European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2012:T217709.20120717 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 17 Juli 2012 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2177/09 | ||||||||
Anmeldenummer: | 03815370.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | H01M 8/10 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Membran-Elektroden-Einheit, Polymermembranen für eine Membran-Elektroden-Einheit and Polymerelektrolyt-Brennstoffzellen sowie Verfahren zur Herstellung derselben | ||||||||
Name des Anmelders: | elcomax membranes GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | BASF Fuel Cell GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.3.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Zulässigkeit der Änderungen (ja) Neuheit (Hauptantrag) (nein); Hilfsantrag 1 (ja) Erfinderische Tätigkeit (Hilfsantrag 1) (ja): Verbesserung des Verfahrens glaubhaft |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, zur Post gegeben am 24. August 2009, mit der das europäische Patent EP-B-1 593 172 in geänderter Form gemäß Hilfsantrag 4 aufrechterhalten wurde.
II. Die Einspruchsabteilung stützte sich u.a. auf folgende Dokumente:
Dl: Jiangtao Wang, "High Temperature Proton Conducting Polymer Fuel Cells", Doktorarbeit (Thesis), Mai 1996, Case Western Reserve University, US, Seiten 58 bis 81;
D3: Li Qingfeng et al., "Phosphoric acid doped polybenzimidazole membranes: Physiochemical characterization and fuel cell applications",
J. Applied Electrochemistry 31, Seiten 773 bis 779 (2001);
D4: J.T. Wang et al., "A H2/O2 Fuel Cell Using Acid Doped Polybenzimidazole as a Polymer Electrolyte", Electrochimica Acta Vol. 41, No. 2, Seiten 193 bis 197, (1996);
D5: WO 01/18 894 A2;
D6: WO 00/44 816 A1;
D7: WO 97/23 919 A1;
D9: BASF "Säureanteile in der MEA nach dem Verpressen" (2 Seiten, eingereicht mit Schreiben vom 18. Mai 2009, [Versuchsergebnisse und graphische Darstellung]).
III. Die unabhängigen Ansprüche des Streitpatents wie erteilt haben den folgenden Wortlaut: "1. Membran-Elektroden-Einheit für Polymerelektrolyt-Brennstoffzellen mit einer Arbeitstemperatur bis 250ºC , die mindestens besteht aus zwei flächigen Gasverteilungselektroden und einer sandwichartig dazwischen angeordneten Polymermembran mit mindestens einem basischen Polymer sowie einem Dotierungsmittel, wobei die Gasverteilungselektroden mit einem Gehalt an Dotierungsmittel von 60 bis 120% der Masse des basischen Polymers in der Polymermembran derartig beladen sind, dass sie ein Dotierungsmittelreservoir für die Polymermembran darstellen, wobei die Polymermembran über das Dotierungsmittel nach Einwirkung von Druck- und Temperatur protonenleitend und fest an die Gasverteilungselektroden angebunden ist und im dotierten Zustand eine Leitfähigkeit von wenigstens 0,1 S/m bei einer Temperatur von nicht weniger als 25ºC aufweist." "13. Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle für eine Arbeitstemperatur bis 250ºC mit einer zwischen Bipolarplatten angeordneten Membran-Elektroden-Einheit, die mindestens besteht aus zwei flächigen Gasverteilungselektroden und einer sandwichartig dazwischen angeordneten Polymermembran mit mindestens einem basischen Polymer sowie einem Dotierungsmittel, wobei die Gasverteilungselektroden mit einem Gehalt an Dotierungsmittel von 60 bis 120% der Masse des basischen Polymers in der Polymermembran derartig beladen sind, dass sie ein Dotierungsmittelreservoir für die Polymermembran darstellen, wobei die Polymermembran über das Dotierungsmittel nach Einwirkung von Druck- und Temperatur protonenleitend und fest an die Gasverteilungselektroden angebunden ist und im dotierten Zustand eine Leitfähigkeit von wenigstens 0,1 S/m bei einer Temperatur von nicht weniger als 25ºC aufweist." "14. Verfahren zur Herstellung einer Membran-Elektroden-Einheit aus zwei flächigen Gasverteilungselektroden und einer sandwichartig dazwischen angeordneten Polymermembran mit mindestens einem basischen Polymer sowie einem Dotierungsmittel für Polymerelektrolyt-Brennstoffzellen mit einer Arbeitstemperatur bis 250ºC mit den Schritten: A Imprägnieren der Gasverteilungselektroden mit einem Dotierungsmittel bis zu einem Gehalt an Dotierungsmittel von 60 bis 120% der Masse des basischen Polymers in der Polymermembran, B sandwichartiges Anordnen der Polymermembran zwischen den imprägnierten Gasverteilungselektroden, C Anordnen des Sandwiches zwischen zwei Pressplatten D Heißpressen der Anordnung bei einer Temperatur zwischen 50ºC und 250ºC und einem Druck von mehr als 1 bar über einen Zeitraum von 5 Sekunden bis 60 Minuten." "16. Verfahren zur Herstellung einer Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle für eine Arbeitstemperatur bis 250ºC mit einer Membran-Elektroden-Einheit gemäß den Ansprüchen 1 bis 12 aus zwei flächigen Gasverteilungselektroden und einer sandwichartig dazwischen angeordneten Polymermembran mit mindestens einem basischen Polymer sowie einem Dotierungsmittel für Polymerelektrolyt-Brennstoffzellen mit den Schritten: A Imprägnieren der Gasverteilungselektroden mit einem Dotierungsmittel bis zu einem Gehalt an Dotierungsmittel von 60 bis 120% der Masse des basischen Polymers, B sandwichartiges Anordnen der Polymermembran zwischen die dotierten Gasverteilungselektroden, C Anordnen des Sandwiches aus Schritt B zwischen zwei Bipolarplatten einer Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle, D Ausüben eines Anpressdruckes auf den Polymermembran-Elektroden-Sandwich in der Brennstoffzelle bei einer Temperatur zwischen 50ºC und 250ºC und Beaufschlagen der Brennstoffzelle mit reaktiven Gasen über einen Zeitraum zwischen 1 Minute und 10 Stunden."
IV. Die Einspruchsabteilung entschied in der angefochtenen Entscheidung, dass die unter Artikel 100 b) und 100 c) EPÜ vorgebrachten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegenstünden. Sie befand außerdem, dass der beanspruchte Gegenstand gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags neu sei im Hinblick auf D1, da eine Dotierung der Elektroden mit einem Dotierungsmittel in einer Menge von 60 bis 120% der Masse des basischen Polymers in D1 nicht offenbart werde. Jedoch sei mit der anspruchsgemäßen Menge an Dotierungsmittel kein besonderer Effekt verbunden. Die technische Aufgabe bestehe daher in der Bereitstellung einer weiteren Ausgestaltung der aus D1 bekannten Membran-Elektroden-Einheit (MEE). Die beanspruchte Lösung gemäß Hauptantrag, der auf die erteilten Ansprüche ausgerichtet war, liege nahe, da der beanspruchte Dotierungsbereich recht groß sei. Die Lösung gemäß Hilfsantrag 3 wurde aufgrund entsprechender Überlegungen ebenfalls als naheliegend beurteilt. Die Hilfsanträge 1 und 2 wurden wegen mangelnder Klarheit des Produktanspruchs 1 als nicht gewährbar beurteilt (Artikel 84 EPÜ). Jedoch anerkannte die Einspruchsabteilung für die Ansprüche des Hilfsantrages 4 eine erfinderische Tätigkeit. Die Einspruchsabteilung stellte fest, dass im Stand der Technik kein Verfahren bekannt sei, das bei der Herstellung einer MEE von einer undotierten Membran und einer Dotierung der Gasverteilungselektroden ausgegangen sei. Durch die Verwendung von undotierten Polymermembranen und dotierten Gasverteilungselektroden werde ein vereinfachtes Verfahren zur Herstellung einer mechanisch stabilen MEE bereitgestellt.
V. Die Beschwerde der Patentinhaberin wurde mit Schreiben vom 30. Oktober 2009 eingelegt. Mit der Beschwerdebegründung vom 30. Dezember 2009 verteidigte die Beschwerdeführerin die erteilten Ansprüche in vollem Umfang und reichte zudem neue Hilfsanträge 1 bis 4 ein, die der Sache nach mit den vor der Einspruchsabteilung verfolgten Hilfsanträgen 1 bis 3 in geänderter Reihenfolge und mit teilweise veränderten Anspruchssätzen übereinstimmen.
VI. Die Erwiderung der Beschwerdegegnerin (Einsprechenden) erfolgte mit Schreiben vom 9. Juli 2010.
VII. Am 17. Juli 2012 fand eine mündliche Verhandlung statt, in der die Beschwerdeführerin einen abgeänderten Hilfsantrag 1 mit vier Patentansprüchen ein reichte. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 3 haben folgenden Wortlaut: Hilfsantrag 1: "1. Verfahren zur Herstellung einer Membran-Elektroden-Einheit aus zwei flächigen Gasverteilungselektroden und einer sandwichartig dazwischen angeordneten Polymermembran mit mindestens einem basischen Polymer sowie einem Dotierungsmittel für Polymerelektrolyt-Brennstoffzellen mit einer Arbeitstemperatur bis 250ºC mit den Schritten: A Imprägnieren der Gasverteilungselektroden mit einem Dotierungsmittel bis zu einem Gehalt an Dotierungsmittel von 60 bis 120% der Masse des basischen Polymers in der Polymermembran, B sandwichartiges Anordnen der Polymermembran zwischen den imprägnierten Gasverteilungselektroden, C Anordnen des Sandwiches [sic] zwischen zwei Pressplatten D Heißpressen der Anordnung bei einer Temperatur zwischen 50ºC und 250ºC und einem Druck von mehr als 1 bar über einen Zeitraum von 5 Sekunden bis 60 Minuten." "3. Verfahren zur Herstellung einer Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle für eine Arbeitstemperatur bis 250ºC mit einer Membran-Elektroden-Einheit aus zwei flächigen Gasverteilungselektroden und einer sandwichartig dazwischen angeordneten Polymermembran mit mindestens einem basischen Polymer sowie einem Dotierungsmittel mit den Schritten: A Imprägnieren der Gasverteilungselektroden mit einem Dotierungsmittel bis zu einem Gehalt an Dotierungsmittel von 60 bis 120% der Masse des basischen Polymers, so dass diese ein Dotierungsmittelreservoir für die Polymermembran darstellen, B sandwichartiges Anordnen der Polymermembran zwischen die dotierten Gasverteilungselektroden, C Anordnen des Sandwiches [sic] aus Schritt B zwischen zwei Bipolarplatten einer Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle, D Ausüben eines Anpressdruckes auf den Polymermembran-Elektroden-Sandwich in der Brennstoffzelle bei einer Temperatur zwischen 50ºC und 250ºC und Beaufschlagen der Brennstoffzelle mit reaktiven Gasen über einen Zeitraum zwischen 1 Minute und 10 Stunden, so dass die Polymermembran über das Dotierungsmittel protonenleitend und fest an die Gasverteilungselektroden angebunden ist und im dotierten Zustand eine Leitfähigkeit von wenigstens 0,1 S/m bei einer Temperatur von nicht weniger als 25ºC aufweist." (Änderungen sind durch die Kammer in Fettdruck hervorgehoben.)
