European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2011:T044810.20110414 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 14 April 2011 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0448/10 | ||||||||
Anmeldenummer: | 01909521.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | H04Q 7/22 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Übertragung von Nachrichten in einem Telekommunikationsnetzwerk | ||||||||
Name des Anmelders: | IPCom GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Sagem Communication S.A. Beitretende: Nokia GmbH Nokia Corporation Deutsche Telekom AG |
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Kammer: | 3.5.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Unzulässige Erweiterung (Hauptantrag und Hilfsantrag 1') - bejaht Zurückverweisung an die erste Instanz (auf Basis des Hilfsantrags 2') - bejaht |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent EP 1 256 241 B widerrufen wurde.
II. Gegen das Patent wurde gestützt auf den Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ Einspruch eingelegt. Dem Einspruchsverfahren wurde von vier weiteren Parteien beigetreten. Die Einsprechende und alle Beitretenden beantragten den Widerruf des Patents im vollen Umfang. Die Beitritte stützten sich unter anderem auf Artikel 100 c) EPÜ. Eine der Beitretenden, nämlich Beitretende 3 (Research In Motion Limited), hat mit Schreiben vom 18. November 2008 ihren Beitritt zurückgenommen.
III. In der angefochtenen Entscheidung wird unter anderem auf die folgende Druckschrift Bezug genommen:
D3: Technical specification 3G TS 23.040 v3.3.0, Dezember 1999.
IV. Die Einspruchsabteilung hat den Widerruf des Streitpatents damit begründet, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag gegenüber dem in D3 offenbarten Stand der Technik nicht neu sei (Artikel 54 EPÜ), der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 gegenüber dem in D3 offenbarten Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 56 EPÜ) und dass Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 nicht klar sei (Artikel 84 EPÜ) und der Gegenstand dieses Anspruchs über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe (Artikel 123 (2) EPÜ). Zwei weitere Hilfsanträge wurden nicht ins Verfahren zugelassen.
V. Mit der Beschwerdeschrift beantragte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt. Mit der Beschwerdebegründung beantragte sie hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Form gemäß einem der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1 und 2.
VI. Mit ihren Antwortschreiben beantragten die Beschwerdegegnerinnen 1 bis 4 (die Einsprechende bzw. die Beitretenden 1, 2 und 4) die Beschwerde zurückzuweisen.
VII. Die Beschwerdekammer hat daraufhin eine Ladung zur mündlichen Verhandlung erlassen und in einem beigefügten Bescheid auf Fragen hingewiesen, die sie für die zu treffende Entscheidung als erörterungsbedürftig ansah.
VIII. Daraufhin reichte die Beschwerdeführerin mit einem Schriftsatz vom 21. März 2011 zwei Hilfsanträge ein, die die bisherigen Hilfsanträge ersetzen sollten.
IX. Die Beschwerdegegnerinnen 2 und 3 reichten gemeinsam eine Stellungnahme auf den Schriftsatz der Beschwerdeführerin ein.
X. Die mündliche Verhandlung fand am 14. April 2011 statt.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt (Hauptantrag) oder hilfsweise in geänderter Fassung auf der Grundlage des mit Schreiben vom 21. März 2011 eingereichten Hilfsantrags 1' oder des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 2'.
Die Beschwerdegegnerinnen beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.
Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.
XI. Anspruch 1 des erteilten Patents hat folgenden Wortlaut:
"Verfahren zur Übertragung von Nachrichten in einem Telekommunikationsnetzwerk, in dem ein erster Nachrichtendienst und ein zweiter Nachrichtendienst verfügbar sind, wobei eine vorbestimmte erste Gruppe von Nachrichten des ersten Nachrichtendienstes durch Nachrichten des zweiten Nachrichtendienstes gesendet wird, wobei der zweite Nachrichtendienst ein Kurznachrichtendienst, vorzugsweise der SMS-Nachrichtendienst, ist, und wobei die Kurznachricht (SM; SM') mit einem Datenteil (SM-D; SM-D') versehen wird, der eine Identifizierung (UHI; MMSNI) des Typs der Nachricht des ersten Nachrichtendienstes aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Kurznachricht einen Identifizierer (MMSI; MMSI') zur Anzeige des Vorhandenseins einer Nachricht des ersten Nachrichtendienstes im Datenteil (SM-D; SM-D') der Kurznachricht aufweist, wobei der Identifizierer (MMSI; MMSI') von der Nachricht des ersten Nachrichtendienstes verschieden ist."
