T 0228/10 () of 20.3.2013

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2013:T022810.20130320
Datum der Entscheidung: 20 März 2013
Aktenzeichen: T 0228/10
Anmeldenummer: 04712512.5
IPC-Klasse: F01N 7/18
F16L 27/111
F16L 11/16
F16L 51/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: FLEXIBLES LEITUNGSELEMENT
Name des Anmelders: Witzenmann GmbH
Name des Einsprechenden: SJM GmbH
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 100(a)
European Patent Convention 1973 Art 100(b)
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Einspruchsgründe - mangelnde Klarheit kein Einspruchsgrund
Einspruchsgründe - Ausführbarkeit (ja)
Neuheit - Hauptantrag (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag und Hilfsantrag 1 (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 2 (ja)
Spät eingereichte Dokumente - zugelassen (nein)
Geändertes Vorbringen - Dokumente und Argumente
Geändertes Vorbringen - zugelassen (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0422/11

Sachverhalt und Anträge

I. Mit der am 18. November 2009 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung wurde der Einspruch gegen das Europäische Patent 1 576 263 zurückgewiesen.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) am 20. Januar 2010 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 26. März 2010 eingereicht.

III. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat am 9. August 2010 Hilfsanträge 1 und 2 eingereicht.

IV. Anspruch 1 des Patents wie erteilt lautet:

"Flexibles Leitungselement, insbesondere für die Abgasanlage eines Kraftfahrzeugs, mit einem schraubengangförmigen oder ringgewellten Metallbalg (1), mit einem koaxial innerhalb des Metallbalgs (1) angeordneten, schraubengangförmig gewickelten oder ringförmige Segmente aufweisenden Metallschlauch (2), dessen Außenquerschnitt kleiner als der lichte Innenquerschnitt des Metallbalgs (1) ist, und mit einem den Metallbalg (1) außen zumindest bereichsweise umgebenden Außengestricke (4), dadurch gekennzeichnet,

dass das flexible Leitungselement so ausgestaltet ist, dass seine dynamische Transfersteifigkeit in Axialrichtung bei einer Anregungsamplitude von 0,1 mm und Raumtemperatur über einen Frequenzbereich der Anregungsschwingung von 80 Hz bis 140 Hz hinweg unter 50 N/mm liegt.

Im folgenden wird der Parameter "axiale dynamische Transfersteifigkeit" auch mit Kdyn bezeichnet.

V. Auf folgende Beweismittel wurde von den Parteien Bezug genommen.

D1: WO-A-02/29302,

D2: ISO-EN 10846-1, 2008, "Acoustics and Vibration - Laboratory Measurement of vibro-acoustic transfer properties of resilient elements",

D2a: wie D2, Ausgabe 1997,

D3: "Understanding and Using Dynamic Stiffness - A tutorial", in "Orbit, Second Quarter 2000,

D3a: wie D3, mit Titelseite,

D4: Auszüge aus "Das Handbuch der Metallbälge", herausgegeben durch Witzenmann GmbH, 2002,

D5: EP-A-1 010 872,

D6: "Summary Tenneco Sign-off Criteria for Flex Elements",

D7: zwei Messdiagramme "As.-Nr. 446623",

D8: Auszug aus Broschüre "Hydra Witzenmann 506.065",

ED2: technische Zeichnungen "Witzenmann Hydra Schlauchleitung Flexible Long 923293",

ED3: statistische Auswertung statische Steifigkeit Schlauchleitung 923293,

ED4: dynamische Steifigkeit, Stichprobe an NL220.

VI. Zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung hat die Kammer in einer Mitteilung den Parteien ihre vorläufige Beurteilung der Sache mitgeteilt. Danach schien es bezüglich der bis dahin erstmals im Beschwerdeverfahren vorgelegten Beweismittel D2-D4, dass zumindest D2a in das Verfahren zugelassen werden könnte (Artikel 12(4) und 13(1) VOBK), wohingegen D3, D3a und D4 mangels Relevanz nicht in das Verfahren zugelassen werden sollten. Die Kammer vertrat außerdem die Auffassung, dass die vorgetragenen Einwände der Beschwerdeführerin zur Ausführbarkeit der Erfindung nach den Ansprüchen 1 bis 4 und 9 die Aufrechterhaltung des Patents nicht in Frage stellten. Außerdem war die Kammer der Meinung, dass der Gegenstand von Anspruch 1 neu gegenüber D1 sei. Es erschien der Kammer aber fraglich, ob die im Patent angegebene Aufgabe durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst sei.

VII. Am 20. März 2013 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

VIII. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.

IX. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde oder die Aufrechterhaltung des europäischen Patents auf der Grundlage des als Hilfsantrag 3 am 6. März 2013 eingereichten Antrags oder auf der Grundlage des als Hilfsantrag 1 am 9. August 2010 eingereichten Antrags mit folgenden Unterlagen:

Ansprüche 1-9, datiert 23. September 2009 und eingereicht als Hilfsantrag 1 am 9. August 2010;

Beschreibung Spalten 1-5 vom 20. März 2013;

Zeichnungen Fig. 1 und Fig. 2 wie erteilt.

X. Der Wortlaut des Anspruchs 1 der Hilfsanträge unterscheidet sich vom Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 durch das folgende, jeweils am Ende des Anspruchs hinzugefügte Merkmal:

a) erster Hilfsantrag, eingereicht als Hilfsantrag 3 am 6. März 2013,

"...unter 50 N/mm liegt, wobei der Innendurchmesser des Außengestrickes (4) kleiner ist als der Außendurchmesser des Metallbalgs (1)."

b) zweiter Hilfsantrag, eingereicht als Hilfsantrag 1 am 9. August 2010,

"...unter 50 N/mm liegt, wobei der Metallschlauch (2) so ausgebildet ist, dass die einzelnen Wicklungen oder die einzelnen ringförmigen Segmente zumindest in der Stauchlage des Metallschlauchs (2) keinen Formschluss mit der jeweils benachbarten Wicklung oder dem jeweils benachbarten Segment aufweisen."

XI. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Zulassung von D2-D6 in das Verfahren

a) Zulassung von D2-D6 in das VerfahrenD2 sei bereits in der Einleitung des Prioritäts-Dokuments des Streitpatents genannt. Ein Dokument, das seit dem Prüfungsverfahren bekannt sei, könne nicht Gegenstand verspäteten Vorbringens sein. D2a, eingereicht als Antwort auf die Einwände der Beschwerdegegnerin, sei eine Version derselben Norm von 1997. D2, bzw. D2a diene als Nachweis des Fachwissens über die dynamische Transfersteifigkeit am Prioritätstag, das auch dem Fachmann, der sich mit der Entwicklung von flexiblen Leitungselementen für Abgassysteme von Kraftfahrzeugen beschäftige, bekannt war (siehe Hinweis in Annex C).

Auch D3 und die rechtzeitig veröffentlichte Version D3a belegten das allgemeine Fachwissen des Fachmanns zu Schwingungen und zur dynamischen Transfersteifigkeit.

D4 zeige auch, dass der Fachmann mit dem dynamischen Verhalten und der dynamischen Steifigkeit von flexiblen Leitungselementen vertraut war. Es offenbare außerdem die gewöhnlichen Wanddicken herkömmlicher Metallbälge.

