T 0434/10 () of 16.5.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T043410.20120516
Datum der Entscheidung: 16 Mai 2012
Aktenzeichen: T 0434/10
Anmeldenummer: 05007961.5
IPC-Klasse: B25J 19/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Führen flexibler Elemente entlang beweglicher Maschinenteile und Befestigen von Maschinenanbauten
Name des Anmelders: KUKA Roboter GmbH
Name des Einsprechenden: Leoni Protec Cable Systems GmbH
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - nein (Hauptantrag und Hilfsanträge 1, 2 und 2a)
Grundsätzliche Eignung eines Formteils auch ohne diesbezüglichen Hinweis zu berücksichtigen (Pkt. 5.3)
Am Ende der mündlichen Verhandlung: eingereichter Hilfsantrag 3 - nicht zugelassen, da früheres Einreichen möglich gewesen wäre
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 1 588 807 in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten, haben die Einsprechende (Beschwerdeführerin I) sowie die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin II) Beschwerde eingelegt.

Die Beschwerdeführerin I beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdeführerin II beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Basis eines der Anspruchssätze eingereicht als (neuer) Hauptantrag während der mündlichen Verhandlung, als (neuer) Hilfsantrag 1 während der mündlichen Verhandlung, als Hilfsanträge 2 und 2a mit Schriftsatz vom 11. April 2012 sowie als Hilfsantrag 3 während der mündlichen Verhandlung.

II. Die unabhängigen Ansprüche der Anträge sind im folgenden aufgeführt.

Anspruch 1 gemäß Hauptantrag:

"Vorrichtung zum Führen von Energieversorgungskabeln entlang Achsen eines Mehrachs-Industrieroboters, mit einem Formteil (1.1) und an einer von einer Oberfläche des Maschinenteils (6.1) beabstandeten Befestigungsfläche (1.1g) des Formteils (1.1) befestigten Maschinenanbauten (7) wobei das Formteil (1.1) an einem Maschinenteil (6.1) angeordnet ist, wobei das Formteil (1.1) wenigstens einen ersten, an der Oberfläche des Maschinenteils (6.1) anliegenden Schenkel (1.1a) und einen zweiten, die Befestigungsfläche (1.1g) bildenden Schenkel (1.1b) aufweist und wobei wenigstens ein Energieversorgungskabel (2) in einem zwischen den beiden Schenkeln (1.1a, 1.1b) des Formteils (1.1) definierten Zwischenraum (1.1d) zwischen der Oberfläche und der Befestigungsfläche (1.1g) gehalten und geführt ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Befestigungsfläche (1.1g) im wesentlichen parallel zu der Oberfläche des Maschinenteils (6.1) ausgerichtet ist.".

Anspruch 2 gemäß Hauptantrag:

"Vorrichtung zum Führen von Energieversorgungskabeln entlang Achsen eines Mehrachs-Industrieroboters, wobei ein Formteil (1.1) zum Schaffen einer von einer Oberfläche des Maschinenteils (6.1) beabstandeten Befestigungsfläche (1.1g) für Maschinenanbauten (7) an einem Maschinenteil (6.1) angeordnet ist, wobei das Formteil (1.1) wenigstens einen ersten, an der Oberfläche des Maschinenteils (6.1) anliegenden Schenkel (1.1a) und einen zweiten, die Befestigungsfläche (1.1g) bildenden Schenkel (1.1b) aufweist und wobei wenigstens ein Energieversorgungskabel (2) in einem zwischen den beiden Schenkeln (1.1a, 1.1b) des Formteils (1.1) definierten Zwischenraum (1.1d) zwischen der Oberfläche und der Befestigungsfläche (1.1g) gehalten und geführt ist der erste (1.1a) und der zweite Schenkel (1.1b) über wenigstens einen zu jeweils einem der ersten und zweiten Schenkel (1.1a, 1.1b) senkrecht ausgerichteten Steg (1.1c) verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass der erste Schenkel (1.1a) erste Bohrungen (1.1e) zum Befestigen des Formteils (1.1) an der Maschine (6) aufweist und der zweite Schenkel (1.1b) entsprechende zweite Bohrungen (1.1f, 1.1f') direkt oberhalb der ersten Bohrungen (1.1e) in dem ersten Schenkel (1.1a) aufweist".

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1:

"Vorrichtung zum Führen von Energieversorgungskabeln entlang Achsen eines Mehrachse-Industrieroboters, wobei ein Formteil (1.1) zum Schaffen einer von einer Oberfläche des Maschinenteils (6.1) beabstandeten Befestigungsfläche (1.1g) für Maschinenanbauten (7) an einem Maschinenteil (6.1) angeordnet ist, wobei das Formteil (1.1) wenigstens einen ersten, an der Oberfläche des Maschinenteils (6.1) anliegenden Schenkel (1.1a) und einen zweiten, die Befestigungsfläche (1.1g) bildenden Schenkel (1.1b) aufweist und wobei wenigstens ein Energieversorgungskabel (2) in einem zwischen den beiden Schenkeln (1.1a, 1.1b) des Formteils (1.1) definierten Zwischenraum (1.1d) zwischen der Oberfläche und der Befestigungsfläche (1.1g) gehalten und geführt ist, und wobei der erste (1.1a) und der zweite Schenkel (1.1b) über wenigstens einen zu jeweils einem der ersten und zweiten Schenkel (1.1a, 1.1b) senkrecht ausgerichteten Steg (1.1c) verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass der erste Schenkel (1.1a) erste Bohrungen (1.1e) zum Befestigen des Formteils (1.1) an der Maschine (6) aufweist, dass der zweite Schenkel (1.1b) entsprechende zweite Bohrungen (1.1f, 1.1f') direkt oberhalb der ersten Bohrungen in dem ersten Schenkel (1.1a) aufweist, und dass auf der Befestigungsfläche (1.1g) im Bereich dieser zweiten Bohrungen (1.1f, 1.1f') Abstandselemente (1.1h) zur Beabstandung der Maschinenanbauten (7) von der Oberfläche (1.1g) des zweiten Schenkels (1.1b) vorgesehen sind".

