T 0387/10 () of 3.7.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T038710.20120703
Datum der Entscheidung: 03 Juli 2012
Aktenzeichen: T 0387/10
Anmeldenummer: 99125646.2
IPC-Klasse: F21S 2/00
F21S 6/00
F21S 8/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Deckenleuchte mit Lichtleiter
Name des Anmelders: Siteco Beleuchtungstechnik GmbH
Name des Einsprechenden: Zumtobel Lighting GmbH
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54(1)
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Hauptantrag: Neuheit (nein)
Hilfsanträge: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit Zwischenentscheidung vom 21. Dezember 2009 hat die Einspruchsabteilung das Europäische Patent Nr. 1065436 auf der Basis der Europäischen Patentanmeldung EP 99125646.2 in geändertem Umfang auf der Basis des damaligen Hilfsantrags 2 aufrechterhalten.

In ihrer Entscheidung kam die Einspruchsabteilung zum Ergebnis, dass die Leuchte gemäß dem erteilten Anspruch 1 aus D6 und D10 neuheitsschädlich bekannt war, und dass der Hilfsantrag 2 die Erfordernisse der Artikel 84, 123(2), 52(1), 54(1) und 56 EPÜ erfüllt.

Die Zwischenentscheidung befasst sich nicht mit dem Hilfsantrag 1, da dieser während der mündlichen Verhandlung von der Patentinhaberin zurückgenommen wurde.

II. Gegen die vorgenannte Entscheidung der Einspruchsabteilung haben beide Parteien wie folgt Beschwerde eingelegt:

- die Patentinhaberin mit Schreiben vom 18. Februar 2010; die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet und die Beschwerdebegründung am 29. April 2010 nachgereicht;

- die Einsprechende mit Schreiben vom 22. Februar 2010; die Beschwerdegebühr wurde am selben Tag entrichtet und die Beschwerdebegründung am 30. April 2010 nachgereicht.

III. Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vom 3. Juli 2012 folgende Anträge gestellt:

a) Die Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung, hilfsweise in geänderter Fassung auf der Basis des mit Schriftsatz vom 25. Mai 2012 als Hilfsantrag eingereichten Anspruchssatzes, sowie die Zurückweisung der Beschwerde der Beschwerdeführerin II (Einsprechenden).

b) Die Beschwerdeführerin II (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 065 436 sowie die Zurückweisung der Beschwerde der Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin).

IV. Der Anspruch 1 der Anträge der Beschwerdeführerin I hat folgenden Wortlaut:

a) Hauptantrag (wie erteilt)

"Leuchte zum unmittelbaren Befestigen an einer Decke, nämlich Einbau- oder Anbauleuchte, mit einem Gehäuse (3; 70) zum Befestigen an oder in der Decke, das einen Lichtleiter (7; 40; 73) aufweist, in den von einer oder mehreren Lampen (13; 42; 50; 80) Licht eingekoppelt wird und der eine refraktiv wirkende Lichtauskoppeleinrichtung (11; 62a, 62b; 74) mit einer lichtbrechenden Struktur (24, 26) aufweist, welche Licht aus dem Lichtleiter zum Austritt über eine im Einsatz nach unten weisende Lichtaustrittsfläche auskoppelt, wobei die Lichtauskoppeleinrichtung (11; 62a, 62b; 74) in dem Lichtweg des aus der Lichtaustrittsfläche austretenden Lichts eine Grenzfläche zwischen zwei Medien mit unterschiedlichen Brechungsindizes aufweist, die mit einer lichtbrechenden Struktur (24, 26) versehen ist,

dadurch gekennzeichnet,

dass die lichtbrechende Struktur (24, 26) zumindest abschnittsweise entsprechend einem Linienmuster (28, 30) aus einer oder mehreren Linien ausgebildet ist, dessen Linie oder Linien (28, 30) einen oder mehrere längliche lichtbrechende Abschnitte (24a, 24b; 26a, 26b) auf einander gegenüberliegenden Seiten begrenzen, wobei die lichtbrechende Struktur, bezogen auf eine Fläche senkrecht zu der oder den Linien, eine Abschirmung des aus der Grenzfläche austretenden Lichts oberhalb eines Grenzwinkels bezüglich einer Normalen zu der Grenzfläche erzeugt."

