European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2010:T035210.20100813 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 13 August 2010 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0352/10 | ||||||||
Anmeldenummer: | 01967625.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | B29D 24/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung eines doppelwandigen thermoplastischen Rohres mit einer Rohrmuffe | ||||||||
Name des Anmelders: | Lupke, Manfred Arno Alfred, et al | ||||||||
Name des Einsprechenden: | 01 HEGLER PLASTIK GMBH 02 UNICOR GmbH |
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Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - ja Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführer (Patentinhaber) haben gegen die am 22. Januar 2010 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 1 363 766 wegen mangelnder Neuheit widerrufen worden ist, Beschwerde eingelegt.
II. Am 13. August 2010 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
III. Die Beschwerdeführer beantragten, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und, als Hauptantrag, das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten, hilfsweise das Patent auf der Grundlage eines der am 20. Februar 2010 als Hilfsanträge 1, 2 oder 3 eingereichten Anspruchsätze aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdegegnerinnen I und II (Einsprechende 01 und 02) beantragten die Beschwerde zurückzuweisen.
IV. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 6 gemäß Hauptantrag lauten wie folgt:
"1. Verfahren zur Herstellung eines doppelwandigen thermoplastischen Rohres mit einer Rohrmuffe, wobei
a) ein erster Schlauch (1) in einen Formtunnel (4) extrudiert wird, der aus mindestens einer Reihe auf einer Bahn geführter Kokillen (5) gebildet wird,
b) der erste Schlauch (1) in mindestens einem ersten Abschnitt in eine gewellte Form gebracht wird und in mindestens einem zweiten Abschnitt zu einer Rohrmuffe aufgeweitet wird,
c) ein zweiter Schlauch (6) in den ersten Schlauch extrudiert und gegen die Wellentäler (8) des ersten Schlauchs (1) gedrückt wird,
d) während der erste Schlauch (1) in die gewellte Form gebracht und der zweite Schlauch (6) in den ersten extrudiert wird, der Raum (a) zwischen den beiden Schläuchen (1, 6) mit einem über atmosphärischen Druck liegenden Druck p1 beaufschlagt wird,
e) zu einem vorgebenen Zeitpunkt vor oder nach dem Beginn des Aufweiten des ersten Schlauchs (1) zu einer Rohrmuffe der Raum (a) zwischen den beiden Schläuchen (1, 6) mit einem über Atmosphärendruck liegenden im Wesentlichen konstanten Druck p2 <= p1 oder variablen, aber nicht kontinuierlich abfallenden Druck p2 beaufschlagt wird,
f) während des Extrudierens des zweiten Schlauchs (6) in den zur Rohrmuffe aufgeweiteten ersten Schlauch (1) der zweite Schlauch (6) von innen mit einem Druck p3 über Atmosphärendruck beaufschlagt und gegen den ersten Schlauch (1) gedrückt wird,
g) anschließend der Raum (a) zwischen den beiden Schläuchen wieder mit dem Druck p1 beaufschlagt wird".
"6. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 5 mit
A) einem aus mindestens einer Reihe auf einer Bahn geführter Kokillen (5) gebildeten Formtunnel (4), der in mindestens einem ersten Abschnitt eine gewellte Formwand (13) und in mindestens einem zweiten Abschnitt eine den Rohrmuffen entsprechende Muffenausnehmung (12) aufweist,
B) einer mit einem Spritzkopf (3) versehenen Extrusionseinrichtung, wobei der Spritzkopf (3) eine erste Düse (2) zur Extrusion eines ersten Schlauchs (1) in den Formtunnel (4) und eine in Bewegungsrichtung der Kokillen (5) im Formtunnel (4) nachgeordnete zweite Düse (7) zur Extrusion eines zweiten Schlauchs (6) aufweist,
C) einem zwischen den beiden Düsen (2) und (7) angeordneten ersten Gaskanal (10), und einem in Bewegungsrichtung der Kokillen (5) des Formtunnels (4) hinter der zweiten Düse (7) ausmündenden zweiten Gaskanal (14),
E) einer an den ersten Gaskanal (10) angeschlossenen Druckgas-Steuereinrichtung (15) zur Erzeugung eines Drucks p1 und eines im Wesentlichen konstanten Drucks p2 <= p1 oder variablen, aber nicht kontinuierlich abfallenden Drucks p2 durch das aus der Mündung des ersten Gaskanals (10) austretende Druckgas im Raum zwischen den beiden Schläuchen, (1) und (6), wobei p1 und p2 über Atmosphärendruck liegen,
F) einer an den zweiten Gaskanal (14) angeschlossenen Druckgas-Steuereinrichtung (16) zur Erzeugung eines über Atmosphärendruck liegenden Drucks p3 an der Innenseite des zweiten Schlauchs (6) durch das aus der Mündung des zweiten Gaskanals (14) austretende Druckgas,
G) einer Steuervorrichtung (17) zur Steuerung der Druckgas-Steuereinrichtungen (15) und (16)."
