T 0211/10 () of 13.7.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:T021110.20100713
Datum der Entscheidung: 13 Juli 2010
Aktenzeichen: T 0211/10
Anmeldenummer: 07019681.1
IPC-Klasse: B65G 47/84
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 28 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Greifer, insbesondere für Gefässe
Name des Anmelders: Krones AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (alle Anträge): nein
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der Anmeldung Nr. 07 019 681.1 Beschwerde eingelegt.

Die Prüfungsabteilung war zur Auffassung gekommen, dass der Gegenstand des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1 im Hinblick auf D1 (WO-A-06/102983) den Erfordernissen des Artikels 54 EPÜ (Neuheit) nicht genüge.

II. Die Beschwerdeführerin beantragte während der am 13. Juli 2010 durchführten mündlichen Verhandlung die Aufhebung der Zurückweisung und die Erteilung eines Patents auf der Basis eines der Anspruchsätze nach dem neuen Hauptantrag beziehungsweise den Hilfsanträgen 1 und 2, alle eingereicht während der mündlichen Verhandlung.

III. Die unabhängigen Ansprüche 1 gemäß dem neuen Hauptantrag bzw. gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 lauten wie folgt:

Neuer Hauptantrag

"Greifer (g), insbesondere für Gefäße, mit zwei Greifarmen (1, 2) von denen jeder ein Greifende (3) und ggf. ein Betätigungsende (4) aufweist und die relativ zueinander zangenartig verschwenkbar sind, sowie mit wenigstens einem drehverstellbaren, eine Anschlagfläche (a) mindestens eines Greifers beaufschlagenden Steuernocken (5a bis 5g), wobei ein elastisches Überdrücken der Totpunktlage beim Ergreifen eines Gefäßes und damit eine stabile Selbsthaltung der Greifarme in der Greifposition vorliegt, dadurch gekennzeichnet, dass mindestens ein eine Anschlagfläche (a) kontaktierender Bereich (6, 7) des Steuernockens (5a bis 5g) im Wesentlichen radial zu dessen Drehachse (d) elastisch nachgiebig ist".

Hilfsantrag 1

Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag 1 entspricht dem Anspruch 1 gemäß dem neuen Hauptantrag mit dem zusätzlichen Merkmal des ursprünglich eingereichten Anspruches 2, wonach "ein elastischer Bereich (6, 7) durch einen am Grundkörper (13) des Steuernockens (5a bis 5c) angeordneten Federkörper (14) gebildet wird".

Hilfsantrag 2

Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag 2 entspricht dem Anspruch 1 gemäß dem neuen Hauptantrag mit dem zusätzlichen Merkmal des ursprünglich eingereichten Anspruches 3, wonach "ein elastischer Bereich (6, 7) durch einen unter Zwischenschaltung eines Federkörpers (14) am Grundkörper (15) des Steuernockens (5d bis 5g) angeordneten Gleitkörper (15) gebildet wird.".

IV. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Neuer Hauptantrag - Anspruch 1 - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ

Ein Greifer gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 sei aus der D1 bekannt. Bei dem aus der D1 bekannten Greifer seien die Greifarme formstabil und die Gegenarme formelastisch ausgebildet. Dabei können Toleranzen der Gefäßdurchmesser von bis zu 5 mm beim Schließen durch Verbiegung der Gegenarme aufgenommen werden. Der in der D1 benutzte Steuernocken sei formstabil und könne sowohl aus Metal als auch aus Kunststoff, insbesondere aus Polyetheretherketon (PEEK), sein. Die Gegenarme seien durch deren formelastische Ausbildung bruchanfälliger. Um diese Bruchanfälligkeit der Gegenarme zu beheben, schlage die vorliegende Anmeldung vor, den Steuernocken mit einem gemäß dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 elastisch nachgiebigen Bereich auszubilden. Dadurch können wieder die Gegenarme aus formstabilen Material und somit bruchsicherer ausgebildet sein. Zu dieser Lösung könne der Fachmann der D1 keinen Hinweis entnehmen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Hilfsantrag 1 - Anspruch 1 - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ

Der Steuernocken der D1 sei eine einteilige Konstruktion, siehe Seite 5; Figuren 1 und 2. Einen Hinweis auf eine zweiteilige Konstruktion des Steuernockens bestehend aus Grundkörper und Federkörper, wie es sich aus dem Wortlaut des Anspruchs 1 ergebe, sei der D1 nicht zu entnehmen. Es werde dadurch das Problem gelöst, einen Steuernocken zu entwerfen, welcher sowohl eine Nachgiebigkeit als auch eine Dauerfestigkeit aufweise. Der erwünschte Grad der Dauerfestigkeit werde anhand des massiven Grundkörpers und der erwünschte Grad der Nachgiebigkeit anhand des Federkörpers erreicht.

Hilfsantrag 2 - Anspruch 1 - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ

Ein sich am Steuernocken befindender elastischer Bereich, welcher durch einen unter Zwischenschaltung eines Federkörpers am Grundkörper des Steuernockens angeordneten Gleitkörper gebildet wird, sei durch die D1 weder offenbart noch dem Fachmann nahe gelegt.

V. In der mündlichen Verhandlung wurde seitens der Kammer ausführlich auf die Beschreibungsteile der D1 eingegangen, die das elastische Zusammenwirken von Steuernocken und Gegenarmen in verschiedener Form dokumentierten.

Entscheidungsgründe

1. Neuer Hauptantrag - Anspruch 1 - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ

Die seitens der Beschwerdeführerin vorgebrachte Argumentation in Bezug auf das Vorhandensein einer erfinderischen Tätigkeit kann die Kammer aus folgenden Gründen nicht folgen:

1.1 In der D1 wird bei der Erwähnung des Standes der Technik die D2 (EP-A-0 939 044) angegeben, welche eine Klammer mit zwei Metallklammerarmen umfasst. Die Klammerarme sind schwenkbar zueinander angeordnet. Im Betätigungsbereich wird ein drehbarer Steuernocken benutzt. Dort wo der Steuernocken in Berührung mit den Betätigungsbereichen der Greifarm kommt, ist zusätzlich eine Blattfeder ausgebildet. Diese dient dazu, unterschiedliche Gefäßdurchmesser beim Schließen der Klammer auszugleichen und gegebenenfalls eine Greifkraft zu erzeugen, siehe Seite 1, zweiter vollständiger Absatz.

1.2 Die zu lösende Aufgabe der Erfindung nach D1 besteht darin, eine Klammer zum Halten von Gefäßen bereitzustellen, die die nötige Zentrierung der Gefäße ermöglicht, wobei gleichzeitig Gefäßdurchmesser-toleranzen ausgeglichen werden können, deren Aufbau jedoch im Vergleich zum Stand der Technik wesentlich vereinfacht ist und eine "glatte" Bauweise ermöglicht, die mikrobiologisch vorteilhaft ist, da besser reinigbar, siehe Seite 2, zweiter vollständiger Absatz und den die Seiten 2 und 3 überbrückenden Absatz.

1.3 Diese Aufgabe wird gemäß Anspruch 1 der D1 dadurch gelöst, dass der Klammerarm mit seinem Greifarm und seinem Gegenarm einstückig ausgebildet ist und der Greifarm formstabil, dagegen der Gegenarm formelastisch ausgebildet ist.

1.4 In dem die Seiten 2 und 3 der D1 überbrückenden Absatz ist angegeben, dass "[f]ormstabil in diesem Zusammenhang bedeutet, dass für die vorgesehenen Belastungen, also der auftretenden Hebelkräfte beim Schließen der Klammer, eine Verformung oder Verbiegung verhindert wird. Formelastisch in diesem Zusammenhang bedeutet, dass alleine aufgrund der gewählten Form und der elastischen Eigenschaften des verwendeten Materials, eine Verformung bzw. Verbiegung ermöglicht wird, um Gefäßdurchmessertoleranzen aufnehmen zu können. Insbesondere ist bei der erfindungsgemäßen Ausführung der Klammer das Vorhandensein einer zusätzlichen Feder oder eines zusätzlichen zweiten elastischen Materials nicht mehr nötig. Dies vereinfacht den Aufbau und ermöglicht eine "glatte" Bauweise, die mikrobiologisch vorteilhaft ist, da besser reinigbar".

1.5 Diesem zitierten Absatz entnimmt der Fachmann die Information, so wie von der Kammer in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass beim Vorhandensein von formelastischen Gegenarmen auf die Benutzung einer zusätzlichen Feder, wie es bei dem aus der D2 bekannten Gegenarm der Fall ist, oder eines zusätzlichen zweiten elastischen Materials verzichtet werden kann. Reziprokerweise ist damit auch die Information in diesem zitierten Absatz inhärent für den Fachmann vorhanden, dass die Benutzung einer zusätzlichen Feder bzw. eines zusätzlichen zweiten elastischen Materials im Falle eines Verzichts auf formelastische Gegenarme, zwingend notwendig ist.

1.6 Wie die Beschwerdeführerin selbst argumentiert hat, und technisch ohne weiteres vorstellbar ist, wird der formelastische Gegenarm der aus der D1 bekannten Klammer wiederholt auf Biegung belastet und daher bruchanfällig. Zur Lösung dieser Aufgabe ist der Fachmann somit gehalten, diesen Gegenarm bruchsicherer und somit formstabil auszubilden. In einem solchen Fall ist bereits gemäß der Lehre des oben zitierten Absatzes der D1 sodann entweder eine zusätzliche Feder oder ein zusätzliches elastisches Material erforderlich, wenn man den gewünschten Gefäßdurchmessertoleranzenausgleich beibehalten will.