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2:

"Vorrichtung zum Führen von Energieversorgungskabeln entlang Achsen eines Mehrachs-Industrieroboters, wobei ein Formteil (1.1) zum Schaffen einer von einer Oberfläche des Maschinenteils (6.1) beabstandeten Befestigungsfläche (1.1g) für Maschinenanbauten (7) an einem Maschinenteil (6.1) angeordnet ist, wobei das Formteil (1.1) wenigstens einen ersten, an der Oberfläche des Maschinenteils (6.1) anliegenden Schenkel (1.1a) und einen zweiten, die Befestigungsfläche (1.1g) bildenden Schenkel (1.1b) aufweist und wobei wenigstens ein Energieversorgungskabel (2) in einem zwischen den beiden Schenkeln (1.1a, 1.1b) des Formteils (1.1) definierten Zwischenraum (1.1d) zwischen der Oberfläche und der Befestigungsfläche (1.1g) gehalten und geführt ist, wobei in dem Zwischenraum (1.1d) wenigstens zwei Haltelemente (1.2, 1.3) für das Energieversorgungskabel (2) angeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, dass das Energieversorgungskabel (2) zwischen den Halteelementen (1.2, 1.3) einen bogenförmigen Verlauf (B) aufweist, wobei ein Winkelmaß (alpha) des Verlaufsbogens (B) etwa 180º beträgt".

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2a:

"Vorrichtung zum Führen von Energieversorgungskabeln entlang Achsen eines Mehrachs-Industrieroboters, wobei ein Formteil (1.1) zum Schaffen einer von einer Oberfläche des Maschinenteils (6.1) beabstandeten Befestigungsfläche (1.1g) für Maschinenanbauten (7) an einem Maschinenteil (6.1) angeordnet ist, wobei das Formteil (1.1) wenigstens einen ersten, an der Oberfläche des Maschinenteils (6.1) anliegenden Schenkel (1.1a) und einen zweiten, die Befestigungsfläche (1.1g) bildenden Schenkel (1.1b) aufweist und wobei wenigstens ein Energieversorgungskabel (2) in einem zwischen den beiden Schenkeln (1.1a, 1.1b) des Formteils (1.1) definierten Zwischenraum (1.1d) zwischen der Oberfläche und der Befestigungsfläche (1.1g) gehalten und geführt ist wobei das Formteil einen allseitig geschlossenen Querschnitt besitzt, dadurch gekennzeichnet, dass Seitenwände des Formteils so ausgebildet sind, dass sie eine seitliche Zwangskraft auf das Energieversorgungskabel ausüben, so dass dieses dauerhaft einen gekrümmten Verlauf mit einem Biegeradius unterhalb eines dynamischen Mindest-Biegeradius' annimmt".

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3:

"Vorrichtung zum Führen von Energieversorgungskabeln entlang Achsen eines Mehrachs-Industrieroboters, mit einem Formteil (1.1) und an einer von einer Oberfläche des Maschinenteils (6.1) beabstandeten Befestigungsfläche (1.1g) des Formteils (1.1) befestigten Maschinenanbauten (7) wobei das Formteil (1.1) an einem Maschinenteil (6.1) angeordnet ist, wobei das Formteil (1.1) wenigstens einen ersten, an der Oberfläche des Maschinenteils (6.1) anliegenden Schenkel (1.1a) und einen zweiten, die Befestigungsfläche (1.1g) bildenden Schenkel (1.1b) aufweist und wobei wenigstens ein Energieversorgungskabel (2) in einem zwischen den beiden Schenkeln (1.1a, 1.1b) des Formteils (1.1) definierten Zwischenraum (1.1d) zwischen der Oberfläche und der Befestigungsfläche (1.1g) gehalten und geführt ist, und wobei der erste (1.1a) und der zweite Schenkel (1.1b) über wenigstens einen zu jeweils einem der ersten und zweiten Schenkel (1.1a, 1.1b) senkrecht ausgerichteten Steg (1.1c) verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass der erste Schenkel (1.1a) erste Bohrungen (1.1e) zum Befestigen des Formteils (1.1) an der Maschine (6) aufweist, dass der zweite Schenkel (1.1b) entsprechende zweite Bohrungen (1.1f, 1.1f') direkt oberhalb der ersten Bohrungen (1.1e) in dem ersten Schenkel (1.1a) aufweist, und dass durch übereinander liegende Paare erster (1.1e) und zweiter Bohrungen (1.1f, 1.1f') das Formteil (1.1) an der Maschine (6) und zugleich Maschinenanbauten (7) an dem Formteil (1.1) und/oder an der Maschine (6) befestigt sind".

III. Dem Beschwerdeverfahren liegt als druckschriftlicher Stand der Technik die Entgegenhaltung

D1 EP-A-1 304 195

zugrunde, von der auch in der angefochtenen Entscheidung ausgegangen worden ist.