V. Im Beschwerdeverfahren wurde auf folgende Druckschriften Bezug genommen:
D1 EP-A 0 563 575
D4 WO 95/01251
VI. Die Beschwerdeführer haben im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Die Nachteile der aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren und Vorrichtungen seien im Streitpatent beschrieben. Gemäß dem Verfahren nach der Druckschrift D1 (siehe Absätze [0002] bis [0006] des Streitpatents) werde der Außenschlauch während der Herstellung von Rohrmuffenabschnitten ausschließlich durch Teilvakuum in die Kokillen gezogen und nach dem Aufweiten zur Rohrmuffe werde der Raum zwischen Innen- und Außen-Schlauch entlüftet. Gemäß dem Verfahren nach der Druckschrift D4 (siehe Absätze [0007] bis [0008] des Streitpatents) werde die Rohrmuffe während der Produktion durch Vakuum oder Überdruck aufgerissen, so dass sich der Druck im Raum A unkontrolliert verändere.
Das Streitpatent lehre die zum Entlüften gegenteilige Maßnahme, nämlich das Beaufschlagen des Zwischenraumes auch während der Ausbildung der Rohrmuffe mit Gas mit Überdruck, was dazu führe, dass Außen- und Innen-Schlauch einwandfrei zu einer Rohrmuffe aufgeweitet werden.
Die Abfolge der Verfahrensschritte e) bis g) in Anspruch 1 des Streitpatents werde von einem Fachmann so interpretiert, dass dann, wenn eine Rohrmuffe gebildet werde, der äußere, erste Schlauch zur Rohrmuffe aufgeweitet und vor oder nach dem Beginn des Aufweitens der Druck p1 auf p2 umgeschaltet werde (Merkmal e)), dann der innere, zweite Schlauch vollständig in den zur Rohrmuffe aufgeweiteten äußeren Schlauch eingelegt werde, wobei während dieser Zeit der Druck p2 aufrechterhalten bleibe (Merkmal f)) und erst dann der Druck wieder auf den Druck p1 umgeschaltet werde (Merkmal g)).
Bei dem aus der Druckschrift D1 bekannten Verfahren werde der Raum zwischen den Schläuchen zu Beginn der Aufweitung des Innenschlauchs in den Außenschlauch entlüftet, siehe Spalte 11, Zeile 57, bis Spalte 12, Zeile 4. Der Druck im Raum zwischen den Schläuchen werde, anders als bei der Erfindung (vgl. Merkmal e) des Anspruch 1 und Merkmal E) des Anspruch 6 des Streitpatents) nicht aufrechterhalten.
Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 6 des Streitpatents seien gegenüber der Druckschrift D1 somit neu.
