European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2014:T028310.20141007 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 07 October 2014 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0283/10 | ||||||||
Anmeldenummer: | 99112050.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | G01B 11/24 G06K 7/10 G02B 26/12 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Optoelektronischer Sensor | ||||||||
Name des Anmelders: | SICK AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Datalogic Automation S.r.l. | ||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (ja) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde des Patentinhabers richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 0967458 zu widerrufen. Die Einspruchsabteilung hatte den Widerruf insbesondere damit begründet, dass der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
II. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag, eingereicht mit Schreiben vom 30. April 2010.
III. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
IV. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag der Beschwerdeführerin lautet wie folgt:
"Optoelektronischer Sensor mit
einer Lichtquelle (10) zum Aussenden eines Fahrstrahls (11),
einer Lichtablenkeinheit (12), die zur periodischen Ablenkung des Fahrstrahls (11) innerhalb eines Sendewinkelbereiches (14) ausgebildet ist,
einer Empfangseinrichtung zum Nachweisen von von einem abzutastenden Objekt reflektiertem und/oder rückgestreutem Licht und
einer Umlenkeinheit (18), die eine zumindest bereichsweise innerhalb des Sendewinkelbereiches (14) angeordnete Lichteintrittsfläche (20) aufweist und zur Umlenkung von durch die Lichteintrittsfläche (20) einfallendem Licht auf einen Photodetektor (22) ausgebildet ist, der mit einer Synchronisationsschaltung zur Erzeugung eines Synchronisationspulses zur Bestimmung des Beginns einer Abtastperiode koppelbar ist,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Umlenkeinheit (18) eine Platte (24) aus lichtdurchlässigem Material, insbesondere aus Kunststoff umfasst, die derart angeordnet ist, dass ihre Schmalseiten als Lichteintritts-, Lichtaustritts-und Reflexionsflächen (20, 26, 29, 30) für den von der Lichtquelle (10) ausgesandten Fahrstrahl (11) dienen."
V. Die folgenden, im Einspruchsverfahren zitierten Dokumente sind für die vorliegende Entscheidung von Bedeutung:
D1: US 4 130 339
D2: DE 41 02 146 C1
D3: US 5 530 242 A
D4: US 5 750 986 A
D5: US 5 508 513 A
D6: WO 91/06028 A1
D7: US 5 438 354 A
D8: US 5 756 983 A
D9: EP 0 450 643 A2
D10: EP 0 806 690 A2
D13: DE 1 219 267 A
VI. Am 7. Oktober 2014 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)
1.1 Die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 wurde von der Einsprechenden nicht in Frage gestellt.
2. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
2.1 Es bestand Einigkeit zwischen den Parteien, dass das Dokument D1 als nächstliegender Stand der Technik anzusehen sei.
2.2 Das Dokument D1 offenbart einen optoelektronischen Sensor mit einer Lichtquelle 21 zum Aussenden eines Fahrstrahls 27,
einer Lichtablenkeinheit 24, die zur periodischen Ablenkung des Fahrstrahls innerhalb eines Sendewinkelbereiches ausgebildet ist,
einer Empfangseinrichtung (vgl. Spalte 1, Zeile 28; die Abtastvorrichtung ist auch zum Lesen von Signalen geeignet, daher ist implizit auch eine Empfangseinrichtung vorhanden) zum Nachweisen von von einem abzutastenden Objekt reflektiertem und/oder rückgestreutem Licht und
einer Umlenkeinheit (information beam taking up member 35, 38, 45, 48), die eine zumindest bereichsweise innerhalb des Sendewinkelbereiches angeordnete Lichteintrittsfläche aufweist und zur Umlenkung von durch die Lichteintrittsfläche einfallendem Licht auf einen Photodetektor 30 ausgebildet ist, der mit einer Synchronisationsschaltung zur Erzeugung eines Synchronisationspulses zur Bestimmung des Beginns einer Abtastperiode koppelbar ist (vgl. Spalte 5, Zeilen 62 bis 67; der umgelenkte Lichtstrahl wird zur Erzeugung eines Synchronisationssignals verwendet).
Die Umlenkeinheit hat die Form eines länglichen Körpers aus lichtdurchlässigem Material, bei der das Licht an einer Breitseite ein- und austritt, und die auch als Ausgangsfenster für den Fahrstrahl dient.
