T 0292/10 () of 24.1.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T029210.20120124
Datum der Entscheidung: 24 Januar 2012
Aktenzeichen: T 0292/10
Anmeldenummer: 00926939.0
IPC-Klasse: F16D 65/56
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verschleissnachstelleinrichtung für eine Bremse
Name des Anmelders: KNORR-BREMSE Systeme für Nutzfahrzeuge GmbH
Name des Einsprechenden: Meritor Heavy Vehicle Braking Systems (UK) Limited
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Haupt- und Hilfsantrag - verneint
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die am 22. Dezember 2009 zur Post gegebene Entscheidung über den Widerruf des Europäischen Patents Nr. EP 1 183 477, unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr, am 15. Februar 2010 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde begründung ist am 23. April 2010 eingegangen.

II. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 im Hinblick auf die Entgegenhaltungen

D1: DE-A-196 32 917

D7: FR-A-2 560 100

nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Der während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchs abteilung eingereichte Hilfsantrag wurde nicht zugelassen.

III. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufgebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückweisung des Einspruchs, hilfsweise das Patent auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchs abteilung eingereichten Hilfsantrags aufrechtzuerhalten.

Die Beschwerdegegnerin beantragt die Beschwerde zurück zuweisen.

IV. Der erteilte Anspruch 1 lautet:

"Verschleißnachstelleinrichtung (1) für eine Bremse, insbesondere eine Kraft fahrzeug bremse, mit einer in einem Gehäuse (2), insbesondere einem Bremssattel, gelagerten und an einem stirnseitigen Ende von außen zugänglichen Justierwelle (3), die im zugänglichen Bereich mit einem eine Drehmomentübertragung ermögli chenden Kopfteil (4) ausgestattet ist, dadurch gekenn zeichnet, daß das Kopfteil (4) als separates Bauteil ausgebildet und in Achsrichtung der Justierwelle (3) sowie gegenüber der Justierwelle (3) verdrehsicher mittelbar oder unmittelbar mit dieser koppelbar ist und

mit einer Sollbruchstelle (5) ausgestattet ist, die bei Überschreitung eines maximal zulässigen Drehmomentes zu einer Abscherung des mit der Justierwelle (3) gekoppelten Abschnittes gegenüber dem der Justierwelle (3) abgewandten Abschnittes führt (Merkmal A)".

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 darin, dass zusätzlich spezifiziert wird, dass das Kopfteil:

"derart ausgebildet ist, dass es möglich ist, das Kopfteil (3) lediglich dann auf die Justierwelle aufzusetzen, wenn - für den Fall eines erforderlichen Belagwechsels - die Justierwelle (3) in ihre Ausgangs lage zurück gedreht werden soll (Merkmal B)".

Die Merkmalsbezeichnungen (Merkmal A und B) sind von der Kammer eingefügt worden.

V. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Hauptantrag

Die Vorrichtung gemäß D1 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar und offenbare alle Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag außer dem Merkmal A.

Der mit der Lösung der in Absatz [0010] des Streit patents angegebenen Aufgabe betraute Fachmann sei ein Fachmann für Bremsen und nicht für allgemeine Werkzeuge. Deswegen werde er nicht in fremden technischen Gebieten, wie dem der Werkzeuge nach Lösungen der Aufgabe suchen. Außerdem betreffe die D7 ein Ansatzstück zum Anziehen von Bolzen, das so weit angezogen werde, bis die Soll bruchstelle bricht, wodurch sichergestellt werde, dass das gewünschte Dreh moment erreicht werde. Hingegen komme es bei der beanspruch ten Erfindung auf das Lösen, bzw. Zurückdrehen einer Justier welle an, wobei grundsätzlich eine Über drehung vermieden, aber nicht zwingend durch das Abbrechen des Kopfteils ein Mindestdrehmoment erreicht werden solle.

Folglich sei eine Anwendung der Lehre der D7 auf die Vorrichtung gemäß D1 nicht naheliegend.

Hilfsantrag

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag unterscheide sich von der Vorrichtung gemäß D1 zusätzlich durch das Merkmal B. Das Kopfteil gemäß D1 sei nämlich immer auf der Justierwelle aufgesetzt während dies bei der vorliegenden Erfindung lediglich dann erforderlich sei, wenn ein Belagwechsel anstehe.

Folglich beruhe auch der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag auf einer erfinderischen Tätigkeit.

VI. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

Die Vorrichtung gemäß D1 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag unterscheide sich hiervon ausschließlich durch das Merkmal A.

Um die gestellte Aufgabe zu lösen (siehe Absatz [0010] des Streit patents) werde der Fachmann nicht nur das technische Gebiet der Kraftfahrzeugbremsen, sondern auch das benachbarte Gebiet der Werkzeuge in Betracht ziehen und somit z. Bsp. zur D7 gelangen.

Diese offenbare ein Werkzeug zum Anziehen von Bolzen, das eine Begrenzung des auf den Bolzen aufgebrachten Dreh moments durch eine Sollbruchstelle ermögliche.