Die Druckschrift D4 beschreibe ein Verfahren zur Herstellung eines doppelwandigen thermoplastischen Rohres mit einer Rohrmuffe, bei der der erste Schlauch durch Überdruck, durch Vakuum oder durch eine Kombination von beiden in den Formtunnel gedrückt werde. Während der gesamten Herstellung des doppelwandigen Rohres werde der zweite, innere Schlauch durch Gas mit Überdruck gegen den ersten Schlauch gedrückt. Ob im Raum zwischen den Schläuchen nach Aufreißen des Außenschlauchs ein Druck zwangsläufig größer Atmosphärendruck herrscht, sei der Druckschrift D4 nicht zu entnehmen. Dazu gebe es in der Druckschrift D4 keine eindeutige Aussage. Die Textstellen auf Seite 6, Zeile 29 ("to release pressure") und Seite 3, Zeile 38 bis Seite 4, Zeile 1 sowie Seite 8, Zeile 26 ("to allow the escape of gas pressure") deuteten eher auf eine Entlüftung auf Atmosphärendruck. Bei Atmosphärendruck würde der Außenschlauch nicht zwangsläufig zusammenfallen. Bei der Vorrichtung nach der Druckschrift D4 werde der Druck zwischen den Schläuchen nicht von einer Druckgas-Steuereinrichtung gesteuert, vgl. Merkmal E) des Anspruchs 6 des Streitpatents.
Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 6 des Streitpatents seien gegenüber der Druckschrift D4 somit ebenfalls neu.
VII. Die Beschwerdegegnerinnen I und II haben im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Hinsichtlich der auf der Außenseite des ersten, äußeren Schlauchs herrschenden Druckverhältnisse sage Anspruch 1 des Streitpatents nichts aus. Nach dem Streitpatent könne das Rohr nach dem Blas-Verfahren oder nach dem Vakuum-Verfahren gefertigt werden, siehe Absatz [0011] des Streitpatents.
Gemäß Merkmal e) des Anspruchs 1 des Streitpatents werde zu einem Zeitpunkt (nicht: Zeitraum) der Raum mit einem Druck p2 beaufschlagt. Dass der Druck p2 während des Aufweitens der Rohrmuffe aufrechterhalten bleibe, werde nicht gesagt.
Gemäß Merkmal g) des Anspruchs 1 des Streitpatents werde der Raum A "wieder mit dem Druck p1 beaufschlagt". Da p2 gleich p1 sein könne, bleibe offen, ob nicht zwischenzeitlich andere Druckverhältnisse geherrscht hätten. insofern könne aus der Formulierung des Merkmals g) nicht geschlossen werden, dass das Wort "anschließend" in Merkmal g) sich auf eine Verfahrenssituation beziehe, bei der der in Merkmal f) beschriebene Vorgang abgeschlossen sei.
Zusammenfassend sei festzuhalten, dass nach Anspruch 1 des Streitpatents der Druck p2 im Raum A während der gesamten Herstellung der Rohrmuffe nicht zwingend größer Atmosphärendruck sei.
Gemäß dem vorletzten Merkmal des Anspruchs 1 der Druckschrift D1 werde der Bereich zwischen Außen- und Innen-Schlauch entlüftet. Der Ausdruck "der Bereich werde entlüftet" bedeute in diesem Kontext primär, dass Luft aus dem Raum entweichen könne, um ein sauberes Anlegen zu erreichen. Diese Entlüftung könne bei Atmosphärendruck oder einem anderen Druck stattfinden. Wenn wenig Luft entweiche, verbleibe, anders als in dem Ausführungsbeispiel (siehe Spalte 11, Zeile 45 bis Spalte 12, Zeile 4), ein Entlüftungsdruck größer Atmosphärendruck.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents sei somit gegenüber der Druckschrift D1 nicht neu.
Die Druckschrift D4 offenbare ein Verfahren zur Herstellung eines doppelwandigen Rohres mit einer Rohrmuffe, wobei der Raum zwischen den äußeren und inneren Schläuchen mit Druck beaufschlagt werde. Nach Erzeugung der Öffnungen infolge des Durchstechens des äußeren Schlauchs trete zwar Druckgas aus, es müsse aber immer noch Überdruck im Raum herrschen, da sonst der äußere Schlauch nicht mehr an die Formwand angelegt werde. Da relativ schnell ein Gleichgewicht zwischen zu- und abgeführtem Druckgas erreicht werde, werde sich ein niedrigerer Druck (aber immer noch über Atmosphärendruck liegender Druck) einstellen. Dieser Druckverlauf im Raum zwischen den Schläuchen erfülle die Bedingungen des Merkmals e) des Streitpatents.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents sei somit gegenüber der Druckschrift D4 nicht neu.