IV. Das wesentliche Vorbringen der Beschwerdeführerin I kann wie folgt zusammengefasst werden:

Die Vorrichtung nach dem Anspruch 1 des Hauptantrags beruhe gegenüber derjenigen nach D1, unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bedarfsabhängig an dem die Vorrichtung nach D1 tragenden Roboterarm Maschinenanbauten zu befestigen seien, nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Die Vorrichtung nach dem Anspruch 2 gemäß Hauptantrag und den Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 1, 2 und 2a unterschieden sich von derjenigen nach der D1 lediglich durch bedarfsabhängige Maßnahmen die, bei grundsätzlicher Eignung der Vorrichtung nach D1 zum Schaffen einer Befestigungsfläche für Maschinenanbauten, im Rahmen fachmännischen Handelns lägen.

Berücksichtigung des Hilfsantrags 3 führe, nach der Behandlung sämtlicher vorrangiger Anträge in der mündlichen Verhandlung, dazu, dass in einem sehr späten Verfahrensstadium Aspekte zu erörtern seien, die sich grundlegend von den in Zusammenhang mit den zuletzt erörterten Ansprüchen behandelten unterschieden. Da zur Behandlung derartiger Aspekte bereits in Verbindung mit der Erörterung des Anspruchs 2 des Hauptantrags Veranlassung bestand und Gelegenheit gegeben war, sei der Hilfsantrag 3 in diesem späten Verfahrensstand nicht zuzulassen.

V. Das wesentliche Vorbringen der Beschwerdeführerin II kann wie folgt zusammengefasst werden:

Die Vorrichtung nach dem Anspruch 1 des Hauptantrags beruhe gegenüber derjenigen nach D1 auf erfinderischer Tätigkeit, weil der D1, die zwar eine Vorrichtung offenbare, der eine grundsätzliche Eignung zum Befestigen von Maschinenanbauten nicht abzusprechen sei, keinerlei Anhaltspunkt für die Ausbildung einer derartigen Vorrichtung zu entnehmen sei.

Entsprechendes gelte für die Vorrichtung nach dem Anspruch 2 gemäß Hauptantrag und diejenige nach den Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 1, 2 und 2a, die sich von derjenigen nach der D1 durch weitere, nicht naheliegende, Maßnahmen unterschieden, betreffend die D1 keinen Anhaltspunkt gebe.

Der Hilfsantrag 3 sei trotz seiner Verspätung zu berücksichtigen, weil bei der Formulierung dessen Anspruchs 1 in Zusammenhang mit der Erörterung des Anspruchs 2 gemäß Hauptantrag gewonnene Erkenntnisse berücksichtigt worden seien. Er sei auch deshalb zu berücksichtigen, weil er die letzte Chance biete, das Patent in eingeschränkter Fassung aufrechtzuerhalten.

VI. Die Kammer hat in einer Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung u.a. darauf hingewiesen, dass nach ihrer vorläufigen Auffassung Drittgegenstände, wie Maschinenanbauten, bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen sind, soweit sie nicht als dem jeweiligen Anspruch zugehörig definiert sind (Punkt 7).

VII. Am 16. Mai 2012 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag

1. Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag

1.1 Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag unterscheidet sich von dem nach der angefochtenen Entscheidung aufrechterhaltenen Anspruch 1 durch Aufnahme des zusätzlichen Merkmals des Anspruchs 2 in der erteilten Fassung, nach dem die Befestigungsfläche im wesentlichen parallel zu der Oberfläche des Maschinenteils ausgerichtet ist.

1.2 Der Anspruch definiert eine Vorrichtung zum Führen von Energieversorgungskabeln entlang Achsen eines Mehrachs-Industrieroboters.

Die Vorrichtung weist als zentrales Element ein Formteil auf, das an einem Maschinenteil angeordnet ist;

an einer von einer Oberfläche des Maschinenteils beabstandeten Befestigungsfläche des Formteils sind Maschinenanbauten befestigt.

Die Struktur des Formteils ist dahingehend definiert, dass es wenigstens einen ersten, an der Oberfläche des Maschinenteils anliegenden Schenkel und einen zweiten, die Befestigungsfläche bildenden Schenkel aufweist. Die Befestigungsfläche ist im wesentlichen parallel zur Oberfläche des Maschinenteils ausgerichtet.

In dem zwischen den beiden Schenkeln des Formteils definierten Zwischenraum zwischen der Oberfläche und der Befestigungsfläche ist wenigstens ein Energieversorgungskabel gehalten und geführt.

Das an einem Maschinenteil angeordnete Formteil hat folglich zwei, seitens der Beschwerdeführerin II als Kern der Erfindung bezeichnete, Funktionen. Nach der ersten wird ein Energieversorgungskabel gehalten und geführt und nach der zweiten werden Maschinenanbauten befestigt.

2. Offenbarung der Entgegenhaltung D1

2.1 Es ist unstreitig, dass D1 eine Vorrichtung zum Führen von Energieversorgungskabeln entlang Achsen eines Mehrachs-Industrieroboters offenbart und dass diese Vorrichtung, übereinstimmend mit derjenigen nach dem Anspruch 1, als zentrales Element gleichfalls ein als "coffret 30" bezeichnetes Formteil aufweist (vgl. Anspruch 1; Abschnitte [0036], [0037]; Figuren 2, 5).

Es ist weiter unbestritten, dass das bekannte Formteil, übereinstimmend mit demjenigen nach dem Anspruch 1, an einem Maschinenteil angeordnet ist (vgl. Abschnitte [0049] und [0057]; Figuren 2, 5).

Betreffend die Struktur des Formteils offenbart D1, dass es wenigstens einen ersten, an der Oberfläche des Maschinenteils anliegenden Schenkel und einen zweiten, eine obere Fläche bildenden Schenkel aufweist (vgl. die auf ein zumindest teilweise geschlossenes Formteil hinweisende Bezeichnung "coffret" sowie dessen Darstellung in den Figuren 2 und 5).