b) Hilfsantrag 1 (vom 25. Mai 2012)

"Leuchte ... [nach Obergriff des Anspruchs 1 des Hauptantrags] ...,

dadurch gekennzeichnet,

dass die lichtbrechende Struktur (24, 26) entsprechend einem Linienmuster (28, 30) aus einer oder mehreren Linien ausgebildet ist, dessen Linie oder Linien (28, 30) einen oder mehrere längliche lichtbrechende Abschnitte (24a, 24b; 26a, 26b) auf einander gegenüberliegenden Seiten begrenzen, wobei die lichtbrechende Struktur, bezogen auf eine Fläche senkrecht zu der oder den Linien, eine Abschirmung des aus der Grenzfläche austretenden Lichts oberhalb eines Grenzwinkels bezüglich einer Normalen zu der Grenzfläche erzeugt, wobei der Lichtleiter ein Hohllichtleiter (7; 40; 58a, 58b; 73) ist, der durch ein Gehäuse mit einem Hohlraum mit reflektierenden Wänden festgelegt ist, an einer Seite zumindest teilweise durch die Lichtauskoppeleinrichtung (11; 62a, 62b; 74) begrenzt ist und eine der Lichtauskoppeleinrichtung gegenüberliegende Dachfläche (9; 46; 60a, 60b; 78) aufweist, die zu dem Hohlraum hin reflektierend ist, der Hohllichtleiter (7; 40; 58a, 58b) zumindest an einer Schmalseite zum Einkoppeln von Licht von einer oder mehreren der Lampen (3; 42; 50; 80) eingerichtet ist, die Höhe des Hohlraums des Hohllichtleiters in einem Schnitt senkrecht zu der Lampenachse einer dem Lichtleiter (7; 40; 58a, 58b; 73) zugeordneten Lampe (13; 42; 50; 80) sich zumindest in einem Teilabschnitt in der Richtung weg von dieser Lampe (13; 42; 50; 80) verringert, und die Höhe des Hohlraums, ausgehend von dem Einkoppelbereich einer Lampe (13; 80), über die Licht in den Hohlraum eingekoppelt wird, sich in der Richtung von diesem Bereich weg zu einer gegenüberliegenden Seite hin zumindest abschnittsweise verringert und in den übrigen Abschnitten zumindest konstant bleibt oder zu der gegenüberliegenden Seite hin in einem ersten Teilabschnitt (9a) abnimmt und danach in einem zweiten Teilabschnitt (9b) zunimmt."

c) Hilfsantrag 2

Der Anspruch 1 dieses Antrags entspricht dem mit der Zwischenentscheidung aufrechterhaltenen Anspruch 1 und unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 durch die zwei unterstrichenen Merkmale im Kennzeichen.

"Leuchte ... [nach Obergriff des Anspruchs 1 des Hauptantrags] ...,

dadurch gekennzeichnet,

dass die lichtbrechende Struktur (24, 26) im Bereich der gesamten Lichtaustrittsfläche entsprechend einem Linienmuster (28, 30) aus einer oder mehreren Linien ausgebildet ist, ..., wobei zumindest einer der Lichtleiter ein Hohllichtleiter (7: 40; 58a; 58b; 73) ist, der durch ein Gehäuse mit einem Hohlraum mit reflektierenden Wänden festgelegt ist, ... oder zu der gegenüberliegenden Seite hin in einem ersten Teilabschnitt (9a) abnimmt und danach in einem zweiten Teilabschnitt (9b) zunimmt."