Der Gegenstand des Anspruchs 6 des Streitpatents sei auf eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 5 gerichtet. Jede aus dem Stand der Technik bekannte Vorrichtung, die zur Durchführung des beanspruchten Verfahrens geeignet sei, sei neuheitsschädlich für den Gegenstand des Anspruchs 6 des Streitpatents. Mit der in der Druckschrift D1 offenbarten Vorrichtung könne zweifellos das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Streitpatents durchgeführt werden. Die Druckschrift D1 lehre, dass durch Ansteuerung der Ventile unterschiedliche Druckverhältnisse geschaffen und die Schalter einstellbar angebracht werden könnten (siehe Spalte 10, Zeile 37 bis Spalte 11, Zeile 16). Der Gegenstand des Anspruchs 6 des Streitpatents sei somit gegenüber der Druckschrift D1 ebenfalls nicht neu.
Entscheidungsgründe
Hauptantrag (Ansprüche wie erteilt)
1. Auslegung des Anspruchs 1 wie erteilt
1.1 Die Beschwerdegegnerinnen I und II haben vorgetragen, im Merkmal e) des Anspruchs 1 des Streitpatents werde nicht gesagt, dass der Druck p2 während des Aufweitens der Rohrmuffe aufrechterhalten bleibe. Dem Anspruch 1 des Streitpatents sei nicht zu entnehmen, dass der Druck p2 größer Atmosphärendruck im Raum A zwischen den beiden Schläuchen während der gesamten Herstellung der Rohrmuffe herrschen sollte, also erst wieder geändert werde, wenn wieder ein normales Wellrohr hergestellt werde.
Die Kammer ist aus den nachfolgenden Gründen zu dem Ergebnis gekommen, dass gemäß Merkmal e) des Anspruchs 1 wie erteilt der Druck p2 während der gesamten Ausformung der Rohrmuffe, d. h. mindestens bis der in Merkmal f) beschriebene Vorgang abgeschlossen ist, größer Atmosphärendruck ist.
1.2 Anspruch 1 wie erteilt betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines doppelwandigen thermoplastischen Rohres mit einer Rohrmuffe.
Die Begriffe "erster Abschnitt" bzw. "zweiter Abschnitt" in Merkmal b) beziehen sich auf die betreffenden Abschnitte des Formtunnels (vgl. Absatz [0010] des Streitpatents und Merkmal A) des Anspruchs 6 wie erteilt). Gemäß Merkmal b) wird "der erste Schlauch (1) ... in mindestens einem zweiten Abschnitt zu einer Rohrmuffe aufgeweitet". Der zweite Abschnitt weist die eigentliche Muffenausnehmung 12 sowie einen Übergangsabschnitt zur gewellten Formwand 13 auf.
Nach Auffassung der Kammer gibt es keine Veranlassung, den Ausdruck "zu einer Rohrmuffe aufgeweitet wird" in Merkmal b) anders als wörtlich zu verstehen. Diese Phase umfasst somit nicht die Ausformung des ersten Schlauchs im Übergangsabschnitt, da dieser nicht Teil der Rohrmuffe ist. Dies gilt gleichermaßen für den Ausdruck "in den zur Rohrmuffe aufgeweiteten ersten Schlauch" in Merkmal f).
1.3 Das Merkmal e) des Anspruchs 1 wie erteilt bezieht sich auf die Herstellung eines Muffen-Abschnitts und betrifft den ersten Schlauch.