D5 offenbare den Gegenstand von Anspruch 1 und sei deshalb prima facie hochrelevant. Das daraus bekannte flexible Leitungselement besitze eine dynamische Steifigkeit, die unter ähnlichen Bedingungen wie im Streitpatent gemessen wurde. Diese liege auch in fast dem gesamten im Anspruch des Streitpatents angegebenen Frequenzbereich unter 50 N/mm. Bei geringeren Anregungsamplituden und mit den weiteren bevorzugten Merkmalen, mit denen die Resonanzen in den Randbereichen weiter bedämpft würden, würde in dem beanspruchten Bereich der beanspruchte Grenzwert unterschritten. Selbst wenn D5 nicht als neuheitsschädlich angesehen werden sollte, so offenbare es doch bereits die wesentlichen Merkmale, ihre Wechselwirkungen miteinander und ihren Einfluss auf die dynamische Steifigkeit. Es wäre für den Fachmann naheliegend, ausgehend von dem Leitungselement aus D5 dieses weiter zu optimieren, ohne dass dabei erfinderische Tätigkeit gefordert sei. D5 sei also auch für erfinderische Tätigkeit prima facie hoch relevant und müsse daher in das Verfahren zugelassen werden.

D6 diene als Nachweis, dass der im Anspruch gewählte Grenzwert von 50 N/mm in dem angegebenen Frequenzbereich von der Automobilindustrie vorgegeben war, so dass sich in der Wahl dieses Wertes keine erfinderische Tätigkeit begründen ließe.

b) Hauptantrag - Artikel 100(b) EPÜ:

Die Erfindung sei nicht ausführbar, da das Patent keine Angaben darüber enthalte, durch welche strukturellen Merkmale das im Kennzeichen des Anspruchs 1 angegebene zu erreichende Ergebnis erzielt werden könne. Die Beschreibung und insbesondere das Ausführungsbeispiel in Absatz [0019] offenbarten auch keine strukturellen Unterschiede zu D1 und enthielten keinen Hinweis, wie die Werte für die gewünschte dynamische Transfersteifigkeit erreicht werden könnten. Diese seien auch nicht eindeutig, da die in der Beschreibung angegebene ISO-Norm mehrere Verfahren offenbare und nicht klar sei, welche davon Anwendung fände. In D2a, würde in Tabelle 1 auf Seite 3 auf die Anwendung der verschiedenen Messverfahren z.B. in verschiedenen Frequenz-Bereichen hingewiesen, wobei man davon ausgehen könne, dass diese nicht zum gleichen Ergebnis führen würden. Die Beweislast liege bei der Beschwerdegegnerin, da ausreichende Zweifel an der Ausführbarkeit bestehen.

Für den Gegenstand der Ansprüche 2 und 3 gebe es in der Anmeldung kein Ausführungsbeispiel, so dass unklar sei, wie die gewünschte dynamische Transfersteifigkeit über die in ihnen angegebenen Bereiche erreicht werden könne. Außerdem sei völlig unklar, was unter einer dynamischen Transfersteifigkeit von 0 N/mm bzw. bei 0 Hz zu verstehen sei.

Anspruch 4 betreffe eine Anordnung, die mathematisch unmöglich und deshalb nicht ausführbar sei. Dass es sich dabei um eine Bedingung für die relativen Durchmesser vor dem Zusammenbau der beiden Komponenten Metallbalg und Gestricke handele, seien nur Mutmaßungen für die es im Patent keine Grundlage gebe.

Auch die im Anspruch 9 benannte Stauchlage sei unklar und der Inhalt des Absatzes [0016], der als erfindungsgemäß eine Abkehr vom bekannten Agraffschlauch beschreibe, stehe im Widerspruch zum einzigen Ausführungsbeispiel in Absatz [0019], in dem ein Agraffschlauch verwendet werde. Die Angaben im Patent seien widersprüchlich, teilweise technisch nicht umsetzbar und so unvollständig, dass der Fachmann nicht in der Lage sei, die Erfindung auszuführen.

c) Hauptantrag - Artikel 100(a) und 54 EPÜ

Ein Unterschied zwischen den strukturellen Merkmalen von Anspruch 1 und denen des aus D1 bekannten Leitungselements lasse sich nicht feststellen. Entsprechend den Richtlinien C-IV 9.6 müsse deshalb davon ausgegangen werden, dass die beiden Produkte, die mit den gleichen Abmessungen und aus den gleichen Materialien gefertigt werden, auch hinsichtlich des im Kennzeichen des Anspruchs definierten Parameters identisch seien. Außerdem seien die Bereiche in den Ansprüchen 2 und 3 breiter definiert und beinhalteten auch den statischen Fall bei 0 Hz, für den D1 eine Steifigkeit von 5 N/mm und daher unter dem beanspruchten Grenzwert von 50 N/mm zeige. Statische und dynamische Transfersteifigkeit seien bei tiefen Frequenzen gleich, so dass das Leitungselement aus D1 also zumindest inhärent den beanspruchten Gegenstand offenbare.

d) Hauptantrag - Artikel 100(a) und 56 EPÜ

Ausgehend von dem Leitungselement nach D1 sei das Problem zu lösen, seine schwingungsentkoppelnden Eigenschaften weiter zu verbessern. D1 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen, dokumentiert durch D2a, lege den Gegenstand von Anspruch 1 nahe. D2a belege, dass dem Fachmann die dynamische Transfersteifigkeit zur Beschreibung der Entkopplung mechanischer Schwingungen bekannt war. Der Grenzwert von 50 N/mm sei willkürlich gewählt und stelle keine signifikante Grenze dar, von der an grundlegend andere Eigenschaften des Leitungselements festzustellen seien.

e) Hilfsantrag 1 - Artikel 56 EPÜ

Die hinzugefügten Merkmale aus dem erteilten Anspruch 4 seien auch aus D1 bekannt und damit ohne Einfluss auf erfinderische Tätigkeit.

f) Hilfsantrag 2 - Artikel 56 EPÜ

Die erstmalig in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Argumente der Beschwerdegegnerin zu den Zusammenhängen zwischen Dämpfung und Reibung seien nicht trivial, sondern zu komplex um in das Verfahren zugelassen zu werden.

Abgesehen davon, dass völlig unklar sei, wie das beanspruchte Leitungselement und insbesondere sein Agraffschlauch ausgebildet sein solle, sei es naheliegend zur Erhöhung seiner Beweglichkeit den Agraffschlauch so auszubilden, dass die Reibung herabgesetzt werde.

XII. Die Argumente der Beschwerdegegnerin können wie folgt zusammengefasst werden:

Zulassung von D2-D6 in das Verfahren

a) Zulassung von D2-D6 in das Verfahren

D2 und D2a sollten nicht in das Verfahren zugelassen werden. D2 sei aus dem Jahre 2008 und damit nachveröffentlicht. Der in D2 im Abschnitt Annex C.2 enthaltene Hinweis auf Abgassysteme

finde sich nicht in D2a, so dass diese Version der Norm nicht relevant sei.

Außerdem sei nicht begründet worden, warum D2 und auch D3 und D4 erst im Beschwerdeverfahren vorgelegt wurden und nicht bereits im Einspruchsverfahren. D3 und D4 hätten zudem keine Relevanz im Verfahren.

Auch D5 sei nicht relevanter als D1. Das Leitungselement nach D5 besitze ein Außengeflecht und kein Außengestricke. D5 befasse sich nicht mit der Optimierung einer Entkopplung von Schwingungen von der Abgasanlage, sondern mit der Vermeidung von Geräuschen und Beschädigungen am Flexschlauch. Es sei auch nicht klar, ob die dort gemessene dynamische Steifigkeit mit der axialen dynamischen Transfersteifigkeit gemäß Patent vergleichbar ist. Darüber hinaus lägen die gemessen Werte nicht über den gesamten beanspruchten Bereich unter dem definierten Grenzwert von 50 N/mm.