V. Von der Beschwerdeführerin II (Einsprechenden) vorgebrachte Beweismittel:

D2: EP-A- 0 846 915

D6: US-A- 5 530 628

D8: US-A- 5 190 370

D10: WO-A- 00/16006 (bzw. EP-A- 1 114 278)

D12: US-A- 5 863 114

Neu mit der Beschwerdebegründung:

D17: US-A- 5 816 677

D18: US-A- 4 969 075

D19: DE-A- 25 27 287

VI. Die wesentlichen Argumente der Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin) können wie folgt zusammengefasst werden:

Die Leuchte gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags sei gegenüber D6 und D10 neu. Insbesondere offenbare die D10 keine Leuchte zum unmittelbaren Ein- bzw. Anbau an einer Raumdecke; zudem fehle der bekannten Leuchte ein den Lichtleiter aufnehmendes Gehäuse.

Die neu vorgebrachten Dokumente D17 bis D19 sowie der während der mündlichen Verhandlung neu vorgetragene Neuheitseinwand gegen den Gegenstand der Hilfsanträge auf der Basis dieser Dokumente sowie der D6 und D10 seien verspätet, prima facie nicht relevant und daher außer Betracht zu lassen.

Die Leuchte gemäß Anspruch 1 der Hilfsanträge sei gegenüber D8 neu, da diese eine nicht als Ein-/Anbaudeckenleuchte geeignete Autoleuchte betreffe und weder einen Hohllichtleiter aufweise noch ein Abschirmen erzeuge. Zudem beruhe die beanspruchte Leuchte auf einer erfinderischen Tätigkeit, da der auf dem Gebiet der Raumleuchten tätige Fachmann, ausgehend von der gattungsgemäßen D2 und vor die doppelte Aufgabe gestellt, die Leuchtenbauhöhe zu reduzieren und die Lichtauskoppelung effektiver, stärker zu gestalten, keine Lösung in dem fernliegenden Fachgebiet der Hintergrundbeleuchtung für elektronische Geräte, wie LCD Displays, erwarten konnte und daher dort auch nicht gesucht hätte. Ein Heranziehen der D12, welche zwar sämtliche kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen aufweise, beruhe also auf einer rückschauenden Betrachtung in Kenntnis der Erfindungslösung des Patents.

VII. Die Beschwerdeführerin II (Einsprechende) stützt sich im Wesentlichen auf folgende Argumente:

Die Leuchte gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags sei von D6 oder D10 neuheitsschädlich vorweggenommen. Insbesondere sei die D10 für die Befestigung an einer Raumdecke geeignet, wobei die Wandungen des Lichtleiters, wie auch nach einer im Patent genannten Variante, als Gehäuse dienen.

Die Dokumente D17 bis D19 seien prima facie relevant. Der während der mündlichen Verhandlung neu vorgetragene Neuheitseinwand auf der Basis der D6 sei aufgrund der im Anspruch der Hilfsanträge vorgenommenen Änderungen gerechtfertigt. Der Einwand der mangelnden Neuheit gegenüber der D6 und D17 bis D19 sei daher zuzulassen.

Die Leuchte gemäß Anspruch 1 der Hilfsanträge sei gegenüber D8 nicht neu, da diese als Ein-/Anbaudeckenleuchte geeignet sei, die vorhandene lichtbrechende Struktur ein Abschirmen des ausgestrahlten Lichts erzeuge und der Lichtleiter der D8 als Hohllichtleiter im Sinne des Patents zu verstehen sei.

Zudem beruhe die beanspruchte Leuchte auf keiner erfinderischen Tätigkeit, da der Fachmann die D12 mit der D2 kombiniert hätte, zumal die D2 bereits auf eine durchaus denkbare Übertragung und Anwendung von Teilkonzepten, die im Gebiet der Hintergrundbeleuchtungen für elektronische Geräte bekannt wurden, auf den Bereich der Raumleuchten hinweise, vgl. Spalte 4, Zeilen 2 bis 49 der D2.