Dieses Merkmal lautet wie folgt:
e) [wobei] zu einem vorgebenen Zeitpunkt vor oder nach dem Beginn des Aufweiten des ersten Schlauchs (1) zu einer Rohrmuffe der Raum (a) zwischen den beiden Schläuchen (1, 6) mit einem über Atmosphärendruck liegenden im Wesentlichen konstanten Druck p2 <= p1 oder variablen, aber nicht kontinuierlich abfallenden Druck p2 beaufschlagt wird,
zu einem vorgebenen Zeitpunkt ... mit einem ... Druck p2 beaufschlagt wird
Das Wort "vorgebenen" in Merkmal e) dürfte "vorgegebenen" bedeuten. Der unterstrichene Ausdruck bedeutet nach Auffassung der Kammer, dass ab dem vorgegebenen Zeitpunkt der Raum mit einem Druck p2 beaufschlagt wird. (Da der Druck p2 variabel sein kann, ist eine Auslegung des Anspruchs, wonach nur zu einem bestimmten Zeitpunkt der Raum mit einem Druck p2 beaufschlagt wird, auszuschließen).
mit einem über Atmosphärendruck liegenden im Wesentlichen konstanten Druck p2 <= p1 oder variablen, aber nicht kontinuierlich abfallenden Druck p2
Im Falle, dass kein Teilvakuum von außen auf den ersten Schlauch zur Bildung der Rohrmuffe aufgebracht wird (Anspruch 1 wie erteilt lässt dies offen), ist dem Fachmann klar, dass der Druck p2 über Atmosphärendruck liegen muss, da sonst der erste Schlauch nicht "in mindestens einem zweiten Abschnitt zu einer Rohrmuffe aufgeweitet wird", vgl. Merkmal b). Dies gilt sowohl für einen "im Wesentlichen konstanten Druck p2", wie bereits aus dem Wortlaut des Halbsatzes folgt, als auch für einen "variablen, aber nicht kontinuierlich abfallenden Druck p2". Im Streitpatent wird auf die Möglichkeit, ein Teilvakuum von außen auf den ersten Schlauch anzulegen, hingewiesen (siehe Spalte 2, Zeile 52 bis Spalte 3, Zeile 4). Allerdings wird in diesem Zusammenhang einerseits darauf hingewiesen, dass dies nicht erforderlich sei und andererseits dass bei vorhandenen Luftabsaugkanälen ein effektives Teilvakuum erst dann erzeugt wird, wenn die Außenseite des ersten Schlauchs über den gesamten Abschnitt der Rohrmuffe am Formtunnel anliegt. In beiden Fällen ist somit ein Druck p2 über Atmosphärendruck für das Anlegen des Schlauchs an die Formtunnel erforderlich. Nur in dem im Streitpatent nicht explizit behandelten Fall, dass der Außenschlauch mittels Teilvakuum in die Formtunnel gezogen wird, müsste, rein technisch betrachtet, der Druck p2 nicht zwingend über Atmosphärendruck liegen. Die Kammer kommt somit zu dem Ergebnis, dass ab dem vorgegebenen Zeitpunkt der Raum A mit einem Druck p2 über Atmosphärendruck liegt, und zwar mit oder ohne Teilvakuum von außen.
Der Ausdruck "aber nicht kontinuierlich abfallenden Druck" schließt einen kontinuierlich abfallenden Druck, z. B. eine stetige Entlüftung, aus. Nach der Auffassung der Kammer hat dieser Ausdruck mit Druckverläufen, die, mathematisch gesehen, Unstetigkeitsstellen aufweisen ("nicht-kontinuierliche Drucke"), nichts zu tun.
1.4 Die mit Merkmal f) korrespondierende Phase, nämlich das Extrudieren des zweiten Schlauchs in den zur Rohrmuffe aufgeweiteten ersten Schlauch, beginnt etwa bei der in Figur 3 dargestellten Verfahrenssituation und endet, wenn der zweite Schlauch zu einer Rohrmuffe aufgeweitet ist (zwischen der in der Figur 5 dargestellten Verfahrenssituation, bei der der zweite Schlauch noch zur Rohrmuffe aufgeweitet wird, und der in der Figur 6 dargestellten Verfahrenssituation, bei der die Ausformung der Rohrmuffe bzw. des Übergangsabschnitts bereits abgeschlossen ist, siehe Absätze [0044] und [0045] des Streitpatents).