2.2 Die obere Fläche des Formteils ist, wie der Figur 5 zu entnehmen, im wesentlichen parallel zu der Oberfläche des mit 11 bezeichneten Maschinenteils ausgerichtet. Nach der Beschreibung genügt es für eine leichte Zugänglichkeit des Inneren des Formteils, dessen obere Fläche durch Schrauben oder ähnliche Elemente abnehmbar anzuordnen (Abschnitt [0049]).

3. Unterscheidungsmerkmale der Vorrichtung nach dem Anspruch 1 gegenüber derjenigen nach D1

3.1 Es ist unstreitig, dass die Offenbarung der D1 keine Angabe darüber enthält, dass an dem Maschinenteil, an dem das Formteil angeordnet ist, Maschinenanbauten befestigt sind. Folglich enthält D1 auch keine Angabe darüber, dass an einer Befestigungsfläche des Formteils Maschinenanbauten befestigt sind. Für die von einer Oberfläche des Maschinenteils beabstandete obere Fläche des Formteils ist demzufolge in D1 auch keine Qualifikation als Befestigungsfläche angesprochen.

3.2 Die Vorrichtung nach dem Anspruch 1 unterscheidet sich folglich von derjenigen nach D1 durch die Merkmale, dass

a) an einer von der Oberfläche des Maschinenteils beabstandeten Befestigungsfläche des Formteils Maschinenanbauten befestigt sind und

b) die Befestigungsfläche im wesentlichen parallel zu der Oberfläche des Maschinenteils ausgerichtet ist.

4. Wirkung der Unterscheidungsmerkmale / gegenüber D1 gelöste Aufgabe

4.1 Die Wirkung des Unterscheidungsmerkmals a) ist darin zu sehen, dass der durch das Formteil eingenommene Raum neben dem Halten und Führen wenigstens eines Energieversorgungskabels weiter der Befestigung von Maschinenanbauten dient.

In Verbindung mit dieser Wirkung kann diejenige des Merkmals b) darin gesehen werden, zur Befestigung an dem Formteil eine Befestigungsfläche zur Verfügung zu stellen, deren Lage im wesentlichen mit der Fläche übereinstimmt, die an dem Maschinenteil ohne Formteil vorhanden wäre.

4.2 Die auf die Wirkung des ersten Unterscheidungsmerkmals zurückzuführende erste Aufgabe kann, übereinstimmend mit der im Streitpatent genannten Aufgabe, darin gesehen werden, dass trotz Anordnung einer Vorrichtung zum Führen von Energieversorgungskabeln entlang Achsen eines Mehrachs-Industrieroboters mit einem Formteil, infolge der Anordnung des Formteils "keine räumlichen Behinderungen beim zusätzlichen Vorsehen von Maschinenanbauten auftreten" (Abschnitt [0006]).

4.3 Die auf die Wirkung des Unterscheidungsmerkmals b) zurückzuführende zweite Aufgabe kann, übereinstimmend mit der Beschreibung des Streitpatents darin gesehen werden, dass trotz Anordnung eines Formteils die "Orientierung der Maschinenanbauten relativ zur Maschine im wesentlichen beibehalten" werden kann (Abschnitt [0009]).

5. Naheliegen

5.1 Bei der Beurteilung des Naheliegens der Lösung der ersten Aufgabe ausgehend von der D1 ist es, wie seitens der Kammer in der mündlichen Verhandlung festgestellt, unstreitig, dass es als naheliegend zu erachten ist, dass der Fachmann bei einem Mehrachs-Industrieroboter der in D1 angesprochenen Art die Befestigung von Maschinenanbauten bedarfsweise vorsehen wird, ohne dass es hierzu einer erfinderischen Überlegung bedürfte.

5.2 Ausgehend von D1 als nächstkommenden Stand der Technik reduziert sich die Beurteilung des Naheliegens des die erste Aufgabe lösenden Teils des Anspruchs 1 somit auf die Frage, inwieweit es als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend angesehen werden kann, dass bei der Befestigung derartiger Maschinenanbauten von dem Raum Gebrauch gemacht wird, der bereits von einem Formteil zum Führen von Energieversorgungskabeln eingenommen wird.

Es ist diesbezüglich zum einen unbestritten, dass zum Befestigen von Maschinenanbauten geeignete Bereiche nur in begrenztem Umfang an dem Maschinenteil zur Verfügung stehen, und zum anderen, dass das Formteil nach D1 grundsätzlich für das Befestigen von Maschinenanbauten an dessen oberer Fläche, die dann die Wirkung einer Befestigungsfläche hat und als solche anzusehen ist, geeignet ist.

Betreffend die angesprochene grundsätzliche Eignung wurde in der mündlichen Verhandlung seitens der Beschwerdeführerin I zutreffend darauf hingewiesen, dass dem Anspruch 1 weder zu entnehmen ist, dass eine besondere Ausbildung des Formteils, bzw. seiner oberen Fläche, notwendig sei um eine Befestigung von Maschinenanbauten zu ermöglichen, noch welcher Art die an der Befestigungsfläche des Formteils befestigten Maschinenanbauten sind.

Die Kammer erachtet folglich die Auffassung der Beschwerdeführerin I als zutreffend, nach der, ausgehend von dem Mehrachs-Industrieroboter nach D1 mit an einer Oberfläche eines Maschinenteils angeordnetem Formteil, falls beabsichtigt ist, an dem Maschinenteil Maschinenanbauten zu befestigen, sämtliche Oberflächenbereiche des Roboterarms bzw. Maschinenteils auf ihre Tauglichkeit für diesen Zweck hin geprüft werden.