2.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von der Offenbarung des Dokuments D1 dadurch, dass die Umlenkeinheit eine Platte aus lichtdurchlässigem Material ist, die derart angeordnet ist, dass ihre Schmalseiten als Lichteintritts-, Lichtaustritts- und Reflexionsflächen für den von der Lichtquelle ausgesandten Fahrstrahl dienen. Dieses Unterscheidungsmerkmal hat die Wirkung, dass die Umlenkeinheit den Sendewinkelbereich kaum einschränkt (vgl. Spalte 1, Zeilen 39 bis 42 oder Spalte 2, Zeilen 13 bis 16 der Patentschrift). Dies impliziert, dass die Platte, wie in den Figuren gezeigt, darüber hinaus in etwa senkrecht zu einer durch den Fahrstrahl definierten Sendeebene angeordnet ist.
Die Aufgabe gegenüber D1 kann daher darin gesehen werden, den Sendewinkelbereich zu vergrößern.
2.4 Das Dokument D1 gibt dazu keine Anregung. Dokument D1 schlägt lediglich vor, dass die Umlenkeinheit auch unabhängig von dem Ausgangsfenster realisiert werden kann, wenn ein Ausgangsfenster nicht erforderlich ist. In so einem Fall braucht sie auch nur dort realisiert zu werden, wo der Informationsstrahl umgelenkt werden soll und der wirksame Strahl kann von der Lichtablenkeinheit direkt zur Linse gelangen (vgl. Spalte 8, Zeilen 21 bis 29). Das Dokument D1 zeigt nicht, wie die Umlenkeinheit als einzelne Einheit realisiert werden kann.
2.5 Der Fachmann weiß daher aus Dokument D1, dass die Umlenkeinheit auch ohne Ausgangsfenster realisiert werden kann. Das Dokument D1 selbst zeigt in Figur 3 eine Variante ganz ohne Umlenkeinheit. Auf der Suche, wie das oben genannte Problem gelöst werden kann, wird er den entsprechenden Stand der Technik im Bereich der optischen Scanner konsultieren.
2.6 Das Dokument D3 schlägt vor, statt einem Fotodetektor im Sendewinkelbereich einen Lichtleiter vorzusehen, der das Licht zu einem Fotodetektor leitet (vgl. Figuren 2 und 3). Diese Lösung wird auch in Dokument D4 und D5 vorgeschlagen.
2.7 Dokument D7 zeigt ein längliches optisches Element, das den Fahrstrahl eines Scanners von beiden Randbereichen auf ein Fotoelement lenkt.
2.8 Die anderen Dokumente zeigen keine Details einer Umlenkeinheit durch die das Licht auf einen Fotodetektor gelenkt wird.
2.9 Die Einsprechende (Beschwerdegegnerin) sieht den Gegenstand des Anspruchs 1 durch D1 alleine oder in Kombination mit D2, D6 oder der erst im Beschwerdeverfahren eingereichten D13 nahegelegt.
2.9.1 Der Fachmann, der bei der Offenbarung des Dokuments D1 versuche Material zu sparen, nicht nur um Kosten zu reduzieren sondern auch um die Vorrichtung kleiner zu machen, würde die Platte mit Ausgangsfenster und Umlenkeinheit in der Höhe und Breite reduzieren und so zu einer Platte (in oder senkrecht zu der Sendeebene) kommen, bei der das Licht an der Schmalseite eintrete. Dokument D1 würde dies nahelegen, weil in Spalte 8, Zeilen 15 bis 29 bereits ausgeführt werde, dass die Umlenkeinheit nur dort bereitgestellt werden müsse, wo der Lichtstrahl auch umgelenkt werden solle.
