European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2012:T242809.20120618 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 18 Juni 2012 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2428/09 | ||||||||
Anmeldenummer: | 05405184.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | B62D 21/11 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Hilfsrahmen für Kraftfahrzeuge | ||||||||
Name des Anmelders: | AUDI AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Bayerische Motoren Werke Aktiengesellschaft | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (Hauptantrag) nein Unzulässige Erweiterung (Hilfsantrag 1 und 2): ja |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die am 4. Dezember 2009 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchs abteilung den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 1690779 zurückzuweisen.
Die Einspruchs abteilung hat unter anderem festgestellt, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 in Hinblick auf eine unbestritten zum Stand der Technik gehörende offenkundige Vorbenutzung neu ist. Die offenkundige Vorbenutzung besteht aus einem Zeitschriftenartikel OV und vier Zeichnungen OV1 bis OV4, die die Achskonstruktion des Artikels OV im Detail darstellen:
(OV) Aluminium-Fahrwerk der neuen BMW 5er Baureihe, ATZ Automobiltechnische Zeitschrift 98 (1996) 3, Seiten 124 bis 132,
(OV1) Zeichnung Vorderachse, RL, Nr. 11 42 023,
(OV2) Zeichnung Vorderachsträger, Nr. 1 094 320,
(OV3) Zeichnung Diagonalrohr, Nr. 1 092 937/938,
(OV4) Zeichnung Linker Längsträger, Nr. 1 092 919/ 920
II. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende Beschwerde eingelegt, diese begründet und die Beschwerde gebühr bezahlt.
III. Am 18. Juni 2012 wurde mündlich verhandelt.
Die Beschwerde führerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerde gegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde oder hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 1 und 2, eingereicht mit Schreiben vom 11. Juni 2012.
IV. Anspruch 1 in der erteilten Fassung lautet wie folgt (Merkmalsgliederung, hervorgehoben in eckigen Klammern gemäß der Entscheidung der Einspruchs abteilung, Einfügung durch die Kammer):
Hilfsrahmen (1) eines Vorder- oder Hinterwagens eines Kraftfahrzeuges mit einer ersten und zweiten Rahmenseite, die in Fahrzeugquerrichtung voneinander beabstandet [a] und über wenigstens einen im wesentlichen in Fahrzeugquerrichtung verlaufenden Querträger (4) miteinander verbunden sind [b],wobei die beiden Rahmenseiten jeweils zwei in Fahrzeuglängsrichtung (H-F) hintereinander angeordnete und direkt oder indirekt miteinander verbundene Seitenteile enthalten [c], dadurch gekennzeichnet, dass ein erstes zum Fahrzeugstossfänger hin angeordnetes Seitenteil (2a, 2b) ein Metallgussteil ist [d] und ein zur Fahrgastzelle hin angeordnetes, zweites Seitenteil (3a, 3b) ein Hohlprofil ist [e], wobei die ersten Seitenteile (2a, 2b) der Rahmenseiten bezogen auf ein Crash-Ereignis als Starrkörper [f] und die zweiten Seitenteile (3a, 3b) als in Fahrzeuglängsrichtung energieabsorbierende Deformationselemente ausgebildet sind [g].
V. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet wie folgt:
Hilfsrahmen (1) eines Vorder- oder Hinterwagens eines Kraftfahrzeuges mit einer ersten und zweiten Rahmenseite, die in Fahrzeugquerrichtung voneinander beabstandet und über wenigstens einen im wesentlichen in Fahrzeugquerrichtung verlaufenden Querträger (4) miteinander verbunden sind, wobei die beiden Rahmenseiten jeweils zwei in Fahrzeuglängsrichtung (H-F) hintereinander angeordnete und direkt oder indirekt miteinander verbundene Seitenteile enthalten, dadurch gekennzeichnet, dass ein erstes zum Fahrzeugstossfänger hin angeordnetes Seitenteil (2a, 2b) ein Metallgussteil ist und ein zur Fahrgastzelle hin angeordnetes, zweites Seitenteil (3a, 3b) ein Hohlprofil ist, wobei die ersten Seitenteile (2a, 2b) der Rahmenseiten bezogen auf ein Crash-Ereignis als Starrkörper und die zweiten Seitenteile (3a, 3b) als in Fahrzeuglängsrichtung energieabsorbierende Deformationselemente ausgebildet sind und das zweite Seitenteil (3a, 3b) fluchtend am ersten Seitenteil (2a, 2b) befestigt ist.
VI. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet wie folgt:
Hilfsrahmen (1) eines Vorder- oder Hinterwagens eines Kraftfahrzeuges mit einer ersten und zweiten Rahmenseite, die in Fahrzeugquerrichtung voneinander beabstandet und über wenigstens einen im wesentlichen in Fahrzeugquerrichtung verlaufenden Querträger (4) miteinander verbunden sind, wobei die beiden Rahmenseiten jeweils zwei in Fahrzeuglängsrichtung (H-F) hintereinander angeordnete und direkt oder indirekt miteinander verbundene Seitenteile enthalten,
dadurch gekennzeichnet, dass ein erstes zum Fahrzeugstossfänger hin angeordnetes Seitenteil (2a, 2b) ein Metallgussteil ist und ein zur Fahrgastzelle hin angeordnetes, zweites Seitenteil (3a, 3b) ein Hohlprofil ist, wobei die ersten Seitenteile (2a, 2b) der Rahmenseiten bezogen auf ein Crash-Ereignis als Starrkörper und die zweiten Seitenteile (3a, 3b) als in Fahrzeuglängsrichtung energieabsorbierende Deformationselemente ausgebildet sind und die zweiten Seitenteile (3a, 3b) die Befestigungspunkte (10a, 10b) zur Anbringung an der Karosserie aufweisen.
VII. Die Beschwerde führerin brachte im Wesentlichen die folgenden Argumente vor:
Der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt sei nicht neu gegenüber der offenkundigen Vorbenutzung, nachgewiesen durch die Dokumente OV und OV1 bis OV4. Diese Dokumente zeigten alle Merkmale des angegriffenen Anspruchs. Insbesondere seien die beiden Seitenteile der jeweiligen Rahmenseite hintereinander angeordnet. Dass sich die jeweiligen Seitenteile einer Rahmenseite überlappen, sei nicht erheblich, da der Anspruchswortlaut lediglich besage, dass Rahmenseiten "hintereinander angeordnete Seitenteile enthalten". Schließlich enthalte das Teil mit der Bezeichnung "Strangpress-Hohlkörperprofil" ein Teil, welches hinter dem Metallguss-Seitenteil angeordnet sei und welches als ein zweites Seitenteil im Sinne des Anspruch gesehen werde.
Zum anderen offenbare die offenkundige Vorbenutzung Seitenteile aus einem Strangpress-Hohlkörperprofil, welches aus einer AlMgSi-Legierung der 6000er Serie bestehe, vgl. OV, Seite 124, rechte Spalte, Mitte. Diese werde bekanntermaßen verwendet, wenn es auf besondere Deformationseigenschaften ankäme. Darauf deute auch der zweite Absatz auf der Seite 132 der OV hin, in dem beschrieben sei, dass bei einem Bordsteinanprall eine definierte Verformung des Hilfsträgerbauteile vor einer Rissbildung stattfinde. Ein derartiger Bordsteinanprall sei schon deshalb ein Crashereignis im Sinne der Erfindung, da der Anspruch die Art des Crashs offenlasse. Im Übrigen sei bei modernen Fahrzeugen der Hilfsträger für Crashereignisse grundsätzlich deformierbar gestaltet.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 1 sei unzulässig erweitert, da das Merkmal "fluchtend" nicht ursprünglich offenbart sei. Im Übrigen sei auch nicht klar, was darunter zu verstehen sei, da man nicht wisse, wo Geraden oder Fluchtlinien anzulegen seien.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 laut Hilfsantrag 2 sei ebenfalls unzulässig erweitert, da nicht alle Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 6 in die Änderung eingeflossen seien; dieser beziehe sich nämlich auf eine Karosseriestruktur und einen Längsträger.
Da wesentliche Merkmale zur Ausführung der Erfindung fehlten, sei der Anspruch auch nicht klar. So fehle das Merkmal, dass es sich bei den Befestigungspunkten um hintere Befestigungspunkte handele.
Außerdem könne das dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 hinzugefügte Merkmal keine Neuheit herstellen, da der Hilfsträger der offenkundigen Vorbenutzung ebenfalls derartige Befestigungspunkte im hinteren Bereich zur Anbindung an die Karosserie aufweise.
VIII. Die Beschwerde gegnerin widerspricht dieser Argumentation wie folgt:
Die offenkundige Vorbenutzung offenbare zwar einen Hilfsträger im Sinne des strittigen Anspruchs, nicht aber die Merkmale [c] und [g]. Die Dokumente OV1 und OV2 zeigten ein Strangpress-Hohlkörperprofil, welches in weiten Teilen neben dem Metallgussteil verlaufe. Den hinteren Teil, etwa ab dem Ansatz des Strangpress-Hohlkörperprofils, würde man - isoliert betrachtet - als ein Seitenteil bezeichnen können. Da sich das Strangpress-Hohlkörperprofil aber nach vorne fortsetze und am Querträger abstütze, sind die beiden Seitenteile einer Rahmenseite weder hintereinander angeordnet, noch könne man das Strangpress-Hohlkörperprofil als ein Seitenteil betrachten.
Weiterhin sei aus der Tatsache, dass ein Strangpress-Hohlkörperprofil verwendet werde nicht zu schließen, dass dieses als ein energieabsorbierendes Deformationselement im Sinne des Anspruchs ausgebildet sein müsse. Schließlich sei es üblich, Strangpress-Hohlkörperprofile als preiswerte Alternativen zu Kokillengussteilen zu verwenden, die dann ebenfalls sehr starr sein müssen und keine Deformationseigenschaften aufweisen dürfen. Aus der Offenbarung der offenkundigen Vorbenutzung gemäß der Dokumente OV und OV1 bis OV4 sei nicht zu entnehmen, dass das Strangpress-Hohlkörper profil als Deformationselement ausgebildet sei.
Das dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 hinzugefügte Merkmal soll im Wesentlichen definieren, dass das erste und das zweite Seitenteil stoßfrei aneinandergefügt sind. Dies sei den Figuren zu erkennen. Des weiteren ginge dies implizit auch aus Paragraph [0021] hervor.
Der Gegenstand des Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 sei neu, da die Karosserie beim Hilfsträger der offenkundigen Vorbenutzung nur im vorderen Bereich fixiert sei. Das hinzugefügte Merkmal definiere Befestigungspunkte am zweiten Seitenteil, mit denen die Karosserie an den Hilfsträger befestigt werde. Es sei dabei nicht nötig festzulegen, dass es sich um hintere Befestigungspunkte und eine Karosseriestruktur handele. Dies wisse der Fachmann ohnehin, da andernfalls die im Anspruch definierte Deformation des Hilfsträgers nicht stattfinden könne.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist nicht neu gegenüber der offenkundigen Vorbenutzung, Art. 54 (1) EPÜ.
2.1 Die offenkundige Vorbenutzung offenbart einen Hilfsrahmen eines Vorder- oder Hinterwagens eines Kraftfahrzeuges mit einer ersten und zweiten Rahmenseite (in OV2 1 092 938.1 und 1 092 937.1),
die in Fahrzeugquerrichtung voneinander beabstandet und über wenigstens einen im wesentlichen in Fahrzeugquerrichtung verlaufenden Querträger miteinander verbunden sind (in OV2 1 092 909.1)),
wobei die beiden Rahmenseiten jeweils zwei in Fahrzeuglängsrichtung hintereinander angeordnete und direkt oder indirekt miteinander verbundene Seitenteile enthalten (die Seitenteile sind in OV1 mit Kokillenguß-Längsträger und Strangpress-Hohlkörperprofil bezeichnet. Diese sind in Fahrzeug längs richtung hintereinander angeordnet), wobei
ein erstes zum Fahrzeugstossfänger hin angeordnetes Seitenteil ein Metallgussteil ist (das in OV1 mit Kokillenguß-Längsträger bezeichnete Teil ist zum Stossfänger hin angeordnet)
und ein zur Fahrgastzelle hin angeordnetes, zweites Seitenteil ein Hohlprofil (Strangpress-Hohlkörperprofil) ist,
wobei die ersten Seitenteile (2a, 2b) der Rahmenseiten bezogen auf ein Crash-Ereignis als Starrkörper (dies ergibt sich aus dem Material Kokillenguß)
und die zweiten Seitenteile (3a, 3b) als in Fahrzeuglängsrichtung energieabsorbierende Deformationselemente ausgebildet sind (dies ist durch das Strangpress-Hohlkörperprofil bedingt).
2.2 Die Beschwerdegegnerin trägt vor, dass das Strangpress-Hohlkörperprofil kein zweites Seitenteil im Sinne des Anspruchs sei, da der vordere Teil neben dem ersten Seitenteil verlaufe und sich das Strangpress-Hohlkörperprofil am Querträger abstütze. Wäre der vordere Teil nicht vorhanden, könne der hintere Abschnitt - ab dem Ansatz - als Seitenteil betrachtet werden.
Damit stellt nach Meinung der Kammer der hintere Teil des Strangpress-Hohlkörperprofil ein Seitenteil dar. Die Tatsache, dass dieses Seitenteil einen weiteren Abschnitt enthält, der so ausgebildet ist, dass es sich nach vorne in Richtung des Querträgers erstreckt, sich an diesem abstützt und dieser Teil des Strangpress-Hohlkörperprofil mit dem Kokillenguss-Längsträger teilweise überlappt, ist durch die Merkmals definition des Anspruchs nicht ausgeschlossen. Insofern offenbart die offenkundige Vorbenutzung dieses Merkmal des Anspruchs 1.
2.3 Die Beschwerdegegnerin wendet weiterhin ein, dass aus der offenkundigen Vorbenutzung nicht eindeutig hervorgehe, dass es sich bei dem Strangpress-Hohlkörperprofil um ein Deformationselement handele. Schon die geometrische Gestaltung der Anordnung, wie sie in OV2 gezeigt sei, deute darauf hin, dass es sich bei dem Strangpress-Hohlkörperprofil um eine kostengünstige, gewichtsoptimierte Verstrebung handele und nicht um einen Deformationskörper.
Diese Ansicht wird von der Kammer aus den folgenden Gründen nicht geteilt:
2.3.1 Der Wortlaut des letzten Merkmals von Anspruch 1 definiert, dass die - aus Strangpress-Hohlkörperprofil ausgebildeten - zweiten Seitenteile als in Fahrzeug längs richtung energieabsorbierende Deformationselemente ausgebildet sind. Dabei folgt die Kammer nicht der Auffassung der Einspruchs abteilung, dass unter einem "Deformationselement" lediglich Elemente zu verstehen sind, denen die in der Beschreibung des Streitpatents genannten Deformationsmechanismen zu eigen sind (vgl. Entscheidung, Seite 4, Punkt 2.3). Gemäß der Beschreibung des Streitpatents in Paragraph [0051] wird in einer Deformationszone Aufprallenergie durch kontrollierte Stauchung absorbiert. Der Deformationsmechanismus "Faltung" ist aber im Streitpatent an o.g. Stelle nur als Beispiel genannt ("insbesondere Faltung") und kann somit keine Einschränkung für den Gegenstand des Anspruchs darstellen.
2.3.2 Die Textstelle OV der offenkundigen Vorbenutzung, Seite 132, linke Spalte, zweiter Absatz offenbart, dass der Hilfsträger derart ausgelegt sei, dass bei einem Bordsteinanprall vor einer Rissbildung eine deutliche plastische Verformung der Achsbauteile stattfindet. Diese Deformation kann bei einem Crash-Ereignis aber nur in dem mit Strangpress-Hohlkörperprofil bezeichneten Teil eintreten. Dieses ist aus einer aushärtbaren Knetlegierung der 6000-Serie (auf AlMgSi-Basis; vgl. OV, Seite 124, rechte Spalte) und daher zweifellos und unbestritten dem Kokillenguss in den plastischen Verformungseigenschaften deutlich überlegen.
Da weiterhin weder Art und Umfang des Crashereignisses im Anspruch definiert ist, noch festgelegt ist, wie das Deformationsverhalten der Seitenteile aussieht, steht die o.g. Passage (OV) diesem Merkmal neuheitsschädlich gegenüber.