D6 trage als Datum den 12. November 2007 und könne daher den Vortrag der Beschwerdeführerin nicht stützen.

Hauptantrag - Artikel 100(b) EPÜ

b) Hauptantrag - Artikel 100(b) EPÜ Das Patent enthalte ausreichende Angaben, z.B. in den Absätzen [0009, 11] oder [0015], aus denen der Fachmann entnehme, wie die Erfindung ausgeführt werden könne. Dass die ISO-Norm mehrere Messmethoden vorschlage, bedeute nicht, dass diese zwangsläufig zu unterschiedlichen Ergebnissen führten. D2a sei eine Norm, die praktische Arbeitsanweisungen für den Fachmann gebe und dementsprechend wäre ein Hinweis zu erwarten, dass die genannten Methoden zu unterschiedlichen Ergebnissen führen würden, wenn dem so wäre. Ein solcher Hinweis fehle aber in D2a.

Dessen ungeachtet liege die Beweislast bei der Beschwerdeführerin, die allerdings keinen Nachweis erbracht habe, dass die Erfindung nicht ausführbar sei.

Hinsichtlich Anspruch 4 würde der Fachmann verstehen, dass die Innen- und Außendurchmesser der beiden Komponenten vor ihrem Zusammenbau gemeint seien. Ein Gestricke weise eine Elastizität auf, damit es sich beim Aufschieben auf den Metallbalg ausdehnen könne und in seiner Endlage trotzdem fest an ihm anliege.

Die Ausführungen der Beschwerdeführerin zu Anspruch 9 seien technisch nicht nachvollziehbar. Der Fachmann könne den Gegenstand des Anspruchs unzweifelhaft ausführen.

c) Hauptantrag - Artikel 100(a) und 54 EPÜ

D1 offenbare keine Werte für die dynamische Transfersteifigkeit. Diese sei zu unterscheiden von der in D1 gewählten Gesamtsteifigkeit, die das statische Verhalten beschreibe. Mit den im Einspruchsverfahren vorgelegten Dokumenten ED2-ED4 sei gezeigt worden, dass ein flexibles Leitungselement, welches eine Gesamtsteifigkeit wie in D1 aufweise, nicht zwangsläufig eine dynamische Transfersteifigkeit gemäß Anspruch 1 des Streitpatents besitzt.

d) Hauptantrag - Artikel 100(a) und 56 EPÜ

Die mit dem unterscheidenden Merkmal im Kennzeichen des Anspruchs 1 zu lösende Aufgabe sei die Verbesserung der schwingungsentkoppelnden Eigenschaften des bekannten Leitungselements. Die Versuchsergebnisse in D7 und D8 zeigten, dass diese Aufgabe tatsächlich gelöst wurde. D1 allein biete dem Fachmann keinen Anreiz, nach einer weiteren Verbesserung entsprechend dem erstmals im Streitpatent beschriebenen Weg zu suchen. D1 offenbare, dass die Eigenschaften des Leitungselements durch die Auslegung mit möglichst kleiner statischer Gesamtsteifheit optimiert wurden, so dass die Optimierung der dynamischen Transfersteifigkeit einer Abkehr von dieser Lehre gleichkäme. D1 gebe keinen Anlass die Durchleitung von Schwingungen an andere Komponenten weiter optimieren zu wollen. Weder der Grenzwert von 50 N/mm noch die Wahl des Frequenzbereiches seien naheliegend. Es gebe im Stand der Technik keinen Hinweis auf diese Werte. Allerdings geht mittlerweile die gesamte Fachwelt davon aus, dass die im Patent angegebenen Werte, insbesondere der Grenzwert für die dynamische Transfersteifigkeit, gute Werte sind.

e) Hilfsantrag 1 - Artikel 56 EPÜ

Die Angabe der relativen Durchmesser von Metallbalg und Außengestricke sei aus dem Stand der Technik nicht bekannt. In D1 müsse die Reibung zwischen den beiden Komponenten sehr gering sein, was bedeute, dass das Außengestricke nur locker auf dem Metallbalg aufliegen dürfe. Folglich könne sich das Außengestricke nicht in die Windungen des Metallbalgs einziehen, so dass der Innendurchmesser des Außengestrickes nicht kleiner sein könne als der Außendurchmesser des Metallbalgs. Der Fachmann erhalte auch aus D2a keinen Hinweis, die dynamische Transfersteifigkeit in Abhängigkeit von diesem Verhältnis zu wählen.

f) Hilfsantrag 2 - Artikel 56 EPÜ

Durch die zusätzlichen Merkmale werde die Reibung des Agraffschlauchs weiter reduziert. Damit ließe sich die Dämpfung des Leitungselements weiter erhöhen und somit die schwingungsentkoppelnden Eigenschaften weiter verbessern, wie dies auch aus der Beschreibung des Patents in den Absätzen [0004] und [0009] im Zusammenhang mit dem Absatz [0016] hervorgehe. Diese Zusammenhänge ließen sich nicht dem Fachwissen zuordnen sondern gehörten zur Erfindung. Die hinzugefügten Merkmale sind durch den Stand der Technik jedenfalls nicht nahegelegt.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Zulassung der Dokumente D2 bis D8 in das Verfahren

2.1 Obwohl die den Dokumenten D2 und D2a entsprechende ISO-Norm 10846-1 bereits in der Patentanmeldung genannt ist, ist die Zulassung erstmals im Beschwerdeverfahren vorgelegter Dokumente nach Artikel 12(4) bzw. 13(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) zu beurteilen. D2 wurde mit der Beschwerdebegründung eingereicht um das in der angefochtenen Entscheidung angeführte Argument zur erfinderischen Tätigkeit zu widerlegen, wonach zur weiteren Verbesserung der Entkopplung von Motor-Brummgeräuschen "zum ersten mal die dynamische Transfersteifigkeit in Betracht gezogen" wurde (Entscheidung, Seite 6, dritter vollständiger Absatz sowie Beschwerdebegründung, Seite 15, IX, dritter Absatz). Die Beschwerdeführerin hat in diesem Zusammenhang insbesondere auf den Abschnitt "C.2 Translations" in D2 hingewiesen, der schwingungsdämpfende Elemente für Abgassysteme erwähnt. Ein entsprechender Hinweis findet sich auch im Abschnitt "C.1 Translations" aus D2a, mit der die Beschwerdeführerin dem Einwand der Beschwerdegegnerin begegnet, wonach D2 aus dem Jahr 2008 kein Stand der Technik sei. Beide Dokumente enthalten verschiedene Versionen der ISO-Norm und stellen als solche im wesentlichen einen Nachweis über das allgemeine Fachwissen zum jeweiligen Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung dar. Da nur D2a vor dem Anmeldedatum des Streitpatents veröffentlicht wurde, wurde nur diese in das Verfahren zugelassen (Artikel 13(1) VOBK).

In ihrem Bescheid zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung hatte die Kammer ihre vorläufige Meinung dargelegt, dass die Dokumente D3, D3a und D4 nicht in das Verfahren zugelassen werden sollten, da ihr Inhalt hinsichtlich der in den erteilten Ansprüchen definierten Merkmale nicht über den Inhalt der D2a hinauszugehen schien. Die Beschwerdeführerin hat diesbezüglich keine weiteren Argumente vorgebracht, so dass die Kammer keinen Grund sieht, ihre vorläufige Meinung zu ändern.