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1' hat folgenden Wortlaut:
"Verfahren zur Übertragung von Nachrichten in einem Telekommunikationsnetzwerk, in dem ein erster Nachrichtendienst und ein zweiter Nachrichtendienst verfügbar sind,
wobei der erste Nachrichtendienst ein Multimedia-Nachrichtendienst, nämlich der MMS-Nachrichtendienst ist;
wobei eine vorbestimmte erste Gruppe von Nachrichten des ersten Nachrichtendienstes durch Nachrichten des zweiten Nachrichtendienstes gesendet wird,
wobei der zweite Nachrichtendienst ein Kurznachrichtendienst, nämlich der SMS-Nachrichtendienst, ist,
wobei die Kurznachricht (SM) mit einem Datenteil (SM-D) versehen wird, der einen User Data Header (SM-DH) aufweist, der ein Headerelement umfasst, das ein Identifikationselement (UHI) zur Identifizierung des Typs des Headerelements aufweist;
wobei die Kurznachricht mit einem Header (SM-H) versehen wird, wobei im Header (SM-H) das Vorhandensein des User Data Headers (SM-DH) durch ein Flag (TP-UDHI) gekennzeichnet wird;
wobei die Kurznachricht (SM) in dem Headerelement eine Identifizierung (MMSNI) des Typs der Nachricht des ersten Nachrichtendienstes und den Inhalt (UHD; MMSC) der Nachricht des ersten Nachrichtendienstes aufweist, wobei die Identifizierung eindeutig für jeden Typ der ersten Gruppe von Nachrichten des ersten Nachrichtendienstes ist;
wobei die Kurznachricht in dem Headerelement einen Identifizierer (MMSI) zur Anzeige des Vorhandenseins einer Nachricht des ersten Nachrichtendienstes im Headerelement aufweist;
wobei der Identifizierer (MMSI) von der Nachricht des ersten Nachrichtendienstes verschieden ist;
wobei das Identifikationselement (UHI), die Identifizierung (MMSNI) und der Identifizierer (MMSI) von einander verschieden sind."
Anspruch 1 gemäß dem in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrag 2' hat folgenden Wortlaut (Änderungen gegenüber Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1' von der Kammer unterstrichen):
"Verfahren zur Übertragung von Nachrichten in einem Telekommunikationsnetzwerk, in dem ein erster Nachrichtendienst und ein zweiter Nachrichtendienst verfügbar sind,
wobei der erste Nachrichtendienst ein Multimedia-Nachrichtendienst, nämlich der MMS-Nachrichtendienst ist;
wobei eine vorbestimmte erste Gruppe von Nachrichten des ersten Nachrichtendienstes durch Nachrichten des zweiten Nachrichtendienstes gesendet wird,
wobei der zweite Nachrichtendienst ein Kurznachrichtendienst, nämlich der SMS-Nachrichtendienst, ist,
wobei die Kurznachricht (SM) mit einem Datenteil (SM-D) versehen wird, der einen WCMP (Wireless Control Message Protokoll) User Data Header (SM-DH) mit eingebettetem MMS-Protokoll aufweist, der ein Headerelement umfasst, das ein Identifikationselement (UHI) für WCMP aufweist;
wobei die Kurznachricht mit einem Header (SM-H) versehen wird, wobei im Header (SM-H) das Vorhandensein des User Data Headers (SM-DH) durch ein Flag (TP-UDHI) gekennzeichnet wird;
wobei die Kurznachricht (SM) in dem Headerelement eine Identifizierung (MMSNI) des Typs der Nachricht des ersten Nachrichtendienstes und den Inhalt (UHD; MMSC) der Nachricht des ersten Nachrichtendienstes aufweist, wobei die Identifizierung eindeutig für jeden Typ der ersten Gruppe von Nachrichten des ersten Nachrichtendienstes ist;
wobei die Kurznachricht in dem Headerelement einen Identifizierer (MMSI) zur Anzeige des Vorhandenseins einer Nachricht des ersten Nachrichtendienstes im Headerelement aufweist, der kennzeichnet, dass ein MMS-Protokoll realisiert wird;
wobei der Identifizierer (MMSI) von der Nachricht des ersten Nachrichtendienstes verschieden ist;
wobei das Identifikationselement (UHI), die Identifizierung (MMSNI) und der Identifizierer (MMSI) von einander verschieden sind."
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Beschwerde, des Einspruchs und der Beitritte
1.1 Die Beschwerde entspricht Artikeln 106 bis 108 EPÜ und Regel 99 EPÜ und ist demzufolge zulässig (siehe auch Regel 101 (1) EPÜ).
1.2 Die Kammer sieht keine Gründe, die Zulässigkeit des Einspruchs und der noch anhängigen Beitritte zu bezweifeln. Die Beschwerdeführerin hat im Beschwerdeverfahren auch keine Einwände gegen die Zulässigkeit des Einspruchs und der noch anhängigen Beitritte erhoben.
2. Hauptantrag
2.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 geht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (Artikel 100 c) EPÜ), weil das Merkmal, dass "die Kurznachricht einen Identifizierer (MMSI; MMSI') zur Anzeige des Vorhandenseins einer Nachricht des ersten Nachrichtendienstes im Datenteil (SM-D; SM-D') der Kurznachricht aufweist" so nicht ursprünglich offenbart ist.
2.2 Die Beschwerdeführerin hat argumentiert, dass dieses Merkmal so zu verstehen sei, dass der genannte Identifizierer sich im Datenteil der Kurznachricht befindet. Zwar offenbare Figur 3, dass der Identifizierer MMSI' sich im Header SM-H', und somit nicht im Datenteil SM-D', der SMS-Kurznachricht SM' befindet, Figur 2 offenbare jedoch, dass der Identifizierer MMSI alternativ sich im User Data Header SM-DH des Datenteils SM-D befinden kann.
In diesem Zusammenhang seien auch die Ansprüche 6 bis 8 in der ursprünglichen Fassung relevant.
Anspruch 6 in der ursprünglichen Fassung hat folgenden Wortlaut:
"Verfahren nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, dass die SMS-Kurznachricht (SM; SM?) mit einem Datenteil (SM-D; SM-D?) versehen wird, der mindestens eines der folgenden Elemente zur Festlegung der Nachricht des ersten Nachrichtendienstes aufweist:
Identifizierung (UHI; MMSNI) des Typs der Nachricht des ersten Nachrichtendienstes; und/oder
Inhalt (UHD; MMSC) der Nachricht des ersten Nachrichtendienstes."