Aufgrund der angesprochenen grundsätzlichen Eignung der oberen Fläche des Formteils der D1 ergibt eine derartige Prüfung zwangläufig, dass auch die obere Fläche des Formteils als geeignet angesehen wird. Da diese obere Fläche, wie ausgeführt (vgl. obigen Abschnitt 2.2), im wesentlichen parallel zu der dem Formteil zugewandten Oberfläche des Maschinenteils ausgerichtet ist bedarf es auch zur Lösung der zweiten Aufgabe ausgehend von dem Formteil nach D1 keiner weiteren Maßnahme.

Folglich beruht die Vorrichtung nach dem Anspruch 1 gegenüber derjenigen nach D1, unter Berücksichtigung der offensichtlichen, bedarfsabhängigen Maßnahme an dem das Formteil tragenden Maschinenteil Maschinenanbauten zu befestigen, nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

5.3 Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Argumentation der Beschwerdeführerin II, nach der die grundsätzliche Eignung des aus D1 bekannten Formteils zum Befestigen von Maschinenanbauten nicht in Frage gestellt wird. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin II sei vielmehr zu berücksichtigen, dass D1 jeglicher Anhaltspunkt dafür, Maschinenanbauten auf der oberen Fläche des Formteils zu befestigen, fehlt, so dass die Beurteilung einer derartigen Maßnahme als naheliegend das Ergebnis einer auf der Kenntnis der Vorrichtung nach dem Anspruch 1 beruhenden, und damit unzulässigen rückschauenden Betrachtungsweise sei.

Die Kammer erachtet diese Argumentation als nicht überzeugend. Ihrer Auffassung nach bedarf es, wie in der mündlichen Verhandlung angesprochen, vorliegend für die Beurteilung der Vorrichtung nach dem Anspruch 1 als naheliegend keines Anhaltspunktes hierfür in der D1 als nächstkommenden Stand der Technik oder in einem weiteren nachgewiesenen Stand der Technik, weil unstreitig davon ausgegangen werden kann, dass es, ausgehend von dem Mehrachs-Industrieroboter nach D1, als naheliegend anzusehen ist an dem das Formteil tragenden Maschinenteil Maschinenanbauten vorzusehen.

Eine derartige Ausgangslage berücksichtigend ist es, wie ausgeführt, naheliegend, von sämtlichen sich bietenden Möglichkeiten für eine Befestigung der Maschinenanbauten Gebrauch zu machen und dabei auch die obere Fläche des Formteils in Betracht zu ziehen bzw. davon Gebrauch zu machen. Diese Beurteilung, mit dem Ergebnis fehlender erfinderischer Tätigkeit, beruht somit ausschließlich auf einer fachmännischen Beurteilung der vorhandenen Befestigungsmöglichkeiten, ohne dass es einer Kenntnis der Vorrichtung des Anspruchs 1 bedarf.

5.4 Die Einwände der Beschwerdeführerin II, nach denen die Lage des Formteils nach der D1 sowie die dort als vorteilhaft angesprochene Möglichkeit die obere Fläche des Formteils abnehmbar anzubringen, von einer Befestigung von Maschinenanbauten abgehalten hätten, gehen ins Leere.

Zum einen schreibt der Anspruch 1 des Streitpatents weder eine spezielle Lageanordnung des Formteils noch eine spezielle Struktur hierfür vor, bspw. in dem Sinne, dass der die Befestigungsfläche bildende Schenkel permanent festgelegt und nicht abnehmbar ist.

Der Anspruch 1 schreibt zum anderen auch nicht vor, dass sämtliche, an dem das Formteil tragenden Maschinenteil zu befestigenden, Maschinenanbauten auf der Befestigungsfläche des Formteils zu befestigen sind. Es handelt sich bei der Vorgehensweise zum Befestigen von Maschinenanbauten an dem Formteil, sowohl ausgehend von der Vorrichtung nach D1 als auch derjenigen nach dem Anspruch 1, um eine bedarfsabhängige Maßnahme, für die es üblich ist jeweils Vor- und Nachteile (bspw. betreffend die Lageanordnung der Maschinenanbauten oder ein einfaches Abnehmen der Befestigungsfläche bzw. der oberen Fläche des Formteils) gegeneinander abzuwägen. Auch eine Einbeziehung derartiger Überlegungen vermag nicht dazu zuführen, dass die Vorrichtung nach dem Anspruch 1 auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

6. Gegenstand des Anspruchs 2 gemäß Hauptantrag

6.1 Die Vorrichtung nach dem Anspruch 2 unterscheidet sich von derjenigen nach dem Anspruch 1 (gemäß Hauptantrag) dadurch, dass

a) ein Formteil zum Schaffen einer von einer Oberfläche des Maschinenteils beabstandeten Befestigungsfläche für Maschinenanbauten an einem Maschinenteil angeordnet ist, und

b) der erste Schenkel erste Bohrungen zum Befestigen des Formteils an der Maschine aufweist und der zweite Schenkel entsprechende zweite Bohrungen direkt oberhalb der ersten Bohrungen in dem ersten Schenkel.

6.2 Anstelle der durch das Merkmal a) geschaffenen Möglichkeit sind nach dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag die Maschinenanbauten an der Befestigungsfläche des Formteils befestigt.

Die Merkmale b) sind, im Hinblick auf den Anspruch 1 gemäß Hauptantrag, die Struktur des Formteils weiter definierende zusätzliche Merkmale.