D2, D3, D3a und D4 wurden daher nicht in das Verfahren zugelassen (Artikel 114(2) in Verbindung mit Regel 55 c) EPÜ 1973).

2.2 Dokument D5 wurde von der Beschwerdeführerin nach Einreichung der Beschwerdebegründung vorgelegt und stellt somit eine Änderung ihres Vorbringens dar. Die Zulassung von D5 in das Verfahren unterliegt daher dem Ermessen der Kammer nach Artikel 13 VOBK. Neben den in Artikel 13(1) VOBK genannten Kriterien ist bei der Zulassung eines in einem späten Verfahrensstadium vorgelegten Dokuments seine Relevanz zu beurteilen. Um zugelassen zu werden, muss neuer Stand der Technik prima facie hoch relevant in dem Sinne sein, dass er höchstwahrscheinlich der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstehen wird.

2.2.1 D5 offenbart ein flexibles Leitungselement, mit einem Außengeflecht anstelle eines beanspruchten Außengestrickes. Es weist zwischen 80 und 88 Hz und zwischen 123 und 140 Hz eine "axiale dynamische Steifheit" über 50 N/mm auf (Figur 1). Es ist weiterhin nicht offenbart, dass die als vorteilhaft für die weitere Bedämpfung der Eigenschwingungen des Metallbalgs offenbarten Zwischen-Gestrickelagen (z.B. Absatz [0018]) die "axiale dynamische Steifheit" in den genannten Randbereichen und darüber hinaus über den gesamten Frequenzbereich zwischen 80 und 140 Hz unter 50 N/mm bringen würden. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents wäre also eindeutig neu gegenüber den in D5 offenbarten Leitungselementen, so dass D5 für die Neuheit nicht als prima facie hoch relevant anzusehen ist.

2.2.2 Aus D5 ist außerdem nicht ersichtlich, ob die als Maß für die Dämpfung der Schwingungen des Leitungselements "axiale dynamische Steifheit" mit der "axialen dynamischen Transfersteifigkeit", gemäß Streitpatent übereinstimmt. D5 gibt kein Messverfahren an, so dass unklar ist, ob die ermittelten Werte mit denen im Streitpatent vergleichbar sind. D5 beschäftigt sich darüber hinaus mit der sicheren und dauerhaften Vermeidung von Rasselgeräuschen und von Beschädigungen, die durch den zu Eigenschwingungen angeregten und dabei am Außengeflecht anschlagenden Metallbalg entstehen können (Absätze [0003, 7]). Dazu wird die äußere Struktur des Außengeflechts wellig ausgeführt (siehe z.B. Absätze [0009, 10, 21]). Im Ergebnis werden die Resonanzen des Balgs bedämpft, was sich in Figur 2 in etwa in einer Halbierung der Maxima der "axialen dynamischen Steifheit" auf etwa 220 N/mm im Vergleich zu einem Leitungselement ohne die Wellenstruktur im Außengeflecht zeigt. Auch wenn in der Beschreibung des Ausführungsbeispiels wiederholt, z. B. Absätze [0018, 22], die Bedämpfung der Resonanzschwingungen des Wellenbalgs der Unterdrückung von Rasselgeräuschen gegenübergestellt ist, ist diesen Passagen nicht eindeutig zu entnehmen, dass es dabei um die Entkopplung von Motorschwingungen auf die folgenden Teile der Abgasanlage geht. Diese Unklarheiten werfen daher nach Ansicht der Kammer zu einem sehr späten Zeitpunkt im Verfahren sehr komplexe Fragen über die Vergleichbarkeit der in D5 offenbarten Merkmale, technischen Effekte und Aufgaben mit denen des Streitpatents. Die Kammer ist zu dem Schluss gekommen, dass D5 auch für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht prima facie hoch relevant in dem Sinne ist, dass sie höchstwahrscheinlich der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstehen würde.

2.2.3 D5 wurde daher nicht in das Verfahren zugelassen.

2.3 D6 wurde von der Beschwerdeführerin ebenfalls nach der Beschwerdebegründung eingereicht. Es enthält eine Zusammenfassung der Minimal-Anforderungen bezüglich der statischen und dynamischen Steifigkeit flexibler Leitungselemente im Jahr 2007, aber keinen Hinweis darauf, dass diese Anforderungen bereits vor dem Prioritätstag des Streitpatents gültig gewesen wären. D6 kann daher keinen Beitrag zum Stand der Technik oder zum allgemeinen Fachwissen leisten und wurde daher mangels Relevanz nicht in das Verfahren zugelassen (Artikel 13(1) VOBK).

2.4 Ebenfalls nach Einreichung der Beschwerdeerwiderung wurden von der Beschwerdegegnerin die D7 und D8 vorgelegt. Mit ihnen sollen verbesserte schwingungsentkoppelnde Eigenschaften des beanspruchten Leitungselements belegt werden, die von der Kammer in ihrer Mitteilung in Frage gestellt wurden. Da die Kammer insbesondere hinsichtlich der in Artikel 13(1) VOBK genannten Kriterien keinen Grund sieht, diese Beweismittel nicht in das Verfahren zuzulassen und auch die Beschwerdeführerin keine Einwände dagegen erhoben hat, wurden D7 und D8 in das Verfahren zugelassen.

Hauptantrag - Artikel 100 b) EPÜ 1973

3. Die Beschwerdeführerin hat nicht überzeugend vorgetragen, dass das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ 1973 steht daher der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegen.

3.1 Das Argument, dass der Gegenstand des Anspruchs durch einen Parameter oder ein zu erreichendes Ergebnis gekennzeichnet ist, ohne die zu seiner Umsetzung notwendigen strukturellen Merkmale anzugeben, betrifft das Erfordernis der Klarheit der Ansprüche, stellt also keinen Einspruchsgrund dar, auf dessen Grundlage das Patent widerrufen werden könnte.

3.2 Im Widerspruch zu der vorgetragenen Behauptung, das Patent enthielte keine Angaben, wie die bekannten Merkmale des aus D1 bekannten Leitungselements abzuändern seien, finden sich solche z. B. in den Absätzen [0011], [0013] oder [0015]. In Absatz [0011] wird ausgeführt, dass das Außengestricke fest am Balg ansitzen soll um die Dämpfung des flexiblen Leitungselements zu erhöhen. Außerdem erhält der Fachmann die Anweisungen, gemäß Absatz [0013] die Wanddicke des Metallbalgs herabzusetzen bzw. nach Absatz [0015] schwingungsdämpfende Abstandhalter zu verwenden. Das flexible Leitungselement besteht aus einer kleinen Zahl von bekannten Bauteilen, deren Eigenschaften der Fachmann kennt und variieren kann. Die Beschwerdeführerin hat nicht gezeigt, dass der Fachmann mit den Angaben im Patent und mit seinem Fachwissen nicht zum Ziel käme, die dynamische Transfersteifigkeit des Leitungselements in den beanspruchten Bereich zu legen. Die Kammer kann auch nicht erkennen, dass die Anpassung dieser Merkmale das normale Maß an Versuchen unzumutbar übersteigen würde.

Ebenso hat die Beschwerdeführerin es versäumt nachzuweisen, z. B. durch eigene Messungen, dass die unterschiedlichen Messverfahren der in der Beschreibung angegebenen ISO-Norm 10846-1 (Absatz [0009]; siehe auch D2a) tatsächlich zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Ohne einen solchen Nachweis hat die Kammer keinen Grund, an der Eindeutigkeit der zu erwartenden Messwerte zu zweifeln. Darüber hinaus scheint gerade die Tabelle 1 auf Seite 3 der D2a dem Fachmann durch einen Vergleich der dort genannten Frequenzbereiche für die verschiedenen Typen und Beispiele von Schwingungsisolatoren mit denen des Streitpatents eindeutige Hinweise zu geben, welches Messverfahren im vorliegenden Fall eines Leitungselements anzuwenden ist.