VIII. Am Schluss der Verhandlung hat die Kammer ihre Entscheidung verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag

2.1 Die am 23. März 2000 nachveröffentlichte internationale Anmeldung Dl0 (WO-A-00/16006) genießt eine US-Priorität vom 10. September 2008. Die aus der Dl0 hervorgegangene Europäische Anmeldung 99094562.4 stellt somit einen Stand der Technik nach Artikel 54(3) EPÜ 1973 dar, da unstrittig auch die Erfordernisse des Artikels 54(2) EPÜ 1973 in Verbindung mit der Regel 23a EPÜ 1973 erfüllt sind.

2.2 Unstreitig ist, dass die Beleuchtungseinrichtung gemäß Dl0 (siehe insbesondere Figuren 1, 6a und 6b) folgende Merkmale des erteilten Anspruchs 1 offenbart.

Die bekannte Beleuchtungseinrichtung bzw. Leuchte 10 (Seite 9, Zeile 3) weist einen Lichtleiter, nämlich den Hohllichtleiter 50 (Seite 9, Zeile 5) auf, in den von einer Lampe 20 Licht eingekoppelt wird (Seite 9, Zeilen 4 bis 9). Die refraktiv wirkende Lichtauskoppeleinrichtung des Lichtleiters, mittels welcher Licht aus dem Lichtleiter zum Austritt über eine im Einsatz nach unten weisende Lichtaustrittsfläche 56 ausgekoppelt wird (Seite 10, Zeile 21 bis Seite 11, Zeile 14), ist mit einer lichtbrechenden Struktur 70,80 ("first and second light directing arrays (LDAs)") versehen, so dass die Lichtauskoppeleinrichtung in dem Lichtweg des aus der Lichtaustrittsfläche austretenden Lichts eine Grenzfläche zwischen zwei Medien mit unterschiedlichen Brechungsindizes aufweist.

Die lichtbrechende Struktur ist entsprechend einem Linienmuster aus mehreren Linien gebildet (Bezugszeichen 74 in Figur 6a bzw. 84 in Figur 6b; siehe Seite 11, Zeile 15 bis Seite 12, Zeile 1), dessen Linien mehrere längliche lichtbrechende Abschnitte auf einander gegenüberliegenden Seiten begrenzen. Diese lichtbrechende Struktur, bezogen auf eine Fläche senkrecht zu den Linien, erzeugt eine Abschirmung des aus der Grenzfläche austretenden Lichts oberhalb eines Grenzwinkels bezüglich einer Normalen zu der Grenzfläche (Seite 10, Zeile 21 bis Seite 11, Zeile 6; Seite 12, Zeile 20 bis Seite 13, Zeile 22, Figur 7).

2.3 Es wurde allerdings von der Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin) bestritten, dass die in D10 offenbarte Leuchte, wie zusätzlich noch durch den erteilten Anspruch 1 gefordert wird, ein Gehäuse aufweise und als Einbau- oder Anbau- Deckenleuchte geeignet sei.

2.3.1 Die Kammer ist der Überzeugung, dass die Leuchte gemäss D10 durchaus geeignet ist, an einer Decke angebaut zu werden. Der Fachmann würde lediglich entsprechende herkömmliche Halterungs- bzw. Befestigungselemente benötigen, um die Leuchte zu befestigen. Zudem wird eine derartige Anwendung durch den einleitenden Teil der Beschreibung bezüglich des Stands der Technik und dessen Nachteile (siehe Absatz "2. Description of the Prior Art) explizit angedeutet. Auch wenn dieser Beschreibungsabschnitt der D10 nicht unmittelbar die dortige Erfindung, sondern den gewürdigten Stand der Technik betrifft, so bezieht sich doch die Erfindung in Aufgabe und Lösung auf diesen Stand der Technik, so dass der Fachmann in natürlicher Weise diesen Anwendungsbereich, nämlich Deckenleuchten, auch bei der erfindungsgemässen Beleuchtungsvorrichtung gemäss D10 mit einbezieht.

