European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2011:T077710.20111130 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 30 November 2011 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0777/10 | ||||||||
Anmeldenummer: | 03799449.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | B23B 51/04 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | TIEFLOCHBOHRER MIT AUSTAUSCHSÄTZEN FÜR VERSCHIEDENE DURCHMESSER | ||||||||
Name des Anmelders: | Gühring, Jörg | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Botek Präzisionsbohrtechnik GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Zulässigkeit der Änderungen - ja Neuheit - ja Erfinderische Tätigkeit - ja |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die am 18. Dezember 2003 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 19. Dezember 2002 als internationale Anmeldung eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 03799449.8 wurde das europäische Patent Nr. 1 572 404 mit 10 Ansprüchen erteilt.
II. Gegen das erteilte Patent wurde, gestützt auf die Einspruchsgründe des Artikels 100 a) EPÜ 1973, Einspruch eingelegt und der Widerruf des Patents beantragt.
Mit ihrer am 9. Februar 2010 zur Post gegebenen Entscheidung hat die Einspruchsabteilung festgestellt, dass unter Berücksichtigung der vom Patentinhaber im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen.
III. Gegen diese Entscheidung legte der Beschwerdeführer (Patentinhaber) am 14. April 2010 Beschwerde ein und bezahlte am gleichen Tag die Beschwerdegebühr. Mit seiner am 18. Juni 2010 beim Europäischen Patentamt eingegangenen Beschwerdebegründung verfolgte er seinen Antrag auf Aufrechterhaltung des Patents gemäß dem Hauptantrag im Einspruchsverfahren weiter und reichte zwei neue Hilfsanträge ein.
IV. Die Beschwerdekammer teilte in ihrem Bescheid als Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung ihre vorläufige Auffassung mit, wonach die Begründung zur Zurückweisung des Hauptantrags schlüssig und überzeugend erscheine. Beide Hilfsanträge erschienen wegen Verstoßes gegen Artikel 123(2) EPÜ als nicht zulässig.
V. Mit Schreiben vom 26. Oktober 2011 reichte der Beschwerdeführer neue Hilfsanträge 1 und 2 ein.
VI. Am 30. November 2011 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt, in der folgender Stand der Technik wieder aufgegriffen wurde:
E1: US-A-3 422 706
E2.2: Kopien von Zeichnungen und Verkaufsunterlagen für den "Aufbohrkopf Typ 32" der Firma botek Präzisionsbohrtechnik GmbH, teilweise datiert 1998
E4: Katalog "Tiefbohrwerkzeuge Typ 01" der Firma botek Präzisionsbohrtechnik GmbH, gedruckt Mai 2001
Der Beschwerdeführer (Patentinhaber) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des europäischen Patents auf der Grundlage der folgenden Unterlagen:
Ansprüche 1 bis 8 vom 30. November 2011,
Beschreibung Spalten 1 bis 6 mit Einschub in die Beschreibung Spalte 2 vom 30. November 2011,
Beschreibung Spalten 7 bis 9 wie erteilt,
Zeichnungen Figuren 1 bis 7 wie erteilt.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
Anspruch 1 lautet:
"Tieflochbohrer mit einem Schneidenträger (1), einem auswechselbaren Schneideinsatz (2) und zumindest einer auswechselbaren Führungsleiste(3, 30), wobei der Schneidenträger (1) für einen vorbestimmten Nenndurchmesserbereich eingesetzt wird, wobei jedem Nenndurchmesser (ND1 - ND5) in einem Nenndurchmesserbereich (DeltaND) ein gesonderter Bausatz aus einem Schneideinsatz (2) und zumindest einer Führungsleiste (3, 30) zugeordnet ist, für den am Schneidenträger (1) feste Anschläge (10, 14, 9) ausgebildet sind, und am Schneideinsatz (2) eine Durchgangsbohrung (8) für eine Schraube (6) vorgesehen ist, die bei Anlage des Schneideinsatzes(2) am Anschlag (10, 14) gegenüber einer entsprechenden Gewindebohrung (7) an einem Schneideinsatzsitz auf dem Schneidenträger (1) einen Versatz aufweist, so dass der Schneideinsatz (2) bei Verschraubung gegen den Anschlag (10, 14) gepresst wird, und für den Schneideinsatz ein zweiseitiger Anschlag (10, 14) vorgesehen ist, der durch zwei den Schneideinsatzsitz zum Schneidenträger (1) hin begrenzende Anschlagflächen (10, 14) gebildet wird."
VII. Das Vorbringen des Beschwerdeführers lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei gegenüber E4 neu, weil dort kein Versatz zwischen Gewindebohrung im Schneideinsatzsitz und der Durchgangsbohrung im Schneideinsatz vorgesehen sei. Auch wenn sich die Position der Wendeschneidplatte durch Verschieben der Einstellplatte dort nach außen verlagere, so sei jedenfalls kein regelmäßiger Versatz definiert. E4 zeige nur einen einseitigen Anschlag, nämlich die Einstellplatte, der auch nicht am Schneidenträger fest ausgebildet sei.
