eine mündliche Verhandlung beantragt. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
IV. Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung hat die Kammer auch eine Mitteilung erlassen, in der sie ihre vorläufige Meinung zum Ausdruck brachte, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht neu gegenüber D1 und D2 sei. Außerdem äußerte sie ihre Bedenken bezüglich der Zulässigkeit des Hilfsantrags, da der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags die Erfordernisse der Artikel 84 EPÜ und 123(2) EPÜ nicht zu erfüllen schien.
V. Mit Schreiben vom 15. Januar 2013 zog die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurück und beantragte eine Entscheidung auf Basis der schriftlichen Eingaben.
VI. Daraufhin hob die Kammer in einer Mitteilung vom 12. Februar 2013 den Termin zur mündlichen Verhandlung auf.
VII. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet:
Zahnbürste mit länglichem, quadratischem und/oder rundem Borstenfeld (1), welches aus einzelnen, nebeneinander an einem Bürstenkörper (2) angeordneten und gegenüber diesem hochstehenden Borstenbündeln (4) oder Borstenbüscheln gebildet ist, wobei wenigstens einzelne Borstenbündel (4) an dem dem Bürstenkörper (2) abgewandten Nutzungsende gegenüber einer etwa parallel zum Bürstenkörper (2) verlaufenden Ebene zumindest teilweise dadurch abgeschrägt und/oder dachförmig geformt sind, dass Borsten dieser Borstenbündel (4) unterschiedlich weit hochstehen, so dass die am Nutzungsenden dieser Borstenbündel (4) angeordneten Abschlussflächen als Schrägflachen (5) oder als teilweise schräge Flächen ausgebildet sind, wobei diese Borstenbündel (4) entlang gedachter gerader oder insbesondere bogenförmiger oder bei Rundbürsten kreisbogen- oder kreisförmiger Verbindungslinien am Bürstenkörper einander benachbart angeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, dass wenigstens einzelne Borstenbündel (4) des Borstenfeldes (1) mit ihren Schrägflächen (5) relativ zueinander und gegenüber den Verbindungslinien um unterschiedliche Winkel verdreht angeordnet sind, welche Winkel von 90º und von 180º abweichen.
Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags lediglich dadurch, dass das Wort "unregelmäßig" wie folgt im Kennzeichen des Anspruchs 1 eingefügt wurde:
"dadurch gekennzeichnet, dass wenigstens einzelne Borstenbündel (4) des Borstenfeldes (1) mit ihren Schrägflächen (5) relativ zueinander und gegenüber den Verbindungslinien um unterschiedliche Winkel unregelmäßig verdreht angeordnet sind, welche Winkel von 90º und von 180º abweichen."
VIII. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen vorgetragen
i) zum Hauptantrag:
Aus der Beschreibung der D2 sei nichts bezüglich der Orientierung der Schrägflächen der Borstenbündel zu entnehmen. Ebenfalls seien aus den Zeichnungen keine unterschiedlichen Verdrehwinkel wenigstens einzelner Borstenbündel relativ zueinander und gegenüber den Verbindungslinien zu erkennen. Ferner sei zwischen lediglich zwei Schrägflächen nur ein einziger Winkel für eine gegenseitige Verdrehung vorhanden. Es sei daher nötig mindestens drei Schrägflächen in Betracht zu ziehen, um die in Anspruch 1 beanspruchten unterschiedlichen Winkel zu realisieren.
ii) zum Hilfsantrag:
Die Offenbarung des hinzugefügten Merkmals, dass die "Schrägflächen relativ zueinander und gegenüber den Verbindungslinien um unterschiedliche Winkel unregelmäßig verdreht angeordnet sind", befinde sich in Spalte 3, Zeile 25 sowie in Spalte 13, Zeile 40 des Streitpatents.
IX. Die Beschwerdegegnerin hat zum Hauptantrag im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
D2 offenbare alle Merkmale des Anspruchs 1. Insbesondere sei aus den Figuren 1-3 und 6 ersichtlich, dass die Nutzungsenden der Bostenbündel eine Profilfläche aufweisen, die halbkugelförmigen Erhebungen und tal-förmigen Einbuchtungen entspricht. Damit seien zwangsläufig die Schrägflächen einzelner Borstenbündel relativ zueinander und gegenüber den Verbindungslinien um unterschiedliche Winkel verdreht. Dies gehe insbesondere aus Figur 6 hervor, wo die Profilfläche sowohl in Längsrichtung wie auch in Querrichtung wellenförmig ausgebildet sei.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag
Neuheit
1.1 D2 offenbart sämtliche Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 (die Bezugszeichen beziehen sich auf D2):
Zahnbürste mit quadratischem Borstenfeld (5), welches aus einzelnen, nebeneinander an einem Bürstenkörper (2) angeordneten und gegenüber diesem hochstehenden Borstenbündeln (3) gebildet ist, wobei wenigstens einzelne Borstenbündel (3) an dem dem Bürstenkörper (2) abgewandten Nutzungsende gegenüber einer etwa parallel zum Bürstenkörper (2) verlaufenden Ebene zumindest teilweise dadurch abgeschrägt geformt sind, dass Borsten (4) dieser Borstenbündel (3) unterschiedlich weit hochstehen (vgl. Figur 3 sowie Spalte 4, Zeilen 43-49), so dass die am Nutzungsende dieser Borstenbündel (3) angeordneten Abschlussflächen als Schrägflachen (vgl. Figur 3) ausgebildet sind, wobei diese Borstenbündel (3) entlang gedachter gerader Verbindungslinien am Bürstenkörper einander benachbart angeordnet sind (vgl. Figuren 1-3).
Somit zeigt D2 alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1. Dies ist zwischen den Parteien auch nicht streitig.
1.2 Was die kennzeichnenden Merkmale anbelangt, sind diese ebenfalls aus D2 bekannt: Betrachtet man eine Verbindungslinie der Borstenbündel, die rechtwinklig zur Längsrichtung der Zahnbürste sowie außerhalb den höchsten bzw. tiefsten Punkten der Nutzungsfläche verläuft (z.B. in Figur 6 von links die zweite abgebildete rechtwinklig zur Längsrichtung verlaufende Verbindungslinie der Borstenbündel oder in Figur 2 das fünfte Borstenbündel von links), so ist ersichtlich, dass mindestens einzelne Borstenbündel mit ihren Schrägflächen relativ zueinander und gegenüber den Verbindungslinien um unterschiedliche Winkel verdreht angeordnet sind, wobei diese Winkel von 90º und von 180º abweichen.
1.3 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass aus der Beschreibung der D2 bezüglich der Orientierung der Schrägflächen der Borstenbündel nichts zu entnehmen sei. Dem ist jedoch zu widersprechen, da in Spalte 4, Zeilen 36-38 ausgesagt wird, dass "(the) bristle face has hemispheres and valley-like concavities that resemble a topographic surface" und weiter in den Zeilen 43-46 "This topographic surface is created by using predetermined heights of the bristles in varying heights, rising and falling in predetermined curve patterns". Hier wird erläutert, wie die Nutzungsenden der Borstenbündel 3 die topographische Nutzungsfläche der Bürste bilden. Diese Nutzungsenden sind aus unterschiedlich großen Borsten gebildet, die dadurch Schrägflächen an den Nutzungsenden der Borstenbündel bilden. Um eine topographische Fläche bilden zu können, müssen sich die Orientierungen dieser Schrägflächen voneinander unterscheiden.
Die Orientierung der Schrägflächen wird weiter in den Figuren 2 und 3 verdeutlicht. Die Figur 2 entspricht einem Querschnitt 2-2 entlang einer Längsachse des in Figur 1 abgebildeten Borstenfeldes, Figur 3 einem Querschnitt 3-3 entlang einer Querachse des Borstenfeldes. In Zusammenschau dieser zwei Querschnitte ist deutlich zu erkennen, wie die Schrägflächen entlang einer querverlaufenden Verbindungslinie, die außerhalb den höchsten bzw. tiefsten Punkten der Nutzungsfläche verläuft, sich von einander unterscheiden, indem einzelne Borstenbündel 3 des Borstenfeldes 5 mit ihren Schrägflächen relativ zueinander und gegenüber den Verbindungslinien um unterschiedliche Winkel verdreht angeordnet sind, wobei diese Winkel von 90º und von 180º abweichen.