Für den Fachmann sei es naheliegend, die Lehre der D7 auf die Vorrichtung gemäß D1 anzuwenden und damit zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag zu gelangen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Erfinderische Tätigkeit

2.1 Die Vorrichtung gemäß D1 stellt den nächst liegenden Stand der Technik dar.

Diese Entgegenhaltung zeigt (siehe insbesondere Figur 4):

eine Verschleißnachstelleinrichtung für eine Bremse, mit einer in einem Gehäuse (2), gelagerten und an einem stirn seitigen Ende von außen zugänglichen Justierwelle (1), die im zugänglichen Bereich mit einem eine Dreh moment übertragung ermögli chenden Kopfteil (5) aus gestattet ist, wobei das Kopfteil (5) als separates Bauteil ausgebildet und in Achsrichtung der Justierwelle (1) sowie gegenüber der Justierwelle (1) verdrehsicher mittelbar oder unmittelbar mit dieser koppelbar ist.

Ferner offenbart D1 eine Vorrichtung, bei der das Kopfteil 5 nur dann auf die Justier welle 1 aufgesetzt wird, wenn diese beim Belagwechsel in ihre Ausgangs lage zurückgedreht wird (siehe Figur 4 und Spalte 3, Zeilen 58 bis Spalte 4, Zeile 2), während es im sonstigen Gebrauch durch die Feder 10 in einer von der Justier welle entkoppelten Lage gehalten wird, in der es nicht auf der Justierwelle aufsitzt. Die Beschwerde gegnerin führt zwar aus, dass in der D1 das Kopfteil 5 immer auf dem Gehäuse aufgesetzt sein muss, unter anderem, um die Justierwelle von Staub zu schützen, während die Vorrichtung gemäß Streitpatent auch vorsieht, dass das Kopfteil lediglich dann auf die Verschleiß nachstell vorrichtung aufgesetzt wird, wenn die Justierwelle in die Eingangsposition zurückgedreht werden soll (siehe Absatz [0030]). Jedoch verlangt Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag nicht, dass das Kopfteil so gestaltet ist, dass es von der Verschleiß nachstell vorrichtung entfernt werden kann, sondern lediglich dass es nicht ständig auf der Justierwelle aufgesetzt ist. Folglich offenbart D7 auch das Merkmal B des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1.

2.2 Bei der Verschleiß nachstell vorrichtung nach D1 wird, anders als im Anspruch 1 des Streitpatents, das maximal auf die Justierwelle übertrag bare Drehmoment dadurch begrenzt, dass das Kopfteil bei einem vorgegebenen Drehmoment deformiert wird.

Somit besteht ausgehend von D1 die durch die Vorrichtung gemäß Anspruch 1 des Haupt- und Hilfsantrags zu lösende Aufgabe darin eine Verschleiß nachstelleinrichtung so zu gestalten, dass das maximal auf die Justierwelle übertrag bare Moment exakter bestimmbar ist (siehe Absatz [0010] des Streitpatents).

Zur Lösung dieser Aufgabe umfasst die Vorrichtung gemäß Anspruch 1 das Merkmal A, wonach die Vorrichtung:

"mit einer Sollbruchstelle ausgestattet ist, die bei Überschreitung eines maximal zulässigen Drehmomentes zu einer Abscherung des mit der Justierwelle gekoppelten Abschnittes gegenüber dem der Justierwelle abgewandten Abschnittes führt".

2.3 Zur Lösung der gestellten Aufgabe zieht der Fachmann nicht nur das Gebiet der Kraftfahrzeugbremsen in Betracht, sondern auch diejenigen Gebiete des Maschinen baus, bei denen das auf ein Bauteil aufgebrachte Moment einen gegebenen Wert nicht über schreiten darf, unter anderem das Gebiet der Werkzeuge. Dabei stößt er zum Beispiel auf die D7, die dazu anregt ein Ansatzstück ("embout" 1) einzusetzen, um sicher zustellen, dass nicht mehr als das gewünschte Dreh moment auf eine anzu ziehende Schraube übertragen wird (siehe Seite 2, Zeilen 6 bis 14). Dies wird dadurch erreicht, dass das Ansatz stück aus zwei Teilen (2, 3) besteht, deren Verbindung eine Soll bruchstelle (4) aufweist, wobei die Soll bruch stelle so ausgelegt ist, dass sie beim gewünschten Drehmoment bricht.

Wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, ist bei der in der D7 beschriebenen Vorrichtung vorgesehen, das Ansatzstück immer bis zum Bruch anzuziehen, wodurch sicherstellt wird, dass die Schraube stets ausreichend angezogen wird. Bei der erfindungs gemäßen Verschleiß nach stelleinrichtung ist hingegen das Brechen des Kopfes nicht bei jedem Ersetzen des Bremsbelags zwingend notwendig, um sicherzustellen, dass die Justierspindel nicht überbelastet wird. Vielmehr ist es auch möglich, dass der Wartungsmechaniker die Justier spindel nur soweit zurückdreht, dass sie nicht an den Endanschlag stößt. Trotzdem lösen beide Vor richtungen die gleiche Aufgabe, nämlich sicherzustellen, dass kein übermäßiges Drehmoment auf ein bestimmtes Bauteil ausgeübt wird, damit dieses nicht beschädigt wird.

Folglich würde der Fachmann die Lehre der D7 auf die Vorrichtung gemäß D1 übertragen und somit in nahe liegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen.

Deswegen liegt dem Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 keine erfinderische Tätigkeit zugrunde.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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