Die beanspruchte Lösung beruhe auch auf erfinderischer Tätigkeit, da eine Kombination der Entgegenhaltungen nicht naheliege. Gemäß E4 werde die axiale Lagefixierung der Wendeschneidplatte durch komplementäre Rillen im Schneideinsatzsitz und Schneideinsatz bewirkt. Hiervon ausgehend würde der Fachmann eine Kombination mit E2.2 nicht in Betracht ziehen, denn E2.2 offenbare einen Aufbohrkopf, also einen ganz unterschiedlichen Werkzeugtyp, der nur für einen bestimmten Nenndurchmesser verwendbar sei. Von der Rillung im Schneideinsatzsitz gemäß E4 führe kein Weg zu der zweiseitigen Anlage der Schneidplatte, wie sie in E2.2 gezeigt sei.
Auch käme eine Kombination von E1 mit E2.2 nicht in Betracht. E1 offenbare einen sehr großen Schneideinsatz, der durch zwei Schrauben fixiert sei und an mehr als zwei Anschlagflächen anliege. Eine Montage des Schneideinsatzes durch zwei Schrauben mit Bohrungsversatz sei praktisch unmöglich, so dass der Fachmann eine Kombination mit E2.2 nicht in Erwägung ziehe.
VIII. Die Beschwerdegegnerin trug vor, das aus E4 bekannte Tiefbohrwerkzeug offenbare sämtliche Merkmale des Anspruchs 1. Es sei durch verschiedene Bausätze von Schneideinsätzen und Führungsleisten für vorbestimmte Durchmesserbereiche geeignet. Die Einstellplatte sei als fester Anschlag am Schneidenträger ausgebildet und durch dessen radiale Einstellmöglichkeit ergebe sich eine Verschiebung der Schneidplatte, die zu einem Versatz zwischen Bohrung im Schneideinsatzsitz und Durchgangsbohrung im Schneideinsatz führe. Dadurch werde eine Pressung gegen zwei Anschlagflächen, nämlich der Anlagefläche an der Einstellplatte und der Grundfläche im Schneideinsatzsitz bewirkt, entsprechend den Flächen 5 und 10 des Tieflochbohrers gemäß Patent.
Zumindest beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit, da er sowohl durch Kombination von E1 mit E2.2 als auch von E4 mit E2.2 nahegelegt sei. Ausgehend von E1 könne die Aufgabe darin gesehen werden, einen festen Sitz der Schneidplatte am Schneidenträger zu gewährleisten. Für diese Problemstellung biete E2.2 eine Lösung, deren Vorteil der Fachmann erkenne und die er daher bei dem aus E1 bekannten Tieflochbohrer anwende. So gelange er zwangsläufig zum Gegenstand des Anspruchs 1, bei dem der Schneideinsatz durch eine Schraube mit versetzter Gewindebohrung zur Durchgangsbohrung des Schneideinsatzes diesen gegen die festen Anschläge am Schneidenträger presse.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen (Artikel 123(2), (3) EPÜ)
2.1 Der geänderte Anspruch 1 setzt sich zusammen aus den Merkmalen der erteilten Ansprüche 1, 2 und 4, die den Ansprüchen 1, 2 und 4 der ursprünglich eingereichten Anmeldung entsprechen. Da dieser Anspruch 1 gegenüber dem erteilten somit durch Aufnahme weiterer Merkmale eingeschränkt wurde, erfüllt er die Erfordernisse der Artikel 123(2) und (3) EPÜ.
3. Neuheit (Artikel 54 EPÜ 1973)
3.1 Aus E4 ist ein Tieflochbohrer mit einem Schneidenträger, einem auswechselbaren Schneideinsatz (Schneidplatte) und zwei auswechselbaren Führungsleisten bekannt, wobei der Schneidenträger für einen vorbestimmten Nenndurchmesserbereich eingesetzt wird und jedem Nenndurchmesser in einem Nenndurchmesserbereich (Bohrbereich) ein gesonderter Bausatz aus einem Schneideinsatz und zwei Führungsleisten zugeordnet ist. Diese Aussage enthält auch die in der mündlichen Verhandlung geänderte Fassung der Beschreibung. Am Schneidenträger sind ein einstellbarer Anschlag für den Schneideinsatz und feste Anschläge für die Führungsleisten ausgebildet. Der Schneideinsatz hat eine Durchgangsbohrung für eine Schraube, die den Schneideinsatz mit Anlage am Anschlag in einer entsprechenden Gewindebohrung im Schneideinsatzsitz befestigt (Seiten 4, 7, 8, 9).