Da der zweite Schlauch später (zeitverschoben) als der erste Schlauch extrudiert wird, kann die Ausformung des zweiten Schlauchs zu einer Rohrmuffe noch nicht abgeschlossen sein, wenn der erste Schlauch bereits vollständig zu einer Rohrmuffe geformt ist. Die mit den Merkmalen e) und f) korrespondierenden Phasen ("Verfahrensabfolgen") erfolgen nicht zeitlich nacheinander, sondern zeitweise zeitgleich.
1.5 Merkmal g) des Anspruchs 1 wie erteilt lautet wie folgt: "[wobei] anschließend der Raum (a) zwischen den beiden Schläuchen wieder mit dem Druck p1 beaufschlagt wird".
Nach Auffassung der Kammer bezieht sich das Wort "anschließend" auf die Verfahrenssituation, bei der der in Merkmal f) beschriebene Vorgang abgeschlossen ist. Das Wort "anschließend" in Merkmal g) bedeutet lediglich, dass nachdem der in Merkmal f) beschriebene Vorgang abgeschlossen ist, der Raum A (wieder) mit dem Druck p1 beaufschlagt wird, und bedeutet nicht zwangsläufig, dass unmittelbar nachdem der besagte Vorgang abgeschlossen ist, der Raum A mit dem Druck p1 beaufschlagt wird. Das Wort "wieder " verweist implizit auf Merkmal d), wo es heißt "der Raum (a) ... mit ... Druck p1 beaufschlagt wird".
1.6 Merkmal e) selbst enthält keine explizite Aussage darüber, bis wann der Raum A mit dem Druck p2 bzw. wann der Raum A wieder mit dem Druck p1 beaufschlagt wird.
Aus der in den Schritten e), f) und g) angegebenen Verfahrensabfolge ergibt sich aber, dass der Raum A zu dem in Merkmal e) angegebenen Zeitpunkt mit dem Druck p2 und erst nach dem Extrudieren des zweiten Schlauchs in den zur Rohrmuffe aufgeweiteten ersten Schlauchs mit dem Druck p1 beaufschlagt wird, d. h. dass der Raum A mit dem Druck p2 beaufschlagt ist, (mindestens) bis der in Merkmal f) beschriebene Vorgang abgeschlossen ist. Dies wird von der Beschreibung gestützt, siehe Absätze [0012] bis [0014], [0040], [0041] und [0044] des Streitpatents, insbesondere Spalte 7, Zeilen 1 und 2, Zeilen 44 bis 46 und Spalte 7, Zeile 58 bis Spalte 8, Zeile 3. In den Ausführungsbeispielen der Erfindung (siehe Absätze [0032] bis [0058] des Streitpatents) wird der Raum A, auch nachdem die Ausformung der Rohrmuffe durch beide Schläuche abgeschlossen ist, weiterhin mit dem Druck p2 beaufschlagt, bis wieder ein normales Wellrohr hergestellt ist(siehe Figur 6 und Absatz [0046] des Streitpatents).
2. Einwand der mangelnden Neuheit
2.1 Die Druckschrift D1 offenbart ein Verfahren zur Herstellung eines doppelwandigen thermoplastischen Rohres mit einer Rohrmuffe, wobei der Raum zwischen den äußeren und inneren Schläuchen 104, 106 mit einem über atmosphärischem Druck liegenden Druck von 1,2 bis 1,3 bar beaufschlagt wird. Wenn das vorauseilende Ende der Muffenausnehmung die zweite Düse 100 erreicht hat, wird ein Magnetventil 125a mit der Atmosphäre verbunden, so dass zwischen den Schläuchen Atmosphärendruck herrscht und insbesondere die Luft nach außen entweichen kann (siehe Spalte 11, Zeile 57 bis Spalte 12, Zeile 4). Dieser Atmosphärendruck wird beibehalten, bis die Rohrmuffe ausgeformt ist.
