T 0328/10 () of 16.5.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T032810.20120516
Datum der Entscheidung: 16 Mai 2012
Aktenzeichen: T 0328/10
Anmeldenummer: 99952243.6
IPC-Klasse: A23L 1/36
A23L 1/38
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung einer Biologischen Substanz sowie derartige Substanz und deren Verwendung
Name des Anmelders: Gut Zum Leben Nahrungsmittel von Feld und Hof GmbH
Name des Einsprechenden: ZWERGENWIESE Naturkost GmbH
Kammer: 3.3.09
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 123(3)
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 83
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(3)
Schlagwörter: Hilfsanträge - Zulässigkeit (bejaht)
Erweiterung des Schutzumfanges - verneint (Hauptantrag und Hilfsantrag 5)
Ausreichende Offenbarung - bejaht (Hauptantrag und Hilfsantrag 5)
Änderungen - Klarheit - verneint (Hilfsanträge 2-4), bejaht (Hilfsantrag 5)
Änderung - Basis in der ursprünglich eingereichten Anmeldung - bejaht (Hilfsantrag 5)
Neuheit - bejaht (Hauptantrag und Hilfsantrag 5)
Erfinderische Tätigkeit - verneint (Hauptantrag und Hilfsantrag 1), bejaht (Hilfsantrag 5)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0925/98
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde des Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, dass das Patent EP 1 102 550 in geänderter Form den Erfordernissen des EPÜ genügt.

II. Der Einsprechende hatte den Widerruf des Patentes im gesamten Umfang auf der Grundlage der Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit), 100 b) EPÜ und 100 c) EPÜ beantragt.

Im Einspruchsverfahren wurden unter anderem folgende Dokumente eingereicht:

E2: H. and M. Diamond, "Fit fürs Leben Fit for Life", Band 2, 3. Auflage, Goldmann Verlag 1992,

Seite 534-537, 594, 595, und 560-565;

E24: DE 39 13 125 A1;

P4: "Vergleichsmessungen MIT -gegen- OHNE Säuerung E2: Almonaise", eingereicht mit Schreiben des Patentinhabers vom 23. Februar 2007;

P5: "Vergleichsmessungen MIT -gegen- OHNE Säuerung iBi", eingereicht mit Schreiben des Patentinhabers vom 23. Februar 2007;

P7: Gutachten von Prof. Carle vom 14. März 2008, eingereicht mit Schreiben des Patentinhabers vom 16. März 2009.

III. Das erteilte Patent enthält 28 Ansprüche, wobei die unabhängigen Verfahrens- und Produktansprüche wie folgt lauten:

"1. Verfahren zur Herstellung einer Substanz, wobei

- eine rührbare, insbesondere breiige, erste Substanz aus der Zerkleinerung von Kernen oder Nüssen

- unter Zugabe einer ersten Flüssigkeit, und vorzugsweise unter Zugabe von Salz, Zucker oder salz— bzw. zuckerähnlichen Stoffen hergestellt wird,

- dieser rührbaren, insbesondere breiigen, ersten Substanz Öl oder flüssiggemachtes Fett hinzugegeben wird und somit eine zweite Substanz gewonnen wird, dadurch gekennzeichnet, dass

- dieser zweiten Substanz eine saure zweite Flüssigkeit oder ein Säuerungsmittel zugegeben wird, wodurch eine festere Konsistenz erhalten wird, wobei durch die Menge der zugegebenen sauren zweiten Flüssigkeit oder des Säuerungsmittels die Konsistenz der hergestellten Substanz bestimmbar ist."

"12. Substanz, hergestellt aus

- einer rührbaren ersten Substanz aus zerkleinerten Kernen oder Nüssen

- einer ersten Flüssigkeit,

- Öl oder flüssiggemachtem Fett und

- einer sauren zweiten Flüssigkeit oder einem Säuerungsmittel, durch deren bzw. dessen zugegebener Menge die Konsistenz der hergestellten Substanz bestimmbar ist,

wobei die Mengenverhältnisse der Kerne oder Nüsse zu Flüssigkeit in Bezug auf deren Gewichtsbestandteile 100 : 50 bis 1000 betragen, und die Substanz einen pH-Wert kleiner oder gleich 5 aufweist und aufgrund der zugegebenen sauren zweiten Flüssigkeit bzw. des Säuerungsmittels eine geänderte Konsistenz besitzt, derart dass die Substanz verfestigt ist."

IV. Der am 17. November 2009 mündlich verkündeten und am 23. Dezember 2009 schriftlich begründeten Entscheidung der Einspruchsabteilung lagen die in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung als Hauptantrag eingereichten Ansprüche 1-28 zugrunde. Die Ansprüche des Hauptantrages unterschieden sich von den erteilten Ansprüchen ausschließlich dadurch, dass in Anspruch 12 "erhältlich nach dem Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche" nach "Substanz," hinzugefügt und der Ausdruck "der ersten" vor "Flüssigkeit" in der Formulierung "die Mengenverhältnisse der Kerne oder Nüsse zu Flüssigkeit" eingefügt wurde.

Von der Einspruchsabteilung wurde unter anderem folgende Auffassung vertreten:

Das Weglassen des Salz- bzw. Zuckeranteils in den ursprünglich offenbarten Mengenverhältnissen von Kernen oder Nüssen zu erster Flüssigkeit zu Salz bzw. Zucker etc. (100 : 50 bis 1000 : 0 bis 200) rechtfertige keinen Einwand unter Artikel 100 c) EPÜ, da in der ursprünglich eingereichten Anmeldung Salz und Zucker als optionale Bestandteile offenbart seien. Gleiches gelte für das Weglassen des Merkmals des Aufschlagens mit Luft oder Stickstoff.

Die Aufnahme des Merkmals "erhältlich nach dem Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche" in Anspruch 12 finde eine Basis auf Seite 5, Zeile 10-12 der ursprünglich eingereichten Anmeldung und erfülle somit die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.

Die Erfindung, wie sie im Hauptantrag definiert ist, sei auch ausreichend offenbart. Die Beschreibung des Streitpatentes offenbare dem Fachmann, wie die anspruchsgemäße Substanz herzustellen sei und die Ausführbarkeit des Verfahrens gemäß Anspruch 1 sei ferner vom Einsprechenden anerkannt worden.

Der Gegenstand des Anspruchs 12 des Hauptantrages sei neu gegenüber E2, das einen Mayonnaiseersatz auf Mandelbasis ("Almonaise") beschreibe. Dieses Dokument offenbare insbesondere weder die anspruchsgemäße verfestigte Konsistenz, noch den anspruchsgemäßen pH-Wert.

Hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit stelle E2 den nächstliegenden Stand der Technik dar. Für den Gegenstand des Anspruchs 12 sei die zu lösende Aufgabe in der Bereitstellung einer neuen streichfähigen veganen Substanz mit verfestigter Konsistenz zu sehen. Aus E2 erhalte der Fachmann keine Anregung, die Konsistenz der Almonaise zu verfestigen, da sich in dem Rezept der Almonaise kein Anhaltspunkt finde, wie oder warum das Verfahren geändert werden sollte, um zu einem verfestigten Produkt zu gelangen. Ein Wirkzusammenhang zwischen Säuerung und Verfestigung sei überhaupt nicht beschrieben. Somit sei die erfinderische Tätigkeit gegenüber E2 auch unter Berücksichtigung der weiteren im Verfahren befindlichen Dokumente anzuerkennen.

V. Gegen diese Entscheidung legte der Beschwerdeführer (Einsprechender) am 11. Februar 2010 Beschwerde ein und entrichtete die vorgeschriebene Gebühr am selben Tag. Am 22. April 2010 erfolgte die Einreichung der Beschwerdebegründung zusammen mit

E36: CD Römpp Chemie-Lexikon - Version 1.0, Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York, 1995, Stichwort "Proteine";

E37: K.-H. Wünsch, "Einführung in die Chemie der Naturstoffe", VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1980, Seite 203-217;

E38: EP 0 386 336 B1; und

E39: US 5,560,955 A.

VI. In der am 9. November 2010 eingegangenen Antwort des Beschwerdegegners (Patentinhabers) wurden Hilfsanträge 1 bis 6 sowie folgende Dokumente eingereicht:

P12: Ternes/Täufel/Tunger/Zobel: Lebensmittel-Lexikon, 4. Auflage, 2005, B. Behr's Verlag Hamburg, Seite 466;

P13a: Duden-Online, 1. April 2008, Stichwort "pastös";

P13b: Wikipedia-Auszug "Paste (Stoff)", 1. November 2010; und

P14: Entscheidung des BGH vom 8. Juni 2010, Aktenzeichen X ZR 71/08.

Es wurde ferner beantragt, die Dokumente E36-E39 nicht

in das Verfahren zuzulassen.

VII. Mit Schreiben vom 3. Januar 2011 reichte der Beschwerdegegner zur Veranschaulichung der Erfindung Muster des erfindungsgemäßen Produktes ein.

VIII. Mit Schreiben vom 23. März 2011 reichte der Beschwerdeführer folgende Dokumente ein:

E40: Duden - Die deutsche Rechtschreibung,

24. Auflage, Mannheim 2006 [CD-ROM], Stichwort "pastös";

E41: Duden - Universalwörterbuch der deutschen

Sprache, Stichworte "pastös" und "pastos";

E42: Der Brockhaus in Wort und Bild, 2002,

Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG,

Stichwort "pastos";

E43: CD Römpp Chemie-Lexikon - Version 1.0, Georg

Thieme Verlag, Stuttgart/New York 1995, Stichwort "Cremes"; und

E44: US 5,667,838 A.

IX. Mit Bescheid vom 12. September 2011 wurde den Parteien die vorläufige Meinung der Kammer mitgeteilt. Es wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass in der mündlichen Verhandlung die Klarheit des Merkmals "Quark- oder Frischkäseähnliche, pastöse Konsistenz", das in einigen Hilfsanträgen aufgenommen worden war, sowie die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ hinsichtlich der Änderung des Mengenverhältnisses der Kerne oder Nüsse zu Flüssigkeit im erteilten Anspruch 12 zu einem Mengenverhältnis der Kerne oder Nüsse zu der ersten Flüssigkeit zu diskutieren sei.