Anspruch 7 in der ursprünglichen Fassung definiere, dass als weiteres Element zur Festlegung der Nachricht des ersten Nachrichtendienstes die Länge der Nachricht angegeben wird. Wichtig sei, so die Beschwerdeführerin, dass erst in Anspruch 8 in der ursprünglichen Fassung definiert wird, dass die Elemente zumindest teilweise in einem Benutzerdatenheader der SMS-Kurznachricht untergebracht werden.
Der Figur 2 in Verbindung mit den Ansprüchen 6 bis 8 in der ursprünglichen Fassung würde der Fachmann deshalb die Lehre entnehmen, dass nicht nur die Identifizierung MMSNI, sondern auch der Identifizierer MMSI sich in einem Datenteil außerhalb des User Data Header befinden kann.
Das obengenannte Merkmal des Patentanspruchs 1 sei damit ursprünglich offenbart.
2.3 Die Beschwerdegegnerinnen argumentierten, dass sowohl in Figur 2 als in Figur 3 der Identifizierer MMSI bzw. MMSI' sich in einem Header befinde, nämlich im User Data Header SM-DH bzw. im Header SM-H'. Diese Einschränkung fehle jedoch in Patentanspruch 1.
2.4 Die Kammer stellt fest, dass es zwischen den Parteien unstrittig war, dass in den Ausführungsformen gemäß den Figuren 2 und 3 der Identifizierer sich in einem Header befindet. Strittig war jedoch, ob der Identifizierer MMSI gemäß Figur 2, der dort als "eine Kennzeichnung MMSI, daß mit Hilfe dieses WCMP-Feldes ein MMS-Protokoll realisiert wird (auch MMS-Identifier genannt)" bezeichnet wird (siehe Seite 19, Zeile 28, bis Seite 20, Zeile 2, der Patentanmeldung), dem "Identifizierer (MMSI; MMSI') zur Anzeige des Vorhandenseins einer Nachricht des ersten Nachrichtendienstes" gemäß Patentanspruch 1 entspricht. Auch wenn dies zugunsten der Beschwerdeführerin zu bejahen wäre, würde dies jedoch nichts daran ändern, dass nicht nur in Figur 3 sondern auch in Figur 2 der Identifizierer sich in einem Header, in Figur 2 nämlich im User Data Header SM-DH, befindet. Gemäß Patentanspruch 1 befindet sich der Identifizierer zwar im Datenteil, jedoch nicht zwingend in einem User Data Header des Datenteils. Die Ausführungsform gemäß Figur 2 bildet somit keine Basis für diese Verallgemeinerung.
Die Frage, ob der Fachmann einer kombinatorischen Betrachtung der Ausführungsform gemäß Figur 2 und der Merkmale der Ansprüche 6 bis 8 der Patentanmeldung entnehmen könnte oder entnehmen würde, dass der Identifizierer auch außerhalb des Headers im Datenteil untergebracht werden kann, oder dies ihm dadurch zumindest nahegelegt wird, ist für die Beurteilung, ob das obengenannte Merkmal (siehe Punkt 2.1) ursprünglich offenbart ist, nicht relevant. Maßgeblich nach ständiger Rechtsprechung ist, dass sich das betreffende Merkmal unmittelbar und eindeutig aus der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung ableiten lässt. Die obengenannte kombinatorische Betrachtung kann außer Betracht bleiben, weil eine Ausführungsform, die die Ausführungsform gemäß Figur 2 mit den in den Ansprüchen 6 bis 8 zusätzlich definierten Merkmale kombiniert, nicht eindeutig und unmittelbar als eine eigenständige Kombination in der Patentanmeldung offenbart ist. Dazu sei noch bemerkt, dass die Ansprüche 6 bis 8 in der ursprünglich eingereichten Fassung sich nicht auf einen Identifizierer im Sinne des Patentanspruchs 1 beziehen, sondern nur auf eine Identifizierung (MMSNI) des Typs der Nachricht, die Länge der Nachricht und deren Inhalt.
Erst in Anspruch 10 in der ursprünglich eingereichten Fassung wird ein Identifizierer (MMSI?) definiert, der sich allerdings auch in einem Header (SM-D?) befindet ("..., daß die SMS-Kurznachricht (SM?) mit einem Header (SMH?) versehen wird, der einen Identifizierer (MMSI?) zur Anzeige des Vorhandenseins einer Nachricht des ersten Nachrichtendienstes im Datenteil (SM-D?) aufweist.").
Die Frage, ob in der Ausführungsform gemäß Figur 2, die, wie auch die Ansprüche 6 bis 8, explizit eine SMS-Kurznachrichtdienst betrifft, das SMS ("Short Message Service") als fakultativ zu verstehen ist (vgl. Patentanspruch 1, "vorzugsweise der SMS-Nachrichtendienst"), kann dahin gestellt bleiben.
2.5 Demzufolge stellt die Kammer fest, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht (Artikel 100 c) EPÜ).
2.6 Der Hauptantrag ist daher nicht gewährbar.
3. Hilfsantrag 1'
3.1 Die Kammer stellt fest, dass gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 1' (siehe oben Punkt XI) der Identifizierer sich im Datenteil der Kurznachricht in einem Headerelement eines User Data Headers befindet, jedoch auch, dass dieser Anspruch nicht auf die Anwendung eines WCMP (Wireless Control Message Protocol) beschränkt ist.
3.2 Die Beschwerdeführerin hat argumentiert, dass die Änderungen in Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1' auf Figur 2 basieren, wobei zu berücksichtigen sei, dass der Formulierung "... die Identification UHI des ersten Headers, hier nun Hex. 09 für WCMP" (Unterstreichung durch die Kammer) auf Seite 19, Zeilen 22 und 23, der ursprünglichen Beschreibung entnommen werden kann, dass die Anwendung des WCMP nur als fakultativ zu verstehen sei. Ohnehin seien am Prioritätsdatum dem Fachmann weitere, vergleichbare Protokolle bekannt gewesen, die ebenfalls zur Anwendung kommen konnten, so dass der Fachmann das WCMP nicht als wesentlich für die Erfindung verstehen würde, sondern nur als ein mögliches Beispiel. In Übereinstimmung damit werde erst im abhängigen Anspruch 9 in der ursprünglich eingereichten Fassung auf das WCMP-Format Bezug genommen.
3.3 Diese Argumente überzeugen die Kammer jedoch nicht. Die Parteien waren sich einig, dass, wenn überhaupt, nur die Figur 2 eine Basis für den vorliegenden Anspruch bilden kann, weil in den Ausführungsformen gemäß den Figuren 1 und 3 das letzte Merkmal des Anspruchs ("wobei das Identifikationselement (UHI), die Identifizierung (MMSNI) und der Identifizierer (MMSI) von einander verschieden sind") nicht vorhanden ist.
In der ursprünglichen Beschreibung wird wie folgt auf Figur 2 Bezug genommen (siehe Seite 19, Zeile 4, bis Seite 20, Zeile 8, der Patentanmeldung (Unterstreichungen durch die Kammer)):
"Figur 2 zeigt den Aufbau einer SMS-Kurznachricht des ersten Typs A in GSM bei einer zweiten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens.
Die zweite Ausführungsform nach Fig. 2 ist ähnlich wie die erste Ausführungsform, umfaßt aber einen WCMP (Wireless Control Message Protocol) User Data Header mit eingebettetem MMS-Protokoll im Beispiel für das MMS session establishment.
Die Identifikation UHI dieses User Data Headers ist als hexadezimal 09 den Standards GSM 03.40 V7.1.0 (1998-11) Technical realisation of the Short Message Service (SMS); Point-to-Point (PP) und 3G 23.040 V3.2.0 (1999-10) Technical realisation of the Short Message Service (SMS); Point-to-Point (PP) entsprechend.
Wie in Fig. 2 gezeigt, beginnt der User Data Header SM-DH mit der User Data Header Länge UHL. Dann folgt die Identification UHI des ersten Headers, hier nun Hex. 09 für WCMP. Dann folgt die Länge dieses User Data Headerelements UHEL, hier die notwendige Länge für den WCMP Header (incl. des gesamten eingebetteten MMS-Protokolls). Abschließend folgen die WCMP Felder im MMS-Protokoll, hier als MMSP bezeichnet. Diese umfassen zunächst eine Kennzeichnung MMSI, daß mit Hilfe dieses WCMP-Feldes ein MMS-Protokoll realisiert wird (auch MMS-Identifier genannt). Welcher Art dieses MMS-Protokoll ist, wird durch den folgenden Identifier MMSNI gekennzeichnet. Dieser gibt also an, um welchen Typ einer MMS-Message es sich handelt, und entspricht somit dem Inhalt des Parameters UHI bei der ersten Ausführungsform. Der Parameter MMSC bezeichnet wiederum User-ID und Profile-ID beim Beispiel MMS Session Establishment."
3.4 Den oben zitierten Absätzen ist nach Ansicht der Kammer eindeutig zu entnehmen, dass die Ausführungsform gemäß Figur 2 eine SMS-Kurznachricht des ersten Typs A in GSM betrifft (siehe den ersten Absatz), die einen WCMP (Wireless Control Message Protocol) User Data Header aufweist (siehe den zweiten Absatz). Die Formulierung "hier nun" in "hier nun Hex. 09 für WCMP" im vierten Absatz bezieht sich dabei auf den dritten Absatz, in dem die "Identifikation UHI dieses User Data Headers", d.h. des WCMP User Data Headers (siehe den zweiten Absatz), mit dem Wert "hexadezimal 09" den genannten Standards entspricht.
Angenommen, dass, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, dem Fachmann am Prioritätsdatum weitere, vergleichbare Protokolle bekannt waren, die ebenfalls zur Anwendung hätten kommen können, bedeutet dies noch nicht, dass es sich aus der ursprünglichen Patentanmeldung unmittelbar und eindeutig ableiten lässt, dass die Verwendung des WCMP in Figur 2 nicht als wesentlich und daher als fakultativ zu verstehen ist. Vielmehr könnte dies bedeuten, dass es dem Fachmann, ausgehend von der Gesamtoffenbarung der Patentanmeldung, keine erfinderische Tätigkeit abverlangen würde, das WCMP durch ein anderes Protokoll zu ersetzen. Für die Beurteilung, ob das WCMP in Figur 2 als nur fakultativ offenbart ist, ist dies jedoch nicht relevant.
Dass erst im abhängigen Anspruch 9 in der ursprünglich eingereichten Fassung auf das WCMP-Format Bezug genommen wird, wird von der Kammer so verstanden, dass erst dieser Anspruch ausdrücklich auf die Ausführungsform gemäß Figur 2 gerichtet ist, ähnlich wie erst Anspruch 10 nur auf die Ausführungsform gemäß Figur 3 gerichtet ist (siehe auch Punkt 2.4).
3.5 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1' erfüllt deshalb nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.
3.6 Hilfsantrag 1' ist demzufolge nicht gewährbar.
4. Hilfsantrag 2'
4.1 Zulässigkeit des Hilfsantrags 2'
4.1.1 Die Beschwerdegegnerinnen hatten beantragt, den erst während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer eingereichten Hilfsantrag 2' als verspätet nicht zuzulassen.
4.1.2 Nach Artikel 13 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern steht es im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens einer Beschwerdeführerin nach Einreichung ihrer Beschwerdebegründung zuzulassen und zu berücksichtigen. Bei der Ausübung des Ermessens werden insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt.
4.1.3 Der von der Beschwerdeführerin im Laufe der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer unterbreitete Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2' unterscheidet sich von dem mit Schreiben vom 21. März 2011 eingereichten Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags nur dadurch, dass der Wortlaut
"User Data Header (SM-DH)"
durch
"WCMP (Wireless Control Message Protokoll) User Data Header (SM-DH) mit eingebettetem MMS-Protokoll"
ersetzt wurde.
4.1.4 Da es der Kammer demzufolge ohne weiteres erkennbar war, wie durch diese Änderung die im Zusammenhang mit dem Hauptantrag und dem Hilfsantrag 1' in der mündlichen Verhandlung geäußerten Bedenken ausgeräumt wurden, und darüber hinaus die in diesem Anspruch im Vergleich zu Patentanspruch 1 gemachten Änderungen die Erfordernisse der Artikel 84 und 123 EPÜ erfüllten (siehe unten), hat die Kammer in Ausübung ihres Ermessens den während der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrag 2' in das Verfahren zugelassen. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die beanspruchte Kombination der Merkmale nicht bereits Gegenstand eines unabhängigen Anspruchs eines der während des Einspruchsverfahrens vorgelegten und später wieder zurückgenommenen Anträge war. In Bezug auf den vorliegenden Hilfsantrag 2' wurde dies von den Beschwerdegegnerinnen auch nicht bestritten.
4.2 Artikel 123 EPÜ
4.2.1 Die Änderungen des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2' basieren nach Ansicht der Kammer alle auf der Ausführungsform gemäß Figur 2 (siehe auch die unter Punkt 3.3 zitierten Absätze aus der ursprünglichen Beschreibung der Patentanmeldung).
Konkret handelt es sich um die folgenden gegenüber dem Patentanspruch 1 hinzugefügten Merkmale, vgl. Punkt XI oben:
i) der erste Nachrichtendienst ist der MMS-Nachrichtendienst;
ii) der zweite Nachrichtendienst ist der SMS-Nachrichtendienst;
iii) der Datenteil der Kurznachricht weist einen WCMP (Wireless Control Message Protokoll) User Data Header (SM-DH) mit eingebettetem MMS-Protokoll auf;
iv) der WCMP User Data Header umfasst ein Headerelement, das ein Identifikationselement (UHI) für WCMP aufweist;
v) die Kurznachricht wird mit einem Header (SM-H) versehen, wobei im Header (SM-H) das Vorhandensein des User Data Headers (SM-DH) durch ein Flag (TP-UDHI) gekennzeichnet wird;
vi) die Identifizierung (MMSNI) des Typs der Nachricht des ersten Nachrichtendienstes befindet sich in dem Headerelement der Kurznachricht;
vii) in dem Headerelement befindet sich auch der Inhalt (UHD; MMSC) der Nachricht des ersten Nachrichtendienstes;
viii) die Identifizierung ist eindeutig für jeden Typ der ersten Gruppe von Nachrichten des ersten Nachrichtendienstes;
ix) der Identifizierer (MMSI) zur Anzeige des Vorhandenseins einer Nachricht des ersten Nachrichtendienstes ist im Headerelement;
x) die Nachricht des ersten Nachrichtendienstes ist im Headerelement;
xi) der Identifizierer (MMSI) kennzeichnet, dass ein MMS-Protokoll realisiert wird; und
xii) das Identifikationselement (UHI), die Identifizierung (MMSNI) und der Identifizierer (MMSI) sind von einander verschieden.
Zu Merkmal iii) sei bemerkt, dass in der ursprünglichen Beschreibung (Seite 19, Zeilen 8 bis 12) das MMS session establishment nur als Beispiel eines eingebettetem MMS-Protokolls erwähnt wird.
Des weiteren sei bemerkt, dass im Vergleich zu Patentanspruch 1 der Wortlaut "im Datenteil (SM-D; SM-D') der Kurznachricht" (siehe oben, Punkt XI) zwar gestrichen wurde, dieses Merkmal jedoch durch "im Headerelement" ersetzt wurde, wobei im vorliegenden Anspruch definiert ist, dass sowohl der Identifizierer (MMSI) zur Anzeige des Vorhandenseins einer Nachricht des ersten Nachrichtendienstes als die Nachricht des ersten Nachrichtendienstes im Headerelement sind, wobei das Headerelement vom Datenteil umfasst wird (siehe oben, Merkmale iv), ix) und x)). Das Streichen des obengenannten Merkmal führt somit nicht zu einer Erweiterung des Schutzbereichs (Artikel 123 (3) EPÜ).