6.3 Es ist unstreitig, dass die durch das Merkmal a) definierte Eignung für das Befestigen von Maschinenanbauten auf der Befestigungsfläche gegenüber der durch den Anspruch 1 gemäß Hauptantrag definierten Befestigung keine andere Beurteilung bezüglich der erfinderischen Tätigkeit erfordert.

Als Wirkung der, unstreitig gegenüber der Vorrichtung nach D1 als Unterscheidungsmerkmale anzusehenden Merkmale b), wird in der Beschreibung des Streitpatents auf eine vereinfachte, simultane, Befestigung von Formteil und Maschinenteil bzw. Formteil und Maschinenanbauten hingewiesen (vgl. Abschnitt [0016]).

Nach der Feststellung der Kammer in der mündlichen Verhandlung, dass eine derartige Vorgehensweise nur dann möglich sei, wenn die ersten Bohrungen zur Befestigung des Formteils in ihrer Lageanordnung derjenigen der Bohrungen der Maschinenanbauten entsprechen, wofür dem Anspruch 2 keinerlei Angaben zu entnehmen seien, wurde seitens der Beschwerdeführerin II auf einen anderen Vorteil Bezug genommen, der sich dadurch ergäbe, dass, aufgrund der Übereinstimmung der ersten und zweiten Bohrungen, das Formteil auch umgekehrt über den zweiten Schenkel an dem Maschinenteil befestigt werden könnte. Etwaige Führungs- oder Halteelemente für Energieversorgungskabel könnten somit in Bezug auf ihre seitliche Anordnung vertauscht werden.

Für den Eintritt einer derartigen Wirkung fehlt der Vorrichtung nach dem Anspruch 2 mangels einer Definition betreffend derartige Führungselemente jeglicher Anhaltspunkt. Wird eine derartige Wirkung dennoch zugunsten der Beschwerdeführerin II in Betracht gezogen, dann ist die Auffassung der Beschwerdeführerin I als zutreffend zu erachten, nach der es sich bei der übereinstimmenden Anordnung der ersten und zweiten Bohrungen um eine bedarfsabhängige, im Rahmen fachmännischen Handelns auszuführende, Maßnahme handelt die folglich als naheliegend anzusehen ist.

Die Vorrichtung nach dem Anspruch 2 gemäß Hauptantrag beruht somit nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

Hilfsanträge 1, 2 und 2a

7. Die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1, 2 und 2a sind wie der Anspruch 2 des Hauptantrags jeweils auf eine Vorrichtung zum Führen von Energieversorgungskabeln entlang Achsen eines Mehrachs-Industrieroboters gerichtet, wobei ein Formteil zum Schaffen einer von einer Oberfläche des Maschinenteils beabstandeten Befestigungsfläche für Maschinenanbauten an einem Maschinenteil angeordnet ist.

Die Ausbildung des Formteils derart, dass eine Befestigungsfläche für Maschinenanbauten geschaffen wird, vermag aus den, in Verbindung mit den Vorrichtungen nach den Ansprüchen 1 und 2 gemäß Hauptantrag genannten Gründen nicht zu einem auf erfinderischer Tätigkeit beruhenden Gegenstand führen. Ein Synergieeffekt zwischen den angesprochenen Merkmalen und den weiteren Merkmalen der Ansprüche 1 der genannten Anträge (siehe unten) wurde weder geltend gemacht noch kann eine derartige Wirkung als anderweitig ersichtlich angesehen werden.

Bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit sind folglich jeweils die auf eine Weiterbildung der Struktur des Formteils gerichteten, gegenüber dem Anspruch 1 bzw. dem Anspruch 2 gemäß Hauptantrag zusätzlichen, Merkmale zu berücksichtigen.

7.1 Nach den gegenüber dem Anspruch 2 gemäß Hauptantrag zusätzlichen Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 sind auf der Befestigungsfläche im Bereich der zweiten Bohrungen Abstandselemente zur Beabstandung der Maschinenanbauten von der Oberfläche des zweiten Schenkels vorgesehen.

7.1.1 Betreffend die Wirkung dieser zusätzlichen Merkmale hat die Beschwerdeführerin II auf die in der Beschreibung des Streitpatents beispielhaft genannte Schwingungsentkopplung zwischen dem Formteil und Maschinenanbauten verwiesen (vgl. Abschnitt [0022]).

Die Erörterung dieser Wirkung in der mündlichen Verhandlung hat unstreitig zu dem Ergebnis geführt, dass eine - vorteilhafte - Schwingungsentkopplung nur unter bestimmten, bspw. vom Eigenschwingungsverhalten der Maschinenanbauten abhängigen, Voraussetzungen über die Abstandelemente zu erreichen ist. Gleichermaßen bedarf es für eine wirksame Schwingungsentkopplung auch einer bestimmten Auslegung von Abstandselementen, bspw. hinsichtlich ihres Materials oder ihrer Höhe, ausgehend von dem Eigenschwingungsverhalten des Formteils und der Maschinenanbauten. Dieser Zusammenhang ist weder im Anspruch 1 noch in dem Streitpatent im Übrigen angesprochen.

Es kann folglich, mangels jeglicher Definition betreffend das Schwingungsverhalten von Maschinenanbauten sowie der Ausbildung der Abstandselemente in diesem Anspruch, nicht davon ausgegangen werden, dass eine - vorteilhafte - Schwingungsentkopplung über die gesamte Breite des Anspruchs, allein aufgrund des Vorsehens nicht weiter spezifizierter Abstandselemente für nicht weiter definierte Maschinenanbauten, erreicht werden kann.