3.2 Von diesem Tieflochbohrwerkzeug unterscheidet sich der Tieflochbohrer nach Anspruch 1 dadurch, dass für den Schneideinsatz am Schneidenträger ein fester Anschlag ausgebildet ist, dass bei Anlage des Schneideinsatzes am Anschlag dessen Durchgangsbohrung gegenüber der entsprechenden Gewindebohrung am Schneideinsatzsitz auf dem Schneidenträger einen Versatz aufweist, so dass der Schneideinsatz bei Verschraubung gegen den Anschlag gepresst wird, und die Anlage für den Schneideinsatz als zweiseitiger Anschlag vorgesehen ist, der durch zwei den Schneideinsatzsitz zum Schneidenträger hin begrenzende Anschlagflächen gebildet wird. Selbst wenn sich bei Verschiebung des Schneideinsatzes in E4 durch radiale Verstellung der Einstellplatte nach außen ein Versatz von Durchgangsbohrung und Gewindebohrung ergeben sollte, so ist dieser nicht als funktionsnotwendig definiert und weder explizit noch implizit unmittelbar und eindeutig offenbart. Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ 1973.
4. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973)
4.1 Die Beschwerdegegnerin verwies zum Mangel der erfinderischen Tätigkeit auf E1 und E4, jeweils in Kombination mit E2.2.
4.2 Unbestritten offenbart E1 (siehe z.B. die Figuren und Spalte 4, Zeilen 66 et seq) einen Tieflochbohrer mit einem Schneidenträger, einem auswechselbaren Schneideinsatz und zumindest einer auswechselbaren Führungsleiste, wobei der Schneidenträger für einen vorbestimmten Nenndurchmesserbereich eingesetzt wird, wobei jedem Nenndurchmesser in einem Nenndurchmesserbereich ein gesonderter Bausatz aus einem Schneideinsatz und zumindest einer Führungsleiste zugeordnet ist, für den am Schneidenträger feste Anschläge ausgebildet sind. Am Schneideinsatz 12 sind zwei Durchgangsbohrungen 28 für Schrauben vorgesehen, die in entsprechende Gewindebohrungen 29 am Schneideinsatzsitz auf dem Schneidenträger eingeschraubt sind. Für den Schneideinsatz ist ein mehrseitiger Anschlag 32, 33, 34, 61, 62, 63 (siehe z.B. Spalte 5, Zeilen 19 bis 30 und Spalte 6, Zeilen 31 bis 33) vorgesehen, der durch den Schneideinsatzsitz zum Schneidenträger hin begrenzende Anschlagflächen gebildet wird.
4.3 Von diesem bekannten Werkzeug unterscheidet sich der Tieflochbohrer nach Anspruch 1 dadurch, dass die eine Durchgangsbohrung bei Anlage des Schneideinsatzes an den Anschlagflächen gegenüber einer entsprechenden Gewindebohrung an einem Schneideinsatzsitz auf dem Schneidenträger einen Versatz aufweist, so dass der Schneideinsatz bei Verschraubung gegen den Anschlag gepresst wird, der als zweiseitiger Anschlag vorgesehen ist und durch zwei den Schneideinsatzsitz zum Schneidenträger hin begrenzende Anschlagflächen gebildet wird.
Ausgehend von diesem Stand der Technik kann als Aufgabe angesehen werden, einen alternativen sicheren Sitz des Schneideinsatzes am Schneidenträger zu gewährleisten.
4.4 Bei dem aus E1 bekannten Tieflochbohrwerkzeug wird die Schneidplatte 12, die aus einer Trägerplatte 13 und einer Schneidspitze 14 zusammengesetzt ist, durch zwei in versenkten Bohrungen 28 aufgenommenen Schrauben am Schneidenträger fixiert. Die Schneidplatte liegt an zwei Seiten 33, 34, 62, 63 (Figuren 5, 8) sowie in einer die Anschlagflächen verbindenden Ausrundung 32, 61 an, so dass eine verschiebungsfreie Abstützung am Schneidenträger gewährleistet ist. Wollte der Fachmann den Sitz der Schneidplatte im Hinblick auf die Schneidplattenbefestigung nach E2.2 noch weiter verbessern, so hätte er zunächst das Problem zu überwinden, zum Erreichen der versetzten Bohrung eine Befestigungsschraube wegzulassen, was einer sicheren Befestigung der Schneidplatte zuwiderliefe. Wollte er die Befestigung durch versetzte Bohrungen mit den bei E1 vorhandenen zwei Schrauben bewerkstelligen, so hätte er das Problem, dass das Einschrauben der Schrauben in versetzte Bohrungen sehr schwierig wenn nicht unmöglich wäre. Daraus folgt, dass er zur Lösung der Aufgabe, den sicheren Sitz des Schneideinsatzes am Schneidenträger zu gewährleisten, eine praktikable Lösung in E2.2 nicht findet und daher die dort offenbarte Befestigungsart auch nicht auf das Bohrwerkzeug gemäß E1 übertragen würde. Eine Kombination von E1 mit E2.2 führt deswegen nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1, der somit als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend gilt.
4.5 Vom Tieflochbohrwerkzeug gemäß E4 unterscheidet sich der Tieflochbohrer nach Anspruch 1 dadurch, dass für den Schneideinsatz am Schneidenträger ein fester Anschlag ausgebildet ist, dass bei Anlage des Schneideinsatzes am Anschlag dessen Durchgangsbohrung gegenüber der entsprechenden Gewindebohrung am Schneideinsatzsitz auf dem Schneidenträger einen Versatz aufweist, so dass der Schneideinsatz bei Verschraubung gegen den Anschlag gepresst wird, und die Anlage für den Schneideinsatz als zweiseitiger Anschlag vorgesehen ist, der durch zwei den Schneideinsatzsitz zum Schneidenträger hin begrenzende Anschlagflächen gebildet wird (vgl oben 3.2).
Die sich aus diesen Unterschieden ergebende Aufgabe kann darin gesehen werden, einen sicheren Sitz des Schneideinsatzes am Schneidenträger bei einfacher Konstruktion zu gewährleisten.
4.6 Wenn der Fachmann die Konstruktion vereinfachen will, könnte er beispielsweise die Einstellplatte sowie den Einstellkeil mit Schraube für die Feinjustierung weglassen und stattdessen einen festen Anschlag am Schneidenträger ausbilden. Dabei müsste er allerdings den Nachteil in Kauf nehmen, dass der Einsatz für präzise und fein abgestufte Bohrungsdurchmesser durch Bearbeitung des jeweiligen Schneideinsatzes erreicht werden müsste. Die bei derartigen Bearbeitungen verwendeten Schneidplatten bestehen normalerweise aus gesinterten Hartmetallen, deren Bearbeitung wegen des spröden Werkstoffes nicht unproblematisch ist. Da die Herstellung auch relativ aufwendig und teuer ist, werden solche Schneidplatten aus ökonomischen Gründen mit zwei oder mehr Schneiden als sogenannte Wendeschneidplatten ausgebildet. Eine derartige Wendeschneidplatte mit zwei Schneiden wird beim aus E4 bekannten Tiefbohrwerkzeug verwendet. Die Wendeschneidplatte wird durch eine Schraube am Schneideinsatzsitz befestigt, wobei die Sicherung in Axialrichtung des Bohrwerkzeugs durch eine quer zur Axialrichtung verlaufende Riffelung in den aneinanderliegenden Flächen am Schneideinsatzsitz und an der Rückseite der Wendeschneidplatte erfolgt.
4.7 Wollte der Fachmann nun den Schneideinsatz am Schneidenträger einfacher und doch sicher auf die in E2.2 offenbarte Art befestigen, so dass der Schneideinsatz unmittelbar an zwei Anschlagflächen anliegt und durch eine Schraube in einer zur Durchgangsbohrung versetzten Gewindebohrung gegen diese Flächen gepresst wird, müsste er die Ausgangskonstruktion gemäß E4 wesentlich abändern. Um eine Anlagefläche der Schneidplatte in axialer Richtung zu schaffen, müsste er auf die zweite Schneide der Schneidplatte verzichten, was die Kosten des Bohrwerkzeugs wesentlich verteuern würde. Würde er anstelle der Einstellplatte einen festen Anschlag vorsehen, so würde diese Maßnahme die Kosten der Herstellung der Schneidplatten wegen deren Anpassung an die verschiedenen Bohrdurchmesser weiter erhöhen. Bereits aus diesen Gründen liegt es für den Fachmann nicht nahe, die aus E2.2 bekannte Lehre aufzugreifen, weil er die gesamte Konstruktion nach E4 auch unter Weglassen der Querriffelung komplett abändern müsste. Ob durch eine derartige Konstruktionsänderung eine bessere Kräftezerlegung der Anpresskraft durch die Befestigungsschraube möglich wäre, wie die Beschwerdegegnerin meinte, kann dahinstehen, weil eine Kombination des Tiefbohrwerkzeugs nach E4 mit den Maßnahmen gemäß E2.2 aus den oben genannten Gründen nicht nahegelegt ist.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, das europäische Patent mit folgenden Unterlagen aufrecht zu erhalten:
Ansprüche 1 bis 8 vom 30. November 2011,
Beschreibung Spalten 1 bis 6 mit Einschub in die Beschreibung Spalte 2 vom 30. November 2011, Beschreibung Spalten 7 bis 9 wie erteilt,
Zeichnungen Figuren 1 bis 7 wie erteilt.