Weiterhin entspricht der generelle Aufbau der Leuchte gemäss D10, die einen Lichtstrahl "nach unten" erzeugt, den allgemeinen Merkmalen einer an einer Decke anzubauenden Leuchte.

2.3.2 Die Kammer bestätigt die Gründe der angefochtenen Entscheidung ebenfalls dahin gehend, dass gemäss dem Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 das Gehäuse nicht zwingend aus einem die restlichen Komponenten der Leuchte umgebenden, separaten Gehäuseteil bestehen muss.

Das Gehäuse kann genau so durch die Wandungen des Lichtleiters bzw. des Hohllichtleiters selbst geformt werden.

Diese relativ breite Auslegung des das Gehäuse betreffenden Merkmals stützt sich auch auf die Beschreibung des Patents (Zeile 1 auf Seite 8), wo eine erfindungsgemäße alternative Ausführungsform gerade darin bestehen soll, dass ein den Lichtleiter umhüllendes separates Gehäuseteil ganz entfallen kann und folglich der Lichtleiter selbst das Gehäuse bildet.

2.3.3 Der Anspruch 1 wie erteilt enthält also kein Unterscheidungsmerkmal gegenüber der D10.

2.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäss Hauptantrag ist somit gegenüber der Offenbarung in D10 nicht neu und erfüllt nicht die Erfordernisse der Artikel 54(1) und 100(a) bzw. 52(1) EPÜ.

3. Anspruch 1 gemäß Hilfsanträge 1 und 2

3.1 Änderungen

Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 setzt sich, wie auch im Wesentlichen der Anspruch 1 des Hilfsantrags 2, aus den erteilten Ansprüchen 1 und 8 bis 12 zusammen. Dieser Antrag entspricht daher inhaltlich dem Anspruch 1, wie er in der angefochtenen Zwischenentscheidung aufrechterhalten wurde.

Der mit Schreiben vom 25. Mai 2012 als Hilfsantrag 1 eingereichte Anspruch 1 wurde gegenüber dem aufrechterhaltenen, dem vorliegenden Hilfsantrag 2 entsprechenden Anspruch 1 ausschließlich in der Form geändert, um die im Ladungsbescheid der Kammer gegen den aufrechterhaltenen Anspruch 1 erhobenen Einwände nach Artikel 84 und 123(2) EPÜ auszuräumen.

3.2 Neuheit

3.2.1 Gegenüber D8

Die Neuheit gegenüber D8 ist schon dadurch gegeben, dass die in D8 beschriebene Leuchte eine Autolampe betrifft, welche in eindeutiger Weise nicht geeignet ist, zumindest nicht ohne substantielle konstruktive Anpassungen, um unmittelbar an einer Decke als Ein-/Anbauleuchte befestigt zu werden. Außerdem bewirkt die in D8 vorgesehene lichtbrechende Struktur kein Abschirmen bzw. keinen Abfall der Lichtdichte oberhalb eines Grenzwinkels, was für eine Autoleuchte gar nicht sinnvoll wäre, sondern lediglich ein Umlenken bzw. ein Bündeln des Lichtstrahls auf einen engen Winkel (siehe Spalte 1, Zeilen 55 bis 64).

Somit kann der in D8 offenbarte Stand der Technik den Gegenstand des Anspruchs 1 nach beiden Hilfsanträgen nicht neuheitsschädlich vorwegnehmen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die beanspruchte Leuchte sich von der D8 noch durch weitere konstruktive Merkmale des Anspruchs 1 unterscheidet.

3.2.2 Neu vorgebrachte Beweismittel

Die Beschwerdeführerin II (Einsprechende) hat in der Beschwerdebegründung ihren Einwand fehlender Neuheit des Gegenstands gemäß dem in der angefochtenen Zwischenentscheidung aufrechterhaltenen Anspruch 1 hinsichtlich der D8 sowie einer der neu zitierten Entgegenhaltungen D17 bis D19 begründet.

Während der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin II zu diesem erhobenen Einwand zusätzlich auf die Druckschriften D6 und D10 verwiesen.

Zur Frage der Zulassung dieses neuen bzw. verspäteten Vorbringens hat die Kammer folgende Aspekte beim Ausüben ihres Ermessens im Rahmen des Artikels 114 EPÜ und der Artikel 12(4) und 13(1), (3) VOBK berücksichtigt.

Wie bereits erwähnt, beruht der Anspruch 1 beider Hilfsanträge substantiell auf der Kombination der Merkmale der erteilten Ansprüche 1 und 8 bis 12.

Die durch den Wortlaut des Anspruchs 1 beider Hilfsanträge beanspruchten Definitionen sind also von ihrem technischen Inhalt her vollkommen identisch.

Zudem stellt die Kammer fest, dass sowohl im vorinstanzlichen Verfahren als auch in den Beschwerdebegründungen beide Parteien und auch die Einspruchsabteilung den aufrechterhaltenen, nun den zweiten Hilfsantrag bildenden Anspruch 1 in vollem Einklang mit dem geänderten Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 ausgelegt haben.

Die Kammer gelangt somit zum Zwischenergebnis, dass das Einreichen am 25. Mai 2012 des geänderten Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 keine neue Sachlage zur Folge hat, welche ein spätes Vorbringen neuer Beweismittel rechtfertigen hätte können.

Zudem sind die ausschließlich als Nachweis für eine mangelnde Neuheit zitierten Entgegenhaltungen D6, D10 und D17 bis D19 prima facie nicht relevant, da keine sämtliche Merkmale des beanspruchten Gegenstands des Hilfsantrags in Kombination offenbart.

Die prima facie Relevanz der D17 als neuheitsschädliche Entgegenhaltung scheint bereits daran zu scheitern, dass diese Druckschrift eine Hintergrundbeleuchtung (insbesondere für LCD-Bildschirme) betrifft, welche offensichtlich ohne substantielle konstruktive Anpassung nicht geeignet ist, um als Einbau- oder Anbauleuchte an einer Decke angebracht zu werden.

Die Kammer schliesst sich dem Ergebnis der Analyse der Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin) in ihrem Schriftsatz vom 22. September 2010 an, dass die dort genannten Unterscheidungsmerkmale a) und b), nämlich die lichtbrechende Struktur und die Ausbildung als Hohllichtleiter, bzw. a) und c), c1), c2), nämlich die geometrische Veränderung des Hohlraums des Hohllichtleiters, in der neu vorgebrachten D18 bzw. D19 nicht erkennbar sind.

Daher wurden die verspätet vorgebrachten Neuheitseinwände gegen den Hilfsantrag 1 auf der Basis der erstmals während der mündlichen Verhandlung diesbezüglich herangezogenen D6 und D10 sowie der von der Einsprechenden mit ihrer Beschwerdebegründung neu eingereichten Entgegenhaltungen D17 bis D19 von der Kammer in das Verfahren nach Artikel 114(2) und Artikel 12(4) bzw. 13(1),(3) VOBK nicht zugelassen.

3.2.3 Folglich ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen neu im Sinne von Artikel 54(1) EPÜ.

3.3 Erfinderische Tätigkeit

3.3.1 Nächstliegender Stand der Technik: D2

Es ist unstreitig, dass der Stand der Technik gemäß D2 (siehe insbesondere Figur 12 und Spalten 11 und 12) sämtliche Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 offenbart und den Ausgangspunkt für die Aufgabe-Lösung Analyse stellt.

Die Leuchte der D2 kann unmittelbar an einer Raumdecke 8,8',8'' ein- bzw. angebaut werden (Spalte 12, Zeilen 23 bis 28). Sie umfasst einen Lichtleiter 3'', in den von einer Lampe 1''' Licht eingekoppelt wird und der eine refraktiv wirkende Lichtauskoppeleinrichtung (scheibenförmig ausgebildete Prismatik 5') mit einer lichtbrechenden Struktur aufweist. Durch diese Struktur wird Licht aus dem Lichtleiter zum Austritt über eine im Einsatz nach unten weisende Lichtaustrittsfläche auskoppelt (Spalte 11, Zeilen 52 bis 58), wobei die Lichtauskoppeleinrichtung in dem Lichtweg des aus der Lichtaustrittsfläche austretenden Lichts eine Grenzfläche zwischen zwei Medien mit unterschiedlichen Brechungsindizes aufweist, die mit der lichtbrechenden Struktur versehen ist.

3.3.2 Unterschied - Aufgabe - Fachmann

Die beanspruchte Leuchte unterscheidet sich von der D2 durch die Merkmale des Kennzeichens des Anspruchs 1.

Die kennzeichnenden Merkmale können aufgrund ihrer technischen Effekte in zwei Merkmalsgruppen wie folgt unterteilt werden:

- eine erste Gruppe definiert die Ausbildung des Lichtleiters als Hohllichtleiter mit einer besonderen Geometrie;

- die zweite Gruppe betrifft die Ausbildung der lichtbrechenden Struktur als Abschirmungsvorrichtung des ausgekoppelten Lichtstrahls.

Durch die Ausbildung als Hohllichtleiter kann die Leuchte kompakt (z.B. mit geringer Bauhöhe) und relativ leicht gebaut werden; die abschirmende lichtbrechende Struktur ermöglicht es, die Helligkeit des auszukoppelnden Lichts zu justieren.

Der hier angesprochene Fachmann ist, wie von der Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin) vorgetragen, der Fachmann auf dem Gebiet der Raumbeleuchtung, insbesondere der Deckenbeleuchtungen.

Die objektive Aufgabe, welche anhand der unterscheidenden Merkmale zu ermitteln ist, besteht also, im Einklang mit der im Absatz [0003] des Patents definierten Aufgabenstellung, in zwei verschiedenen getrennten Teilaufgaben, nämlich eine Leuchte zu schaffen, welche einerseits eine effiziente Auskopplung des Lichts aus dem Lichtleiter ermöglicht und andererseits geringe Bauhöhen bzw. eine leichte Bauweise zulässt.

3.3.3 Naheliegende Lösung

In der angefochtenen Entscheidung kam die Einspruchsabteilung zum Ergebnis, dass sämtliche Merkmale, also beide Merkmalsgruppen an sich von der D12 bekannt sind, dass aber der Fachmann die D12 nicht herangezogen hätte, weil sie aus einem befremdeten Nachbarsgebiet, nämlich die Hintergrundbeleuchtungen von Displays gehöre.

Die Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin) schließt sich dieser Bewertung an; sie bestreitet dabei aber nicht, dass die gesamten Merkmale des Kennzeichens in Kombination aus der D12 bekannt sind.

Die Kammer ist aufgrund folgender Erwägungen zur Überzeugung gelangt, dass entgegen der Begründung in der angefochtenen Entscheidung der Fachmann durchaus die D12 herangezogen und ihre technische Lehre auf die Leuchte gemäß D2 zur Lösung beider Teilaufgaben angewendet hätte.

Die Textstelle in Spalte 4, Zeilen 2 bis 49, der D2 ist hier von besonderer Bedeutung, denn sie gibt dem Fachmann bereits den direkten und expliziten Hinweis, dass Beleuchtungskonzepte für ein optisches Beleuchtungssystem, obwohl zunächst für die Hintergrundbeleuchtung von elektronischen Sichtgeräten entwickelt, auch bei Innenraumleuchten eingesetzt werden können. Die D2 nennt hierzu auch unterschiedliche Kriterien als Voraussetzung einer derartigen Übertragung, wie ähnliche Größen der Beleuchtungssysteme und anpassbare lichttechnische Voraussetzungen, wie ausreichender Wirkungsgrad der Beleuchtung, und lenkbare Lichtabstrahlung für Quer- und Längsentblendung.

Aus dieser Passage des nächstliegenden Stands der Technik D2, welche im vorinstanzlichen Verfahren nicht genannt bzw. gewürdigt wurde, wird der Fachmann in der Tat unmittelbar angeregt, Änderungsvorschläge für die Weiterbildung von Innenraumleuchten auch im Nachbargebiet der Hintergrundbeleuchtung von elektronischen Sichtgeräten, also auch in der D12 zu suchen.

Dieser Schritt liegt auch daher eindeutig nahe, weil beide objektiv ermittelte Teilaufgaben ebenfalls als Zielsetzungen in D12 genannt werden, vgl. Spalte 1, Zeilen 32 bis 35 und 43 bis 55, nämlich einerseits eine vom Gewicht her leichte Beleuchtung und andererseits ein einfacheres Justieren der Helligkeit des ausstrahlenden Lichts.

Beim Heranziehen der D12 hätte der Fachmann jene Merkmale der bekannten Leuchte für die Leuchte gemäß D2 übernommen, welche in D12 (siehe insbesondere Figur 18, Spalte 6, Zeile 65 bis Spalte 7, Zeile 63) diesbezüglich als lösungsbildende technische Maßnahmen offenbart sind, nämlich:

- einen Hohllichtleiter 31 mit den Merkmalen der sogenannten ersten Merkmalsgruppe, der durch ein Gehäuse mit einem Hohlraum mit reflektierenden Wänden 32 festgelegt ist, an einer Seite zumindest teilweise durch die Lichtauskoppeleinrichtung 34H begrenzt ist und eine der Lichtauskoppeleinrichtung gegenüberliegende Dachfläche aufweist, die zu dem Hohlraum hin reflektierend ist, der zumindest an einer Schmalseite zum Einkoppeln von Licht von einer oder mehreren der Lampen 33-1,33-2 eingerichtet ist, die Höhe des Hohlraums des Hohllichtleiters in einem Schnitt senkrecht zu der Lampenachse einer dem Lichtleiter zugeordneten Lampe sich zumindest in einem Teilabschnitt in der Richtung weg von dieser Lampe verringert, und die Höhe des Hohlraums, ausgehend von dem Einkoppelbereich einer Lampe, über die Licht in den Hohlraum eingekoppelt wird, sich in der Richtung von diesem Bereich weg zu der gegenüberliegenden Seite hin in einem ersten Teilabschnitt abnimmt und danach in einem zweiten Teilabschnitt zunimmt; und

- eine lichtbrechende Struktur (Prismenstruktur) 60 mit Abschirmungseigenschaften gemäß der sogenannten zweiten Merkmalsgruppe, entsprechend einem Linienmuster aus mehreren Linien, dessen Linien mehrere längliche lichtbrechende Abschnitte auf einander gegenüberliegenden Seiten begrenzen, wobei die lichtbrechende Struktur, bezogen auf eine Fläche senkrecht zu der oder den Linien, eine Abschirmung des aus der Grenzfläche austretenden Lichts oberhalb eines Grenzwinkels bezüglich einer Normalen zu der Grenzfläche erzeugt.

3.4 Die Leuchte gemäß Anspruch 1 beider Hilfsanträge war somit für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Zusammenschau der D2 und D12 herleitbar und beruht daher auf keiner erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

3.5 Mithin ist die Beschwerde der Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin) unbegründet, die der Beschwerdeführerin II (Einsprechenden) dagegen begründet.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin I wird zurückgewiesen.

2. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

3. Das Patent wird widerrufen.

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