Legt man dennoch, zu Gunsten der Beschwerdeführerin II, bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit eine schwingungsentkoppelnde Wirkung zugrunde, dann ist die Auffassung der Beschwerdeführerin I als zutreffend zu erachten, nach der es, im Falle des Auftretens von Schwingungsproblemen im Bereich der Maschinenanbauten, als eine allgemein fachübliche Maßnahme anzusehen ist, störenden Schwingungen unterworfene Teile bspw. durch Beabstandung über Abstandselemente, bspw. in Form von (ggfs. aus elastischem Material hergestellten) Beilagscheiben, zu entkoppeln.

7.2 Die zusätzlichen Merkmale der Ansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 2 und 2a bilden das Formteil in einer anderen, die Führung von Energieversorgungskabeln betreffenden, Richtung weiter.

7.2.1 Nach dem Hilfsantrag 2 sind in dem Zwischenraum wenigstens zwei Haltelemente für das Energieversorgungskabel angeordnet, so dass das Energieversorgungskabel zwischen den Halteelementen einen bogenförmigen Verlauf aufweist, wobei ein Winkelmaß des Verlaufbogens etwa 180º beträgt.

Nach Auffassung der Beschwerdeführerin II werde eine derartige Halterung und ein derartiger Verlauf der Energieversorgungskabel durch die Halterung und den Verlauf nach der D1 nicht nahegelegt.

Es ist unbestritten, dass das Formteil nach D1 wenigstens zwei, in dessen Zwischenraum angeordnete, Haltelemente (vgl. Abschnitte [0042], [0043] und [0048]; Figur 2: Halteelemente 310, 320) für das Energieversorgungskabel aufweist, wobei dahingestellt bleiben kann inwieweit die Kontaktelemente 33 (vgl. Abschnitt [0047], Figur 2) als weiteres Haltelement anzusehen sind.

Die Kammer erachtet die seitens der Beschwerdeführerin I vertretene Auffassung als zutreffend, nach dem der im Anspruch 1 definierte Verlauf auf einer, den jeweiligen Umständen entsprechenden, bedarfsabhängigen Maßnahme beruht, die unter Anwendung allgemeinen Fachwissens, nämlich durch entsprechende Anordnung der Haltelemente und entsprechende Führung der Energieversorgungskabel zwischen diesen Halteelementen, ohne erfinderisch tätig zu werden, vorgenommen wird.

Damit beruht die Vorrichtung nach dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

7.2.2 Dies gilt auch im Hinblick auf die Ausbildung des Formteils nach den zusätzlichen Merkmalen des Hilfsantrags 2a, nach denen das Formteil einen allseitig geschlossenen Querschnitt besitzt, derart, dass dessen Seitenwände so ausgebildet sind, dass sie eine seitliche Zwangskraft auf das Energieversorgungskabel ausüben, so dass dieses dauerhaft einen gekrümmten Verlauf mit einem Biegeradius unterhalb eines dynamischen Mindest-Biegeradius' annimmt.

Geht man mit der Beschwerdeführerin II davon aus, dass dieses Zusammenwirken von Formteil und Energieversorgungskabel zu einer geringeren Breite des Formteils und folglich zu einer Verringerung des Raumbedarfes hierfür führt, dann ist, der Argumentation der Beschwerdeführerin I folgend, davon auszugehen, dass bedarfsweise, im Rahmen fachmännischen Handelns, die Breite eines entsprechend der D1 ausgebildeten des Formteils in entsprechender Weise reduziert wird, soweit es die Flexibilität der Energieversorgungskabel zulässt. Dabei ist es offensichtlich, dass der, im angesprochenen Anspruch nicht weiter definierte, dynamische Biegeradius durch entsprechende Führung der Energieversorgungskabel im Zwischenraum des Formteils unterschritten werden kann solange dem die Steifigkeit der Energieversorgungskabel nicht entgegensteht. Die Vorrichtung nach dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2a beruht somit nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

7.3 Die obigen Ausführungen betreffend die mangelnde erfinderische Tätigkeit der Vorrichtungen nach den Ansprüchen 1 gemäß den Hilfsanträgen 2 und 2a gelten auch unter Berücksichtigung des Arguments der Beschwerdeführerin II, nach der die Maßnahmen nach den angesprochenen Merkmalen dieser Ansprüche auf erfinderischer Tätigkeit beruhen, weil D1 hierzu keinerlei Anhaltspunkt zu entnehmen ist.

Dieses Argument geht von dem vorliegenden Offenbarungsgehalt der D1 aus, wie er bspw. einer Neuheitsprüfung zugrunde zu legen wäre, und lässt - unzutreffender Weise - gänzlich unberücksichtigt, dass die durch D1 offenbarte Vorrichtung in den angesprochenen Richtungen im Rahmen fachüblichen Handelns verändert werden kann, um im konkreten Anwendungsfall bedarfsweisen Vorgaben gerecht zu werden.

Im Hinblick auf den Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2a verweist die Beschwerdeführerin II auf die Aussage der D1, nach der die Führung der Energieversorgungskabel in dem Formteil die Bewegung der Kabel ohne die Gefahr eines Reißens oder des Auftretens exzessiver Zwänge auf die Kabel ermöglichen solle (vgl. Abschnitt [0046]).

Diese Aussage vermag im Gegensatz zu der Auffassung der Beschwerdeführerin II nicht dazu zu führen, dass die Vorrichtung nach dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2a gegenüber D1 als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend anzusehen ist. Wie seitens der Beschwerdeführerin II zugestanden, können die genannten, nach D1 zu vermeidenden, Probleme bei der Vorrichtung nach dem angesprochenen Anspruch aufgrund der auf das Energieversorgungskabel seitlich ausgeübten Zwangskraft auftreten. Der Vorrichtung nach dem Anspruch 1 liegt somit im Hinblick auf die nach D1 zu vermeidenden Nachteile eine Abwägung darüber zugrunde, inwieweit der Vermeidung der in D1 genannten Risiken oder der Möglichkeit, unter Inkaufnahme dieser Risiken, den Raumbedarf für das Formteil zu verringern, der Vorzug gegeben wird. Eine derartige Abwägung in Betracht zu ziehen und durchzuführen liegt im Rahmen fachmännischen Handelns. Das Ergebnis einer derartigen Abwägung, die die Frage einschließt in welchem Ausmaß die Breite des Formteils verkleinert werden soll und die dadurch verursachte Zwangskraft in Kauf genommen werden kann, ist abhängig von den Einsatz eines Formteils in einem konkreten Anwendungsfall betreffenden, bedarfsabhängigen, Vorgaben. Deren Umsetzung sowohl in der einen als auch der anderen Richtung (lose Anordnung der Energieversorgungskabel in dem Formteil bzw. Anordnung bei der über das Formteil seitliche Zwangskräfte ausgeübt werden) bedarf keiner, außerhalb des Rahmens fachüblichen Handelns liegender Maßnahmen.

Hilfsantrag 3

Mit dem erst nach ausführlicher Erörterung der vorrangigen Anträge in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrag 3 wurde erstmals ein Anspruch 1 zur Erörterung gebracht, der entsprechend dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag eine Vorrichtung zum Führen von Energieversorgungskabeln entlang Achsen eines Mehrachs-Industrieroboters betrifft, mit einem Formteil und mit an einer von einer Oberfläche des Maschinenteils beabstandeten Befestigungsfläche des Formteils befestigten Maschinenanbauten.

Entsprechend dem Anspruch 2 gemäß Hauptantrag ist die Struktur des Formteils derart weiter definiert, dass der erste Schenkel erste Bohrungen zum Befestigen des Formteils an der Maschine aufweist, dass der zweite Schenkel entsprechende zweite Bohrungen direkt oberhalb der ersten Bohrungen in dem ersten Schenkel aufweist, und dass durch übereinander liegende Paare erster und zweiter Bohrungen das Formteil an der Maschine und zugleich Maschinenanbauten an dem Formteil und/oder an der Maschine befestigt sind.

Mit dem angesprochenen Anspruch 1 änderte die Beschwerdeführerin ihre, in Zusammenhang mit den Ansprüchen der vorhergehenden Hilfsanträge 1, 2 und 2a verfolgten, Argumentationslinien grundlegend.

Die Beschwerdeführerin II führte zur Rechtfertigung des späten Einreichens dieses Hilfsantrags aus dem Verlauf der Erörterung des Anspruchs 2 gemäß Hauptantrag (vgl. obigen Abschnitt 6) gewonnene Erkenntnisse an. Danach sei die Wirkung dieser Merkmale, die nach der Beschreibung des Streitpatents zu einer vereinfachten, simultanen, Befestigung des Formteils und der Maschinenanbauten führten, nur deshalb nicht berücksichtigt worden, weil die Maschinenanbauten nicht als vom Anspruch umfasst angesehen worden seien. Aufgrund der jetzigen Formulierung des Anspruchs 1 sei diese Wirkung zu berücksichtigen.

Die Kammer stellt dazu fest, dass bei der Erörterung des Anspruchs 2 gemäß Hauptantrag deutlich angesprochen worden ist, dass die in Rede stehende Wirkung aufgrund der fehlenden Bezugnahme auf an dem Formteil befestigte Maschinenanbauten nicht eintritt (vgl. obigen Abschnitt 6). Wie dem obigen Abschnitt 6 weiter zu entnehmen, hat die Beschwerdeführerin auch darauf reagiert, in dem sie auf eine weitere, von einer etwaigen Befestigung von Maschinenanbauten unabhängige Wirkung Bezug genommen hat. Sie hat folglich zu diesem Zeitpunkt von ihrer Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht, den in Rede stehenden Anspruch entsprechend Anspruch 1 gemäß Hauptantrag so zu formulieren, dass die Maschinenanbauten als vom Anspruch umfasst anzusehen sind, was die Berücksichtigung einer durch die Befestigung der Maschinenanbauten an dem Formteil bedingten Wirkung erfordert hätte.

Die Kammer erachtet im vorliegenden Fall das Einreichen des einen Anspruch 1 umfassenden Hilfsantrags 3, für dessen Einreichen folglich bereits zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt in der mündlichen Verhandlung, nämlich nach der Erörterung des Anspruchs 2 gemäß Hauptantrag, Veranlassung und mehrfach Gelegenheit durch die Zwischenberatungen der Kammer gegeben war, als nicht mit einer ordnungsgemäßen Verfahrensführung übereinstimmend.

Insofern geht auch der Hinweis auf eine, der Beschwerdeführerin II als Patentinhaberin zu gewährende, letzte Chance ins Leere, weil, wie ausgeführt, sowohl eine Veranlassung als auch eine Möglichkeit gegeben war, einen dem Hilfsantrag 3 inhaltlich entsprechenden Antrag zu einem Zeitpunkt einzureichen, zu dem der, die Grundlage für den angesprochene Anspruch 1 bildende, Anspruch 2 gemäß Hauptantrag behandelt worden ist.

Die Kammer hat folglich ihr Ermessen gemäß Artikel 13 (1) VOBK, im Ergebnis dem Antrag der Beschwerdeführerin I entsprechend, dahingehend ausgeübt, den Hilfsantrag 3 nicht in das Verfahren zuzulassen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin II (Patentinhaberin) wird zurückgewiesen

2. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

3. Das Patent wird widerrufen.

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