VIII. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen, insbesondere im Hinblick auf den Hauptantrag und den Hilfsantrag 1, wie folgt argumentiert: Zur Auslegung der Produktansprüche: Nach Auffassung der Beschwerdeführerin hat die Einspruchsabteilung verkannt, dass die anspruchsgemäße Beladungsmenge der Elektroden mit Dotierungsmittel (d.h. das "Dotierungsmittelreservoir") den Zustand vor dem Heißverpressen angebe und diese im Endprodukt aufgrund der Einstellung eines Gleichgewichts entsprechend niedriger sei. Die Beschwerdeführerin legte dar, der Produktanspruch 1 des Streitpatents sei so zu verstehen, dass er sich auf eine Membran-Elektroden-Einheit beziehe, in welcher die Polymermembran noch nicht oder jedenfalls nicht wesentlich dotiert sei und deshalb keine Protonenleitfähigkeit aufweise. Die Gasverteilungselektroden wiesen einen Gehalt an Dotierungsmittel im anspruchsgemäßen Bereich von 60 bis 120% der Masse des basischen Polymers in der Polymermembran auf. Der Anspruch definiere somit ein Zwischenprodukt einer MEE im Zustand vor der Einwirkung von Druck und Temperatur. Dieses anspruchsgemäße Zwischenprodukt könne dann durch Einwirkung von Druck und Temperatur (d.h. durch "Heißverpressen") in eine für den Einsatz in einer Brennstoffzelle fertige MEE überführt werden, bei der die Polymermembran wegen des Dotierungsmittels protonenleitend und fest an die Gasverteilungselektroden angebunden sei, und im dotierten Zustand eine Leitfähigkeit von wenigstens 0,1 S/m bei einer Temperatur von nicht weniger als 25ºC aufweise. Ein solches Zwischenprodukt sei im Stand der Technik nicht bekannt, diene in vorteilhafter Weise zur Herstellung von einsatzbereiten MEE und sei deshalb patentfähig. Die MEE des Anspruchs 1 des erteilten Patents unterscheide sich vom Stand der Technik darin, dass sie eine Kombination von nicht oder nur schwach dotierter Polymermembran mit dotierten Gasverteilungselektroden umfasse, wobei die Dotierung dieser Gasverteilungselektroden so bemessen sei, dass die Polymermembran durch Einwirkung von Hitze und Druck über das Dotierungsmittel protonenleitend und fest an die Gasverteilungselektroden angebunden werde und im dotierten Zustand die geforderte anspruchsgemäße Leitfähigkeit von wenigstens 0,1 S/m bei einer Temperatur von nicht weniger als 25ºC aufweise. Der Stand der Technik gehe hingegen ausschließlich von vollständig dotierten Polymermembranen aus, die anschließend mit den Gasverteilungselektroden heißverpresst würden. Zur erfinderischen Tätigkeit: D1 sei als nächstliegender Stand der Technik anzusehen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich davon durch die beanspruchte Dotierungsmittelmenge und durch das Merkmal, dass die Gasverteilungselektroden derartig beladen seien, dass sie ein Dotierungsmittelreservoir für die Polymermembran darstellten. Letzteres Merkmal präzisiere die technische Funktion der anspruchsgemäßen Dotiermittelbeladung, bei der die Elektroden ein Reservoir zur Übertragung von Dotiermittel in die Polymermembran bereitstellten. Entgegen der Auffassung der Einspruchsabteilung sei der beanspruchte Mengenbereich für das Dotierungsmittel im Dotierungsmittelreservoir nicht groß, insbesondere angesichts der Tatsache, dass weder aus D1 noch aus einem sonstigen Stand der Technik eine solche Dotierungstechnik bekannt sei. Die Anwendung der Erfindung biete beim Bau von Membran-Elektroden-Einheiten mehrere Vorteile: Es könnten undotierte und daher mechanische hoch belastbare Membranen verwendet werden; es könne der Gehalt an Dotiermittel eingestellt bzw. optimiert werden; es werde das Dotiermittel nicht durch Wasser ausgetragen; ein guter Kontakt zwischen Membran und Elektroden werde erzielt; die MEE stabilisiere sich durch Kristallisationsprozesse; und schließlich könne sich die Dotierung auf denjenigen Bereich beschränken, der mit den Elektroden im Kontakt stehe. Die beanspruchten Produkte beruhten somit auf einer erfinderischen Tätigkeit; Gleiches gelte für die Verfahrensansprüche und somit auch für den Hilfsantrag 1.
IX. Die Beschwerdegegnerin argumentierte im Wesentlichen wie folgt: Unzulässige Änderung/Erweiterung Anspruch 14 des erteilten Patents sei unzulässig geändert worden, da in der Beschreibung nur das Merkmal "Druck zwischen 1 und 5 bar" offenbart sei, der Anspruch 14 aber den Ausdruck "mehr als 1 bar" enthalte. Dieser Einwand treffe auch auf die Hilfsanträge 1 und 2 zu. Was Anspruch 3 des Hilfsantrags 1 anbelange, so sei sein Schutzumfang im Vergleich zum erteilten Anspruch 3 erweitert worden. Zur Neuheit: Der Erzeugnisanspruch 1 gemäß Hauptantrag sei entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht auf Vorprodukt, sondern auf eine fertige MEE, also auf ein Endprodukt, gerichtet. Die Abgrenzung zum Stand der Technik solle dabei über die anspruchsgemäß eingesetzten Vorprodukte erfolgen. Dem fertigen Produkt sei aber nicht anzusehen, ob das Dotierungsmittel bereits in der Membran vorgelegen habe oder aber über das behauptete Reservoir in die Elektrode eingeführt worden sei. Da das Dotierungsmittel während des Heißverpressens und der Konditionierung aus dem Reservoir in die Membran übertrete, bleibe auch unklar, wie hoch der Gehalt an Dotierungsmittel in der Elektrode im fertigen Produkt sei. Unter Berücksichtigung des Vorstehenden sei der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt nicht neu gegenüber den Dokumenten D1/D4, D5 und D6. Aus D1/D4 seien MEE für Brennstoffzellen mit einer Arbeitstemperatur von 150ºC bekannt. Die Membran bestehe aus dem basischen Kunststoff Polybenzimidazol (PBI), enthalte als Dotierungsmittel Phosphorsäure und habe eine Leitfähigkeit von mindestens 0,1 S/m. Zur Herstellung dieser MEE werde eine dotierte Polymermembran zwischen zwei Gasverteilungselektroden heißverpresst und anschließend zusätzlich mit 5 M Phosphorsäure imprägniert (Seite 61). Aus den Angaben zur Membrandicke und -größe und zur Menge an Dotierungsmittel lasse sich errechnen, dass das Massenverhältnis von Dotierungsmittel zu basischem Polymer in der Polymermembran zwischen 109% und 153% betrage. Damit seien alle Merkmale der Ansprüche 1 bis 4, 11 bis 13 aus D1 bekannt. Da der Pressdruck laut D1 2,2 x 10**(4) kPa betrage, sei auch der Gegenstand von Anspruch 14 vorweggenommen. Aus D5 sei eine MEE für Polymerelektrolyt-Brennstoffzellen bekannt, die in der Membran ein basisches Polymer (Polybenzimidazol) aufweise und mit Phosphorsäure in einem Grad von 310 bis 1610 Mol-% dotiert sei (siehe Beispiele 4 und 6). Beim Heißverpressen einer solchen Membran mit den Elektroden werde zwangsläufig ein Teil der Dotierungssäure in die Elektroden gepresst. Aus dem Versuchsbericht D9 gehe hervor, dass im Falle einer Dotierung der Membran im Bereich von 700 bis 900 Mol-% nach dem Heißverpressen mit einem Gehalt der Elektroden im beanspruchten Bereich von 60 bis 120 % zu rechnen sei. Auch aus D6 seien dotierte Polymermembranen aus dem basischen Polymer PBI bekannt, deren Dotierungslevel 774 Mol-% betrage, und die daher nach Heißverpressen neuheitsschädlich für den Gegenstand des Anspruchs 1 sei. Die Beschwerdegegnerin brachte weiters vor, dass Produkte mit allen Merkmalen des Anspruchs 1 wie erteilt bereits vor dem Prioritätstag des Streitpatents von der Rechtsvorgängerin der Beschwerdegegnerin verkauft worden seien. Erfinderische Tätigkeit: Zusätzlich zu dem oben beschriebenen Verfahren lehre D1/D4 lehre auch, undotierte (trockene) PBI-Membranen einzusetzen (Seite 62). Die Membran sei durch Heißverpressen fest an die Elektroden gebunden. Die Elektroden würden dann mit "einer geringen Menge an 5 molarer H3PO4 gefüllt", um die Leitfähigkeit an der Grenzfläche zur Elektrode zu verbessern. Es könne nun, ausgehend von D1/D4, keine erfinderische Tätigkeit darin erkannt werden, anstelle einer geringen Menge an 5 molarer H3PO4 das Dotierungsmittel in einer Menge von 60 bis 120 Massen-% vorzusehen. Hinsichtlich der unabhängigen Verfahrensansprüche 14 und 16 seien bereits aus D4 die Vorteile des Füllens der Elektrode bekannt. Die kontinuierliche Herstellung einer MEE sei aus D7 bekannt. Zu Hilfsantrag 1: Die Einwände unzulässiger Erweiterung, mangelnder Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit träfen auch hier zu.
X. Anträge: Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent im erteilten Umfang aufrechtzuerhalten; hilfsweise beantragte sie, das Patent auf der Grundlage der Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4, eingereicht mit der Beschwerdebegründung, aufrechtzuerhalten, wobei der Hilfsantrag 1, bestehend aus den Ansprüchen 1 bis 4, während der mündlichen Verhandlung abgeändert wurde.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
1. Änderungen (Artikel 123(2) und (3) EPÜ)
1.1 Hauptantrag Anspruch 14 beruht wortwörtlich auf Anspruch 19 der Anmeldungsunterlagen in der ursprünglich eingereichten Fassung, wie veröffentlicht als WO 2004/066 428 A2. Der Einwand der Beschwerdegegnerin, der Anspruch gehe in unzulässiger Weise über die ursprüngliche Offenbarung hinaus, da in der Beschreibung nur das Merkmal "Druck zwischen 1 und 5 bar" offenbart sei, der Anspruch 14 aber den Ausdruck "mehr als 1 bar" enthalte, ist deshalb unzutreffend.
1.2 Hilfsantrag 1
1.2.1 Betreffend Anspruch 1 gilt das unter Punkt 1.1 Gesagte. Der Anspruch beruht wortwörtlich auf dem Anspruch 19 der Anmeldungsunterlagen in der ursprünglich eingereichten Fassung, veröffentlicht als WO 2004/066 428 A2. Den Erfordernissen von Artikel 123(2) EPÜ ist somit Genüge getan.
1.2.2 Betreffend Anspruch 3 war die Beschwerdegegnerin der Ansicht, dass der durch den Anspruch gewährte Schutzumfang im Vergleich mit dem erteilten Patent unzulässig erweitert worden sei, und zwar aus folgenden Gründen: Anspruch 3 beruhe auf dem erteilten Anspruch 16, welcher einen Rückbezug auf die Ansprüche 1 bis 12 enthalte und folglich alle Merkmale des Anspruchs 1 aufweisen müsse. Zwar habe die Beschwerdeführerin wesentliche Merkmale des erteilten Anspruchs 1, darunter die Leitfähigkeit der Polymermembran im dotierten Zustand von wenigstens 0,1 S/m bei einer Temperatur von nicht weniger als 25ºC, an anderer Stelle in den Anspruch aufgenommen. Jedoch gebe der Anspruch 3 nicht richtig und zwingend wieder, dass diese Protonenleitfähigkeit und die feste Anbindung der Polymermembran über das Dotierungsmittel an die Gasverteilungselektroden eine Folge der Einwirkung von Druck und Temperatur sei, wie dies aus Anspruch 1 hervorgehe. Der geänderte Anspruch 3 könne nach Auffassung der Beschwerdegegnerin auch so verstanden werden, dass die Leitfähigkeit beispielsweise durch die Zersetzungsprodukte bestimmter Weichmacher bewirkt werde. Die Kammer kann sich diesem Einwand nicht anschließen. Der Wortlaut des Teilmerkmals D des Anspruchs 3 besagt klar: "D Ausüben eines Anpressdruckes auf den Polymermembran-Elektroden-Sandwich in der Brennstoffzelle bei einer Temperatur zwischen 50ºC und 250ºC und Beaufschlagen der Brennstoffzelle mit reaktiven Gasen über einen Zeitraum zwischen 1 Minute und 10 Stunden, so dass die Polymermembran über das Dotierungsmittel protonenleitend und fest an die Gasverteilungselektroden angebunden ist und im dotierten Zustand eine Leitfähigkeit von wenigstens 0,1 S/m bei einer Temperatur von nicht weniger als 25ºC aufweist" (Hervorhebungen durch die Kammer). Insbesondere stellt die Verwendung der Konjunktion "so dass" nach Ansicht der Kammer klar, dass die Leitfähigkeit der Polymermembran kausal auf die Einwirkung von Druck ("Ausüben von Anpressdruck") und Temperatur ("bei einer Temperatur zwischen 50ºC und 250ºC") zurückzuführen ist. Folglich besteht diesbezüglich kein Unterschied zu den entsprechenden Merkmalen des Anspruchs 1.
1.2.3 Die Bestimmungen des Artikels 123(2) und (3) EPÜ sind deshalb erfüllt.
2. Neuheit
Hauptantrag, Erzeugnisanspruch 1
2.1 Die Beschwerdegegnerin hat die Dokumente D1/D4, D5 und D6 als neuheitsschädlich angesehen.
2.1.1 Aus D1 (siehe Seiten 62 bis 63, Herstellmethode 3) und D4 (das auf denselben Autor zurückgeht und dessen Offenbarungsgehalt für die vorliegenden Zwecke gleich dem von D1 ist) sind Verfahren zur Herstellung einer MEE mit einer Polymermembran aus Polybenzimidazol (PBI), einem basischen Polymer, und Phosphorsäure als Dotierungsmittel bekannt, bei denen eine säuredotierte Polymermembran mit ebenfalls säuredotierten Gasverteilungselektroden heißverpresst wird (150ºC, 2,2 x 10**(4) kPa, 10 Minuten). Eine Leitfähigkeit der dotierten Membran von wenigstens 0,1 S/m ist bei den aus D1 bekannten MEE zu unterstellen, was von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wurde. Aus D1 ist nicht bekannt, mit welcher Menge an Phosphorsäure, bezogen auf die Masse des basischen Polymers in der Polymermembran, die Gasverteilungselektroden imprägniert wurden. Die Angaben auf Seite 61 unterhalb der Tabelle scheinen sich auf ein unterschiedliches Imprägnierverfahren zu beziehen und sind daher nicht ohne weiteres auf die Gegebenheiten der in D1 beschriebenen Herstellmethode 3 übertragbar.
2.1.2 Auslegung des erteilten Anspruchs 1 Zur Beurteilung der Neuheit ist zunächst die sachgerechte Auslegung des Anspruchs 1 vorzunehmen. Die Beschwerdeführerin trug vor, dass die angegebene Dotiermittelmenge in den Gasverteilungselektroden (d.h. die Beladung der Elektroden) als die Menge vor der späteren Einwirkung von Druck und Temperatur zu verstehen sei (siehe Beschwerdeschriftsatz, Seite 7, erster Absatz). Diesbezüglich bestand Einigkeit unter den Parteien und die Kammer schließt sich dieser Sichtweise an. Darüber hinaus aber beziehe sich der Produktanspruch 1 des Streitpatents laut Beschwerdeführerin nämlich auf eine Membran-Elektroden-Einheit, in welcher die Polymermembran nicht, oder mindestens nur unwesentlich, dotiert sei und die deshalb noch keine Protonenleitfähigkeit aufweise. Das Dotierungsmittel befinde sich noch in Form eines Dotierungsmittelreservoirs in einer Menge von 60 bis 120%, bezogen auf die Masse des basischen Polymers in der Polymermembran, in den Gasverteilungselektroden. Der Anspruch 1 sei somit ausschließlich auf ein Vorprodukt einer MEE im Zustand vor der Einwirkung von Druck und Temperatur gerichtet. Dieses anspruchsgemäße Vorprodukt könne dann durch Einwirkung von Druck und Temperatur (d.h. durch Heißverpressen) in eine für den Einsatz in einer Brennstoffzelle fertige MEE überführt werden, bei der die Polymermembran über das Dotierungsmittel protonenleitend sei, fest an die Gasverteilungselektroden angebunden sei, und im dotierten Zustand eine Leitfähigkeit von wenigstens 0,1 S/m bei einer Temperatur von nicht weniger als 25ºC aufweise. Die Kammer kann sich dieser Sichtweise aber aus den nachstehenden Gründen nicht anschließen: Zunächst spricht ganz augenscheinlich bereits die Angabe der Leitfähigkeit der Polymermembran im dotierten Zustand von wenigstens 0,1 S/m im Anspruch dafür, dass die Polymermembran sich bereits im leitfähigen, dotierten Zustand, also nach dem Heißverpressen, befinden muss und das Dotierungsmittel bereits aus dem Reservoir der Gasverteilungselektroden in die Membran übergetreten sein muss. Diese Ansicht steht im Einklang mit dem weiteren Anspruchsmerkmal, wonach "die Polymermembran über das Dotierungsmittel protonenleitend... ist". Zweitens wird im Anspruch eine MEE definiert, deren Polymermembran "über das Dotierungsmittel ... fest an die Gasverteilungselektroden angebunden ist". Eine solche feste Anbindung kann ebenfalls nur über die Heißverpressung erreicht werden. Der vorliegende Erzeugnisanspruch ist nach Auffassung der Kammer daher richtigerweise so auszulegen, dass er eine MEE nach erfolgter Heißverpressung, also im betriebsfertigen Zustand betrifft. Entsprechendes gilt für die betriebsfertige Brennstoffzelle, wobei aber die im Anspruch angegebene Dotierungsmittelmenge derjenigen Menge entspricht, die vor der späteren Einwirkung von Druck und Temperatur anzuwenden und in den Gasverteilungselektroden als Dotierungsmittelreservoir vorzusehen ist.
2.1.3 Es blieb unbestritten, dass nach erfolgter Heißverpressung der Elektroden mit der Polymermembran nicht mehr bekannt ist, wie viel an Dotierungsmittel sich noch in den Gasverteilungselektroden befindet und wie viel davon während des Heißverpressens in die Polymermembran übergegangen ist (vgl. dazu das Streitpatent, Abschnitte [0013] und [0023]). Letzteres hängt auch von einer eventuellen Vordotierung der Polymermembran ab, die anspruchsgemäß nicht ausgeschlossen ist. Das Anspruchsmerkmal, wonach "die Gasverteilungselektroden mit einem Gehalt an Dotierungsmittel von 60 bis 120% der Masse des basischen Polymers in der Polymermembran ...beladen sind, " stellt unter diesen Umständen keine Abgrenzung zum Stand der Technik dar, da es nicht die Menge des Dotierungsmittels definiert, die im beanspruchten Endprodukt in den Gasverteilungselektroden vorhanden ist.
2.1.4 Da alle anderen Anspruchsmerkmale aus D1 bekannt sind, hängt unter diesen Umständen die Neuheit des Produktanspruchs nach Ansicht der Kammer davon ab, ob plausibel ist, dass die erfindungsgemäß eingesetzte Dotierungsmittelmenge in den Gasverteilungselektroden dem fertigen Produkt (MEE) konkrete Eigenschaften verleihen kann, die es von den gemäß D1 hergestellten MEE unterscheiden. Solche konkreten Produkteigenschaften hat die Beschwerdeführerin aber nicht vorgetragen und sind der Kammer auch nicht aus der Beschreibung ersichtlich. Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Vorteile der Erfindung beziehen sich offensichtlich auf das Herstellungsverfahren und nicht, oder nicht notwendigerweise, auf das erhaltene Produkt, d.h. die MEE. Sie können daher nicht als Beweis für einen Unterschied zum Stand der Technik dienen. Ein guter Kontakt zwischen der Polymermembran und den Elektroden, der als einer der Vorteile benannt worden ist, wird auch gemäß D1 erzielt, da dies eine Vorbedingung für das Funktionieren der MEE ist.
2.1.5 Damit kommt die Kammer insgesamt zum Schluss, dass der Gegenstand des Anspruch 1 nicht neu gegenüber D1 ist (Artikel 54 EPÜ). Der Hauptantrag ist daher nicht gewährbar, ohne dass es noch auf die Frage der behaupteten Vorbenutzung ankäme.
Hilfsantrag 1
2.2 Bezüglich der Ansprüche gemäß Hilfsantrag 1 hat die Beschwerdegegnerin keinen Neuheitseinwand erhoben. Die Kammer sieht die Neuheit der dort allein enthaltenen Verfahrensansprüche 1 bis 4 aus den nachstehenden Gründen ebenfalls als gegeben an:
2.2.1 Aus D1 (Seiten 62 bis 63, Herstellungsmethode 3) ist ein Verfahren zur Herstellung einer MEE mit einer Polymermembran aus PBI und Phosphorsäure als Dotierungsmittel bekannt, bei dem eine säuredotierte Membran mit ebenfalls säuredotierten Gasverteilungselektroden heißverpresst wird (150ºC, 2.2 x 10**(4) kPa, 10 Minuten). Im Unterschied zu den vorliegenden Ansprüchen ist die Membran bei dem aus D1 vorbekannten Verfahren bereits vollständig mit Phosphorsäure dotiert. Zwar sind aus D1 (siehe Seiten 61 bis 62, Herstellungsverfahren unter Punkten (1) und (2)) auch Verfahren bekannt, bei denen eine undotierte PBI-Membran mit Gasverteilungselektroden verklebt wird, und zwar unter Zuhilfenahme einer 12%igen Lösung von PBI in DMAc mit 2% LiOAc. Das Lithiumsalz wird dort sodann über vier Tage mit entionisiertem Wasser ausgewaschen und die MEE anschließend mit H3PO4 dotiert. Bei diesen Verfahren erfolgt die Dotierung aber nicht über das Dotierungsmittelreservoir aus den Gasverteilungselektroden wie bei dem Streitpatent, sondern durch Dotieren von außen. Daher ist die Neuheit des Anspruchs 1 gegenüber D1 anzuerkennen.
2.2.2 Aus Dokument D5 ist ein Verfahren zur Herstellung einer MEE bekannt, bei dem eine mit Phosphorsäure dotierte Membran aus PBI mit ebenfalls Gasverteilungselektroden sandwichartig heiß verpresst wird (150ºC, 0,5 bar, 12 Minuten). Der Dotierungsgrad der Membran nach dem Tränken in Phosphorsäure verschiedener Konzentration betrug in Beispiel 1 zwischen 310, 650, 980 und 1610 mol-%. Gemäß Beispiel 5 wurden Membranen aus PBI mit einem Dotierungsgrad von 381, 467 und 701 Mol-% Phosphorsäure hergestellt und gemäß Beispiel 6 eine Membran mit 660 Mol-% Phosphorsäure. Die Katalysatorschicht der Gasverteilungselektroden ist mit Polybenzimidazol (PBI) imprägniert, das seinerseits ebenfalls mit H3PO4/CF3COOH dotiert ist, wobei die Dotierung 15 Mol H3PO4 pro Mol PBI in der Katalysatorschicht beträgt (Beispiel 2). Die Membran hat dort, abhängig vom jeweiligen Dotierungsgrad, eine Leitfähigkeit von zwischen 1 und 12 S/m bei 150ºC und von zwischen ca. 0,2 und ca. 1,8 S/m bei 25ºC aufgewiesen (siehe D5, Seiten 23 und 24, Beispiele 1 und 2; Figur 1). Im Unterschied zu den vorliegenden Ansprüchen ist die Membran bei dem aus D5 vorbekannten Verfahren also vollständig mit Phosphorsäure dotiert. Die Menge der Dotierung der Gasverteilungselektroden mit H3PO4 ist mit der der vorliegenden Erfindung nicht vergleichbar, da in der D5 die Menge an Polymer in der Katalysatorschicht wesentlich geringer ist als die Menge an Polymer in der Membran. Dementsprechend kann diese Dotierung auch nicht ein Dotierungsreservoir für die Membran wie im Streitpatent bilden. Daher ist die Neuheit des Anspruchs 1 gegenüber D5 anzuerkennen.
2.2.3 Dokument D6 offenbart die Herstellung einer mechanisch stabilen, chemisch vernetzten Membran aus PBI und verwandten basischen Polymeren. Die Polymermembran wird dort in konventioneller Weise durch Tränken in Phosphorsäure protonenleitfähig gemacht (siehe Seite 12, Zeilen 3 bis 31; Seite 13, Zeilen 34 bis 37; Seite 15, Beispiel 2). D6 offenbart nicht, die Imprägnierung der Membran erst durch den Kontakt mit einem Reservoir an Dotierungsmittel in den Gasverteilungselektroden wie im Streitpatent vorzunehmen (siehe dazu auch Punkt 3.7.2 unten).
2.2.4 Der Verfahrensanspruch 3 gemäß Hilfsantrag 1 betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle, bei dem die Dotierung durch Konditionieren während der Inbetriebnahme erfolgt. Für diese Ansprüche gilt das oben Gesagte analog.
2.2.5 Die abhängigen Ansprüche 2 und 4 betreffen besondere Ausführungsformen der Verfahren nach Anspruch 1 bzw. 3, von denen sie abhängen. Sie sind damit ebenfalls neu.
2.2.6 Die Erfordernisse des Artikels 54 EPÜ sind damit, was die Ansprüche 1 bis 4 des Hilfsantrags 1 betrifft, erfüllt.
3. Erfinderische Tätigkeit (Hilfsantrag 1)
3.1 Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Membran-Elektroden-Einheit (MEE), sowie ein Verfahren zur Herstellung einer Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle unter Verwendung einer solchen MEE.
3.2 Nächstliegender Stand der Technik Als nächstliegender Stand der Technik wurden von den Verfahrensbeteiligten die Dokumente D1 bzw. D4 angesehen, da sie das gleiche technische Gebiet und eine ähnliche Aufgabenstellung betreffen. Auch weisen die in D1 bzw. D4 offenbarten MEE eine hohe strukturelle Ähnlichkeit auf. Die Kammer kann sich dieser Wahl des nächstliegenden Stands der Technik daher anschließen.
3.3 Die Verfahrensansprüche 1 und 3 sind nach Ansicht der Kammer so auszulegen, dass die Polymermembran vor dem Zusammenbau der MEE bzw. vor dem Heißverpressen sowohl undotiert als auch schwach dotiert sein kann (vgl. dazu das Streitpatent, Seite 4, Zeilen 10 bis 14). Nach Auffassung der Kammer ist der Grad einer etwaigen Vordotierung bei fachmännischem Verständnis der beanspruchten Erfindung und im Licht der Beschreibung unter allen Umständen so niedrig anzusetzen, dass er im Einklang mit der technischen Aufgabe und den erklärten Zielen des Streitpatents steht. Dem Fachmann ist nämlich nach Ansicht der Kammer ohne weiteres bewusst, dass im Fall einer hohen oder gar vollständigen Vordotierung die basische Polymermembran drastisch an mechanischer Stabilität einbüsst (vgl. D5, Figur 2), so dass die gestellte Aufgabe nicht gelöst werden könnte. Außerdem erfolgt in diesem Fall der erfindungswesentliche Übertritt des Dotierungsmittels aus dem Reservoir der Gasverteilungselektroden in die Membran mangels eines Konzentrationsgradienten überhaupt nicht, was dem Grundgedanken der vorliegenden Erfindung zuwider liefe. Deshalb sind nach Meinung der Kammer solche Verfahren zur Herstellung einer MEE bzw. einer Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle, bei denen eine mehr als nur schwache, die mechanische Stabilität der Membran nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigende Vordotierung der Membran vor deren Zusammenbau mit den Gasverteilungselektroden zum Einsatz kommt, von den geltenden Ansprüchen gemäß Hilfsantrag 1 nicht umfasst.
3.4 Technische Aufgabe Die Aufgabe des Streitpatents bestand daher darin, das Verfahren aus D1 insbesondere hinsichtlich einer leichteren Handhabbarkeit und einer optimierten Dotierung der Polymerelektrolytmembran zu verbessern. Diese Aufgabe ist im Streitpatent, beispielsweise auf Seite 2, Zeilen 53 bis 54; Seite 3, Zeilen 9 bis 11 und 34 bis 37; Seite 4, Zeilen 10 bis 14 und 33 bis 36, konkret erwähnt.
3.5 Vorgeschlagene Lösung Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent ein Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 vor, das unter anderem dadurch gekennzeichnet ist, dass die Gasverteilungselektroden mit einem Gehalt an Dotierungsmittel von 60 bis 120% der Masse des basischen Polymers in der Polymermembran beladen sind, wobei die Polymermembran zum Zeitpunkt des Zusammenbaus des Sandwichs und vor dem Heißverpressen nicht oder nur schwach dotiert ist.