3.3 Die Kammer sieht im Einschluss der beiden Grenzwerte f = 0 Hz (in Anspruch 3) und Kdyn = 0 N/mm (in Ansprüchen 1 bis 3) im Schutzbereich der Ansprüche keinen Grund die Ausführbarkeit der Erfindung grundsätzlich in Frage zu stellen. In der Regel ist der Fachmann nicht bestrebt, eine Erfindung unter technisch unbedeutenden oder nicht realisierbaren Randbedingungen (Schwingungen mit einer Frequenz von 0 Hz oder Leitungselemente mit einer (dynamischen) Steifigkeit von 0 N/mm) umsetzen zu wollen.

3.4 Es wurden auch keine Nachweise erbracht die belegen, dass der Fachmann zur Ausführung des Gegenstands der Ansprüche 2 und 3 weitere, sein Fachwissen übersteigende Kenntnisse benötigt. Allein aus dem Fehlen eines entsprechenden Ausführungsbeispiels kann die Kammer keine mangelnde Ausführbarkeit erkennen.

3.5 Dass ein bestimmtes Merkmal unklar definiert ist, bedeutet im allgemeinen auch nicht sofort, dass der Fachmann einer solchen Information keine sinnvolle technische Lehre mehr entnehmen kann, die ihn in der Folge vor unüberwindbare Schwierigkeiten bei der Ausführung der Erfindung stellt. Der Fachmann wird nach der Lebenserfahrung immer versuchen, mittels seines Fachwissens die Unklarheiten oder Widersprüche durch eine im Gesamtzusammenhang technisch sinnvolle Auslegung aufzulösen.

Z.B. wird er hinsichtlich des im erteilten Anspruch 4 definierten, mathematisch unsinnig erscheinenden Merkmals betreffend die relativen Außen- und Innendurchmesser von Metallbalg und Außengestricke sich nicht mit der Feststellung begnügen, dass eine solche Relation nicht realisierbar ist, sondern wird auch in diesem Fall nach einer technisch sinnvollen Auslegung des Merkmals suchen. Unter Berücksichtigung seines Fachwissen, demzufolge solche Gestricke in der Regel eine gewisse Elastizität aufweisen und vor der Montage auf den Balg einen kleineren Innendurchmesser als der Außendurchmesser des Balgs aufweisen müssen, damit sie im montierten Zustand am Balg anliegen, kommt er zu einer möglichen sinnvollen Auslegung des Merkmals. Auch wenn dies nicht explizit in der Patentschrift erwähnt ist, kann der Fachmann die Lehre des Patents aufgrund seines Fachwissens ergänzen. Die Beschwerdeführerin hat nicht gezeigt, dass z.B. eine solche Auslegung im Widerspruch zur Gesamtoffenbarung steht, durch diese oder das allgemeine Fachwissen komplett ausgeschlossen ist oder aus anderen Gründen technisch nicht realisierbar ist.

Die Beschwerdeführerin hat auch bezüglich des Merkmals "Stauchlage des Metallschlauchs" im erteilten Anspruch 9 im wesentlichen nur einen Klarheitseinwand erhoben und vorgetragen, dass der Beschwerdeführerin nicht bekannt sei, wie ein entsprechender Metallschlauch aussehen solle. Argumente, die Anhaltspunkte dafür enthalten, dass der Fachmann auch mit Hilfe seines Fachwissens nicht in der Lage wäre, das Leitungselement nach Anspruch 9 auszuführen, wurden auch nicht vorgetragen. Die Kammer erachtet es insbesondere als nicht ausreichend, nur auf einen Widerspruch hinzuweisen, der entsteht, wenn der Ausdruck in einem bestimmten Sinn ausgelegt wird. Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin auch nicht belegt, wieso nur die von ihr gewählte Auslegung möglich ist, wonach der Ausdruck "Stauchlage des Metallschlauchs" einen Zustand impliziere, in dem sich seine benachbarten Segmente oder Windungen berührten und folglich einen Formschluss bilden, was aber nach dem Anspruch gerade ausgeschlossen sein solle. Absatz [0016] liefert Hinweise wie ein gewöhnlicher Agraffschlauch geändert werden sollte, um die Merkmale des Anspruchs 9 auszubilden. Dass der dadurch erhaltene Schlauch kein Agraffschlauch im gewöhnlichen Sinne mehr ist, ist unerheblich, da der Anspruch nur auf ein Leitungselement mit einem Metallschlauch und nicht auf ein Leitungselement mit einem Agraffschlauch gerichtet ist.

4. Hauptantrag - Artikel 100 a) und 54 EPÜ 1973

4.1 Es ist unstreitig, dass ein flexibles Leitungselement mit den Merkmalen des Oberbegriffs aus D1 bekannt ist. In D1 wird außerdem offenbart, dass das Leitungselement eine Gesamtsteifigkeit von weniger als 5 N/mm aufweisen soll. Jedes flexible Leitungselement besitzt inhärent neben einer statischen Steifigkeit, Kstat, eine frequenzabhängige axiale dynamische Transfersteifigkeit. Es ist unstreitig, dass die in D1 am Leitungselement gemessene Gesamtsteifigkeit der statischen Steifigkeit entspricht. D1 enthält aber keine Angaben über die dynamische Transfersteifigkeit des Leitungselements unter den im Anspruch 1 angegebenen Randbedingungen (Frequenzbereich, Anregungsamplitude, Temperatur). Es ist für den Fachmann nicht implizit und es wurde auch kein Nachweis von der Beschwerdeführerin darüber erbracht, z.B. mittels eigener Experimente, dass jedes Leitungselement mit den in D1 offenbarten strukturellen Merkmalen und der geforderten statischen Steifigkeit zwangsläufig eine Kdyn gemäß Anspruch 1 besitzt. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist folglich neu (Artikel 54(1) und (2) EPÜ 1973) gegenüber dem Leitungselement aus D1.

4.2 Der Neuheitseinwand der Beschwerdeführerin bezüglich Anspruch 1 des Streitpatents stützt sich im wesentlichen auf die Prüfungs-Richtlinien zur Neuheitsprüfung, C-IV 9.6 (Ausgabe 2010; entsprechend Teil G, VI-6, in der Ausgabe 2012), für Fälle, in denen die Erfindung durch einen Parameter definiert ist und der Stand der Technik einen anderen oder gar keinen Parameter erwähnt. Seien wie im vorliegenden Fall das bekannte und das beanspruchte Erzeugnis ansonsten völlig identisch, wäre ein Einwand mangelnder Neuheit geltend zu machen. Dieses Argument ist schon deshalb nicht überzeugend, da der beanspruchte Gegenstand nicht in allen anderen Aspekten mit dem bekannten identisch ist. Zum Beispiel ist das Merkmal "Kstat < 5 N/mm" nicht im Anspruch 1 des Streitpatents definiert, so dass das erfindungsgemäße Leitungselement auch statische Steifigkeiten über dem in D1 angestrebten Wert aufweisen darf. Die Beschwerdeführerin hat auch nicht nachgewiesen, dass jedes Leitungselement, das die im Oberbegriff des Anspruchs 1 definierten Merkmale besitzt, zwangsläufig diese Bedingung für Kstat erfüllt. Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin auch keinen nachvollziehbaren Grund für die Gültigkeit der umgekehrten Annahme vorgetragen, wonach jedes Element mit "Kstat <= 5 N/mm" auch automatisch "Kdyn(80-140 Hz; 0,1 mm; TRaum) < 50 N/mm" erfüllen müsse. Die oben zitierte Passage der Prüfungs-Richtlinien führt weiter aus, dass gegebenenfalls der Anmelder, hier entsprechend die Beschwerdegegnerin, mit geeigneten Vergleichstest den Nachweis erbringen könne, dass sich der bekannte und der beanspruchte Gegenstand hinsichtlich der Parameter unterscheiden. Die Beschwerdegegnerin hat im Verfahren vor der Einspruchsabteilung die Messprotokolle ED2-ED4 vorgelegt, aus denen zumindest plausibel ist, dass Leitungselemente gemäß D1 nicht zwangsläufig eine dynamische Transfersteifigkeit gemäß Anspruch 1 des Streitpatents aufweisen. Diese Ergebnisse wurden von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt und die Kammer hat auch keinen Anlass, sie in Zweifel zu ziehen. Der Vollständigkeit halber und mit Blick auf den letzten Satz der zitierten Passage der Richtlinien, sei noch einmal angemerkt, dass obwohl der Anspruch keine und die Beschreibung nur spärliche Angaben zu den Merkmalen enthält, die gegenüber dem aus D1 bekannten Leitungselement geändert werden sollten, um die geforderte dynamische Transfersteifigkeit zu erreichen, die Kammer in diesem Fall keinen Grund sieht, die Ausführbarkeit der Erfindung anzuzweifeln.

4.3 Auch dem Argument der Beschwerdeführerin, wonach das Kriterium für die Steifigkeit gemäß Ansprüchen 2 und 3 über einen viel breiteren Bereich als nach Anspruch 1 erfüllt sein solle, nämlich von 20 bzw. 0 Hz bis 250 Hz, und D1 zumindest inhärent den beanspruchten Gegenstand offenbare, da das Leitungselement aus D1 bei 0 Hz eine Steifigkeit unter 50 N/mm aufweise, kann die Kammer nicht folgen. D1 offenbart in der Tat eine Gesamtsteifigkeit von 5 N/mm im statischen Fall, also unter dem beanspruchten Grenzwert von 50 N/mm, allerdings nur an einem einzigen Randwert des im Anspruch 3 definierten Frequenzbereichs. Die Ansprüche 1 bis 3 sind aber dahingehend auszulegen, dass die Steifigkeit jeweils über den gesamten beanspruchten Frequenzbereich unter dem angegebenen Grenzwert liegen sollen. Die Behauptung dass bei tiefen Frequenzen (bis 200 Hz, Abschnitt 6.4.2 in D2) nur elastische und Dämpfungskräfte von Bedeutung seien, so dass in diesem Frequenzbereich statische und dynamische Steifigkeit gleich seien, wurde nicht durch geeignete Nachweise belegt und widerspricht auch dem Wissen des Fachmanns wie es z.B. in D2a dokumentiert ist. Im Abschnitt "5.1 Dynamic transfer stiffness" heisst es dort (Seite 4): "Note - For many vibration isolators, static stiffness and low-frequency dynamic transfer stiffness are different.". Statische Steifigkeit und dynamische Transfersteifigkeit bei tiefen Frequenzen sind also im allgemeinen verschieden, wie dies auch aus den von der Beschwerdegegnerin vorgelegten Vergleichsversuchen in ED2-ED4 hervorgeht (siehe oben, 4.2).

Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ 1973 steht damit der Aufrechterhaltung des europäischen Patents in der im Hauptantrag beanspruchten Form nicht entgegen.

4.4 Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ 1973 steht damit der Aufrechterhaltung des europäischen Patents in der im Hauptantrag beanspruchten Form nicht entgegen.

5. Hauptantrag - Artikel 100 a) und 56 EPÜ 1973

5.1 Ausgehend von D1 und dem unterscheidenden Merkmal im Kennzeichen des Anspruchs 1 ist die objektive technische Aufgabe anzugeben. Gemäß D1 sollen die dort beschriebenen Leitungselemente unter Vermeidung eines unzeitigen Versagens des Balges eine erhöhte Beweglichkeit besitzen und gleichzeitig gute Entkopplungseigenschaften im hoch- und niederfrequenten Bereich, insbesondere sowohl für Schwingungen kleiner Amplitude also auch für Lastwechselschwingungen großer Amplitude des Motors, aufweisen (vgl. Seite 3, Zeile 31 bis Seite 4, Zeile 2, sowie Seite 6, Zeilen 19-22). Im Patent, wie auch in der ursprünglich eingereichten Anmeldung, ist unmittelbar folgend auf eine Beschreibung des aus D1 bekannten Leitungselements, als Aufgabe genannt, das flexible Leitungselement hinsichtlich seiner schwingungsentkoppelnden Eigenschaften weiter zu verbessern (Absatz [0004] der Patentschrift). Demnach sollen Schwingungen, die vom Motor erzeugt und auf die Abgasanlage übertragen werden, nicht über deren Aufhängung am Fahrzeugboden auf diesen und damit in den Innenraum des Fahrzeugs übertragen werden.

5.2 Dem Patent kann allerdings nicht entnommen werden, ob die schwingungsentkoppelnden Eigenschaften wirklich verbessert wurden. Das Patent offenbart nur ein einziges Ausführungsbeispiel (Absatz [0019], Figur 1) und stellt im Diagramm der Figur 2 die für zwei Leitungselemente dieses Ausführungsbeispiels gemessene dynamische Transfersteifigkeit in einem Frequenzbereich von 20 bis 250 Hz dar. Eine Vergleichsmessung mit einem bekannten Leitungselement ist nicht gezeigt, so dass die Messergebnisse keine Verbesserung der Schwingungsentkopplung gegenüber dem Stand der Technik belegen.

Einen Nachweis dafür, dass die angegebene Aufgabe gelöst wurde, sah die Beschwerdeführerin in den in D7 und D8 dokumentierten Vergleichsmessungen. D7 zeigt Messungen der Kdyn an zwei Leitungselementen, einmal mit und einmal ohne Außengestricke. Diese können die behauptete Verbesserung allerdings nicht belegen. Auf der einen Seite besitzen die aus D1 bekannten wie auch die beanspruchten Leitungselemente Außengestricke, so dass Messungen an Leitungselementen ohne Außengestricke in einem solchen Vergleich irrelevant sind. Außerdem weicht die Messung für das Leitungselement mit Außengestricke von den im Patent gezeigten Messungen stark ab; es ist z.B. nicht erkennbar ob die Werte für Kdyn in dem interessierenden Frequenzbereich unterhalb von 50 N/mm liegen. Damit ist D7 auch nicht zu entnehmen, ob das mit Außengestricke versehene Leitungselement dem beanspruchten Gegenstand entspricht. D8 zeigt zwar unterschiedliche schwingungsentkoppelnde Eigenschaften verschiedener flexibler Leitungselemente, enthält aber auch keinen entsprechenden Vergleich gemessener dynamischer Transfersteifigkeiten bekannter und beanspruchter Leitungselemente. D7 und D8 sind folglich nicht geeignet, eine Verbesserung zu belegen.

5.3 Da die dynamische Transfersteifigkeit eines flexiblen Leitungselements ein Maß für seine schwingungsentkoppelnden Eigenschaften darstellt, eine Verbesserung durch den beanspruchten Bereich allerdings nicht erkannt werden kann, muss die zu lösende technische Aufgabe umformuliert werden. Ausgehend von D1 sieht die Kammer die objektiv zu lösende Aufgabe darin, die schwingungsentkoppelnden Eigenschaften eines flexiblen Leitungselements weiter zu optimieren.

5.4 Die im Anspruch 1 des Streitpatents angegebene Lösung der objektiven Aufgabe ist durch das allgemeine Fachwissen nahegelegt.

5.4.1 Die Kammer erkennt weder in dem Merkmal, die axiale dynamische Transfersteifigkeit des flexiblen Leitungselements zu beschränken, noch in der Wahl des Grenzwerts oder der Randbedingungen unter denen dieser einzuhalten ist, irgendeine Überlegung, die über das normale fachmännische Denken und Handeln hinausgeht.

Der Inhalt der im Patent zitierten ISO-Norm 10846 (D2a) mit dem Titel "Acoustics and vibration - Laboratory measurement of vibro-acoustic transfer properties of resilient elements", was die Kammer mit "Akustik und Schwingungen - Labormessungen von vibro-akustischen Transfereigenschaften federnder Elemente<" übersetzt, gehört zum allgemeinen Fachwissen des Fachmanns, der mit der Lösung der oben definierten objektiven Aufgabe befasst ist. Demnach weiß der Fachmann, dass die am besten geeignete Größe für die Beschreibung von vibro-akustischen Transfereigenschaften von (mechanischen Schwingungs-) Isolatoren die dynamische Transfersteifigkeit ist (D2a, Seite 4, Abschnitt 5.1). Flexible Leitungselemente mit schwingungsentkoppelnden Eigenschaften in Abgassystemen von Kraftfahrzeugen sind eine Anwendung solcher Isolatoren (siehe auch D2a, Seite 17, Annex C.1). Ausgehend von diesem Fachwissen ist die Optimierung der Kdyn normales fachmännisches Handeln, für das der Fachmann, neben der gegebenen Aufgabenstellung, keinen weiteren speziellen Hinweises benötigt. Der im Anspruch definierte Grenzwert für Kdyn beruht ebenfalls nur auf fachmännischen Überlegungen. Wie die Beschwerdegegnerin eingeräumt hat, sind beim Überschreiten dieses Grenzwertes keine grundsätzlichen Änderungen in den Eigenschaften des Leitungselements zu beobachten. Bei seiner Festlegung spielen lediglich fachübliche Betrachtungen zur Bemessung des flexiblen Leitungselements eine Rolle, wie z.B. die Belastung der Schweißnähte durch mechanische Schwingungen möglichst gering zu halten und das Auftreten großer Kräfte zu vermeiden. Auch die Auswahl der Randbedingungen unter denen der gewählte Grenzwert eingehalten werden soll sind für den Fachmann offensichtlich, da sie sich im wesentlichen an den zu erwartenden Betriebsbedingungen des Leitungselements und den Laborbedingungen bei der Messung der dynamischen Transfersteifigkeit orientieren. Der angegebene Frequenzbereich ist dabei insbesondere auf die bei 4-Zylinder-Reihenmotoren im Drehzahlbereich zwischen 600 bis 7500 min**(-1) auftretenden Schwingungen, insbesondere auf Frequenzen zweiter Ordnung zwischen 2400 und 4800 min**(-1), abgestimmt. Die Beschwerdegegnerin hat diesbezüglich auch argumentiert, dass der Fachmann keinen Anlass hatte anzunehmen, dass Frequenzen zweiter Ordnung wichtig seien. Sie hat aber keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Schwingungsentkopplung speziell in diesem Frequenzbereich zu Effekten führt, die für den Fachmann nicht zu erwarten war. Das flexible Leitungselement nach Anspruch 1 ist deshalb, ausgehend von dem aus D1 bekannten Leitungselement, durch das allgemeine Fachwissen nahegelegt.

5.4.2 Das Argument, dass der Fachmann ausgehend von D1 keinen Grund hatte, die axiale Schwingungsentkopplung zu optimieren, weil ihm D1 vermittle, dass das flexible Leitungselement mit möglichst geringer statischer Gesamtsteifigkeit den Anforderungen an gute Entkopplungseigenschaften bereits gerecht werde, kann nicht überzeugen. Statische Gesamtsteifigkeit und axiale dynamische Transfersteifigkeit beschreiben unterschiedliche Eigenschaften eines Leitungselements. Der Fachmann wird nach der Lebenserfahrung immer versuchen, den Stand der Technik mit Blick auf das objektive Problem weiter zu optimieren. Dass D1 den Fachmann vom beanspruchten Gegenstand des Streitpatents sogar wegführen würde, weil sich bei einer Optimierung von Kdyn die statische Gesamtsteifheit nicht unter dem in D1 angegebenen Grenzwert halten ließe, beruht auf einer unbewiesenen Behauptung. Darüber hinaus widerspricht es auch nicht normalem fachmännischen Handeln bei der Lösung eines objektiven Problems unter Umständen auch Verschlechterungen einer Eigenschaft in Kauf zu nehmen.

5.4.3 Die Kammer kann der Beschwerdegegnerin auch nicht darin folgen, dass D2a nur als Stand der Technik und nicht als Nachweis des allgemeinen Fachwissens anzusehen ist. Der in ISO-Normen festgelegte Gegenstand ist dem Fachmann auf dem betreffenden technischen Gebiet bekannt. Im vorliegenden Fall finden sich in D2a außerdem explizite Hinweise auf Anwendungen im Automobil-Bereich (zweite Zeile der Einleitung, Seite iii) und insbesondere für Schwingungsisolatoren in Abgassystemen (Seite 17, vorletzter Absatz in Abschnitt Annex C.1).

5.4.4 Das Argument, wonach erstmalig im Streitpatent erkannt worden wäre, dass die dynamische Transfersteifigkeit optimiert werden muss, um die schwingungsentkoppelnden Eigenschaften des flexiblen Leitungselements zu optimieren, ist ebenfalls nicht überzeugend. D1 hat sich auch die Aufgabe gestellt, gute schwingungsentkoppelnde Eigenschaften des Leitungselements im nieder- und hochfrequenten Bereich zu erreichen. Dazu werden in D1 strukturelle Maßnahmen (z. B. Seite 6, Zeilen 12-22) vorgeschlagen, ohne allerdings einen Wert für die axiale dynamische Transfersteifigkeit zu fordern. Es gehört allerdings, wie oben bereits dargelegt wurde, zum allgemeinen Fachwissen des Fachmanns, der sich mit der Entkopplung von mechanischen Schwingungen durch geeignete Isolatoren befasst, hierbei die axiale dynamische Transfersteifigkeit zu berücksichtigen.

5.5 Da der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents ausgehend von D1 durch das allgemeine Fachwissen nahegelegt ist, gilt er nicht als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.

5.6 Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ 1973 steht damit der Aufrechterhaltung des europäischen Patents in der im Hauptantrag beanspruchten Form entgegen.

Erster Hilfsantrag

6. Das zusätzlich in den Anspruch 1 aufgenommene Merkmal, wonach der Innendurchmesser des Außengestrickes (4) kleiner ist als der Außendurchmesser des Metallbalgs (1), ändert die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht, da es auch aus D1 bekannt ist. Die Kammer versteht dieses Merkmal in dem Sinne, wie es von der Beschwerdegegnerin im Rahmen der Diskussion zu Artikel 100(b) EPÜ ausgelegt wurde (siehe 3.5), dass nämlich der innere Durchmesser des Außengestrickes vor der Montage auf dem Metallbalg kleiner ist als dessen Außendurchmesser, so dass das Gestricke im montierten Zustand durch seine angenommene inhärente Elastizität stets auf den äußeren wellen- oder ringförmigen Erhebungen des Metallbalgs aufliegt. Aus dieser Interpretation lassen sich allerdings keine Rückschlüsse über die Stärke der zwischen Gestricke und Balg wirkenden Kräfte ziehen. Eine entsprechende Anordnung von Gestricke und Metallbalg ist in D1, z.B. auf Seite 9, Zeilen 4 bis 11 beschrieben. Dort wird eine Reibungskraft zwischen Gestricke und Balg zwischen 1 und 3 N als vorteilhaft beschrieben damit das Gestricke stets am Balg anliegt ohne seine Beweglichkeit zu beeinträchtigen. Eingestellt wird diese Reibungskraft in D1 über den Innendurchmesser des Gestrickeschlauchs bzw. die durch diesen auf den Balg bewirkte Normalkraft und damit entsprechend der obigen Interpretation des hinzugefügten Merkmals.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin kann Anspruch 1 auch nicht in der Weise eingeschränkt verstanden werden, dass die gewünschte axiale dynamische Transfersteifigkeit speziell durch dieses oder in Abhängigkeit von diesem Durchmesserverhältnis erreicht wird.

Das gemäß erstem Hilfsantrag geänderte Patent erfüllt also nicht das Erfordernis des Artikels 56 EPÜ 1973 und kann folglich in dieser Fassung nicht aufrechterhalten werden.

Zweiter Hilfsantrag

7. Anspruch 1 beruht auf einer Kombination der erteilten Ansprüche 1 und 9, die den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 8 entsprechen. Die Erfordernisse des Artikels 123 EPÜ sind erfüllt. Dies wurde auch nicht von der Beschwerdeführerin bestritten.

8. Die Beschwerdeführerin hat die Einwände zur Klarheit und Ausführbarkeit der hinzugefügten Merkmale des erteilten Anspruchs 9, die sie auch bezüglich des Hauptantrags erhoben hatte, aufrechterhalten. Da die beanstandeten Merkmale bereits Teil der erteilten Ansprüche waren und sich durch die Änderung keine neuen Klarheitseinwände ergeben, sind Einwände unter Artikel 84 EPÜ 1973 nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts nicht zulässig. Zur Ausführbarkeit der beanspruchten Merkmalskombination hat die Kammer bereits unter Punkt 3.5 Stellung genommen und sieht demzufolge das Erfordernis des Artikels 83 EPÜ 1973 als erfüllt an.

9. Die Argumente der Beschwerdeführerin dahingehend, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des zweiten Hilfsantrags nahegelegt sei, konnten die Kammer nicht überzeugen.

9.1 Das hinzugefügte Merkmal im Anspruch 1 betrifft die Ausbildung des schraubengangförmig gewickelten oder ringförmige Segmente aufweisenden Metallschlauchs, die in seiner Stauchlage keinen Formschluss mit der jeweils benachbarten Wicklung oder dem jeweils benachbarten Segment aufweisen. Das Leitungselement aus D1 hat einen Agraffschlauch, dessen benachbarte, s-förmig gebogene und ineinandergreifende Segmente beim Stauchen Axialbewegungen beschränkter Länge ausführen können, bevor sie unter Umständen miteinander in Formschluss treten (Figur 5). D1 offenbart nicht eindeutig und zweifelsfrei, dass in der Stauchlage des Metallschlauchs kein Formschluss auftritt.

9.2 Laut Beschreibung des Streitpatents soll mit dieser Maßnahme im Vergleich zu einem gewöhnlichen Agraffschlauch die Beweglichkeit des Metallschlauchs erhöht werden, was auf einer Verminderung der Reibung zwischen den einzelnen Segmenten oder Wicklungen beruhe (Absatz [0016]). Dieser Effekt ist allerdings allein anhand der Offenbarung der Patentschrift nicht nachvollziehbar, insbesondere da diese kein Ausführungsbeispiel hierzu enthält.

9.3 Die Beschwerdegegnerin hat während der mündlichen Verhandlung zum ersten Mal die technischen Zusammenhänge dargelegt, die mit einer Verminderung der Reibung im Metallschlauch einhergehen sollen. Dabei käme es darauf an, Eigenfrequenzen des Leitungselements zu bedämpfen. Dies führe wiederum zu einem Anstieg der axialen dynamischen Transfersteifigkeit im Frequenzbereich zwischen den Eigenfrequenzen.

Die dargelegten Zusammenhänge erschließen sich in dieser Form nicht aus der Patentschrift, bzw. den ursprünglich eingereichten Unterlagen. Die Kammer stimmt mit der Beschwerdeführerin überein, dass diese Argumentation, die anscheinend auch im Widerspruch zu den Aussagen in Absatz [0016] des Patents steht, nicht auf trivialen Überlegungen beruht. Wie die Beschwerdegegnerin einräumte, gehören diese Zusammenhänge nicht zum Fachwissen. Da sie im schriftlichen Verfahren nicht vorgetragen wurden, stellen sie eine Änderung des Vorbringens der Beschwerdegegnerin dar. Die Kammer befand dieses Vorbringen als zu komplex, um in diesem späten Stadium noch in das Verfahren zugelassen zu werden (Artikel 13(1) VOBK).

9.4 Da im Vergleich zum Leitungselement aus D1 nicht erkennbar ist, welchen weiteren technischen Effekt die hinzugefügten Merkmale bewirken, kann ausgehend von D1 die objektive Aufgabe nur darin gesehen werden, ein alternatives flexibles Leitungselement mit einem Metallschlauch hoher Beweglichkeit bereitzustellen.

9.5 Die Beschwerdeführerin hat diesbezüglich nur vorgetragen, dass zur Erhöhung der Beweglichkeit der Agraffschlauch so auszubilden sei, dass die Reibung herabgesetzt werde um möglichst wenig Widerstand zu erzielen, so dass der Gegenstand nach Anspruch 1 also nahegelegt sei. Die Kammer kann diesem Argument nicht folgen, da der Anspruch einerseits keinen Agraffschlauch definiert und andererseits aus dem Fehlen eines Formschlusses in einer Stauchlage nicht grundsätzlich auf fehlende Reibung bei der Bewegung des Leitungselements, bzw. der Segmente oder Wicklungen seines Metallschlauchs, und umgekehrt, geschlossen werden kann.

9.6 Die Kammer kann daher nicht erkennen, dass die Kombination der Merkmale nach Anspruch 1 durch den vorgelegten Stand der Technik und/oder durch das Fachwissen nahegelegt ist. Die beanspruchte Erfindung gilt folglich als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, so dass das Erfordernis des Artikels 56 EPÜ 1973 erfüllt ist.

10. Die Beschreibung wurde an die geänderten Ansprüche des zweiten Hilfsantrags angepasst. Die Beschwerdeführerin hat gegen die geänderte Beschreibung keine Einwände erhoben.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen, mit der Anordnung das europäische Patent mit folgenden Unterlagen aufrecht zu erhalten:

- Ansprüche 1-9, datiert 23. September 2009 und eingereicht als Hilfsantrag 1 am 9. August 2010;

- Beschreibung Spalten 1-5 vom 20. März 2013;

- Zeichnungen Fig. 1 und Fig. 2 wie erteilt.

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