2.9.2 Die Kammer kann sich dieser Argumentation nicht anschließen. In den Ausführungsbeispielen des Dokuments D1 wird ein Ausgangsfenster der Polygon-Box zusammen mit der Umlenkeinheit realisiert. Für den Fall, dass keine Polygon-Box mit Ausgangsfenster erforderlich ist, schlägt das Dokument D1 vor die Umlenkeinheit auch als separates Bauteil zu installieren (vgl. Spalte 7, Zeilen 35 bis 37). In diesem Fall kann die Umlenkeinheit auch nur dort realisiert werden, wo sie zum Umlenken gebraucht wird, und nicht mehr dort wo sie nur als Fenster dient (vgl. Spalte 8, Zeilen 24 bis 29). Diese Aussage lässt keine Schlussfolgerung über die mögliche Form der Umlenkeinheit zu. Die Aufgabe der Materialersparnis lässt sich, weder aus dem Dokument D1 alleine noch aus den Unterschiedsmerkmalen zum beanspruchten Gegenstand ableiten. Auch als separates Bauteil kann die Umlenkeinheit verschiedene Formen haben (vgl. D3). Ohne Kenntnis des strittigen Patents hat der Fachmann keine Veranlassung eine Platte als Umlenkeinheit zu wählen, bei der die Schmalseiten als Lichteintritts-, Lichtaustritts- und Reflexionsflächen dienen.
2.9.3 Nach Ansicht der Einsprechenden würde der Fachmann das Dokument D2 konsultieren, das bereits einen plattenförmigen Lichtleiter offenbare. Licht werde dort an einer Schmalseite eingekoppelt und zu einem Sensor an einer anderen Schmalseite geleitet.
2.9.4 Dokument D2 betrifft einen Verschmutzungs- und Regensensor für Autoscheiben. Dabei wird Licht in die Platte eingestrahlt und eine Lichtschwächung durch Schmutz auf der gesamten Fläche gemessen. Die Kammer bezweifelt, dass der Fachmann ein Dokument auf diesem Gebiet konsultiert hätte, wenn er den Sendewinkelbereich für einen Scanner vergrößern will. Dokument D2 lehrt auch keine Umlenkeinheit für einen Lichtstrahl, sondern einen Sensor für Schmutz auf einer Scheibe, bei der das Licht durch die gesamte Platte verteilt wird und dann zum Sensor gelangt. Ohne Kenntnis des Streitpatents würde der Fachmann die Lehre aus Dokument D2 nicht in Erwägung ziehen.
2.9.5 Nach Ansicht der Einsprechenden zeigt das Dokument D6 ein Lichtleitelement 126 (vgl. Figur 2) bei dem das Licht an einer Schmalseite ein- und austritt.
2.9.6 Aus der Zeichnung ist jedoch nicht zu erkennen, dass das Licht an einer Schmalseite ein- oder austritt. Dieses Lichtleitelement befindet sich auch nicht im Sendewinkelbereich, sondern das Prisma dient der Lenkung des Strahls auf die Ablenkeinheit.
2.9.7 Die Einsprechende hat auch noch das Dokument D13 angeführt. Dieses Dokument offenbart eine Anordnung zum zeilenweisen Abtasten von Lochkarten. Das Licht durch die Lochkarte wird von elliptischen Spiegelstreifen auf die entsprechenden Sensoren reflektiert. Nach Ansicht der Einsprechenden lehre dieses Dokument einen Lichtlenker in schmale Elemente aufzuteilen und nur dort einzusetzen, wo sie gebraucht werden. Eine erster Spiegel diene einer Taktspur und somit der Synchronisation. Der Fachmann würde dadurch die klare Anweisung erhalten, nur dort eine Umlenkeinheit vorzusehen, wo das Licht für ein Synchronisationssignal auftrete.
2.9.8 Gemäß diesem Dokument wird das gesamte Abtastlicht und das Synchronisationslicht von den Spiegelstreifen umgelenkt. Der Spiegel ist streifenförmig ausgebildet, um das Licht auf die hintereinander angeordneten Sensoren durch entsprechende Krümmung fokussieren zu können. Eine Platte aus lichtdurchlässigem Material, bei der die Schmalseiten als Lichteintritts- und Lichtaustrittsflächen dienen, wird durch dieses Dokument nicht nahegelegt.
2.10 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 durch keines der zitierten Dokumente nahegelegt ist.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
Beschreibung:
Seiten: 2 bis 5 eingereicht während der mündlichen Verhandlung am 7. Oktober 2014.
Ansprüche:
Nr.: 1 gemäß Hauptantrag eingereicht mit Schreiben vom 30. April 2010.
Nr.: 2 bis 14 eingereicht während der mündlichen Verhandlung am 7. Oktober 2014.
Zeichnungen:
Figuren: 1 und 2 eingereicht während der mündlichen Verhandlung am 7. Oktober 2014.