3.6 Wirksamkeit der Lösung Die Kammer erachtet es als plausibel, dass der Einsatz einer undotierten oder nur schwach dotierten Polymermembran den Zusammenbau von Membran und Gasverteilungselektroden deutlich vereinfacht, da die Membran in diesem Zustand mechanisch hoch belastbar ist (vgl. den drastischen Abfall der Zugfestigkeit einer PBI - Membran mit dem Dotierungsgrad, dargestellt in D5, Figur 2). Auch während der weiteren Ver- und Bearbeitung der MEE, z.B. während des Heißverpressens, wird die Gefahr von Beschädigungen verringert und die mechanische Integrität der Membran so weit wie möglich gewahrt. Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass im Vergleich zu den im Stand der Technik aus D1 und D5 bekannten Verfahren, die eine Tränkung der Membran oder MEE in einem Säurebad umfassen, der Gehalt an Dotierungsmittel in der Membran gezielter und kontrollierter eingestellt werden kann, wodurch die Reproduzierbarkeit des Verfahrens verbessert wird.
Die gestellte Aufgabe einer Verbesserung des Verfahrens (vgl. oben, Punkt 3.4) ist angesichts der genannten Vorteile als gelöst zu betrachten.
3.7 Naheliegen der Lösung Die Kammer hat abschließend untersucht, ob die beanspruchte Lösung angesichts des Stands der Technik nahe lag.
3.7.1 Weder D1 noch D5 weisen auf die Möglichkeit hin, eine undotierte oder nur unwesentlich dotierte Membran mit dotierten Gasverteilungselektroden zusammenzuführen, so dass letztere ein Reservoir aus Dotierungsmittel bilden, das in die Membran übertritt und diese leitfähig macht. Generell wird gemäß D1 die MEE unter Zusammenpressen einer vollständig dotierten Membran mit den Gasverteilungselektroden hergestellt (siehe Seite 61, Abschnitt unterhalb der Tabelle, sowie Seiten 62 und 63, Herstellverfahren unter Punkt (3)). Zwar sind aus D1 (Seiten 61 bis 62, Herstellungsverfahren (1) und (2)) auch Verfahren bekannt, bei denen eine undotierte PBI-Membran mit Gasverteilungselektroden mit einer 12%igen Lösung von PBI und 2% LiOAc in DMAc verklebt wird. Anschließend wird das Lithiumsalz über vier Tage ausgewaschen und die MEE mit H3PO4 dotiert. Bei diesen Verfahren erfolgt die Dotierung aber nicht über das Dotierungsmittelreservoir aus den Gasverteilungselektroden, sondern durch Dotieren von außen. Nach D5 wird eine über mehrere Tage in Phosphorsäure bis zu einem Gehalt von bis zu 1610 Mol-% dotierte Polymermembran mit den Gasverteilungselektroden heiß verpresst (siehe Beispiele 1 bis 3).
3.7.2 D6 befasst sich spezifisch mit dem Problem der geringen mechanischen Stabilität einer basischen Polymermembran aus PBI (siehe Seite 2, Zeilen 14 bis 16). D6 offenbart, eine Membran aus Polybenzimidazol oder Polybenzbisimidazol mittels Verbindungen mit reaktiven Epoxy- und/oder Isocyanatfunktionalitäten zu vernetzen, um die mechanische Stabilität der Membran zu erhöhen (siehe Seite 4, Zeilen 11 bis 19; Seite 5, Zeilen 6 bis 9; Seite 7, Zeilen 18 bis 31). Die so vernetzte Membran wird dann mit starker Säure, vorzugsweise Phosphorsäure, imprägniert und protonenleitfähig gemacht (siehe Seite 12, Zeilen 3 bis 31). Das Problem der schlechten mechanischen Stabilität der dotierten Polymermembran wird also in D6 auf ganz unterschiedliche Weise wie im Streitpatent zu lösen versucht. Allerdings weist D6 ausdrücklich auf die offenbar trotz Vernetzung noch unbefriedigende Stabilität hin und empfiehlt, die Imprägnierung nicht bei Temperaturen von über 80ºC vorzunehmen.
3.7.3 Gemäß D3 werden die Polymermembranen aus Polybenzimidazol - nicht die Gasverteilungselektroden - dotiert, und zwar während 4 bis 5 Tagen bei Raumtemperatur mit 7 bis 16 M Phosphorsäure, wobei ein Dotierungsgrad von 300 bis 1600 mol-% erreicht wird (siehe Seite 774, rechte Spalte, Punkt 2.2; Seite 775, rechte Spalte, Figur 1 und zweiter Absatz).
3.7.4 Keine der Entgegenhaltungen D3, D5 oder D6 vermittelt somit dem Fachmann eine Anregung, das in D1 beschriebene Verfahren in der beanspruchten Weise zu modifizieren und so die gestellte technische Aufgabe zu lösen. Aus diesem Grund ist anzuerkennen, dass das Verfahren gemäß Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
3.8 Der Anspruch 3 betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle, bei dem die Dotierung durch Konditionieren während der Inbetriebnahme erfolgt. Für diesen Anspruch gilt mutatis mutandis das oben Gesagte bezüglich der Vorteile und Effekte des beanspruchten Verfahrens, der der Erfindung zugrundeliegenden Aufgabe einer Verbesserung und des Erfolgs der beanspruchten Lösung. Nichts im Stand der Technik weist auf die Möglichkeit hin, eine undotierte oder zumindest nur unwesentlich dotierte Membran mit dotierten Gasverteilungselektroden zusammenzuführen, so dass letztere ein Reservoir bilden, aus dem während der Inbetriebnahme das Dotierungsmittel in die Membran übertritt und diese protonenleitend macht.
3.9 Die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ sind somit für die Ansprüche 1 und 3 gemäß Hilfsantrag 1 erfüllt.
3.10 Die abhängigen Ansprüche 2 und 4 betreffen besondere Ausführungsarten der Verfahren gemäß den unabhängigen Ansprüchen 1 bzw. 3, von denen sie abhängen. Sie sind somit ebenfalls gewährbar.
3.11 Da der Hilfsantrag 1 für alle Ansprüche 1 bis 4 gewährbar ist, erübrigt sich eine Prüfung der nachrangigen Hilfsanträge 2 bis 4.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 4 gemäß Hilfsantrag 1, eingereicht während der mündlichen Verhandlung, und einer entsprechend anzupassenden Beschreibung nebst Zeichnungen aufrechtzuerhalten.