Gemäß Merkmal e) des Anspruchs 1 des Hauptantrags wird der Raum zwischen den Schläuchen hingegen mit einem über Atmosphärendruck liegenden Druck beaufschlagt.
Die Beschwerdegegnerinnen I und II haben vorgetragen, dass das in Spalte 2, Zeile 32 und im vorletzten Merkmal des Anspruchs 1 der Druckschrift D1 benutzte Verb "entlüften" generell die Bedeutung "Luft austreiben / entweichen lassen" habe und nicht zwangsläufig bedeute, dass der Druck nach der Entlüftung gleich Atmosphärendruck sei.
Dem kann nicht gefolgt werden. Die Druckschrift D1 offenbart explizit, dass nach der Entlüftung im Raum zwischen Außen - und Innen-Schlauch Atmosphärendruck herrscht. Der Fachmann, der die Druckschrift D1 liest, hat keine Veranlassung anzunehmen, dass der Entlüftungsdruck einen anderen Wert als Atmosphärendruck haben könnte.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist somit gegenüber der Druckschrift D1 neu.
2.2 Anspruch 6 des Hauptantrags ist auf eine Vorrichtung gerichtet und enthält folgende Bezugnahme auf andere Patentansprüche: "zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 5". Dass der Gegenstand des Anspruchs, auf den Bezug genommen wird, neu ist, bedeutet nicht zwangsläufig, dass auch der die Bezugnahme enthaltende unabhängige Anspruch (hier Anspruch 7) neu ist.
Die Vorrichtung nach Anspruch 6 des Hauptantrags ist aber nicht ausschließlich "zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 5" definiert (d. h. die Vorrichtung soll dazu geeignet sein), vielmehr weist sie zusätzlich die Merkmale A) bis G) auf.
Gemäß Merkmal E) weist die Vorrichtung "eine an den ersten Gaskanal (10) angeschlossenen Druckgas-Steuereinrichtung (15) zur Erzeugung eines Drucks p1 und eines im Wesentlichen konstanten Drucks p2 <= p1 oder variablen, aber nicht kontinuierlich abfallenden Drucks p2" auf, wobei p1 und p2 über Atmosphärendruck liegen. Mit dem aus der Mündung des ersten Gaskanals austretenden Druckgas wird der Raum A zwischen den beiden Schläuchen beaufschlagt.
Gemäß der Druckschrift D1 wird über das Magnetventil 125a der Druck in den Gaskanälen 56 und damit im Raum zwischen Außen- und Innen-Schlauch angesteuert (siehe Spalte 11, Zeilen 19 bis 23). Die Druckschrift D1 offenbart explizit, dass das Magnetventil bei der Herstellung der Muffe so geschaltet wird, dass es zur Atmosphäre hin offen ist. Der Druckschrift ist weder zu entnehmen, dass das Magnetventil den Druck im Raum zwischen den Schläuchen auf einen anderen Wert als p3 gleich Atmosphärendruck schalten kann, noch dass der Schalter, der das Steuersignal zum Umschalten des Magnetventils 125a gibt, so positioniert werden kann, dass das Magnetventil 125a nicht am Anfang oder während der Herstellung der Muffe geschaltet wird. Es mag sein, dass die Druckschrift D1 generisch offenbart, dass mit den Schalter der dort beschriebenen Vorrichtung im Raum zwischen Außen-Schlauch 104 und Innen-Schlauch 106 und/oder innerhalb des Innen-Schlauchs 106 unterschiedliche Druckverhältnisse geschaffen werden können und dass die Schalter auf einem Montagearm einstellbar angebracht sind (siehe Spalte 10, Zeilen 37 bis 45 und Spalte 11, Zeilen 3 bis 6). Eine spezifische Offenbarung des Merkmals E) ist dies jedoch nicht.
Der Gegenstand des Anspruchs 6 des Hauptantrags ist somit gegenüber der Druckschrift D1 ebenfalls neu.
