T 0572/10 () of 18.11.2014

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2014:T057210.20141118
Datum der Entscheidung: 18 November 2014
Aktenzeichen: T 0572/10
Anmeldenummer: 03724878.8
IPC-Klasse: H02K 11/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: KÜHLKÖRPER UND GLEICHRICHTERBAUEINHEIT FÜR EINE ELEKTRISCHE MASCHINE
Name des Anmelders: ROBERT BOSCH GMBH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 83
Schlagwörter: Änderungen - unzulässige Erweiterung (ja)
Ausreichende Offenbarung - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde betrifft die Entscheidung der Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamts, die am 14. Oktober 2009 zur Post gegeben wurde und mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 03724878.8 aufgrund des Artikels 97 (2) EPÜ zurückgewiesen worden ist. In der Zurückweisungsentscheidung argumentierte die Prüfungsabteilung, dass die Anmeldung die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ nicht erfülle, da der Gegenstand der Ansprüche 1 und 3 nicht klar sei.

II. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 16, eingereicht mit der Beschwerdebegründung mit Datum vom 23. Februar 2010, zu erteilen.

III. Die Beschwerdeführerin argumentierte in ihrer Beschwerdebegründung im wesentlichen, dass die in den Ansprüchen 1 bis 16 durchgeführten Änderungen den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ genügten und dass der Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 neu im Sinne des Artikels 54(2) EPÜ sei sowie auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruhe.

IV. In einer Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung, die am 6. August 2014 zur Post gegeben wurde, teilte die Kammer der Beschwerdeführerin mit, dass sie Bedenken hat, ob die an der Figur 4 durchgeführten Änderungen den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ genügen. Ferner äußerte die Kammer Zweifel dahingehend, ob die Anmeldung die beanspruchte Erfindung so deutlich offenbart, dass ein Fachmann sie im Sinne des Artikels 83 EPÜ ausführen kann.

V. Die Beschwerdeführerin teilte der Geschäftstelle der Kammer am 3. November 2014 telefonisch mit, dass sie an der anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.

VI. Die anberaumte mündliche Verhandlung wurde am 18. November 2014, wie angekündigt in Abwesenheit der Beschwerdeführerin, durchgeführt.

VII. Anspruch 1 des Antrags der Beschwerdeführerin lautet, wie folgt:

"1. Kühlkörper, insbesondere für eine Gleichrichterbaueinheit (50) einer elektrischen Maschine, mit zumindest einer Diodenöffnung (23) und mit zumindest einer Diodengrenzfläche,

wobei eine Diodengrenzfläche eine durch die Diodenöffnung (23) gebildete Mantelfläche der Diodenöffnung (23) ist und eine Gleichrichterdiode in die Diodenöffnung eingepresst ist,

wobei um die zumindest eine Diodengrenzfläche zumindest teilweise ringförmig Kühlluftdurchlässe (26) und zumindest eine die Masse des Kühlkörpers erhöhende Erhebung (38) angeordnet sind, wobei sich die Erhebung (38) zwischen zumindest zwei jeweils einer Diodenöffnung (23) zugeordneten Kühlluftdurchlässen (26) erstreckt,

mit einer von einem variablen Radius (r) abhängigen Mantelschnittfläche (M) des Kühlkörpers (20), wobei der variable Radius (r) von einem Zentrum der Diodenöffnung ausgeht

und sich diese Mantelschnittfläche (M) durch einen gedanklichen radiusabhängigen Kreis (k) in eine Tiefe des Kühlkörper (20) [sic] ergibt und der Kreis (k) konzentrisch um eine Diodenöffnung (23) herum angeordnet ist,

mit einer Normschnittfläche (AN), die um eine Diodenöffnung (23) herum angeordnet ist und einer theoretischen zylindrischen Mantelschnittfläche eines ungelochten und ungerippten Kühlkörpers (20) um die Diodenöffnung (23) entspricht, wobei die Mantelschnittfläche um die Diodenöffnung (23) mit dem Radius (r) angeordnet ist und zur Ermittlung einer Plattenstärke Erhebungen und Rippen unmittelbar an der Diode nicht berücksichtigt werden,

wobei die konzentrisch um die Diodengrenzfläche herum befindliche Mantelschnittfläche (M) von einer radiusabhängigen Normschnittfläche (AN) um maximal -52% abweicht,

wobei die Mantelschnittfläche (M) den Radius (r) aufweist und die Diodenöffnung 23 [sic] einen Radius (rD) und ein Verhältnis aus radiusabhängiger Mantelschnittfläche (M) und radiusabhängiger Normschnittfläche (AN) ermittelbar ist, wobei die maximale Abweichung der radiusabhängigen Mantelschnittfläche (M) zu radiusabhängiger Normschnittfläche (AN) im Bereich von 1,4 < r/rD < 1,8 vorhanden ist."