Dieses ist auch deutlich aus der Figur 6 zu entnehmen, in welcher die als zweite von links abgebildete, rechtwinklig zur Längsrichtung verlaufende Verbindungslinie der Borstenbündel ebenfalls dieses Verhältnis der Schrägflächen aufweist.
1.4 Die Beschwerdeführerin argumentierte hierzu, dass zwischen lediglich zwei Schrägflächen nur ein einziger Winkel für eine gegenseitige Verdrehung vorhanden sei und es daher nötig wäre, mindestens drei Schrägflächen in Betracht zu ziehen, um die beanspruchten unterschiedlichen Winkel zu realisieren.
Auch dieser Ansicht ist zu widersprechen, da "wenigstens einzelne Borstenbündel" (d.h. zwei genügen) beansprucht werden, die "mit ihren Schrägflächen relativ zueinander und gegenüber den Verbindungslinien um unterschiedliche Winkel verdreht angeordnet sind" (Unterstreichung durch die Kammer). Daraus ist klar, dass ein Winkel zwischen den Schrägflächen der zwei Borstenbündel besteht, sowie zwei weitere Winkel zwischen den Schrägflächen der Borstenbündel und deren Verbindungslinie. Die obigen, auf zwei Borstenbündel in D2 basierenden Ausführungen der Kammer genügen daher für die Schlussfolgerung, dass alle Merkmale des Kennzeichens des Anspruchs 1 durch D2 vorweggenommen sind.
1.5 Da D2 somit alle Merkmale des Anspruchs 1 zeigt, ist der Gegenstand dieses Anspruchs nicht neu (Artikel 54 EPÜ).
2. Hilfsantrag
2.1 Der Hilfsantrag wurde erst mit dem Schreiben vom 23. Oktober 2012 eingereicht d.h. nach der Einreichung der Beschwerdebegründung. Gemäß Artikel 13(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) liegt es im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung bzw. der Erwiderung zuzulassen. Im vorliegenden Fall kann diese Frage jedoch dahingestellt werden, da der Hilfsantrag nicht gewährbar ist.
2.2 Anspruch 1 des Hilfsantrags liegt Anspruch 1 des Hauptantrags zugrunde, wobei der kennzeichnende Teil um das Wort "unregelmäßig" ergänzt wurde. Nunmehr lautet das Kennzeichen:
"dadurch gekennzeichnet, dass wenigstens einzelne Borstenbündel (4) des Borstenfeldes (1) mit ihren Schrägflächen (5) relativ zueinander und gegenüber den Verbindungslinien um unterschiedliche Winkel unregelmäßig verdreht angeordnet sind, welche Winkel von 90º und von 180º abweichen."
2.3 Für die Offenbarung für diese Änderung bezieht sich die Beschwerdeführerin auf Spalte 3, Zeile 25 sowie auf Spalte 13, Zeile 40 des Streitpatents (entspricht Seite 5, Zeile 4 sowie Seite 21, Zeile 30 der PCT Anmeldung). In den angegebenen Textstellen sind jedoch "Schrägflächen", die "relative regellos angeordnet" werden, sowie eine "relative Unregelmäßigkeit der gegenseitigen Anordnung der Schrägflächen" [Unterstreichung durch die Kammer] beschrieben. Aus keiner dieser Quellen ist eine unregelmäßige Verdrehung einzelner Borstenbündel zu entnehmen. Eine relative regellose Anordnung der Schrägflächen heißt jedenfalls nicht zwangsläufig, dass auch die Borstenbündel regellos angeordnet sind, geschweige denn, dass sie eine unregelmäßige Verdrehung aufweisen.
2.4 Daher kommt die Kammer zum Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags das Erfordernis des Artikels 123(2) EPÜ nicht erfüllt.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.