2.3 Die Druckschrift D4 offenbart ein Verfahren zur Herstellung eines doppelwandigen thermoplastischen Rohres mit einer Rohrmuffe, wobei der Raum zwischen den äußeren und inneren Schläuchen mit Druck über den Gaskanal 28 beaufschlagt wird (siehe Figur 2). Der äußere Schlauch kann zusätzlich oder alternativ mit Vakuum an die Formwand gezogen werden, siehe Seite 3, Zeilen 11 bis 15. Die Muffenausnehmung weist Öffnungen 70 auf (siehe Seite 6, Zeile 22 bis Seite 7, Zeile 6), in die der äußere Schlauch so weit hineingedrückt wird, dass sich darin ballonartige Ausstülpungen bilden, die reißen (siehe Figur 3) oder z.B. mit einem Messer aufgerissen werden (siehe Figur 4). In der in der Figur 5 gezeigten Verfahrenssituation kann das Druckgas entweichen. Aus dem gleichen Grund wie im Streitpatent (siehe Punkt 1.3 oben) ist dem Fachmann klar, dass im Falle, dass kein Teilvakuum von außen auf den äußeren Schlauch aufgebracht wird, der Druck zwischen den Schläuchen über Atmosphärendruck liegen muss, da sonst der äußere Schlauch nicht an die Formwand gedrückt wird. Dies ist im Einklang mit dem Passus auf Seite 3, Zeile 37 bis Seite 4, Zeile 4.
Welche Druckverhältnisse im Raum zwischen den Schläuchen, ab dem Zeitpunkt, an dem der äußere Schlauch durchstochen wird, bis zu dem Zeitpunkt, an dem der innere Schlauch den äußeren Schlauch von innen her geschlossen hat (siehe Figur 6 und Seite 9, Zeilen 4 to 7; zum letzteren Zeitpunkt ist die Muffe ausgeformt), genau herrschen, ist der Druckschrift D4 nicht zu entnehmen.
Die Beschwerdegegnerinnen I und II haben vorgetragen, dass infolge des Durchstechens des äußeren Schlauchs Druckgas austrete und relativ schnell ein Gleichgewicht zwischen zu- und abgeführtem Druckgas erreicht werde, so dass sich ein niedrigerer Druck (aber immer noch über Atmosphärendruck liegende Druck) einstelle. Dieser Druckverlauf im Raum zwischen den Schläuchen erfülle die zweitgenannte Bedingung des Merkmals e) des Streitpatents.
Nach Auffassung der Kammer ist der Druckschrift D4 jedoch nicht zu entnehmen, wie schnell der Austritt von Druckgas relativ zur Produktionsgeschwindigkeit verläuft. Wenn es zum Beispiel wenige Löcher mit kleinen Öffnungen gibt, könnte der Druckabfall so langsam verlaufen, dass bis zum Zeitpunkt, an dem die Muffe ausgeformt ist, sich noch kein stationärer Druck eingestellt hat. In diesem Falle würde der Druck kontinuierlich abfallen. Diese Möglichkeit wäre nicht neuheitsschädlich für Anspruch 1 des Hauptantrags, weil ein kontinuierlich abfallender Druck p2 größer Atmosphärendruck im Anspruch ausgeschlossen ist.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist somit gegenüber der Druckschrift D4 neu.
2.4 Die Druckschrift D4 offenbart keine Vorrichtung zur Herstellung eines doppelwandigen thermoplastischen Rohres mit einer Rohrmuffe, die Druckgas-Steuereinrichtungen, wie in den Merkmalen E) bis G) des Anspruchs 6 des Hauptantrags definiert, aufweist.
Der Gegenstand des Anspruchs 6 des Hauptantrags ist somit gegenüber der Druckschrift D4 neu.
3. Die Kammer erachtet es als angemessen, die Angelegenheit gemäß Artikel 111 (1) EPÜ an die erste Instanz zurückzuverweisen, da die Einspruchsabteilung über den Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ) noch nicht entschieden hat.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen.