T 0669/10 () of 6.11.2014

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2014:T066910.20141106
Datum der Entscheidung: 06 November 2014
Aktenzeichen: T 0669/10
Anmeldenummer: 07009379.4
IPC-Klasse: G01S 13/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zur relativen Positions- und Zeitbestimmung für bewegte Objekte aufgrund von Ein- und Zweiwegmessungen
Name des Anmelders: Astrium GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 84
Schlagwörter: Klarheit (verneint)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) richtete ihre am 12. Januar 2010 unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr eingelegte Beschwerde gegen die am 12. November 2009 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung, die Anmeldung u.a. wegen fehlender Klarheit (Artikel 84 EPÜ 1973) der Anspruchs 1 des damals vorliegenden Antrages zurückzuweisen. Die Beschwerdebegründung wurde am 15. März 2010 eingereicht.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage der folgenden Unterlagen :

Ansprüche:

1 bis 8, wie ursprünglich eingereicht;

Beschreibung:

Seiten 1 und 1a, eingereicht mit Schreiben vom 18. August 2008;

Seiten 2 bis 4, wie ursprünglich eingereicht;

Zeichnung:

Figur 1, wie ursprünglich eingereicht.

Darüber hinaus wurde hilfsweise die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

II. Am 2. Mai 2014 wurde die Beschwerdeführerin zu einer mündlichen Verhandlung geladen. In einer Anlage zur Ladung gemäß Artikel 15(1) VOBK erörterte die Kammer u.a. Probleme der Klarheit (Artikel 84 EPÜ 1973) bezüglich der vorgelegten Ansprüche.

III. Mit einem per Fax übermittelten Schreiben vom 9. Oktober 2014 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde, und bat um eine Entscheidung auf Grund der Aktenlage.

Zu den im Bescheid der Kammer dargelegten Mängeln nahm sie nicht Stellung.

IV. Die mündliche Verhandlung fand am 6. November 2014 in Abwesenheit der Beschwerdeführerin statt.

V. Der Wortlaut des Anspruchs 1 ist wie folgt:

"1. Verfahren zur relativen Positions- und Zeitbestimmung für bewegte Objekte einer Konstellation umfassend die Schritte

Zeitgleiches Aussenden von Signalen durch die Objekte der Konstellation, wobei jedes Objekt ein für das Objekt eindeutiges Signal aussendet und

Senden der empfangenen Signale durch jedes Objekt der Konstellation an alle anderen Objekte der Konstellation nach einer vorgegebenen Wartezeit."

Die weiteren Ansprüche 2 bis 7 sind Unteransprüche.

Der Anspruch 8 richtet sich auf eine "Vorrichtung eingerichtet zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 7".

Entscheidungsgründe

1. Da die vorliegende Anmeldung vor dem Stichtag 13. Dezember 2007 für das Inkrafttreten des EPÜ 2000 eingereicht worden war, gelten für sie in Bezug auf das Erfordernis des Artikels 84 EPÜ weiterhin die früheren Vorschriften des EPÜ 1973.

2. Die Beschwerde erfüllt die Erfordernisse der Artikel 106 bis 108 sowie der Regel 99 EPÜ und ist damit zulässig.

3. Klarheit (Artikel 84 EPÜ 1973)

Der geltende Anspruch 1 ist begrifflich unklar und unvollständig, da er nicht alle für die Erfindung wesentlichen Merkmale, d.h. nicht alle Merkmale, die für eine erfolgreiche Durchführung des beanspruchten Verfahrens erforderlich sind, enthält.

3.1 So ist schon die Zweckbestimmung "zur relativen Positions- und Zeitbestimmung für bewegte Objekte einer Konstellation" in der Gattungsangabe des Anspruchs 1 unklar, da das in ihr enthaltene Adjektiv "relativen" entgegen der in der Beschwerdebegründung angegebenen Auslegung der Beschwerdeführerin (Seite 4, letzter Absatz; Seite 6, erster Absatz) eben nicht auf die Substantive "Position" und "Zeit" sondern auf das Substantiv "Bestimmung" bezieht. Was mit dem Ausdruck "relative Bestimmung" jedoch definiert sein soll, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls bedeutet die Zweckbestimmung für das beanspruchte Verfahren etwas Anderes als es der Wortlaut "Verfahren zur Bestimmung der relativen Position und Zeit ..." besagen würde.

3.2 Die bloße Angabe "für bewegte Objekte einer Konstellation" lässt die Natur der "Objekte" sowie der "Konstellation" im Unklaren. Einen nicht unwesentlichen Anteil daran hat der Umstand, dass das Adjektiv "bewegte" etwas anderes bedeutet als "sich bewegend". So bleibt offen, ob z.B. eine Konstellation sich aus eigener Kraft in einem Raum bewegender Objekte unter den Schutz des vorliegenden Anspruchs 1 fallen würde, oder ob sich der Anspruch auf passive Objekte, wie etwa ferngelenkte Drohnen oder eine veränderbare Anordnung von Spielfiguren auf einem Spielfeld (z.B. im Rahmen eines Computerspiels) bezieht.

3.3 Eine vergleichbare Unklarheit enthält die Angabe "ein für das Objekt eindeutiges Signal", da diese Angabe etwas Anderes bedeuten kann (nämlich ein eindeutiges Signal, welches von einem Objekt ausgesendet wird) als "ein das Objekt eindeutig kennzeichnendes Signal".

3.4 Der vorliegende Anspruch 1 lässt außerdem nicht erkennen, was genau mit einem "zeitgleichen" Aussenden von Signalen gemeint ist, und wie dieses für die verschiedenen Objekte ohne Kenntnis von Position und (Absolut-)Zeit zu bewerkstelligen wäre.

Die diesbezüglichen Erläuterungen der Beschwerdeführerin auf den Seiten 4 bis 6 der Beschwerdebegründung können nicht überzeugen.

So geht der Verweis auf mit Borduhren ausgestattete Satelliten schon deshalb ins Leere, weil der Anspruchs-gegenstand nicht auf dieses Beispiel beschränkt ist. Abgesehen davon, sind weder "Einwegemessungen" noch "Zweiwegemessungen", auf die in der Beschwerde-begründung (Seite 6, erster Absatz) Bezug genommen wird, Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1. Der Anspruchswortlaut legt noch nicht einmal zwingend fest, dass die von den Objekten ausgesendeten Signale den empfangenen Signalen entsprechen.

3.5 Selbst wenn man unterstellte, die Anspruchsdefinitionen umfassten implizite Informationen hinsichtlich der Laufzeiten der verschiedenen Signale, blieben erhebliche Unklarheiten bestehen.

Da nach eigener Aussage der Beschwerdeführerin die "Borduhren" der Objekte nur "bis zu einem gewissen Grad synchronisiert sind" (Seite 6, dritter Absatz der Beschwerdebegründung), tritt für jedes Objekt i ein individueller Fehler DeltaT0i auf. Wie diese Fehler erfasst und korrigiert werden sollten, bleibt auch bei einem Studium der Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen unerfindlich.

Im Hinblick darauf, dass die Objekte nicht ortsfest sind, müssten für eine sinnvolle Positions- und Zeitbestimmung auch Richtung und Ausmaß der Relativ-bewegungen erfasst und ausgewertet werden. Weder sind die hierzu erforderlichen Maßnahmen Gegenstand des Anspruchs 1, noch finden sich in den übrigen Anmeldungsunterlagen diesbezüglich irgendwelche Erläuterungen.

3.6 Schließlich ist im Anspruch 1 auch das Konzept der "Wartezeit" nicht ausreichend klar definiert. So ist es schon nicht ersichtlich, ob es sich dabei um diejenige des ursprünglich aussendenden Satelliten oder diejenige des empfangenden (und wieder aussendenden) Satelliten handelt.

4. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Patents mit den vorliegenden Anmeldungsunterlagen erfüllt aus den genannten Gründen nicht das Erfordernis der Klarheit gemäß Artikel 84 EPÜ 1973 und ist schon daher nicht gewährbar.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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