X. Mit Schreiben vom 19. März 2012 wurden vom Beschwerdegegner die bisher im Verfahren befindlichen Hilfsanträge durch neue Hilfsanträge 1-15 ersetzt und mit Schreiben vom 12. April 2012 noch folgende Dokumente eingereicht:

P15: Inhaltsverzeichnis der Käseverordnung gemäß

Bundesgesetzblatt 2012, Nr. 15;

P16: Anlage 1 zu §7 der Käseverordnung gemäß

Bundesgesetzblatt 2012, Nr. 15;

P17: Ausdruck von Treffern aus www.google.de zum

Suchbegriff "quarkähnliche Konsistenz", 5. April

2012;

P18: Ausdruck eines Produktkommentares zu

"Zwergenwiese 4-Pfeffer Streich 180g" aus der

Webseite "alles-vegetarisch.de - Der Nr. 1 Shop

für rein pflanzliche Spezialitäten", 5. April

2012; und

P19: Wikipedia-Auszug "Tsatsiki", 5. April 2012.

XI. Am 16. Mai 2012 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

Der Beschwerdegegner hielt an seinem im schriftlichen Verfahren eingereichten Hauptantrag sowie Hilfsanträgen 1-4 sowie 6-15 fest und reichte einen neuen Hilfsantrag 5 ein. Der Beschwerdegegner beantragte ferner, einen Versuch zur Nachstellung eines Ausführungsbeispiels des Streitpatentes in der Verhandlung durchführen zu dürfen. Darüber hinaus wurde vom Beschwerdegegner

P20: E-Mail von Professor Carle vom 2. Mai 2012

eingereicht und beantragt, diese E-Mail in das Verfahren zuzulassen. Schließlich wurde vom Beschwerdegegner beantragt, die Anpassung der Beschreibung während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer durchzuführen. Der Antrag auf Nichtzulassung der Dokumente E36-E39 wurde zurückgenommen.

Vom Beschwerdeführer wurde beantragt, die Hilfsanträge 1-5 sowie P20 nicht in das Verfahren zuzulassen. Darüber hinaus wurde beantragt, die Angelegenheit hinsichtlich der Anpassung der Beschreibung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen. Der Antrag auf Aufhebung der Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Dokument E24 in das Verfahren zuzulassen, wurde zurückgenommen.

XII. Die für die Entscheidung relevanten Anträge bzw. Ansprüche des Beschwerdegegners lauten wie folgt:

a) Der Hauptantrag ist identisch zu dem vor der Einspruchsabteilung eingereichten Hauptantrag (siehe Punkt III und IV).

b) Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von dem Hauptantrag ausschließlich dadurch, dass in Anspruch 12 "die Mengenverhältnisse der Kerne oder Nüsse zu der ersten Flüssigkeit" geändert wurde zu "die Mengenverhältnisse der Kerne oder Nüsse zu Flüssigkeit".

c) Anspruch 10 des Hilfsantrages 2 lautet wie folgt:

"10. Substanz, erhältlich nach dem Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, hergestellt aus

- einer rührbaren ersten Substanz aus zerkleinerten Kernen oder Nüssen

- einer ersten Flüssigkeit,

- Öl oder flüssiggemachtem Fett und

- einer sauren zweiten Flüssigkeit oder einem Säuerungsmittel, durch deren bzw. dessen zugegebener Menge die Konsistenz der hergestellten Substanz bestimmbar ist,

wobei die Mengenverhältnisse der Kerne oder Nüsse zu Flüssigkeit in Bezug auf deren Gewichtsbestandteile 100 : 50 bis 1000 betragen, wobei das Mengenverhältnis der zerkleinerten Kerne oder Nüsse und erster Flüssigkeit zu Öl oder flüssiggemachtem Fett 100 : 20 bis 300 in Bezug auf deren Gewichtsanteile beträgt und die Substanz einen pH-Wert kleiner oder gleich 5 aufweist und aufgrund der zugegebenen sauren zweiten Flüssigkeit bzw. des Säuerungsmittels verfestigt ist und eine geänderte, nämlich Quark- oder Frischkäseähnliche, pastöse Konsistenz besitzt,."

d) Anspruch 10 des Hilfsantrages 3 lautet wie folgt:

"10. Substanz, erhältlich nach dem Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, hergestellt aus

- einer rührbaren ersten Substanz aus zerkleinerten Kernen oder Nüssen

- einer ersten Flüssigkeit und vorzugsweise Salz oder Zucker,

- Öl oder flüssiggemachtem Fett und

- einer sauren zweiten Flüssigkeit oder einem Säuerungsmittel, durch deren bzw. dessen zugegebener Menge die Konsistenz der hergestellten Substanz bestimmbar ist,

wobei die Mengenverhältnisse der Kerne oder Nüsse zu Flüssigkeit zu Salz bzw. Zucker 100 : 50 bis 1000 : 0 bis 200 in Bezug auf deren Gewichtsbestandteile betragen, wobei das Mengenverhältnis der zerkleinerten Kerne oder Nüsse und erster Flüssigkeit zu Öl oder flüssiggemachtem Fett 100 : 20 bis 300 in Bezug auf deren Gewichtsanteile beträgt und die Substanz einen pH-Wert kleiner oder gleich 5 aufweist und aufgrund der zugegebenen sauren zweiten Flüssigkeit bzw. des Säuerungsmittels verfestigt ist und eine geänderte, nämlich Quark- oder Frischkäseähnliche pastöse Konsistenz besitzt,."

e) Anspruch 10 des Hilfsantrages 4 unterscheidet sich von Anspruch 10 des Hilfsantrages 3 lediglich darin, dass die Farbe der verfestigten Substanz als "helle Farbe" definiert wurde.

f) Die Ansprüche 1 und 10 des Hilfsantrages 5 lauten wie folgt:

"1. Verfahren zur Herstellung einer Substanz, wobei

- eine rührbare, insbesondere breiige, erste Substanz aus der Zerkleinerung von Kernen oder Nüssen

- unter Zugabe einer ersten Flüssigkeit, und vorzugsweise unter Zugabe von Salz oder Zucker hergestellt wird,

- dieser rührbaren, insbesondere breiigen, ersten Substanz Öl oder flüssiggemachtes Fett hinzugegeben wird und somit eine zweite Substanz gewonnen wird, dadurch gekennzeichnet, dass

- dieser zweiten Substanz eine saure zweite Flüssigkeit oder ein Säuerungsmittel zugegeben wird, wodurch eine festere Konsistenz erhalten wird, wobei durch die Menge der zugegebenen sauren zweiten Flüssigkeit oder des Säuerungsmittels die Konsistenz der hergestellten Substanz bestimmbar ist, wobei die Mengenverhältnisse der Kerne oder Nüsse zu der ersten Flüssigkeit zu Salz bzw. Zucker in Bezug auf deren Gewichtsbestandteile 100 : 50 bis 1000 : 0 bis 200 betragen und die letztlich hergestellte Substanz einen pH-Wert kleiner oder gleich 5 aufweist und wobei der Anteil an zugesetztem Öl oder Fett zwischen 13,9 und 50 Gewichtsprozent beträgt."

"10. Substanz, erhältlich nach dem Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, hergestellt aus

- einer rührbaren ersten Substanz aus zerkleinerten Kernen oder Nüssen

- einer ersten Flüssigkeit und vorzugsweise Salz oder Zucker,

- Öl oder flüssiggemachtem Fett und

- einer sauren zweiten Flüssigkeit oder einem Säuerungsmittel, durch deren bzw. dessen zugegebener Menge die Konsistenz der hergestellten Substanz bestimmbar ist,

wobei die Mengenverhältnisse der Kerne oder Nüsse zu der ersten Flüssigkeit zu Salz bzw. Zucker in Bezug auf deren Gewichtsbestandteile 100 : 50 bis 1000 : 0 bis 200 betragen, und die Substanz einen pH-Wert kleiner oder gleich 5 aufweist und aufgrund der zugegebenen sauren zweiten Flüssigkeit bzw. des Säuerungsmittels eine geänderte Konsistenz besitzt, derart dass die Substanz verfestigt ist und wobei der Anteil an zugesetztem Öl oder Fett zwischen 13,9 und 50 Gewichtsprozent beträgt."

XIII. Der Beschwerdeführer argumentierte u. a. wie folgt:

Zulassung der Hilfsanträge

Hilfsanträge 1-4 seien zwar als Reaktion auf den Zwischenbescheid der Kammer eingereicht worden, es sei jedoch nicht deutlich, inwieweit diese Anträge die Bedenken der Kammer ausräumen können. Der Hilfsantrag 5 sei erst in der Verhandlung eingereicht worden und die darin vorgenommenen Änderungen, insbesondere die Anpassung des Anspruchs 1 an den geänderten Anspruch 10, hätten früher durchgeführt werden können.

Hauptantrag

Der Hauptantrag erfülle nicht die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ. Im Gegensatz zum erteilten Anspruch 12 werde nun das Mengenverhältnis von Kernen oder Nüssen zu der ersten Flüssigkeit definiert (nicht mehr "zu Flüssigkeit"). Aufgrund der geänderten Definition liege keinerlei Beschränkung hinsichtlich der Menge der übrigen Flüssigkeiten mehr vor.

Die gemäß Hauptantrag beanspruchte Erfindung sei auch nicht ausreichend offenbart. Es sei insbesondere für den Fachmann nicht deutlich, wie die anspruchsgemäße Verfestigung bei hohen Flüssigkeitsmengen und hohen Fettanteilen zu erreichen sei. Darüber hinaus hänge gemäß Streitpatent die Festigkeit nicht nur von der Säurezugabe, sondern auch von der Art und Menge des Fettes sowie der Menge des zugesetzten Wassers ab, und es sei daher für den Fachmann nicht deutlich, welche Maßnahme zur Erzielung der geforderten Verfestigung zu ergreifen sei. Schließlich sei das Anspruchsmerkmal der Verfestigung durch Säurezugabe in Anspruch 12 nicht klar, da ein Bezugspunkt für den Grad der Verfestigung fehle und nicht deutlich sei, wie der Substanz angesehen werden könne, dass die Verfestigung infolge der Säurezugabe erfolgt sei. Hinsichtlich der Frage der ausreichenden Offenbarung sei die vom Beschwerdegegner angebotene Nacharbeitung eines Ausführungsbeispiels nicht relevant, da die Nacharbeitbarkeit der Ausführungsbeispiele des Streitpatents nicht bestritten werde.