1.7 Da das Vorsehen einer Feder auf den Gegenarmen, so wie es der Fall bei der D2 ist, mit Reinigungsproblemen behaftet ist, wie es von der Beschwerdeführerin vorgetragen wurde und auch auf Seite 3, Zeilen 4 bis 6 der D1 erwähnt worden ist, bleibt zur Lösung der Aufgabe nur noch das besagte "zusätzliche elastische Material" übrig, dass in dem Bereich des Zusammenwirkens von Steuernocken und Gegenarm, worum es hier geht, als einzig übriggebliebene Anwendungsstelle den Steuernocken hat. Der Fachmann wird diesen dabei zumindest teilweise dort formelastisch ausbilden, wo sich diese Wirkung entfaltet, nämlich an dem die Anschlagflächen bildenden Bereich des aus der D1 bekannten Steuernockens, so wie es die Kammer in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat. Um diese Wirkung zu erzielen, muss der Steuernocken elastisch nachgiebig zumindest im Wesentlichen radial zu dessen Drehachse sein. Der Fachmann gelangt durch eine solche Ausbildung des Steuernockens zum Gegenstand des Anspruchs 1 ohne dabei erfinderisch tätig werden zu müssen, denn die D1 bietet ihm dazu die notwendige Information.

Daher beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

2. Hilfsantrag 1 - Anspruch 1 - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ

Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 1 eindeutig einen zweiteiligen, aus einem starren Grundkörper und aus einem elastischen Federkörper bestehenden Steuernocken definiere, und dass ein solcher zweiteiliger Steuernocken aus der D1 weder bekannt sei noch dem Fachmann nahe gelegt werde.

2.1 Die Kammer kann der o.g. Argumentation der Beschwerdeführerin aus folgenden Gründen nicht folgen:

Die Kammer bleibt - wie in der mündlichen Verhandlung kundgetan - bei ihrer gegenteiligen Meinung, dass - da im Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag 1 nicht definiert ist, dass der Grundkörper als "starrer Körper" bzw. aus einem anderen als den elastischen Bereich bildenden Material bestehen muss - die für das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 dieses Antrags gewählte Formulierung einen einteiligen Steuernocken nicht ausschliesst. Ein in den Figuren 1 und 2 der D1 abgebildeter, einen ovalen Umriss aufweisender Steuernocken, welcher gänzlich elastisch nachgiebig und, die Annahme der Beschwerdeführerin folgend, einteilig ausgebildet ist, weist einen zentralen Bereich auf, welcher als Grundkörper bezeichnet werden kann, an dem zwei ovalen Spitzen, welche jeweils als Federkörper bezeichnet werden können, angeordnet ist. Ein solcher Steuernocken entspricht somit der im Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 aufgestellten Definition des Steuernockens.

Daher kann das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 1 nichts zur erfinderischen Tätigkeit beitragen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 1 beruht deswegen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

Hilfsantrag 2 - Anspruch 1 - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ

Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 2 eindeutig einen dreiteiligen, aus einem starren Grundkörper, aus einem elastischen Federkörper sowie aus einem Gleitkörper bestehenden Steuernocken definiere, und dass ein solcher dreiteiliger Steuernocken aus der D1 weder bekannt sei noch dem Fachmann nahe gelegt werde.

Die Kammer kann die o.g. Argumentation der Beschwerdeführerin aus folgenden Gründen nicht folgen:

Die Kammer bleibt - wie in der mündlichen Verhandlung kundgetan - bei ihrer Meinung, dass - da im Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag 1 nicht definiert ist, dass der Grundkörper als "starrer Körper" bzw. aus einem anderen als den elastischen Bereich bildenden Material bestehen muss, oder dass der Grundkörper, der Federkörper und der Gleitkörper aus unterschiedlichem Material, bzw. Teilen bestehen müssen - die für das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 gewählte Formulierung einen einteiligen Steuernocken immer noch nicht ausschliesst. Ein in den Figuren 1 und 2 der D1 abgebildeter, einen ovalen Umriss aufweisender Steuernocken, welcher gänzlich elastisch nachgiebig und, die Annahme der Beschwerdeführerin folgend, somit einteilig ausgebildet ist, weist einen zentralen Bereich auf, welcher als Grundkörper bezeichnet werden kann, er weist weiterhin einen die ovalen Spitzen und diesen zentralen Bereich verbindenden Teil auf, welcher als zwischengeschalteter Federkörper bezeichnet werden kann, und schließlich weist sie zwei ovalen Spitzen auf, welche jeweils als Gleitkörper bezeichnet werden können, die im ausgeführten Sinne über den Federkörper am Grundkörper angeordnet sind. Ein solcher Steuernocken entspricht der im Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 aufgestellten Definition des Steuernockens.

Daher kann das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 2 nichts zur erfinderischen Tätigkeit beitragen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 2 beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation