T 2390/09 () of 26.10.2011

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2011:T239009.20111026
Datum der Entscheidung: 26 October 2011
Aktenzeichen: T 2390/09
Anmeldenummer: 02734885.3
IPC-Klasse: C12M 1/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Klimatisierter Lagerschrank
Name des Anmelders: LICONIC AG
Name des Einsprechenden: Thermo Electron LED GmbH
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag, Hilfantrag): nein
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einsprechende und die Patentinhaberin haben gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das Patent Nr. 1 354 028 in geändertem Umfang aufrechterhalten wurde, Beschwerde eingelegt.

Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 (a) EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit) angegriffen worden. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 (Patent in der erteilten Fassung) gemäß Hauptantrag im Hinblick auf die Kombination der Lehren der E2 (WO 98/05753 A) und der E9 (WO 94/01780 A) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Die Einspruchsabteilung war weiter der Auffassung, dass unter Berücksichtigung der vorgenommenen Änderungen der Ansprüche gemäß Hilfsantrag vom 31. Juli 2009 sowie der in der mündlichen Verhandlung vom 8. Oktober 2009 vorgelegten angepassten Beschreibung das europäische Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen.

II. Die Einsprechende beantragte mit ihrer Beschwerde vom 8. Dezember 2009, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Streitpatent zu widerrufen. Hilfsweise beantragte sie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

III. Die Patentinhaberin beantragte mit ihrer Beschwerde vom 8. Januar 2010 als Hauptantrag die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung und, als Hilfsantrag formuliert, im Ergebnis die Zurückweisung der Beschwerde der Einsprechenden. Hilfsweise beantragte sie auch die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

IV. Zusammen mit ihrer auf die Beschwerde der Patentinhaberin gerichteten Beschwerdeerwiderung, datiert vom 1. Juli 2010 jedoch eingegangen am 5. August 2010, reichte die Einsprechende inter alia die Entgegenhaltung E13 (US 4 250 266 A) ein.

V. Ihre auf die Beschwerde der Einsprechenden gerichtete Beschwerdeerwiderung reichte die Patentinhaberin mit Fax vom 1. Oktober 2010 ein.

VI. Mit ihrer Mitteilung vom 3. August 2011 lud die Kammer die Parteien gemäß Regel 115 (1) EPÜ zur mündlichen Verhandlung, angesetzt für den 8. November 2011. In der Anlage zu dieser Ladung teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Meinung mit, dass inter alia a) die Entgegenhaltung E13 ins Verfahren zuzulassen ist, siehe Punkt 3 der o.g. Anlage; b) der Gegenstand sowohl des erteilten Anspruchs 1 als auch des Anspruchs 1 in der durch die Einspruchsabteilung beschränkt aufrechterhaltenen Fassung keine erfinderische Tätigkeit aufweist, siehe Punkte 4 bis 5.2 der o.g. Anlage.

VII. Mit Fax vom 6. Oktober 2011 zog die Patentinhaberin ihren "hilfsweise Antrag auf mündliche Verhandlung" zurück und hielt ihre Anträge in der Sache aufrecht. Sie informierte zudem die Kammer, dass sie an der für den 8. November 2011 anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.

VIII. Mit Fax vom 14. Oktober 2011 hielt die Einsprechende ihren hilfsweise gestellten Antrag auf mündliche Verhandlung unter der Bedingung aufrecht, dass ihrem Antrag auf Aufhebung des Beschlusses der Einspruchsabteilung und Widerruf des Streitpatents nicht alleine auf der Grundlage des schriftlichen Verfahrens stattgegeben werden könne. Sie informierte gleichzeitig die Kammer, dass sie an der für den 8. November 2011 anberaumten mündlichen Verhandlung teilzunehmen beabsichtige.

IX. Die Kammer hob am 26. Oktober 2011 die Ladung zur mündlichen Verhandlung auf.

X. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag lautet wie folgt: "Klimaschrank umfassend eine Klimakammer (2), eine Klimatisiervorrichtung (306) zum Erzeugen einer vorgegebenen Temperatur und Atmosphäre in der Klimakammer (2), eine Vielzahl von in der Klimakammer (2) angeordneten Lagerschächten (650), wobei jeder Lagerschacht (650) mehrere übereinander angeordnete Lagerplätze (8) für zu lagernde Objekte bildet und aus der Klimakammer (2) entnehmbar ist, und wobei mehrere Lagerschächte (650) auf gleicher Höhe nebeneinander angeordnet sind, eine in der Klimakammer (2) angeordnete Umschlagvorrichtung (620) zum Manipulieren der Objekte, wobei die Umschlagvorrichtung (620) eine Schaufel (621) zur Aufnahme jeweils eines Objekts aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass in der Klimakammer mehrere Lagerschächte (650) übereinander angeordnet sind".

Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag, den die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung als den Erfordernissen des EPÜ genügend erachtete, weist im kennzeichnenden Teil das folgende zusätzliche Merkmal auf: "wobei der Klimaschrank mindestens zwei übereinander angeordnete, drehbare Karusselle (600, 610) zur Aufnahme der Lagerschächte (650) aufweist".

XI. Die Einsprechende hat im Wesentlichen im schriftlichen Verfahren folgendes vorgetragen:

Hauptantrag - - Anspruch 1 - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ Der Klimaschrank gemäß Anspruch 1 unterscheide sich von dem aus E2 bekannten Klimaschrank lediglich dadurch, dass in der Klimakammer mehrere Lagerschächte übereinander angeordnet seien. Die objektive technische Aufgabe sei darin zu sehen, einen betreffenden Klimaschrank bereitzustellen, bei dem die Lagerkapazität unter Beibehaltung der Grundfläche vergrößert sei, um eine Verbesserung der Raumnutzung in vertikaler Richtung zu erhalten. E9 zeige in den Figuren 9 und 10 eine Lagerschachtanordnung, bei der zum einen mehrere Lagerschächte auf gleicher Höhe nebeneinander angeordnet seien und bei der zum anderen auch mehrere Lagerschächte übereinander angeordnet seien.

Evident ergebe sich dem Fachmann aus den Figuren 9 und 10 der E9, dass die gezeigte Lagerschachtanordnung dazu geeignet sei, bei geringer Grundfläche eine hohe Lagerkapazität und eine Verbesserung der Raumnutzung in vertikaler Richtung zu erreichen. Demnach sei es für den Fachmann offensichtlich, die Aufgabe dadurch zu lösen, dass in der Klimakammer mehrere Lagerschachte übereinander angeordnet werden. Hierbei sei es auch vollkommen unerheblich, ob die Lagerschachtanordnung in einem Klimaschrank oder dergleichen angeordnet sei, da die Lösung der Aufgabe hiervon unabhängig sei. Hilfsantrag - Anspruch 1 - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ Gegenüber der E2 könne die objektive technische Aufgabe darin gesehen werden, einen betreffenden Klimaschrank bereitzustellen, bei dem die Lagerkapazität unter Beibehaltung der Grundfläche vergrößert sei, um eine Verbesserung der Raumnutzung in vertikaler Richtung zu erhalten.

Klimakammern mit mehreren übereinander angeordneten Karussellen zur Aufnahme von Proben, seien dem Fachmann aus dem Stand der Technik hinreichend bekannt, siehe hierzu E13, insbesondere Figur 2. Auf die Art von Probebehältern, seien es Lagerschächte mit einzelnen Objekten oder Objekte, die unmittelbar auf dem Karussell gelagert seien, komme es hierbei nicht an. Jedenfalls sei offensichtlich, dass mit jedem zusätzlich gestapelten Karussell die Lagerkapazität entsprechend vergrößert werde.

Für den Fachmann sei es daher ohne erfinderisches Zutun möglich, bei einem aus E2 bekannten Klimaschrank die oben genannte Aufgabe dadurch zu lösen, dass mehrere Karusselle mit mehreren Lagerschächten übereinander angeordnet werden.

XII. Die Patentinhaberin hat im Wesentlichen im schriftlichen Verfahren folgendes vorgetragen: Hauptantrag - Anspruch 1 - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ Der Klimaschrank gemäß Anspruch 1 unterscheide sich von dem aus E2 bekannten Klimaschrank dadurch, dass in der Klimakammer mehrere Lagerschächte übereinander angeordnet seien. Die zu lösende Aufgabe sei darin zu sehen, einen einfach aufgebauten Klimaschrank mit hoher Lagerkapazität zur Verfügung zu stellen. Die naheliegende Lösung der o.g. Aufgabe sei darin zu sehen, die Lagerschächte einfach höher zu bauen. Die Lösung gemäß dem Gegenstand des Anspruchs 1 gehe dagegen einen anderen Weg. Die einzige Lehre von E9 zur Anordnung von Objekten in einem Klimaschrank sei, die Objekte auf einen Drehtisch anzuordnen; zur Anordnung von Komponenten in einem Klimaschrank sei E9 nichts zu entnehmen, wodurch auch ein Hinweis fehle, so eine bessere Raumnutzung zu erreichen.

Hilfsantrag - Anspruch 1 - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ Eine Anordnung der Karusselle von E2 übereinander sei für den Fachmann auf den ersten Blick nicht sinnvoll, da der Fachmann vielmehr die Lagerschächte einfach höher gebaut hätte. Der Fachmann könne E13 lediglich die Lehre entnehmen, in einem Karussell mehrere Ablageflächen übereinander anzuordnen und dann auf den Ablageflächen die Objekte abzulegen. Eine Lehre, mehrere Lagerschächte übereinander anzuordnen, wobei jeder der Lagerschächte seinerseits mehrere Lagerplätze für zu lagernde Objekte übereinander aufweise, sei jedoch E13 nicht zu entnehmen.

Entscheidungsgründe

Nach Rücknahme ihres Antrages auf mündliche Verhandlung gemäß Artikel 116 (1) EPÜ durch die Patentinhaberin und Aufhebung des anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung entscheidet die Kammer im schriftlichen Verfahren unter Berücksichtigung des schriftsätzlichen Vorbringens der Parteien.

1. Hauptantrag - Anspruch 1 - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ

1.1 E2, welche unstreitig den nächstliegenden Stand der Technik darstellt, offenbart einen Klimaschrank mit einer Klimakammer, eine Klimatisiervorrichtung und eine Vielzahl von in der Klimakammer angeordneten Lagerschächten gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1, siehe Figuren 1, 2 und 7.

1.2 Es ist daher auch unstreitig, dass sich der Klimaschrank gemäß Anspruch 1 von dem aus E2 bekannten Klimaschrank dadurch unterscheidet, dass in der Klimakammer mehrere Lagerschächte übereinander angeordnet sind.

1.3 Es ist für den Fachmann offensichtlich, dass eine solche Anordnung mehrerer Lagerschächte übereinander eine Vergrößerung der Lagerkapazität bei gleichbleibender Grundfläche und damit eine verbesserte Raumnutzung in vertikaler Richtung bewirkt. Diese Wirkung ist auch dem Absatz [0016] der Streitpatentschrift zu entnehmen.

1.4 Demnach ist die zu lösende objektive technische Aufgabe darin zu sehen, den aus E2 bekannten Klimaschrank so weiter zu entwickeln, dass unter Beibehaltung der Grundfläche die Lagerkapazität vergrößert und die Raumnutzung in vertikaler Richtung verbessert wird.

1.5 Zur Lösung dieser Aufgabe wird der Fachmann E9 zur Rate ziehen, da diese Entgegenhaltung sich mit einer Lagerschachtanordnung in Kombination mit einem Klimaschrank zum Aufbau von automatisierten analytischen Geräten beschäftigt. E9 offenbart dabei eine Lagerschachtanordnung 17, welche neben einem Klimaschrank 21 positioniert ist, siehe Figur 1. Diese Lagerschachtanordnung 17 weist mehrere Lagerschächte 109 auf, welche zum einen auf gleicher Höhe nebeneinander und zum anderen übereinander angeordnet sind, siehe Figuren 9 und 10.

1.6 Die Kammer folgt somit der Argumentation in der angefochtenen Entscheidung und derjenigen der Einsprechenden in ihrer Beschwerdeerwiderung vom 1. Juli 2010, wonach es dem Fachmann offensichtlich ist, dass die in den Figuren 9 und 10 der E9 übereinander angeordneten Lagerschächte dazu geeignet sind, bei geringer Grundfläche eine hohe Lagerkapazität und eine Verbesserung der Raumnutzung in vertikaler Richtung zu erreichen. Demnach würde der Fachmann die o.g. Aufgabe durch die Anordnung von mehreren Lagerschächten übereinander nach E9 innerhalb der Klimakammer lösen, ohne dabei erfinderisch tätig werden zu müssen. Die Kammer hat dies auch in ihrem Ladungsbescheid erwähnt, siehe Punkt 4.1. Dazu hat die Patentinhaberin nichts Weiteres vorgebracht.

1.7 Die Patentinhaberin argumentierte wie folgt: a) die zu lösende Aufgabe sei darin zu sehen, einen einfach aufgebauten Klimaschrank mit hoher Lagerkapazität zur Verfügung zu stellen, b) die naheliegende Lösung der o.g. Aufgabe sei darin zu sehen, die Lagerschächte einfach höher zu bauen. Die Lösung gemäß dem Gegenstand des Anspruchs 1 gehe einen anderen Weg, indem mehrere Lagerschächte übereinander angeordnet werden. Hierdurch könne in vorteilhafter Weise auf Versteifungs- und/oder Stabilisierungsmaßnahmen verzichtet werden, c) in E9 sei im Klimaschrank 21 ein Drehtisch 24 angeordnet. Somit wäre der Fachmann zum Schluss gekommen, dass die einzige Lehre von E9 zur Anordnung von Objekten in einem Klimaschrank jene sei, die Objekte auf einem Drehtisch anzuordnen. Darüber hinaus lasse sich E9 betreffend der Anordnung von Komponenten in einem Klimaschrank nichts entnehmen, d) der Übereinanderanordnung der Magazine 109 in den Figuren 9 und 10 der E9 sei kein Hinweis zur Lösung der o.g. Aufgabe entnehmbar, da in E9 nirgendwo erwähnt sei, dass eine solche Anordnung den Aufbau der Magazine vereinfache.

1.8 Die Kammer kann sich der o.g. Argumentation der Patentinhaberin aus folgenden Gründen nicht anschließen: a) aus der Rechtsprechung der Beschwerdekammern geht hervor, dass die Anwendung des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes dazu dient, bei der Ermittlung der technischen Aufgabe objektive Kriterien anzuwenden. Dazu wird zunächst der Unterschied zwischen dem beanspruchten Gegenstand und dem aus dem nächstliegenden Stand der Technik bekannten Gegenstand ermittelt, und die dadurch erreichte technische Wirkung bestimmt, siehe hierzu Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 6. Auflage, 2010, I.D.4.1 und I.D.4.4. Dies hat die Kammer in den Punkten 1.1 bis 1.4, ausgehend von E2, durchgeführt und ist so zur Definition der zu lösenden Aufgabe gekommen, wobei sie festgestellt hat, dass diese Aufgabe mit derjenigen des Streitpatents sogar übereinstimmt. Die Kammer sieht daher keinen Anlass, die vereinfachte Aufgabenstellung der Patentinhaberin zu übernehmen. b) Die Tatsache alleine, dass es eine weitere naheliegende Lösung der objektiven Aufgabe gibt, ist kein automatischer Indiz dafür, dass jede andere Lösung derselben Aufgabe erfinderisch ist, wie es die Patentinhaberin behauptet. Dem Fachmann ist bei der Lösung der gestellten Aufgabe nicht nur die Anwendung seines fachmännischen Könnens zuzumuten, sondern auch das Heranziehen vorhandenen Standes der Technik, umso mehr wenn dieser sich auf das gleiche Fachgebiet bezieht. Dies betrifft gerade E9, die nach Meinung der Kammer dazu eine offensichtliche Lösung bietet (siehe Punkte 1.5 und 1.6). Die Behauptung der Patentinhaberin, wonach die Übereinanderanordnung der Lagerschächte den Vorteil gegenüber höheren Lagerschächte aufweise, dass auf Versteifungs- und/oder Stabilisierungsmaßnahmen verzichtet werden könne, ist durch den Absatz [0033] der Streitpatentschrift widerlegt. Denn in diesem Absatz ist angegeben, dass erst die Verwendung von übereinander angeordneten Karussellen, die die Lagerschächte tragen, Versteifungsmaßnahmen für übereinander angeordnete Lagerschächte überflüssig macht. Im vorliegenden Anspruch 1 sind keine Karussellen beansprucht. c) Der aus E2 bekannte Klimaschrank weist eine Mehrzahl von Lagerschächten 15 innerhalb der Klimakammer 1 auf, siehe hierzu Figur 2. Somit ist dieses Merkmal des Anspruchs 1 bereits aus E2 bekannt. Gemäß E2 können dabei diese Lagerschächte 15 zusammen mit dem entsprechenden Transfersystem 11 bedarfsabhängig entweder innerhalb oder außerhalb der Klimakammer positioniert sein, siehe Seite 12, letzter Absatz in Kombination mit den Figuren 2 und 7. Es kommt daher für die Lagerung nicht darauf an, wo die Lagerschächte aufgestellt sind. Aus diesem Grund kann vom Fachmann erwartet werden, dass er E9 zur Rate zieht, um nach Lösungen für die genannte Aufgabe zu suchen. Der Drehtisch 24 spielt bei der Anwendung der aus E9 entnommenen Lehre der Übereinanderpositionierung der Lagerschächte keine Rolle. d) Die Tatsache, dass E9 zu ihrer Übereinanderanordnung der Lagerschächte keine Wirkung oder Vorteil der besseren Raumnutzung erwähnt, ist nach Meinung der Kammer unerheblich. Nach ihr Dafürhalten ist bereits die Motivation des Fachmanns, die Aufgabe zu lösen, ausreichend Grund dafür, dass er sofort erkennt, dass die in den Figuren 9 und 10 der E9 abgebildeten, übereinander angeordneten Lagerschächte 109 eine Vergrößerung der Lagerkapazität bei gleichbleibender Grundfläche und eine verbesserte Raumnutzung in vertikaler Richtung ermöglichen. Einen expliziten Hinweis in E9 in dieser Richtung braucht der Fachmann daher nicht. Er ist schließlich ein Ingenieur, welcher ein mehrjähriges Maschinenbaustudium erfolgreich absolviert hat.

1.9 Aus den o.g. Gründen erfüllt der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ nicht. Folglich ist die auf die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung gerichtete Beschwerde der Patentinhaberin unbegründet.

2. Zulassung ins Verfahren der E13 E13 war im Recherchebericht aufgeführt und wurde von der Einsprechenden mit ihrem vom 1. Juli 2010 datierten und erst am 5. August 2010 eingegangenen Schreiben eingereicht. Die Patentinhaberin stellte keinen Antrag auf Nichtzulassung der E13 ins Verfahren. Die Kammer betrachtet die E13 als prima facie hochrelevant, da diese eine Klimakammer mit mehreren übereinander angeordneten Karussellen zur Aufnahme von Proben offenbart, siehe Figur 2. Sie wertet die Einreichung der E13 als Reaktion der Einsprechenden auf die Beschwerde der Patentinhaberin. Aus diesen Gründen lässt die Kammer die E13 ins Verfahren zu.

3. Hilfsantrag - Anspruch 1 - erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ

3.1 Es ist unstreitig, dass ein Klimaschrank gemäß dem Oberbegriff dieses Anspruchs 1 aus E2 bekannt ist.

3.2 Es ist auch unstreitig, dass sich der Klimaschrank gemäß Anspruch 1 von dem aus E2 bekannten Klimaschrank dadurch unterscheidet, dass in der Klimakammer mehrere Lagerschächte übereinander angeordnet sind, wobei der Klimaschrank mindestens zwei übereinander angeordnete, drehbare Karusselle zur Aufnahme der Lagerschächte aufweist.

3.3 Es ist für den Fachmann offensichtlich, dass eine solche Anordnung von Karussellen und Lagerschächten eine Vergrößerung der Lagerkapazität bei gleichbleibender Grundfläche und eine verbesserte Raumnutzung in vertikaler Richtung bewirkt. Es kann sogar der Patentinhaberin argumentationshalber zugestimmt werden, dass dadurch weniger Versteifungs- und Stabilisierungsmaßnahmen notwendig sind. Diese Wirkung ist auch den Absätzen [0016] und [0033] der Streitpatentschrift zu entnehmen.

3.4 Demnach ist die zu lösende objektive technische Aufgabe darin zu sehen, den aus E2 bekannten Klimaschrank so weiter zu entwickeln, dass unter Beibehaltung der Grundfläche die Lagerkapazität vergrößert und die Raumnutzung in vertikaler Richtung ohne allzu aufwändige Versteifungsmaßnahmen verbessert wird. So hat es die Einsprechende auch in ihrer Beschwerdeerwiderung formuliert.

3.5 Die Kammer merkt an, dass der Klimaschrank nach der Figur 3a der E2 innerhalb der Klimakammer bereits zwei separate Karusselle mit mehreren Lagerschächten nebeneinander aufweist. Diese Lagerkapazität muss somit mindestens beibehalten bleiben.

3.6 Die Kammer hat bereits unter Punkt 5.2 ihres Ladungsbescheids vom 3. August 2011 als vorläufige Meinung zum Ausdruck gebracht, dass ausgehend von E2, aus der bereits die Anordnung von zwei nebeneinander angeordneten Karussellen bekannt ist (Figur 3a), für den Durchschnittsfachmann, bei dem es sich um einen Ingenieur handelt, der ein mehrjähriges Maschinenbaustudium erfolgreich absolviert hat, naheliegend ist, dieselben Karusselle übereinander anzuordnen, um hierdurch bei gleicher Lagerkapazität aber kleinerer Grundfläche eine Verbesserung der Raumnutzung zu erhalten. Übereinander aufgebaute Karusselle innerhalb eines Klimaschranks sind dem Fachmann auch wohl bekannt, siehe hierzu Figur 2 der E13. Dabei spielt es keine Rolle, ob die einzelnen Karusselle einzelne Lagerflächen oder Lagerschächte aufweisen. Darüber hinaus werden durch eine Anordnung von Karussellen übereinander, so wie diese z.B. in Figur 2 der E13 abgebildet sind, ohnehin automatisch übereinander angeordnete Lagerschächte gebildet.

3.7 Nachdem die Patentinhaberin sich zum Ladungsbescheid nicht weiter geäußert hat, sieht die Kammer keinen Anlass, ihre vorläufige Meinung zu ändern.

Die Kammer gelangt daher zum Entschluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ nicht erfüllt.

Folglich ist die Beschwerde der Einsprechenden begründet.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde der Patentinhaberin wird zurückgewiesen.

2. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

3. Das Patent wird widerrufen.

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