Dem Gegenstand des Anspruchs 12 des Hauptantrages fehle es an Neuheit gegenüber E2. Insbesondere sei in E2 der anspruchsgemäße pH-Wert vorhanden. So sei die in E2 offenbarte Almonaise eine Mayonnaise und es sei aus E38 bekannt, dass Mayonnaisen einen pH-Wert im anspruchsgemäßen Bereich aufweisen. Diesen pH-Wert würde der Fachmann daher in E2 mitlesen. Die Almonaise der E2 weise darüber hinaus auch die anspruchsgemäße Verfestigung auf. Insbesondere trete durch die Säurezugabe in E2 eine Denaturierung der in den Mandeln enthaltenen Proteine auf, was zu einer Verfestigung der Substanz führen müsse. Auch liege kein Unterschied in der Art der Verfestigung abhängig davon vor, ob die Säure vor oder nach der Ölzugabe hinzugefügt werde. Daher führe der sich von E2 unterscheidende Zeitpunkt der Säurezugabe gemäß Anspruch 1 entgegen dem Vorbringen des Beschwerdegegners nicht zu einem unterscheidenden Produktmerkmal. Die Tatsache, dass die Konsistenz der Almonaise in E2 anspruchsgemäß, d. h. verfestigt sei, werde darüber hinaus auch dadurch bestätigt, dass diese Konsistenz in E2 als "dickere Masse" mit einer Beschaffenheit zwischen der einer Mayonnaise und einer geschlagenen Käsecreme beschrieben werde.

Schließlich sei der Gegenstand des Hauptantrages gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik E2 auch nicht erfinderisch. Es sei nicht nachgewiesen, dass durch die Wahl des anspruchsgemäßen pH-Wertes ein überraschender Effekt gegenüber E2 erhalten werde. Die vom Beschwerdegegner genannte verbesserte Verfestigung bzw. der Ersatz eines Kuhmilchproduktes könne nicht die objektive technische Aufgabe darstellen, da diese Aufgaben bereits in E2 gelöst seien. Daher sei die objektive technische Aufgabe in der Bereitstellung einer Alternative zu sehen. Die Lösung dieser Aufgabe, nämlich die willkürliche Variation des pH-Wertes sei naheliegend, so dass es dem Gegenstand des Anspruchs 12 des Hauptantrages an erfinderischer Tätigkeit gegenüber E2 mangele.

Hilfsanträge 2-4

Das Merkmal "Quark- oder Frischkäseähnliche, pastöse Konsistenz" im jeweiligen Anspruch 10 dieser Anträge sei unklar. Insbesondere sei nicht deutlich, bei welcher Festigkeit diese Konsistenz beginne und wo sie aufhöre. Auch sei zu berücksichtigen, dass die anspruchsgemäße Konsistenz nur ähnlich zu der Konsistenz von Quark oder Frischkäse sein müsse und es sei nicht deutlich, was unter "ähnlich" zu verstehen sei. Auch P16 könne nicht zur Klarheit beitragen, da die in diesem Dokument enthaltene Definition nicht im Anspruch vorhanden sei. Die vom Beschwerdegegner eingereichte E-Mail von Professor Carle sei nicht in das Verfahren zuzulassen, da sie erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegt wurde und den Klarheitseinwand hinsichtlich des diskutierten Merkmals nicht beheben könne.

Hilfsantrag 5

Hilfsantrag 5 erfülle nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ. Insbesondere sei der in Anspruch 10 genannte Ölanteil ursprünglich nicht offenbart. So nenne die ursprünglich eingereichte Anmeldung zwar einen bevorzugten Bereich von 30-50%. Diese Offenbarungsstelle beziehe sich jedoch ausschließlich auf den Fettanteil, und könne daher keine Basis für die in Anspruch 10 genannte Obergrenze für den Öl- oder Fettanteil von 50 Gewichtsprozent liefern. Auch fehle eine Offenbarung der anspruchsgemäßen Untergrenze von 13.9 Gewichtsprozent in der ursprünglich eingereichten Anmeldung. Insbesondere ergebe sich diese Untergrenze nur dann, wenn man das in der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbarte Mengenverhältnis der breiigen ersten Substanz zu Öl oder Fett mosaikartig mit dem ebenfalls offenbarten Mengenverhältnis der sauren zweiten Flüssigkeit zur flüssigen zweiten Substanz zusammenfüge. Folge man schließlich der Berechnung des Beschwerdegegners, so ergebe sich aus diesen beiden Mengenverhältnissen ein Bereich für den Ölanteil von 13.9-73.5 Gewichtsprozent. Die Untergrenze dieses Bereiches von 13.9 Gewichtsprozent könne nicht mit der Obergrenze des bevorzugten Bereiches von 50 Gewichtsprozent kombiniert werden, da dadurch der bevorzugte Bereich um 16.1 % erweitert werde, während die Kombination der Unter- und Obergrenze in dem der Entscheidung T 925/98 zu Grunde liegenden Fall lediglich zu einer Erweiterung des bevorzugten Bereiches um 5 % führe.

Dem Gegenstand des Hilfsantrages mangele es darüber hinaus an erfinderischer Tätigkeit gegenüber E2. So sei nicht klar, welche objektive technische Aufgabe durch das zusätzliche Unterscheidungsmerkmal gegenüber E2, d. h. den anspruchsgemäßen Öl- oder Fettanteil gelöst werde. Daher sei die objektive technische Aufgabe in der Bereitstellung einer Alternative zu sehen. Diese ergebe sich durch nicht-erfinderische Variation des E2-Rezeptes.

XIV. Der Beschwerdegegner argumentierte u. a. wie folgt:

Zulassung der Hilfsanträge

Die Änderungen in den Hilfsanträgen 1-4 beträfen ausschließlich Merkmale, die bereits in den vorherigen in der Antwort auf die Beschwerdebegründung eingereichten Anträgen enthalten waren beziehungsweise solche Merkmale, die im dem Bescheid der Kammer kritisiert worden waren. Die Anträge seien daher zuzulassen.

Auch der neue Hilfsantrag 5 enthalte nur Änderungen, die bereits in früheren Anträgen vorhanden waren. Darüber hinaus vereinfache die Anpassung des Anspruchs 1 an den geänderten Anspruch 10 das Verfahren und führe zu keinen neuen komplexen Problemen. Daher sei auch dieser Antrag in das Verfahren zuzulassen.

Hauptantrag

Der Hauptantrag erfülle die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ. Es sei im Lichte der Beschreibung deutlich, dass sich das im erteilten Anspruch 12 genannte Mengenverhältnis der Kerne oder Nüsse zu Flüssigkeit auf die erste Flüssigkeit beziehen müsse. Daher führe auch die Definition der Flüssigkeit in Anspruch 12 des Hauptantrages als erste Flüssigkeit nicht zu einer Änderung des Schutzumfanges.

Die Erfindung gemäß Hauptantrag sei auch ausreichend offenbart. Eine Verfestigung trete in jedem Fall durch Säurezugabe ein, da infolge der Säuerung eine Denaturierung der in den Kernen oder Nüssen vorhandenen Proteine stattfinde. Der Fachmann sei daher in der Lage, auf der Grundlage des Streitpatentes eine solche Verfestigung auch bei hohen Flüssigkeitsmengen und hohen Fettanteilen zu erreichen. Die Nacharbeitbarkeit werde auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass im Streitpatent weitere Möglichkeiten zur zusätzlichen Verfestigung angegeben würden.

Der Gegenstand des Anspruchs 12 sei neu gegenüber E2. E2 offenbare nicht den anspruchsgemäßen pH-Wert. Selbst wenn E38 für Mayonnaisen einen anspruchsgemäßen pH-Wert offenbare, sei dies für die Almonaise der E2 nicht relevant. E2 offenbare auch nicht die anspruchsgemäße Verfestigung. Insbesondere trete eine Verfestigung nur dann auf, wenn, wie von Anspruch 1 gefordert, erst das Öl zugegeben werde, so dass sich eine Öl-in-Wasser-Emulsion bilden könne. Erst dann finde in der Wasserphase dieser Emulsion, die die Proteine der Kerne oder Nüsse enthalte, infolge der nachfolgenden Säurezugabe eine Koagulation statt. Wie durch das Gutachten P7 bestätigt, würden die in der Öl-in-Wasser-Emulsion befindlichen Öltröpfchen durch das durch die Säurezugabe resultierende Proteinkoagulat eingeschlossen, so dass sich ein Netzwerk bilde, das eine Verfestigung bedinge. Da in E2 zunächst angesäuert würde und erst dann eine Ölzugabe erfolge, sei zum Zeitpunkt der Ansäuerung keine Öl-in-Wasser-Emulsion vorhanden und es könne sich infolgedessen auch kein zur Verfestigung führendes Netzwerk bilden. Somit würde der sich unterscheidende Zeitpunkt der Säurezugabe in Anspruch 1 ein das Produkt des Product-by-Process Anspruchs 12 unterscheidendes Merkmal, nämlich eine Verfestigung, bedingen.

Der Gegenstand des Anspruchs 12 sei auch

erfinderisch. E2 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar. Es gehe aus dem letzten Absatz der Seite 8 der ursprünglich eingereichten Anmeldung hervor, dass eine maximale Festigkeit bei einem pH-Wert von 4,0 erhalten werde. Außerdem belege auch die Textpassage auf Seite 9, Zeile 15-17 der ursprünglich eingereichten Anmeldung die Relevanz des anspruchsgemäßen pH-Wertes. Die objektive Aufgabe bestehe daher darin, eine neue biologische Substanz mit verbesserter Festigkeit als veganen Grund- oder Ersatzstoff für bestimmte tierische Eiweißprodukte bereitzustellen. Diese Aufgabe werde durch die Almonaise der E2 nicht gelöst, da deren Konsistenz nicht quark- oder frischkäseähnlich pastös, sondern ölig-dickflüssig, saucenartig sei. Ausgehend von E2 sei auch nicht klar, wie durch die Wahl des pH-Wertes die Konsistenz beeinflusst werden könne. Daher sei die Wahl des anspruchsgemäßen pH-Wert-Bereiches ausgehend von E2 nicht naheliegend.

Hilfsanträge 2-4

Das Merkmal der quark- oder frischkäseähnlichen, pastösen Konsistenz sei klar. Insbesondere sei der Begriff pastös klar, wie aus dem Online-Ausdruck aus dem Duden (P13a) hervorgehe, gemäß dem pastös "pastenartig, teigig" bedeute. Ferner werde in der Anlage zur Käseverordnung (eingereicht als P16) die Konsistenz von "Speisequark" und "Frischkäse" durch die Formulierung "Teig gleichmäßig weich, zart-geschmeidig bis pestenartig" beschrieben. Die Tatsache, dass Speisequark und Frischkäse im Gesetz anhand der Konsistenz definiert würden, zeige, dass deren Konsistenz vom Fachmann als klar angesehen werde. Schließlich würde, wie durch P13b, P17 und P19 bestätigt, das Anspruchsmerkmal auch in Wikipedia verwendet, was ebenfalls darauf hinweise, dass dieses Merkmal als klar anzusehen sei. Gleiches gelte für P18, einem Internetausdruck, in dem der Ausdruck "frischkäseähnliche Konsistenz" enthalten sei. Dies könne schließlich durch die E-Mail von Professor Carle (P20) bestätigt werden.