Im übrigen ist daher ebenfalls davon auszugehen, dass auch bei anderen Crashereignissen als einem Bordsteinanprall, wie z.B. einem Frontalcrash, der erfindungsgemäße Hilfsrahmen ein Deformationsverhalten aufweist, wie es in den Merkmalen [f] und [g] des Anspruchs 1 definiert ist.
3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom dem des Hauptantrags durch das hinzugefügte Merkmal, dass "das zweite Seitenteil (3a, 3b) fluchtend am ersten Seitenteil (2a, 2b) befestigt ist."
3.1 Die Beschwerdegegnerin behauptet, dieses Merkmal lasse sich aus den Figuren und dem Paragraph [0020] entnehmen. In den Figuren sei zu erkennen, dass sich das zweite Rahmenteil stoßfrei und damit fluchtend an das erste anschließe.
3.2 Der Begriff "fluchtend" ist der Beschreibung nicht zu entnehmen; der Paragraph [0020] setzt sich lediglich mit der Verbindungstechnik der beiden Seitenteile auseinander (z.B. Steckverbindung, verschweißt, verklebt oder geschraubt). Auch die Figuren sind nicht in der Lage zu offenbaren, dass das zweite Seitenteil (3a, 3b) fluchtend am ersten Seitenteil (2a, 2b) befestigt ist, da die Seitenteile im Übergangsbereich gebogen sind. Damit aber ergibt sich im Übergangsbereich keine gerade Linie die als Fluchtlinie betrachtet werden könnte.
Daher kommt die Kammer zu dem Schluss, dass das hinzugefügte Merkmal in den Anmeldeunterlagen, wie ursprünglich eingereicht, nicht offenbart ist.
Deshalb verstößt die Änderung gegen Art. 123(2) EPÜ.
4. Dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 wurde das Merkmal "und die zweiten Seitenteile (3a, 3b) die Befestigungspunkte (10a, 10b) zur Anbringung an der Karosserie aufweisen" hinzugefügt.
4.1 Die Beschwerdegegnerin gibt an, dass dieses Merkmal in Paragraph [0036] der Patentschrift und im erteilten abhängigen Anspruch 6 offenbart sei.
4.2 Der erteilte Anspruch 6 (der dem ursprünglich eingereichten Anspruch 6 entspricht) definiert, dass das zweite Seitenteil Befestigungspunkte zur Anbindung des Hilfsrahmens an eine Karosseriestruktur, insbesondere an einen Karosserielängsträger, enthält. Der Paragraph [0036] der Patentschrift erklärt, dass hintere Befestigungspunkte am Seitenteil zur Anbringung des Hilfsrahmens an die Karosseriestruktur, insbesondere an einen Karosserielängsträger vorgesehen sind.
Der wesentliche Unterschied zwischen der Offenbarung an den genannten Stellen und dem hinzugefügten Merkmal liegt in dem Begriff "Karosseriestruktur" in der Offenbarung vs. "Karosserie" im hinzugefügten Merkmal. Typischerweise wird unter einem Strukturteil der Karosserie ein tragendes Element verstanden, wie z.B. der an den Offenbarungsstellen genannte und fakultativ beanspruchte Längsträger.
Auch der Einwand der Beschwerdegegnerin, es sei selbstverständlich, dass der Hilfsrahmen über hintere Befestigungspunkte an ein Strukturteil der Karosserie angebunden werde, da sich sonst der Hilfsrahmen im Crashfall nicht bestimmungsgemäß verhalten werde, kann die Kammer nicht überzeugen, da der Hilfsträger auch weitere Befestigungspunkte (11a, 11b) zur Anbindung an der Karosseriestruktur vorsieht, die zu einem bestimmungsgemäßen Verhalten führen können.
Da der Begriff "Karosserie" die Anbringung des Seitenteils nicht auf tragende Teile beschränkt, ist die Kammer der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 2 gegenüber der ursprünglich eingereichten Fassung erweitert ist. Daher verstößt auch diese Änderung gegen Art. 123(2) EPÜ.
4.3 Da das letzte Merkmal des Anspruchs 1 laut Hilfsantrag 2 nicht offenbart ist, kann es dahingestellt bleiben, ob die in OV2 die mit 1 092 912.4 bezeichneten Teile in Verbindung mit Bild 1 der OV Befestigungspunkte zur Anbindung an die Karosserie im Sinne des Anspruchs darstellen oder nicht.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.