Entscheidungsgründe

1. Änderungen - Artikel 123(2) EPÜ

Die mit Fax vom 8. Oktober 2007 eingereichte geänderte Figur 4 entspricht nicht den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ.

Die Änderung betrifft die Bezeichnung der Y-Achse der Figur 4. Dort wurde das Verhältnis AN/As umgekehrt in As/AN. Diese Änderung findet jedoch keine Grundlage in den ursprünglich eingereichten Unterlagen.

Die Anmeldung offenbart durchgängig, dass die Mantelschnittfläche As von der Normschnittfläche AN um maximal -52% abweicht, d.h. kleiner als die Normschnittfläche AN ist, siehe z.B. Seite 7, zweiter Absatz der Anmeldung. Dies stimmt auch mit der ursprünglichen Bezeichnung der Y-Achse von Figur 1 überein, da die Figur für das Verhältnis AN/As Werte größer 1 zeigt. Eine Umkehr der Bezeichnung bedeutet, dass die Mantelschnittfläche stets größer als die Normschnittfläche ist. Dies ist jedoch aus der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen.

Die besagten Änderungen gehen daher, entgegen den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ, nicht unmittelbar und eindeutig aus der ursprünglich eingereichten Anmeldung hervor.

2. Offenbarung - Artikel 83 EPÜ

Anspruch 1 definiert einen Kühlkörper mit einer Mantelschnittfläche. Dabei ergibt sich die "Mantelschnittfläche (M) durch einen gedanklichen radiusabhängigen Kreis (k) in eine Tiefe des Kühlkörpers (20)".

Anspruch 1 definiert ferner eine "Normschnittfläche (AN), die um eine Diodenöffnung (23) herum angeordnet ist und einer theoretischen zylindrischen Mantelschnittfläche eines ungelochten und ungerippten Kühlkörpers (20) um die Diodenöffnung (23) entspricht".

Darüber hinaus definiert Anspruch 1, dass "die Mantelschnittfläche um die Diodenöffnung (23) mit dem Radius (r) angeordnet ist und zur Ermittlung einer Plattenstärke Erhebungen und Rippen unmittelbar an der Diode nicht berücksichtigt werden".

Schließlich definiert Anspruch 1 im letzten Absatz, dass:

"die maximale Abweichung der radiusabhängigen Mantelschnittfläche (M) zu radiusabhängiger Normschnittfläche (AN) im Bereich von 1,4 <= r/rD <= 1,8 vorhanden ist."

Der anspruchsgemäße Kühlkörper ist daher durch einen Parameterbereich definiert. Laut Anspruch 1 beträgt die Abweichung maximal -52%, d.h. das Verhältnis von Mantelschnittfläche zu Normschnittfläche AN/As beträgt zwischen 100% und 48%. Ferner ist der Bereich, in dem die Abweichung vorliegt festgelegt durch den Bereich 1,4 <= r/rD <= 1,8.

Für den Fachmann stellt sich daher zunächst die Frage, welche Flächen er miteinander zu vergleichen hat, um den Kühlkörper gemäß dem in Anspruch 1 definierten Parameter nachzuarbeiten. Sowohl nach dem Anspruch 1, wie auch nach der Beschreibung, z.B. Seite 7, Zeilen 10 bis 14, scheint es so zu sein, dass weder Erhebungen noch Rippen weder bei der Ermittlung der Mantelschnittfläche noch bei der Ermittlung der Normschnittfläche berücksichtigt werden. In der genannten Stelle der Beschreibung heißt es "Für die Mantelschnittfläche bzw. die Fläche As und die Vergleichsschnittfläche AN geht man zunächst von gleichen Plattenstärken zum Festhalten der Dioden aus. Zur Ermittlung der Plattenstärke werden Erhebungen, Rippen, etc. unmittelbar an der Diode nicht berücksichtigt."

Nach dem Verständnis der Kammer kann daher das Verhältnis von Normschnittfläche zu Mantelschnittfläche keinen Wert größer als 1 annehmen.

Diese Definition des Anspruchs 1 steht jedoch im Widerspruch zu anderen Teilen der Beschreibung.

Figur 4 zeigt laut Beschreibung und Beschriftung das Verhältnis AN/As. Dabei entspricht AN der Normschnittfläche, siehe Seite 7, Zeilen 6 bis 9, und As entspricht der Mantelschnittfläche, siehe Seite 7, Zeile 6. Aus Figur 4 ist jedoch ein Verhältnis von AN/As zu entnehmen, welches fast ausschließlich Werte größer als 1 zeigt. Figur 4 zeigt eine linear steigende Referenzgerade, entlang welcher zwei kurvige Linien gezeigt sind, welche von der Referenzgeraden nach oben und nach unten abweichen. Zwei der Abweichungen sind mit Deltas1 und Deltas2 bezeichnet. Interessanterweise liegen beide kurvige Linien in dem Bereich für das Verhältnis von r/rD zwischen 1 und 1,4 über der Referenzgeraden und auch deutlich über einem Wert von 1. Das bedeutet, dass an den entsprechenden Bereichen des Kühlkörpers die Mantelschnittfläche größer als die Normschnittfläche sein sollte. Dies scheint unter Berücksichtigung der oben angesprochenen Definition der Schnittflächen auf Seite 7 der Anmeldung unmöglich zu sein.

Sogar wenn angenommen würde, dass entgegen der Beschreibung die Erhebungen und Rippen für die Ermittlung der Mantelschnittfläche berücksichtigt würden, lässt sich die Darstellung in Figur 4 mit keiner der weiteren Figuren 1, 2 und 3 in Einklang bringen. Diese zeigen allesamt in dem Bereich ab r/rD zwischen 1 und ungefähr 1,4, d.h. ab der Diodenöffnung, keinerlei Kühlluftdurchlässe. Ein Wert von AN/As größer als 1 bedeutet jedoch, dass die Normschnittfläche AN größer als die Mantelschnittfläche As ist. Dies ist ohne die Berücksichtigung von Kühlluftdurchlässen nicht möglich.

Somit ist für den Fachmann aus der Fassung der vorliegenden Anmeldung nicht entnehmbar, wie er den beanspruchten Kühlkörper zu gestalten hat, sodass dieser dem durch den im Anspruch 1 definierten Parameterbereich genügt.

Darüber hinaus zeigt Figur 3 einen Kühlkörper, für den das Verhältnis von r/rD bei den Kühlluftdurchlässen annähernd 3 zu sein scheint, jedenfalls deutlich größer als 1,8, und damit jenseits des beanspruchten Bereichs. Die gleiche Beobachtung gilt für Figur 1.

Nach dem Wortlaut der Beschreibung müsste das Verhältnis AN/As ohne eine Abweichung durch Kühlluftdurchlässe ferner eine horizontale Referenzgerade beim Wert 1 darstellen. Entgegen dieser Überlegung ist jedoch in Figur 4 eine linear ansteigende Gerade eingezeichnet. Das bedeutet, dass die Figur 4 keines falls das Verhältnis AN/As darstellt. Was die Figur 4 darstellt lässt sich jedoch aus der Anmeldung nicht entnehmen.

Die Anmeldung scheint davon auszugehen, dass sowohl nach dem Anspruch 1, wie auch nach der Beschreibung, z.B. Seite 7, Zeilen 10 bis 14, weder Erhebungen noch Rippen bei der Ermittlung der Mantelschnittfläche und der Normschnittfläche berücksichtigt werden. Gleichzeitig setzt sich die in der Anmeldung beanspruchte Erfindung das Ziel, die Wärmeabfuhr zu verbessern, siehe Seite 1, vorletzter Absatz.

Eine derartige Verbesserung der Wärmeabfuhr ist nach der Auffassung der Kammer jedoch ohne das Vorsehen von Erhebungen und Rippen zum Ausgleich der durch die Kühlluftdurchlässe verringerten Querschnittsfläche nicht möglich, da sie nur gelingen kann, wenn die effektiv für die Wärmeleitung zur Verfügung stehende Querschnittsfläche vergrößert wird. Dies ist jedoch nach der Definition der Erfindung ausgeschlossen. Der Fachmann kann aus der Anmeldung daher nicht entnehmen, wie er die beanspruchte Erfindung ausführen soll, um den beschriebenen technischen Effekt zu erreichen.

Zusammenfassend ist die Kammer daher der Auffassung, dass die Anmeldung die beanspruchte Erfindung nicht so deutlich offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Die Anmeldung genügt daher den Erfordernissen des Artikels 83 EPÜ nicht.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen

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