Hilfsantrag 5

Der in Anspruch 10 des Hilfsantrages enthaltene Bereich für den Öl- oder Fettanteil erfülle die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ. So spannten die in der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbarten Mengenverhältnisse der breiigen ersten Substanz zu Öl oder flüssiggemachtem Fett und der sauren zweiten Flüssigkeit zur flüssigen zweiten Substanz zwingend einen Bereich für den Anteil an Öl oder Fett auf, dessen Untergrenze bei 13.9 Gewichtsprozent und dessen Obergrenze bei 73.5 Gewichtsprozent liege. Gemäß gängiger Rechtsprechung könne die Untergrenze dieses breiten Bereiches mit der Obergrenze des in der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbarten bevorzugten Bereiches von 30-50 Gewichtsprozent kombiniert werden. Daher gehe der anspruchsgemäße Bereich unmittelbar und eindeutig aus der ursprünglich eingereichten Anmeldung hervor.

Der Gegenstand des Anspruchs 10 unterscheide sich von E2 durch den anspruchsgemäßen pH-Wert und dem Öl- oder Fettanteil. Insbesondere ergebe sich bei der in E2 offenbarten Zugabe von 2-3 Tassen Distelöl ein Ölanteil von 66-75%, was deutlich oberhalb der anspruchsgemäßen Obergrenze liege. Die durch den anspruchsgemäßen Öl- oder Fettanteil gelöste Aufgabe bestehe in der Bereitstellung einer weiteren Substanz, die als veganer Grund- oder Ersatzstoff für bestimmte tierische Eiweißprodukte geeignet sei. Ausgehend von E2 habe die Lösung dieser Aufgabe, d. h. eine Verringerung des Ölanteils, nicht nahe gelegen. So gehe aus E2 selbst hervor, dass die Maßangaben genau zu beachten seien und bereits die Anwesenheit von Luftfeuchtigkeit eine Emulsionsbildung verhindern kann, weshalb der nach einer Alternative Ausschau haltende Fachmann eine Variation nur innerhalb des E2 Rezeptes vorgenommen hätte. Dies würde jedoch allenfalls zu einer weiteren Erhöhung des Ölanteils von 66 (2 Tassen Distelöl) auf bis zu 75 Prozent (3 Tassen Distelöl) führen. Außerdem sei bekannt, dass der Ölanteil kritisch für die Festigkeit der erhaltenen Substanz sei. Daher hätte der nach einer weiteren Substanz Ausschau haltende Fachmann davon abgesehen, den Ölanteil zu variieren. Somit sei der Gegenstand des Produktanspruches 10 und dadurch bedingt dessen Herstellungsverfahren gemäß Anspruch 1 erfinderisch.

XV. Während der mündlichen Verhandlung wurde von der Kammer noch auf folgendes hingewiesen:

- Das in Anspruch 12 des Hauptantrages enthaltene Merkmal der "Mengenverhältnisse der Kerne oder Nüsse zu der ersten Flüssigkeit in Bezug auf deren Gewichtsbestandteile 100 : 50 bis 1000" verstoße gegen Artikel 100 c) EPÜ. Insbesondere werde in der ursprünglich eingereichten Anmeldung ausschließlich Bezug genommen auf Mengenverhältnisse von Kernen oder Nüssen zur ersten Flüssigkeit zu Salz bzw. Zucker von 100 : 50 bis 1000 : 0 bis 200, während der relative Anteil an Salz bzw. Zucker in Anspruch 12 des Hauptantrages weggelassen wurde (vom Beschwerdegegner wurde während der mündlichen Verhandlung angeboten, diesen Mangel durch Hinzufügung des Salz- bzw. Zuckeranteils zu beseitigen, sobald ein ansonsten gewährbarer Antrag vorliege).

- Die von Anspruch 12 des Hauptantrages geforderte Verfestigung stelle aufgrund der vorliegenden Beweislage kein Unterscheidungsmerkmal hinsichtlich der Offenbarung der E2 dar. Insbesondere sei das vom Beschwerdegegner angezogene Gutachten P7 diesbezüglich nicht relevant, da an keiner Stelle dieses Gutachtens ein Hinweis dahingehend vorliege, dass durch die anspruchsgemäße Säurezugabe nach der Ölzugabe ein Öltröpfchen einschließendes, zur Verfestigung führendes Netzwerk erhalten werde. Ferner seien auch keinerlei Versuchsergebnisse vorgelegt worden, die dieses vom Beschwerdegegner postulierte, unterscheidende Produktmerkmal nachweisen könnten. Wenn überhaupt, so würden die Versuche des Beschwerdegegners gerade das Gegenteil beweisen. So sei vom Beschwerdegegner mit Schreiben vom 23. Februar 2007 hinsichtlich dieser Versuche festgehalten worden, dass, wenn man in E2 den Zitronensaft durch Wasser ersetze, sich die Viskosität "nicht entscheidend" verändere, was impliziere, dass in E2 die in Anspruch 12 geforderte Verfestigung durch Säurezugabe aufgetreten sei.

- Hinsichtlich der Klarheit des Anspruchsmerkmals "Quark- oder Frischkäseähnliche, pastöse Konsistenz" in dem jeweiligen Anspruch 10 der Hilfsanträge 2-4 gehe aus der Käseverordnung P16 hervor, dass Speisequark eine Untergruppe von Frischkäse ist. Es sei daher nicht deutlich, wie gemäß Anspruch 10 eine Substanz eine Konsistenz von Frischkäse oder Quark aufweisen könne. Ferner sei, wie durch die Auszüge E40-E42 aus dem Duden und Brockhaus belegt, auch nicht zutreffend, dass der Ausdruck pastös dahingehend klar sei, dass hierunter ausschließlich nicht-fließfähige Substanzen zu verstehen seien.

- Das Argument des Beschwerdeführers, dass sich der bevorzugte Bereich von 30-50 Gewichtsprozent in der ursprünglich eingereichten Anmeldung nur auf den Fett-, nicht jedoch auf den Ölanteil beziehe, sei nicht zutreffend. Insbesondere gehe aus den Textpassagen direkt vor und nach dieser Offenbarung eindeutig hervor, dass der Ausdruck "Fett" als Oberbegriff für "Fette oder Öle" gebraucht werde.

XVI. Der Beschwerdeführer (Einsprechender) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 102 550. Für den Fall der Aufrechterhaltung des Patents im Rahmen eines der Hilfsanträge beantragte der Beschwerdeführer (Einsprechender) im Weiteren die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung im Hinblick auf die allfällige Anpassung der Beschreibung.

XVII. Der Beschwerdegegner (Patentinhaber) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde oder, hilfsweise, die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 1-15, Hilfsanträge 1-4, 6-15 eingereicht mit Schreiben vom 19. März 2012, Hilfsantrag 5 (Patentansprüche 1-18) eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 16. Mai 2012.

Der Beschwerdegegner (Patentinhaber) beantragte im Weiteren, allenfalls notwendige Änderungen der Beschreibung im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorzunehmen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Zulässigkeit der Hilfsanträge

Die Hilfsanträge 1-4 wurden vom Beschwerdegegner mit Schreiben vom 19. März 2012 und der Hilfsantrag 5 während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht. Der Hilfsantrag 5 ersetzte dabei den bisherigen Hilfsantrag 5. Vom Beschwerdeführer wurde in der mündlichen Verhandlung beantragt, die Hilfsanträge nicht in das Verfahren zuzulassen.

Die gegenüber den erteilten Ansprüchen durchgeführten Änderungen in den Hilfsanträgen 1-4 waren entweder bereits in den Anträgen enthalten, die vom Beschwerdegegner als Antwort auf die Beschwerdebegründung (Schreiben vom 9. November 2010) eingereicht wurden oder stellen eine Reaktion auf den Bescheid der Kammer vom 12. September 2011 dar. Da die Hilfsanträge bereits mit Schreiben vom 19. März 2012 eingereicht wurden, hatte der Beschwerdeführer und die Kammer außerdem genügend Zeit, sich mit diesen Änderungen auseinanderzusetzen. Die Kammer hat die Hilfsanträge 1-4 daher in das Verfahren zugelassen (Artikel 13(1) und (3) RPBA).

Anspruch 10 des Hilfsantrages 5 ist zum Großteil identisch mit Anspruch 10 des vorherigen Hilfsantrages 5. Die zusätzlichen Änderungen dienten lediglich dazu, den von der Kammer erhobenen Einwand unter Artikel 100 c) EPÜ auszuräumen (Ergänzung des Salz- und Zuckeranteils sowie Aufnahme der offensichtlich vergessenen Definition der Flüssigkeit als erste Flüssigkeit). Diese hinzugefügten Merkmale waren bereits in den mit der Erwiderung zur Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträgen bzw. in den mit Schreiben vom 19. März 2012 eingereichten Hilfsanträgen vorhanden, so dass der Beschwerdeführer durch diese Änderungen nicht überrascht sein konnte. Neben diesen Änderungen wurde in Hilfsantrag 5 lediglich Anspruch 1 an den geänderten Anspruch 10 angepasst und die erteilten Ansprüche 8,9 und 19 gestrichen. Dies vereinfachte das Anspruchsbegehren und führte keine neuen Probleme ein. Daher wurde auch Hilfsantrag 5 von der Kammer in das Verfahren zugelassen (Artikel 13(1) und (3) RPBA).

Hauptantrag

3. Änderungen - Artikel 100 c) und 123(2) EPÜ

3.1 Anspruch 12 enthält das Merkmal "wobei die Mengenverhältnisse der Kerne oder Nüsse zu der ersten Flüssigkeit in Bezug auf deren Gewichtsbestandteile 100 : 50 bis 1000 betragen". In der ursprünglich eingereichten Anmeldung wird dieses Merkmal nur in Verbindung mit einem Salz- bzw. Zuckeranteil offenbart, nämlich als Mengenverhältnisse von Kernen oder Nüssen zu erster Flüssigkeit zu Salz bzw. Zucker etc von 100 : 50 bis 1000 : 0 bis 200 (Anspruch 7 sowie der fünfte Absatz der Seite 4 der ursprünglich eingereichten Anmeldung).

In der angefochtenen Entscheidung hat die Einspruchsabteilung festgestellt, dass das Weglassen des Salz- bzw. Zuckeranteils im Anspruch 12 des Hauptantrags keinen Einwand unter Artikel 100 c) EPÜ rechtfertige.

Obwohl der Beschwerdeführer diesen Einwand im Beschwerdeverfahren nicht weiter verfolgt hat, verstößt nach Auffassung der Kammer dieses Weglassen des Salz- bzw. Zuckeranteils in Anspruch 12 des Hauptantrages gegen Artikel 100 c) EPÜ. Insbesondere verlangen die oben zitierten Offenbarungsstellen der ursprünglich eingereichten Anmeldung im Gegensatz zu Anspruch 12 des Hauptantrages für den Fall, dass Salz- bzw. Zucker in der Substanz enthalten sind, eindeutig eine Obergrenze für den Salz- bzw. Zuckergehalt (ausgedrückt durch den Zahlenwert 200).

Da der Hauptantrag jedoch ohnehin wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit fällt (siehe Punkt 8) und vom Beschwerdegegner während der mündlichen Verhandlung angeboten wurde, den Salz- bzw. Zuckeranteil hinzuzufügen, braucht an dieser Stelle keine Entscheidung hinsichtlich des Einspruchsgrundes gemäß Artikel 100 c) zu ergehen.

3.2 Hinsichtlich der Gewährbarkeit der in den erteilten Ansprüchen vorgenommenen Änderungen wurden vom Beschwerdeführer keine Einwände gemäß Artikel 123(2) EPÜ erhoben und die Kammer ist überzeugt, dass die Erfordernisse dieses Artikels erfüllt sind.

4. Änderungen - Artikel 123(3) EPÜ

4.1 Der unabhängige Anspruch 12 des Hauptantrages unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 12 dadurch, dass der Ausdruck "der ersten" vor "Flüssigkeit" in der Formulierung "die Mengenverhältnisse der Kerne oder Nüsse zu Flüssigkeit" hinzugefügt, d. h. die Flüssigkeit als erste Flüssigkeit definiert wurde.

Es war zwischen den Parteien strittig, ob diese Hinzufügung gegen die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ verstößt.

4.2 Gemäß Artikel 123(3) EPÜ darf das europäische Patent nicht in der Weise geändert werden, dass sein Schutzbereich erweitert wird. Hinsichtlich der Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ ist daher zunächst der Schutzumfang des erteilten Anspruchs, d. h. im vorliegenden Fall des erteilten Anspruchs 12 zu ermitteln. Der erteilte Anspruch 12 nennt drei verschiedene Flüssigkeiten, nämlich (i) eine "erste" Flüssigkeit, (ii) Öl oder flüssiggemachtes Fett und (iii) eine "saure zweite" Flüssigkeit. Daher ist nicht deutlich, worauf sich die im erteilten Anspruch zitierten Mengenverhältnisse der Kerne oder Nüsse "zu Flüssigkeit" beziehen. Dies könnte die erste oder zweite Flüssigkeit, das Öl bzw. flüssiggemachte Fett, oder auch mehrere bzw. alle der genannten Flüssigkeiten sein.

4.3 Bei dieser Sachlage ist gemäß Artikel 69 EPÜ die Beschreibung zur Interpretation des erteilten Anspruches heranzuziehen. Die einzigen Textpassagen des Streitpatents, die sich mit den besagten Mengenverhältnissen befassen, sind Anspruch 8 sowie Seite 3, Zeile 7-9. Gemäß Anspruch 8 betragen die "Mengenverhältnisse von Kernen oder Nüssen zur ersten Flüssigkeit zu Salz bzw. Zucker etc. in etwa 100 : 50 bis 1000 : 0 bis 200 in Bezug auf deren Gewichtsanteile" (Hervorhebung durch die Kammer). Gemäß Seite 3, Zeile 7-9 des Streitpatentes können die Mengenverhältnisse "in Bezug auf deren Gewichtsbestandteile bei der breiigen ersten Substanz folgendermaßen sein: Kerne (oder Nüsse) zu Flüssigkeit zu Salz bzw. Zucker etc. wie 100 : 50 bis 1000 : 0 bis 200". Da in dieser Textpassage auf die breiige erste Substanz Bezug genommen wird, ist auch hier deutlich, dass sich die in dieser Textpassage genannten Mengenverhältnisse hinsichtlich der Flüssigkeit auf die erste Flüssigkeit, die zur Herstellung dieser breiigen ersten Substanz verwendet wird, beziehen. Aus der Beschreibung des Streitpatents geht somit eindeutig hervor, dass sich die besagten Mengenverhältnisse hinsichtlich der Flüssigkeit auf die erste Flüssigkeit beziehen. Somit kann der erteilte Anspruch 12 im Lichte der Beschreibung nur dahingehend gelesen werden, dass er sich auf die Mengenverhältnisse von Kernen oder Nüssen zu erster Flüssigkeit bezieht.

4.4 Die in Anspruch 12 des Hauptantrages gegenüber dem erteilten Anspruch 12 vorgenommene Änderung, nämlich die Definition der Flüssigkeit als erste Flüssigkeit entspricht genau dieser Lesart. Daher fügt diese Änderung dem erteilten Anspruch nichts hinzu und führt entsprechend nicht zu einer Erweiterung des Schutzumfangs.

4.5 Der Schutzumfang des Hauptantrages ist somit gegenüber dem erteilten Patent nicht erweitert. Die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ sind daher erfüllt.

5. Änderungen - Artikel 84 EPÜ

Vom Beschwerdeführer wurden keine Einwände gemäß Artikel 84 EPÜ erhoben und die Kammer ist überzeugt, dass die Änderungen die Erfordernisse dieses Artikels erfüllen.

6. Ausreichende Offenbarung (Artikel 100 b) EPÜ)

6.1 Vom Beschwerdegegner wurde beantragt, während der mündlichen Verhandlung einen Versuch zur Demonstration der Nacharbeitbarkeit eines Ausführungsbeispiels des Streitpatentes durchzuführen. Vom Beschwerdeführer wurde jedoch die Nacharbeitbarkeit der Ausführungsbeispiele des Streitpatents ausdrücklich nicht bestritten. Die Kammer sah daher keine Notwendigkeit für die Durchführung dieses Versuches, weshalb der Antrag des Beschwerdegegners abgelehnt wurde.

6.2 Hinsichtlich der Frage der ausreichenden Offenbarung wurde vom Beschwerdeführer argumentiert, dass bei den von Anspruch 12 abgedeckten hohen Mengenverhältnissen von Kernen oder Nüssen zur ersten Flüssigkeit von beispielsweise 100 : 1000 die Flüssigkeitsmenge so groß sei, dass die resultierende Substanz bei nachfolgender Säurezugabe entgegen der Forderung des Anspruchs keine Verfestigung erfahre. Es sei daher für den Fachmann nicht deutlich, wie die anspruchsgemäße Verfestigung bei diesen hohen Flüssigkeitsmengen zu erreichen sei. Die Erfindung sei somit unzureichend offenbart.

Diesem Argument kann die Kammer jedoch nicht folgen. Die in der Substanz enthaltenen Kerne oder Nüsse beinhalten Proteine, und wie im Streitpatent in Absatz [0023] dargelegt wird, findet bei Säurezugabe eine Reaktion (Koagulation) statt, die zu einer festeren Substanz führt. Auch wenn der Einfluss dieser Verfestigung der Proteine auf die Verfestigung der gesamten Substanz sicherlich mit zunehmender Flüssigkeitsmenge abnimmt, ist nicht ersichtlich, weshalb bei großen Flüssigkeitsmengen überhaupt keine Substanzverfestigung mehr erzielbar sein soll. Da ferner ein Ausbleiben der Substanzverfestigung bei hohen Flüssigkeitsmengen vom Beschwerdeführer auch nicht nachgewiesen wurde, muss zu Gunsten des Beschwerdegegners davon ausgegangen werden, dass auch bei hohen Flüssigkeitsmengen die anspruchsgemäße Verfestigung erzielbar ist und damit der Anspruchsgegenstand diesbezüglich ausführbar ist.

6.3 Vom Beschwerdeführer wurde ferner argumentiert, dass Anspruch 12 Substanzen mit großen Fettanteilen abdecke, und dass bei hohen Fettanteilen die Festigkeit der Substanz vor der Säurezugabe bereits so hoch sei, dass eine nachfolgende Säurezugabe nicht zu der von Anspruch 12 geforderten Verfestigung führen könne. Auch hier gilt in Analogie zu den obigen Ausführungen, dass eine Koagulation und damit eine Verfestigung des Proteinanteils der Substanz in Folge der Säurezugabe zu einer Verfestigung der Substanz insgesamt führen muss, auch wenn diese zusätzliche Verfestigung mit zunehmendem Fettgehalt und damit zunehmender bereits vor der Säurezugabe vorliegenden Festigkeit der Substanz weniger deutlich wahrnehmbar wird. Daher muss auch dieses Argument des Beschwerdeführers fehlgehen.

6.4 Darüber hinaus wurde vom Beschwerdeführer argumentiert, dass gemäß Streitpatent die Festigkeit der Substanz nicht nur von der Säurezugabe, sondern auch von zahlreichen weiteren Maßnahmen, wie der Art und Menge des Fettes sowie der Menge des zugesetzten Wassers (erste Flüssigkeit) abhänge. Es sei daher für den Fachmann nicht deutlich, welche Maßnahme zur Erzielung der geforderten Verfestigung zu ergreifen sei. Die Kammer kann auch diesem Argument des Beschwerdeführers nicht folgen. So bleibt unbestritten, dass eine Verfestigung zumindest auch durch die Säurezugabe infolge der Koagulation des Proteinanteils in den Kernen oder Nüssen erfolgt und es ist nicht ersichtlich, weshalb das Vorhandensein weiterer Möglichkeiten zur Verfestigung der Substanz den Fachmann außer Stande setzen sollte, die Erfindung auszuführen.

6.5 Vom Beschwerdeführer wurde schließlich vorgebracht, dass das Anspruchsmerkmal der Verfestigung durch Säurezugabe in Anspruch 12 nicht klar sei, da ein Bezugspunkt für den Grad der Verfestigung fehle und nicht deutlich sei, wie der Substanz angesehen werden könne, dass die Verfestigung infolge der Säurezugabe stattgefunden habe. Diese Argumente können jedoch, wenn überhaupt, nur die Klarheit des Anspruchs in Frage stellen (Artikel 84 EPÜ), sind aber für die Ausführbarkeit der Erfindung (Artikel 83 EPÜ) nicht relevant.

6.6 Somit kann das Vorbringen des Beschwerdeführers keine unzureichende Offenbarung begründen.

7. Neuheit (Anspruch 12)

7.1 E2 stellt das einzige Dokument dar, welches im Einspruchs- und Beschwerdeverfahren gegen die Neuheit zitiert wurde. Dieses Dokument (Seite 536) offenbart die Herstellung einer Ersatzmayonnaise auf Mandelbasis ("Almonaise"), wobei

- eine dicke Creme aus der Zerkleinerung von einer halben Tasse geschälter Mandeln mit einem Mixer,

- unter Zugabe von einer halben Tasse und anschließend 1-2 Esslöffeln Wasser hergestellt wird,

- dieser Creme 2-3 Esslöffel frischer Zitronensaft zugegeben wird und danach

- 2-3 Tassen Distelöl hinzugefügt wird.

Es wird eine "dickere Masse" erhalten (drittletzte Zeile der Seite 536). Die Konsistenz liegt "zwischen der einer Mayonnaise und einer geschlagenen Käsecreme" (letzte beiden Zeilen der Seite 536).

7.2 Die in der ersten Stufe erhaltene "dicke Creme" der E2 entspricht der anspruchsgemäßen rührbaren ersten Substanz. Diese Creme besteht aus zerkleinerten Mandeln, entsprechend den anspruchsgemäßen zerkleinerten Kernen oder Nüssen. Das zu den Mandeln zugegebene Wasser entspricht der anspruchsgemäßen ersten Flüssigkeit. Der Zitronensaft entspricht der anspruchsgemäßen sauren zweiten Flüssigkeit. Das Distelöl entspricht dem anspruchsgemäßen Öl.

Wie vom Beschwerdegegner in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten wurde, liegt das Verhältnis aus (a) einer halben Tasse Mandeln und (b) einer halben Tasse sowie 1-2 Esslöffeln Wasser im anspruchsgemäßen Bereich von 100 Gewichtsteilen Kernen : 50 bis 1000 Gewichtsteilen erster Flüssigkeit. Somit sind die in E2 eingesetzten Komponenten und Mengenverhältnisse anspruchsgemäß.

7.3 Die Tatsache, dass die letztendlich erhaltene Konsistenz der Almonaise in E2 als "dickere Masse" mit einer Beschaffenheit zwischen der einer Mayonnaise und einer geschlagenen Käsecreme beschrieben wird, impliziert, dass die Almonaise verfestigt ist. Da infolge der Zitronensäurezugabe in der E2 eine die Verfestigung bedingende Koagulation der in den Mandeln enthaltenen Proteine erfolgt (siehe Absatz [0023] des Streitpatents), muss diese Verfestigung zumindest teilweise durch die Zugabe der Zitronensäure verursacht sein. Somit ist das Anspruchsmerkmal der Verfestigung durch Säurezugabe ebenfalls inhärent in E2 vorhanden.

Dies wurde auch indirekt durch den Beschwerdegegner selbst (damaliger Patentinhaber) mit Schreiben vom 23. Februar 2007 bestätigt: In diesem Schreiben bezog sich der Beschwerdegegner auf zwei der von ihm nachgestellten, in P4 und P5 enthaltenen Versuche, in denen das Rezept für die Almonaise der E2 zum einen exakt nachgearbeitet wurde (linke Probe der P4) und das andere Mal die Zitronensäure durch Wasser ersetzt wurde (rechte Probe der P4). In dem Schreiben wurde vom Beschwerdegegner ausgeführt, dass diese Versuche zeigen, dass sich infolge dieses Ersatzes von Zitronensäure durch Wasser die Viskosität "nicht entscheidend" verändert. Eine Änderung ist jedoch, auch wenn sie nicht "entscheidend" sein mag, dennoch eine Änderung, d. h. im vorliegenden Fall eine Verringerung der Viskosität infolge des Ersatzes der Zitronensäure durch Wasser. Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass die Zitronensäurezugabe in E2 zumindest eine geringe Erhöhung der Viskosität und damit zumindest eine geringe Verfestigung bewirkt, entsprechend der in Anspruch 12 geforderten Verfestigung durch Säurezugabe.

7.4 Vom Beschwerdegegner wurde hinsichtlich der Neuheit noch argumentiert, das sich das Verfahren gemäß Anspruch 1 von demjenigen der E2 unterscheide und dass dieser Verfahrensunterschied infolge des Rückbezuges des Produktanspruches 12 auf das Verfahren des Anspruchs 1 zu einem neuheitsbegründenden Produktmerkmal führe ("product-by-process" Merkmal). Insbesondere wurde ausgeführt, dass sich die beiden Herstellungsverfahren dadurch unterscheiden, dass die anspruchsgemäße Säurezugabe im Gegensatz zu E2 nach der Zugabe des Öls zu erfolgen habe. Wie durch das Gutachten P7 bestätigt werde, resultiere aufgrund dieses unterschiedlichen Zeitpunktes der Säurezugabe im Gegensatz zu E2 ein zur Verfestigung führendes, Öltröpfchen einschließendes Netzwerk. Dieses Netzwerkes stelle somit ein strukturelles Unterscheidungsmerkmal gegenüber der Almonaise der E2 dar.

Die Argumentation des Beschwerdegegners kann jedoch nicht durchgreifen. Insbesondere ist das vom Beschwerdegegner angezogene Gutachten P7 nicht relevant, da an keiner Stelle dieses Gutachtens ein Hinweis dahingehend vorliegt, dass durch den sich unterscheidenden Zeitpunkt der Säurezugabe im Unterschied zu E2 das vom Beschwerdegegner postulierte Öltröpfchen einschließende, zur Verfestigung führende Netzwerk erhalten wird.

Ferner wurden auch keinerlei Versuchsergebnisse vorgelegt, die dieses vom Beschwerdegegner postulierte unterscheidende strukturelle Produktmerkmal nachweisen könnten. Insbesondere ist an keiner Stelle der P4 oder P5 die vom Beschwerdegegner postulierte Netzwerkstruktur gezeigt. Auch wurde nicht gezeigt, dass bei Nacharbeitung des Streitpatents (Säurezugabe nach der Ölzugabe, Probe 02 der P5) eine solche Netzwerkstruktur erhalten wird, während dies bei Nacharbeitung der Almonaise der E2 (Säurezugabe vor der Ölzugabe, linke Probe der P4) nicht der Fall ist.

Somit kann entgegen dem Vorbringen des Beschwerdegegners auf der Grundlage des vorliegenden Beweismaterials nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Gegenstand des Produktanspruches 12 durch das Vorhandensein einer Netzwerkstruktur von dem in E2 offenbarten Produkt unterscheidet.

7.5 Aus den oben genannten Gründen stellt weder die anspruchsgemäße Konsistenz, noch die postulierte Netzwerkstruktur ein Unterscheidungsmerkmal gegenüber E2 dar.

7.6 Das noch verbleibende, bisher nicht diskutierte Anspruchsmerkmal des pH-Wertes von kleiner oder gleich 5 wird in E2 an keiner Stelle genannt. Es fehlt auch jeglicher Nachweis, dass dieser pH-Wert inhärent im Produkt der E2 vorhanden ist. Ferner kann auch nicht, wie vom Beschwerdeführer behauptet, beispielsweise aus E38 abgeleitet werden, dass die Almonaise der E2 einen anspruchsgemäßen pH-Wert aufweist, da E38 nicht die Almonaise der E2, sondern konventionelle Mayonnaisen betrifft, und insbesondere an keiner Stelle den pH-Wert einer solchen Almonaise offenbart.

Der pH-Wert stellt somit das einzige Unterscheidungsmerkmal dar, so dass die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 12 anzuerkennen ist.

8. Erfinderische Tätigkeit (Anspruch 12)

8.1 Gemäß Streitpatent enthalten auf Kuhmilch oder Hühnereiern basierende Nahrungsmittel Fremdeiweiße, die beim Verbraucher zu allergischen Reaktionen führen können (Absatz [0006]). Das Streitpatent ist daher auf den Ersatz der genannten Fremdeiweißprodukte durch eine möglichst natürliche, möglichst wenig industrielle Verarbeitungsschritte durchlaufende Substanz gerichtet (Absatz [0007]).

8.2 Das gleiche Ziel, nämlich der Ersatz von Mayonnaise, einem eierhaltigen Produkt, durch "Almonaise", einem kuhmilch- und hühnereierfreien Nahrungsmittel, verfolgt E2 (erste Zeile auf Seite 535). Daher kann im Einklang mit dem Vorbringen beider Parteien E2 als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden.

8.3 Gemäß Beschwerdegegner liegt die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe im Lichte des Dokumentes E2 darin, eine Substanz bereitzustellen, die als veganer Grund- oder Ersatzstoff für bestimmte tierische Eiweißprodukte geeignet ist und eine gegenüber E2 verbesserte Festigkeit aufweist.

8.4 Die Almonaise der E2 enthält jedoch keine tierischen Eiweißprodukte und besitzt somit bereits die angestrebte Eignung als veganer Grund- oder Ersatzstoff. Somit ist diese Teilaufgabe in E2 bereits gelöst.

Hinsichtlich der zweiten Teilaufgabe, nämlich dem Erreichen einer verbesserten Festigkeit wurde vom Beschwerdegegner ausgeführt, dass aus dem Streitpatent hervorgehe, dass eine Verbesserung der Festigkeit gegenüber E2 infolge der Wahl des anspruchsgemäßen pH-Wertes erreicht werde.

Insbesondere gehe aus Seite 9, Zeile 15-17 der ursprünglich eingereichten Anmeldung hervor, dass der anspruchsgemäße pH-Wert Bereich kritisch sei, da gemäß dieser Textpassage eine Emulsion nur in diesem pH-Wert-Bereich entstehe ("Eine Emulsion entsteht jedoch nur, in einem pH-Bereich < 5, d. h. es ist gegebenenfalls eine Mindestzugabe an Säure notwendig, um diesen Bereich sicherzustellen."). Dieses Argument des Beschwerdegegners steht jedoch im Widerspruch zu seiner eigenen, in der mündlichen Verhandlung gemachten Aussage, dass zum Erreichen einer Verfestigung zwingend eine Öl-in-Wasser Emulsion vor der Säurezugabe, und damit vor dem Erreichen des anspruchsgemäßen pH-Wert-Bereiches vorliegen muss. Ferner geht aus dieser Textpassage in keiner Weise hervor, dass durch den anspruchsgemäßen pH-Wert eine verbesserte Festigkeit gegenüber E2 erreicht wird. Daher kann das Argument des Beschwerdegegners nicht durchgreifen.

Darüber hinaus gehe aus dem letzten Absatz der Seite 8 der ursprünglich eingereichten Anmeldung hervor, dass eine maximale Festigkeit bei einem pH-Wert von 4,0 erhalten werde. Auch dieses Argument muss fehlgehen, da der Anspruch nicht auf einen pH-Wert von 4,0 beschränkt ist und da diese Aussage außerdem im Widerspruch zum ersten Satz auf Seite 9 der ursprünglich eingereichten Anmeldung steht, aus dem hervorgeht, dass unterhalb eines pH-Wertes von 4.0 eine noch höhere Festigkeit erhalten wird.

Es kann somit dem Streitpatent nicht entnommen werden, dass eine verbesserte Festigkeit durch das gegenüber E2 vorliegende Unterscheidungsmerkmal, d. h. den anspruchsgemäßen pH-Wert, erreicht wird.

8.5 Die vom Beschwerdegegner genannte Aufgabe kann daher nicht die objektive technische Aufgabe darstellen, so dass diese weniger anspruchsvoll als die Bereitstellung eines weiteren veganen Grund- oder Ersatzstoffs für bestimmte tierische Eiweißprodukte formuliert werden muss.

8.6 Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent die Substanz des Anspruchs 12 vor, welche dadurch gekennzeichnet ist, dass sie einen pH-Wert von kleiner oder gleich 5 aufweist.

8.7 Diese Lösung stellt eine willkürliche Wahl des pH-Wertes dar, wobei durch die Lehre der E2, Zitronensäure zuzugeben, bereits ein Hinweis in Richtung des anspruchsgemäßen, d. h. sauren pH-Wertes vorliegt. Da eine solche willkürliche Einstellung eines sauren pH-Wertes zur Routinetätigkeit des Fachmanns gehört, kann diese keine erfinderische Tätigkeit begründen. Dem Gegenstand des Anspruchs 12 mangelt es daher an erfinderischer Tätigkeit gegenüber E2.

Hilfsantrag 1

9. Anspruch 12 des Hilfsantrages 1 unterscheidet sich von Anspruch 12 des Hauptantrages lediglich dadurch, dass die Formulierung "der ersten Flüssigkeit" zu "Flüssigkeit" geändert wurde (d. h. Rückkehr zum erteilten Wortlaut). Daher mangelt es dem Gegenstand des Anspruchs 12 des Hilfsantrages 1 aus den für den Hauptantrag genannten Gründen ebenfalls an erfinderischer Tätigkeit gegenüber E2.

Hilfsanträge 2-4

10. Änderungen - Klarheit

10.1 Der jeweilige Anspruch 10 der Hilfsanträge 2-4 leitet sich von dem erteilten Anspruch 12 ab und enthält u. a. das zusätzliche Merkmal "Quark- oder Frischkäseähnliche, pastöse Konsistenz".

10.2 Dieses in den erteilten Ansprüchen nicht enthaltene Merkmal verstößt gegen das Erfordernis der Klarheit, da nicht deutlich ist, ab und bis zu welcher Festigkeit eine Substanz das Merkmal der quark- oder frischkäseähnlichen, pastösen Konsistenz erfüllt.

10.3 Die Schwierigkeit der Grenzziehung wird durch das Vorbringen des Beschwerdegegners (Patentinhabers) bestätigt. So wurde vom Beschwerdegegner vorgebracht, dass die Almonaise der E2 nicht quark- oder frischkäseähnlich pastös, sondern ölig-dickflüssig, saucenartig sei (dritter Absatz der Seite 27 des Schreibens vom 9. November 2010). Jedoch wird der Ausdruck "pastös" in den Dudenauszügen E40 und E41 als breiig, dickflüssig definiert und es fehlt jegliche Information im Streitpatent, wo die Grenze zwischen einer ölig-dickflüssigen, saucenartigen Konsistenz einerseits und der anspruchsgemäßen quark- oder frischkäseähnlichen, pastösen, d. h. breiig, dickflüssigen Konsistenz andererseits zu ziehen ist.

10.4 Darüber hinaus wird entgegen der obigen, im Duden (E40 und E41) gegebenen Definition im Online-Auszug des Dudens P13a pastös als "pastenartig, teigig" definiert. Somit sind in ein und demselben Nachschlagewerk verschiedene Definitionen für den Ausdruck "pastös" enthalten, so dass auch aus diesem Grund die Klarheit dieses Begriffes zu verneinen ist.

10.5 Nach Auffassung des Beschwerdegegners wird die Klarheit des Anspruchsmerkmals durch Anlage 1 (P16) der Käseverordnung (P15) bestätigt. In dieser Anlage wird auf Seite 5 die Konsistenz der Sorte "Speisequark" der Gruppe "Frischkäse" durch die Formulierung "Teig gleichmäßig weich, zart-geschmeidig bis pestenartig [sic]" beschrieben. Selbst wenn zu Gunsten des Beschwerdegegners davon ausgegangen wird, dass P15 und P16 einen Beleg für die Klarheit der Konsistenz von Speisequark/Frischkäse liefern, ist das Anspruchsmerkmal jedoch unklar, da sich dieses Merkmal nicht auf die Konsistenz von Quark bzw. Frischkäse, sondern auf eine quarkähnliche bzw. frischkäseähnliche Konsistenz bezieht und keine Information darüber verfügbar ist, bis zu welchem Ähnlichkeitsgrad dieses Merkmal erfüllt ist. Darüber hinaus geht aus P16 hervor, dass Speisequark ein Frischkäse ist. Es ist daher nicht deutlich, wie anspruchsgemäß eine Substanz die Konsistenz von Speisequark oder Frischkäse aufweisen kann.

10.6 Der Beschwerdegegner verweist schließlich auf P13b und P17-P19. P13b, P17 und P19 sind Wikipedia-Auszüge, die jeweils den Begriff "Paste" (P13b) und "quarkähnliche Konsistenz" (P17 und P19) enthalten. Die Tatsache, dass diese Begriffe in Wikipedia enthalten sind, kann jedoch nicht die Klarheit dieser Begriffe, geschweige denn die Klarheit des von diesen Begriffen verschiedenen Anspruchsmerkmals "Quark- oder Frischkäseähnliche, pastöse Konsistenz" belegen. Gleiches gilt für P18, einem Internetausdruck, in dem ein persönlicher Kommentar einer einzelnen Person wiedergegeben wird, der den Ausdruck "frischkäseähnliche Konsistenz" enthält.

10.7 Die Einfügung des Merkmals "Quark- oder Frischkäseähnliche, pastöse Konsistenz" in dem jeweiligen Anspruch 10 der Hilfsanträge 2-4 erfüllt somit nicht das Erfordernis der Klarheit (Artikel 84 EPÜ). Diese Anträge sind daher nicht gewährbar.

10.8 Zulassung von P20

Während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer wurde vom Beschwerdegegner eine E-Mail von Professor Carle vom 2. Mai 2012 vorgelegt (P20). Es wurde beantragt, diese E-Mail in das Verfahren zuzulassen.

In P20 wird von Professor Carle festgehalten, dass er bei einer Google-Suche unter dem Begriff "quarkähnliche Konsistenz" auf Wikipedia-Monographien für Sauermilchkäse und Tsatsiki gestoßen ist, die belegen dass dieser Begriff in der Lebensmittelwissenschaft üblich ist. Bei Zulassung der E-Mail in das Verfahren hätte dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben werden müssen, dieses neu eingereichte Beweismittel fachkundig beurteilen zu lassen. Dies hätte eine Verschiebung der mündlichen Verhandlung zur Folge gehabt. Daher hat die Kammer in der Verhandlung entschieden, P20 nicht in das Verfahren zuzulassen (Artikel 13(3) RPBA).

Hilfsantrag 5

11. Änderungen - Artikel 123(2) EPÜ

11.1 In Anspruch 10 des Hilfsantrages 5 wurde das Merkmal "und wobei der Anteil an zugesetztem Öl oder Fett zwischen 13,9 und 50 Gewichtsprozent beträgt" eingefügt. Es war zwischen den Parteien strittig, ob diese Änderung die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfüllt.

11.1.1 Hinsichtlich dieser Änderung ist Seite 5, Zeile 7-9 und 21-23 der ursprünglich eingereichten Anmeldung relevant. Hier wird der Öl- oder Fettanteil über ein Mengenverhältnis der breiigen ersten Substanz zu Öl oder flüssiggemachtem Fett als 100 : 20 bis 300 und über ein Mengenverhältnis der Mischung der sauren zweiten Flüssigkeit zur flüssigen zweiten Substanz (= breiige erste Substanz und Öl oder flüssiggemachtes Fett) als 2 bis 20 : 100 definiert. Diese Offenbarung impliziert eine Untergrenze für den Öl- oder Fettanteil von 13.9 Gewichtsprozent und eine Obergrenze von 73.5 Gewichtsprozent, wie die nachfolgende Rechnung zeigt:

Der relative Öl- oder Fettanteil in diesen Mengenverhältnissen ist minimal, wenn das Mengenverhältnis der ersten Substanz zu Öl- oder Fett bei 100:20 (im Folgenden "Bedingung a)") und das Mengenverhältnis der sauren zweiten Flüssigkeit zu erster Substanz und Öl oder Fett bei 20 : 100 (im Folgenden "Bedingung b)") liegt. Bei 100 Teilen erster Substanz und 20 Teilen Öl- oder Fett (Bedingung (a)) liegen 120 Teile erste Substanz und Öl oder Fett vor. Gemäß Bedingung (b) liegen pro 100 Teilen erster Substanz und Öl- oder Fett 20 Teile saure Flüssigkeit vor. Dies ergibt mit einfachem Dreisatz bei 120 Teilen erster Substanz und Öl- oder Fett 24 Teile saure Flüssigkeit. Es resultieren 100 Teile erste Substanz, 20 Teile Öl- oder Fett und 24 Teile saure Flüssigkeit, was 13.9 Gewichtsprozent Öl- oder Fett entspricht. Durch analoge Rechnung ergibt sich, wie vom Beschwerdeführer auf Seite 21 seines Schreibens vom 23. März 2011 bestätigt, eine Obergrenze für den Fettanteil von 73.5 %.

Somit spannen die in der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbarten breitesten Bereiche für die Mengenverhältnisse der ersten Substanz zu Öl- oder Fett und der sauren zweiten Flüssigkeit zu erster Substanz und Öl oder Fett inhärent einen Mengenbereich für den Öl- oder Fettanteil von 13.9 bis 73.5 Gewichtsprozent auf.

11.1.2 Neben der oben genannten Textstelle wird in der ursprünglich eingereichten Anmeldung noch auf Seite 9, Zeile 19-27 ein bevorzugter "Anteil an zugesetztem Fett" zwischen 30% und 50% offenbart. Während der Verhandlung war zwischen den Parteien strittig, ob sich der Ausdruck "Anteil an zugesetztem Fett" in dieser Textpassage ausschließlich auf den Fettanteil oder auf den Fett- bzw. Ölanteil bezieht.

Nach Auffassung der Kammer ist für den Fachmann anhand der ursprünglich eingereichten Anmeldung deutlich, dass der Ausdruck "Fett" in der diskutierten Textpassage als Oberbegriff für "Fette oder Öle" gebraucht wird. So wird in der Tabelle vor der diskutierten Textpassage (Seite 9, Zeile 10-13) darauf hingewiesen, dass eine Konsistenzeinstellung durch Wahl von mehr oder weniger "Fett" erfolgen kann, während nach der diskutierten Textpassage darauf eingegangen wird, dass eine bestimmte flüssigere oder festere Konsistenz durch Wahl eines bestimmten Anteils zugesetzter "Fette oder Öle" erhalten wird (Seite 10, Zeile 5-13). Es ist somit für den Fachmann deutlich, dass sich der Bereich von 30 bis 50 % Fett in der diskutierten Textpassage der ursprünglich eingereichten Anmeldung auf den Öl- oder Fettanteil bezieht.

Nach Auffassung der Kammer ist für den Fachmann ausgehend von der ursprünglich eingereichten Anmeldung darüber hinaus deutlich, dass es sich bei den Prozentangaben um Gewichtsprozente handeln muss, da, sofern in der ursprünglich eingereichten Anmeldung eine nähere Spezifizierung erfolgt, ausschließlich auf Gewichte Bezug genommen wird (Seite 6, Zeile 16: "200 Gramm Sonnenblumenöl" und Anspruch 8: "Gewichtsanteile"). Dies wurde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.

11.1.3 Somit gehen aus der ursprünglich eingereichten Anmeldung zwei Mengenbereiche für den Öl- oder Fettanteil unmittelbar und eindeutig hervor, nämlich ein breiter Bereich von 13.9-73.5 Gewichtsprozent und ein bevorzugter Bereich von 30-50 Gewichtsprozent. Im Einklang mit etablierter Rechtsprechung (z. B. T 925/98 vom 13. März 2001, Punkt 2, nicht im Abl. EPA veröffentlicht) kann die Untergrenze des breiteren Bereiches (13.9 Gewichtsprozent) mit der Obergrenze des bevorzugten Bereiches (50 Gewichtsprozent) kombiniert werden, ohne die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ zu verletzen. In diesem Zusammenhang ist es entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers völlig unerheblich, um welchen Prozentanteil der bevorzugte Bereich durch diese Kombination der Unter- und Obergrenzen erweitert wird. Der in Anspruch 10 aufgenommene Mengenbereich für den Öl- oder Fettanteil von 13.9 bis 50 Gewichtsprozent erfüllt daher die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.

11.2 Weitere Einwände bezüglich der jetzt vorliegenden Fassung des Hilfsantrags 5 (Hilfsantrag 5 wurde während der mündlichen Verhandlung geändert, siehe Punkt 2) wurden vom Beschwerdeführer nicht erhoben und die Kammer ist überzeugt, dass die Erfordernisse dieses Artikels erfüllt sind.

12. Erfordernisse der Artikel 84, 123(3), 100 b) sowie 100 c) EPÜ

12.1 Vom Beschwerdeführer wurden keine Einwände gemäß der Artikel 84, 123(3) und 100 c) EPÜ bzw. keine weiteren Einwände gemäß Artikel 100 b) EPÜ erhoben. Die Kammer ist überzeugt, dass die Erfordernisse dieser Artikel erfüllt sind. Insbesondere wurde der hinsichtlich des Anspruchs 12 des Hauptantrages von der Kammer unter Artikel 100 c) EPÜ erhobene Einwand (siehe Punkt 3) durch die in Anspruch 10 des Hilfsantrags 5 vorgenommene Änderung des Merkmals "die Mengenverhältnisse der Kerne oder Nüsse zu Flüssigkeit in Bezug auf deren Gewichtsbestandteile 100:50 bis 1000" zu "die Mengenverhältnis der Kerne oder Nüsse zu der ersten Flüssigkeit zu Salz bzw. Zucker in Bezug auf deren Gewichtsbestandteile 100 : 50 bis 1000 : 0 bis 200" ausgeräumt.

13. Neuheit

13.1 Neben den Merkmalen des Anspruchs 12 des Hauptantrages enthält Anspruch 10 des Hilfsantrages 5 noch die folgenden zusätzlichen Merkmale

a) ein bestimmter Salz- beziehungsweise Zuckeranteil (ausgedrückt als "Mengenverhältnisse der Kerne oder Nüsse zu der ersten Flüssigkeit zu Salz bzw. Zucker in Bezug auf deren Gewichtsbestandteile 100 : 50 bis 1000 : 0 bis 200" (Hervorhebungen durch die Kammer), sowie

b) ein Anteil an zugesetztem Öl oder Fett zwischen 13.9 und 50 Gewichtsprozent.

In E2 beträgt das Mengenverhältnis der Mandeln zur ersten Flüssigkeit (Wasser) zu Salz (in E2 wird kein Zucker eingesetzt) 1/2 Tasse : 1/2 Tasse + 1-2 Esslöffel : 1/2 Teelöffel. Somit liegt das Mengenverhältnis hinsichtlich des Salzanteils eindeutig im anspruchsgemäßen Bereich. Der in Anspruch 10 des Hilfsantrages 5 eingeführte Salz- bzw. Zuckeranteil (obiges Merkmal a)) stellt daher kein zusätzliches Unterscheidungsmerkmal bezüglich des Dokumentes E2 dar.

In E2 werden 1/2 Tasse Mandeln, 1/2 Tasse Wasser, 1-2 Esslöffel Wasser, 1/2 Teelöffel Meersalz, 1/2 Teelöffel salzfreies Gewürz, 2-3 Esslöffel Zitronensaft und 2-3 Tassen Distelöl eingesetzt. Für 2 bzw. 3 Tassen Distelöl resultiert somit ein Gesamtvolumen der verfestigten Substanz von geringfügig oberhalb von 3 bzw. 4 Tassen, entsprechend einem Ölvolumenanteil von geringfügig unterhalb 2/3 (bei 2 Tassen Distelöl) bzw. 3/4 (bei 3 Tassen Distelöl). Da die Dichte des Distelöls oberhalb derjenigen von Mandeln und Wasser liegt, muss davon ausgegangen werden, dass der Gewichtsanteil des Distelöles in E2 bei mindestens 66 Gewichtsprozent (2/3) liegt. Der Ölanteil in E2 liegt daher deutlich oberhalb der anspruchsgemäßen Obergrenze des Anspruchs 10 (50 Gewichtsprozent).

Somit unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 10 des Hilfsantrages 5 von E2 hinsichtlich des pH-Wertes (siehe Punkt 7.6) und hinsichtlich des Öl- oder Fettanteils. Die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 10 und dadurch bedingt der von Anspruch 10 abhängigen Produktansprüche 11-18 sowie der zu den anspruchsgemäßen Produkten führenden, die gleichen Unterscheidungsmerkmale aufweisenden Verfahrensansprüche 1-9 ist daher gegenüber E2 anzuerkennen.

14. Erfinderische Tätigkeit

14.1 Aus den für den Hauptantrag genannten Gründen stellt E2 auch für den Gegenstand des Hilfsantrages 5 den nächstliegenden Stand der Technik dar. Wie hinsichtlich des Hauptantrages ausgeführt, kann die Auswahl des anspruchsgemäßen pH-Wertes keine erfinderische Tätigkeit begründen. Es ist daher zu untersuchen, ob die erfinderische Tätigkeit auf der Grundlage des noch verbleibenden Unterscheidungsmerkmals, nämlich dem anspruchsgemäßen im Vergleich zu E2 niedrigeren Öl- oder Fettanteil, anerkannt werden kann.

14.2 Entsprechend dem Vorbringen beider Parteien ist die durch dieses Unterscheidungsmerkmal gelöste objektive technische Aufgabe in der Bereitstellung eines alternativen, weiteren veganen Grund- oder Ersatzstoffes für bestimmte tierische Eiweißprodukte zu sehen.

14.3 E2 enthält keinerlei Hinweis auf eine Erniedrigung des Ölanteils auf die anspruchsgemäßen Werte. Im Gegensteil wird im zweiten Absatz der Seite 536 festgehalten, dass die in E2 gemachten "Maßangaben genau zu beachten" sind. Ferner wird im ersten Absatz der Seite 536 darauf hingewiesen, dass eine zu hohe Luftfeuchtigkeit die Emulsionsbildung verhindern kann. Beides macht deutlich, dass es sich bei der Almonaisebildung in E2 um einen sehr sensiblen Prozess handelt, der nur unter den in E2 beschriebenen Bedingungen zum gewünschten Produkt führt. Der nach einer Alternative Ausschau haltende Fachmann würde daher gerade nicht von den Maßangaben der E2 abweichen, sondern diese lediglich innerhalb der in E2 beschriebenen Grenzen variieren. Die Rezeptur der E2 lässt jedoch, wenn überhaupt, lediglich eine Erhöhung des Ölanteils von 66 Gewichtsprozent (entsprechend 2 Tassen Distelöl) auf 75 Gewichtsprozent (entsprechend 3 Tassen Distelöl) zu. Somit würde der Fachmann bei Variation des Ölanteils innerhalb der durch E2 vorgegebenen Grenzen keinesfalls eine Verringerung des Ölanteils auf Werte innerhalb des anspruchsgemäßen Bereiches vornehmen. Daher ist die anspruchsgemäße Alternative nicht naheliegend, so dass die erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des Produktanspruchs 10 und dadurch bedingt der von Anspruch 10 abhängigen Produktansprüche 11-18 sowie der zu den anspruchsgemäßen Produkten führenden, die gleichen Unterscheidungsmerkmale aufweisenden Verfahrensansprüche 1-9 gegenüber E2 anzuerkennen ist.

Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung

15. Vom Beschwerdegegner wurde beantragt, eine möglicherweise notwendige Anpassung der Beschreibung an die Ansprüche des Hilfsantrages 5 in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorzunehmen. Der Beschwerdeführer machte jedoch geltend, dass er für die Beurteilung etwaiger Änderungen in der Beschreibung ausreichend Zeit benötige und dass daher die Angelegenheit hinsichtlich dieser Frage an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen sei.

Die unabhängigen Ansprüche des Hilfsantrages 5 weisen gegenüber den erteilten unabhängigen Ansprüchen mehrere Einschränkungen auf. Ferner wurden mehrere abhängige erteilte Ansprüche, die im Widerspruch zu den unabhängigen Ansprüchen standen, gestrichen. Es ist daher zu prüfen, inwieweit infolge dieser Beschränkungen und Streichungen Anpassungen in der Beschreibung nötig sind. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die mündliche Verhandlung hierzu nicht ausreichend Zeit bot, schien daher gerechtfertigt, so dass die Kammer dem Antrag des Beschwerdeführers stattgegeben hat, die Angelegenheit zur Anpassung der Beschreibung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent mit den Patentansprüchen 1-18, eingereicht als Hilfsantrag 5 in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 16. Mai 2012, und einer gegebenenfalls noch anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.

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