4.2.2 Die Beschwerdegegnerin 1 hat geltend gemacht, dass aus der ursprünglichen Beschreibung nur hervorginge, dass der User Data Header mehrere, eine Identification UHI für WCMP umfassende Headerelemente aufweist und dass demzufolge alle Headerelemente des Headers WCMP-Headerelemente seien. Dagegen werde gemäß dem vorliegenden Anspruch 1 das entsprechende Identifikationselement (UHI) nur von einem Headerelement umfasst (siehe Punkt 4.2.1, Merkmal iv)).
Die Kammer stellt fest, dass in der ursprünglichen Beschreibung im Zusammenhang mit Figur 2 zwar auf "Header" Bezug genommen wird ("die Identification UHI des ersten Headers, hier nun Hex. 09 für WCMP" (Seite 19, Zeilen 22 und 23 (Unterstreichung durch die Kammer))). Aus dem direkt anschließenden Satz "Dann folgt die Länge dieses User Data Headerelements ..." (Unterstreichung durch die Kammer) und der Figur 2 ist jedoch sofort erkennbar, dass es sich dabei um das durch Identification UHI bezeichnete erste Headerelement handelt, wobei völlig im Einklang damit in Figur 2 das Bezugszeichen UHI' die Identification eines fakultativen, weiteren Headerelements angibt, ähnlich wie auf Seite 17, Zeilen 10 bis 13, der Beschreibung in Verbindung mit der Ausführungsform gemäß Figur 1 beschrieben wird.
4.2.3 Die Beschwerdegegnerinnen 2 und 3 hatten argumentiert, dass die Ausführungsform gemäß Figur 2 keine Basis dafür bilde, ein Identifikationselement für WCMP ohne Angabe seines Werts, d.h. hexadezimal 09, zu definieren.
Die Kammer stellt jedoch fest, dass in der Beschreibung der Wert hexadezimal 09 für das WCMP-Identifikationselement nicht zwingend ist, weil, siehe Seite 19, Zeilen 14 bis 19, es dort nur heißt "Die Identifikation UHI dieses User Data Headers ist als hexadezimal 09 den Standards ... entsprechend." (Unterstreichung durch die Kammer), d.h. mit Wert hexadezimal 09 für WCMP ist die Identifikation UHI standardkonform.
4.2.4 Des weiteren hatten die Beschwerdegegnerinnen 2 und 3 argumentiert, dass unter Berücksichtung der SMS Standards der Begriff "WCMP User Data Header" nur so verstanden werden könne, dass der User Data Header ein einziges Headerelement umfasse, dessen Identifikationselement, üblicherweise als "IEI" bezeichnet, die Anwendung des WCMP bezeichne. Der User Data Header in Figur 2 umfasse dagegen mehrere Headerelemente. Wenn Anspruch 1 so zu verstehen wäre, dass der WCMP User Data Header mehrere Headerelemente umfassen kann, bestünde die Möglichkeit, dass das Identifikationselement, der Identifizierer und die Identifizierung sich auf ein anderes Headerelement als das WCMP-Headerelement beziehen, was so nicht ursprünglich offenbart sei. Die Beschwerdegegnerin 4 hat ebenso argumentiert, dass der WCMP User Data Header nicht mit dem Headerelement gleichgesetzt werden könne.
Nach Auffassung der Kammer ist für den Fall, dass der User Data Header ein einziges Headerelement umfasst, der Begriff "WCMP User Data Header" tatsächlich so zu verstehen, dass das Headerelement dann ein WCMP-Identifikationselement aufweist. Wenn der User Data Header jedoch mehrere Headerelemente umfasst, was im Verfahren gemäß Anspruch 1 nicht ausgeschlossen wird, ist dieser Begriff so zu verstehen, dass zumindest eines der Headerelemente ein WCMP-Identifikationselement aufweist. Beide Varianten werden von der Figur 2 gestützt, weil dort ein weiteres, fakultatives Headerelement gezeigt wird ("UHI'", "..."), dessen Identifikationselement nicht zwingend das WCMP bezeichnet. Hier sei bemerkt, dass auf Seite 17, Zeilen 10 bis 13 und 24 bis 26, der ursprünglichen Beschreibung explizit andere Identifikationselemente offenbart werden, nämlich für "MMS session establishment" oder für eine SMS Verkettung.
Des weiteren ist es nach Auffassung der Kammer zwingend, dass das Identifikationselement, der Identifizierer und die Identifizierung, wie in Anspruch 1 definiert, tatsächlich dieses WCMP-Headerelement betreffen, weil der Anspruch nur einmal ein Headerelement mit unbestimmtem Artikel definiert, dieses Headerelement ein Identifikationselement für WCMP aufweist, und somit ein WCMP-Headerelement bildet.
4.2.5 Die Beschwerdegegnerinnen 2 und 3 hatten vorgetragen, dass ursprünglich nur offenbart sei, dass das Flag des Headers der Kurznachricht das Vorhandensein eines User Data Headers kennzeichne, nicht jedoch das Vorhandensein eines bestimmten User Data Headers, nämlich des WCMP User Data Headers.
Die Kammer versteht den Anspruch jedoch so, dass im betreffenden Merkmal ("die Kurznachricht mit einem Header (SM-H) versehen wird, wobei im Header (SM-H) das Vorhandensein des User Data Headers (SM-DH) durch ein Flag (TP-UDHI) gekennzeichnet wird") gerade deshalb nicht der im vorangehenden Absatz verwendete Begriff "WCMP User Data Header" eins-zu-eins übernommen wurde, um klar zu stellen, dass das Flag eben nicht speziell das Vorhandensein des WCMP User Data Headers, sondern des User Data Headers bezeichnet.
4.2.6 Die Beschwerdegegnerinnen 2 und 3 hatten auch argumentiert, dass das Merkmal, dass die Identifizierung des Typs der Nachricht des ersten Nachrichtendienstes für jeden Typ der ersten Gruppe von Nachrichten des ersten Nachrichtendienstes eindeutig ist (siehe Punkt 4.2.1, Merkmal viii)), so nicht ursprünglich offenbart sei, weil gemäß der Beschreibung die Identifizierung des Typs der Nachricht, nicht jedoch des Typs der ersten Gruppe, eindeutig sei.
Im Hinblick darauf, dass Anspruch 1 zusätzlich das Merkmal umfasst, dass "die Kurznachricht (SM) in dem Headerelement eine Identifizierung (MMSNI) des Typs der Nachricht des ersten Nachrichtendienstes ... aufweist" und in Anspruch 1 nur eine erste Gruppe von Nachrichten des ersten Nachrichtendienstes definiert wird, ist die Kammer der Ansicht, dass das obengenannte Merkmal viii) so zu verstehen ist, dass die Identifizierung für jeden Typ der Nachrichten der ersten Gruppe von Nachrichten des ersten Nachrichtendienstes eindeutig ist. Dieses Merkmal ist im Zusammenhang mit Figur 2 ursprünglich offenbart, siehe Seite 20, Zeilen 10 und 11 der Beschreibung.
4.2.7 Des weiteren hatten die Beschwerdegegnerinnen 2 und 3 argumentiert, dass das Verfahren des Anspruchs 1 eine nicht ursprünglich offenbarte Zwischenverallgemeinerung der Ausführungsform gemäß Figur 2 und des ursprünglich beanspruchten Verfahrens sei, weil, im Gegensatz zu Figur 2, im vorliegenden Anspruch die Identifizierung des Typs der MMS-Nachricht und der Identifizierer zur Anzeige des Vorhandenseins der MMS-Nachricht nicht zwingend in WCMP-Feldern vorhanden seien.
Die Kammer stellt jedoch fest, dass, da der WCMP User Data Header mit einem eingebetteten MMS-Protokoll (siehe auch unten, Punkt 4.3.3) versehen ist, die Datenelemente des mit dem WCMP-Identifikationselement versehenen Headerelements zwangsläufig die WCMP-Felder für das MMS-Protokoll bilden und somit in diesen WCMP-Feldern die Daten gemäß dem MMS-Protokoll, samt dem MMS-Identifizierer MMSI und der MMS-Identifizierung des Typs der MMS-Nachricht, untergebracht sind.
4.2.8 Die Beschwerdegegnerinnen 1 bis 4 hatten argumentiert, dass der Identifizierer MMSI gemäß Figur 2, der dort als "eine Kennzeichnung MMSI, daß mit Hilfe dieses WCMP-Feldes ein MMS-Protokoll realisiert wird (auch MMS-Identifier genannt)" bezeichnet wird (siehe Seite 19, Zeile 28, bis Seite 20, Zeile 2, der Patentanmeldung), nicht dem "Identifizierer zur Anzeige des Vorhandenseins einer Nachricht des ersten Nachrichtendienstes" gemäß Anspruch 1 entspreche. Die Ausführungsform gemäß Figur 2 könne demzufolge nicht als Basis für den beanspruchten Gegenstand dienen.
Die Kammer bemerkt jedoch, dass in Verbindung mit Figur 2 die Kennzeichnung MMSI explizit auch "MMS-Identifier" genannt wird (siehe auch Punkt 3.3 oben). Dadurch ist klar zum Ausdruck gebracht, dass die Kennzeichnung MMSI das Vorhandensein von MMS-Informationen MMSC (siehe Figur 2) in den Datenfeldern bezeichnet. Nach Auffassung der Kammer ist demzufolge unmittelbar und eindeutig offenbart, dass die Kennzeichnung MMSI, dass ein MMS-Protokoll realisiert wird, einen Identifizierer zur Anzeige des Vorhandenseins einer Nachricht des ersten Nachrichtendienstes, hier also einer MMS-Nachricht des MMS-Nachrichtendienstes, bildet.
4.2.9 Im schriftlichen Verfahren hatten die Beschwerdegegnerinnen 2 und 3 im Zusammenhang mit dem mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsantrag 1 argumentiert, dass das Merkmal, dass das Identifikationselement, die Identifizierung und der Identifizierer von einander "verschieden" sind, nicht ursprünglich offenbart sei, weil diese Verschiedenheit verschiedene Formen umfassen könne, z.B. disjunkt, wie in der Ausführungsform gemäß Figur 2, oder teilweise überlappend, die nicht alle ursprünglich offenbart seien.
Die Kammer stellt fest, dass Anspruch 1 des vorliegenden Hilfsantrags 2' dieses Merkmal auch umfasst.
Des weiteren bemerkt die Kammer, dass sowohl der vorliegende Anspruch als auch Patentanspruch 1 das Merkmal, dass der Identifizierer von der Nachricht des ersten Nachrichtendienstes verschieden ist, umfassen. Der darin verwendete Begriff "verschieden" wird von der Kammer in Übereinstimmung mit dessen normaler Bedeutung als voneinander abweichend, Unterschiede aufweisend, oder als sich voneinander unterscheidend, d.h. als nicht mit einander identisch, interpretiert. Die Kammer sieht des weiteren keinen Grund dafür, diesen Begriff im Zusammenhang mit dem von den Beschwerdegegnerinnen 2 und 3 genannten Merkmal anders zu interpretieren. Dass das Identifikationselement UHI, die Identifizierung MMSNI und der Identifizierer MMSI nicht mit einander identisch sind, wird jedoch eindeutig und unmittelbar durch die Ausführungsform gemäß Figur 2 gestützt.
4.2.10 Nach Ansicht der Kammer geben die Änderungen des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2' auch sonst keinen Anlass zu Einwänden unter Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.
4.3 Artikel 84 EPÜ
4.3.1 Die Änderungen des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2' geben darüber hinaus nach Ansicht der Kammer keinen Anlass zu Einwänden unter Artikel 84 EPÜ.
4.3.2 Die Beschwerdegegnerinnen 1 bis 3 hatten den Einwand erhoben, dass infolge des Wortlauts "ein Identifikationselement (UHI) für WCMP" (siehe oben, Punkt 4.2.1, Merkmal iv)) es unklar sei, ob das Identifikationselement nur dazu geeignet ist, das WCMP zu bezeichnen, oder ob es tatsächlich das WCMP bezeichnet.
Nach Ansicht der Kammer stellt das unmittelbar vorangehende Merkmal, dass der Datenteil der Kurznachricht einen WCMP User Data Header aufweist, eindeutig klar, dass das WCMP in zumindest einem Headerelement des User Data Headers angewendet wird und dass demzufolge das Identifikationselement (UHI) tatsächlich das WCMP bezeichnet, d.h. ein WCMP-Identifikationselement bildet.
4.3.3 Die Beschwerdegegnerinnen 2 und 3 hatten argumentiert, dass in Anspruch 1 das Merkmal "WCMP (Wireless Control Message Protokoll) User Data Header (SM-DH) mit eingebettetem MMS-Protokoll" nicht klar sei, weil ein Protokoll nur Regeln definiere, die festlegen, zu welchem Zeitpunkt welche Aktionen und Reaktionen durch wen oder was veranlasst werden, und somit nicht eingebettet werden könne.
Nach Auffassung der Kammer ist es dem Fachmann jedoch klar, dass das obengenannte Merkmal im Rahmen des beanspruchten Verfahrens so zu verstehen ist, dass eine MMS-Nachricht durch das Hinzufügen eines WCMP User Data Headers zu einer WCMP-Nachricht verpackt wird, die wiederum zu einer SMS-Kurznachricht verpackt wird. Das mehrfache Einbetten (auf English "encapsulation") einer Nachricht in einer höheren Protokollebene ist im übrigen ein allgemein bekanntes Prinzip in der Telekommunikation, siehe auch das von den Beschwerdegegnerinnen 2 und 3 mit Schreiben vom 24. September 2009 eingereichte Dokument O3-4' ("Computer Networks - A systems approach", L.L. Peterson et al., 1996, Seiten 29 bis 35, insb. Seite 33, Absatz "Encapsulation").
4.4 Die Kammer kommt somit zum Ergebnis, dass die Änderungen des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2' weder unter Artikel 84 EPÜ noch unter Artikel 123 EPÜ zu Einwänden Anlass geben.
5. Zurückverweisung
5.1 Da durch die Änderungen des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2' die in der angefochtenen Entscheidung gegebenen Gründe zum Widerruf des Patents nicht mehr zutreffen, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben.
5.2 Gemäß Artikel 111 (1) EPÜ wird die Beschwerdekammer im Rahmen der Zuständigkeit des Organs tätig, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, oder sie verweist die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an dieses Organ zurück.
5.3 Die Kammer stellt fest, dass der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen ist, in wieweit die gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 2' gegenüber dem Patentanspruch 1 hinzugefügten Merkmale (siehe oben, Punkt 4.2.1) in Kombination mit den übrigen Merkmalen des Anspruchs bereits durch die Einspruchsabteilung im Rahmen einer Prüfung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt wurden. Der Gegenstand des damals der Einspruchsabteilung vorgelegten Hilfsantrags 3'' kommt dem vorliegenden Gegenstand noch am nähesten. Dieser Hilfsantrag 3'' wurde jedoch von der Einspruchsabteilung wegen eines Verstoßes gegen Artikel 123 (2) EPÜ aus Gründen, die auf den vorliegenden Anspruch 1 nicht zutreffen, nicht in das Einspruchsverfahren zugelassen.
5.4 Ferner berücksichtigt die Kammer, dass die Beschwerdegegnerinnen es bevorzugten, dass die Kammer, anstelle selbst eine Prüfung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2' durchzuführen, die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückverweisen würde, und dass die Beschwerdeführerin keine Einwände gegen eine Zurückverweisung erhoben hat.
5.5 Unter diesen Umständen hält es die Kammer für sachgerecht, die Angelegenheit an die erste Instanz zur weiteren Prüfung auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 2' zurückzuverweisen.
5.6 Im Zusammenhang mit der weiteren Prüfung sei bemerkt, dass in Anspruch 1 das Bezugszeichen "UHD" nicht das Verständnis des Anspruchs zu erleichtern scheint (Regel 43 (7) EPÜ), weil dieses Bezugszeichen nur die Ausführungsform der Figur 1 betrifft, jedoch weder Figur 1 noch Figur 3, im Gegensatz zu Figur 2, ein Ausführungsbeispiel des beanspruchten Gegenstands betrifft (Regel 42 (1)(e) EPÜ).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Prüfung auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 2' zurückverwiesen.