T 2172/09 () of 19.5.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:T217209.20100519
Datum der Entscheidung: 19 Mai 2010
Aktenzeichen: T 2172/09
Anmeldenummer: 02009633.5
IPC-Klasse: F01D 25/18
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Lagergehäuse eines Abgasturboladers für eine Brennkraftmaschine
Name des Anmelders: MAN Diesel & Turbo SE
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention R 103(1)(a)
European Patent Convention 1973 Art 83
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 54(2)
Schlagwörter: Änderungen (nicht zulässig)
Klarheit (nein)
Neuheit (nein)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0714/00
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 02 009 633.5 wurde von der Prüfungsabteilung mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Erfindung in der europäischen Patentanmeldung nicht so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann (Artikel 83 EPÜ 1973).

II. Die der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Fassung des Anspruchs 1 - eingereicht zunächst mit Schreiben vom 20. Januar 2006 (ohne gültige Unterschrift) und dann erneut mit Schreiben vom 25. Januar 2006 - lautet wie folgt:

"1. Abgasturbolader für eine Brennkraftmaschine mit einer Verdichterstute, einem Lagergehäuse und einer Turbinenstufe, wobei Verdichter- und Turbinenlaufrad auf einer gemeinsamen Rotorwelle sitzen, die Rotorwelle zwischen Verdichter- und Turbinenlaufrad mittels hydraulischem Lager im Lagergehäuse gelagert ist, das hydraulische Lager in einen Schmierölkreislauf eingebunden ist und dem ein Entlüftungssystem zur Separation von Öl aus dem Schmierölkreislauf und Luft, die aus der Verdichter- und Turbinenstufe in das Lagergehäuse eindringt, zugeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass ein Ringraum (10) mit einem zur vollständigen Separation von Öl und Luft ausreichenden Volumen, das den zwischen Turbinen- und Verdichterstufe verfügbaren Bauraum ausnutzt, innerhalb des Lagergehäuses (4) zumindest teilweise koaxial um einen Ölraum (9) zur Aufnahme des hydrodynamischen Lagers der Rotorwelle (7) angeordnet ist, wobei der Ringraum (10) einerseits mit einem Ölreservoir, sowie mit dem Triebraum des Motors und andererseits mit dem Ölraum (9) hydraulisch verbunden ist."

III. Zur Begründung führte die Prüfungsabteilung im wesentlichen an, dass es dem Inhalt der Anmeldung folgend nicht möglich erscheine, den Anmeldungsgegenstand "ein(en) Ringraum mit einem zur vollständigen Separation von Öl und Luft ausreichenden Volumen", wie er im Anspruch 1 wiedergegeben sei, konkret zu beschreiben.

IV. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin (Beschwerdeführerin) Beschwerde eingelegt und beantragt, ein Patent auf der Grundlage der geltenden Fassung, d.h. der der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegenden Fassung des Anspruchs 1, eingereicht mit Schreiben vom 25. Januar 2006, zu erteilen. Weiterhin hat die Beschwerdeführerin die Zurückzahlung der Beschwerdegebühr beantragt.

V. Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen argumentiert, dass es für einen Fachmann aus dem Bereich Turboladerbau klar sei, auch ohne Volumenangabe, wie die Angabe im Patentanspruch 1 "... dass ein Ringraum (10) mit einem zur vollständigen Separation von Öl und Luft ausreichenden Volumen..." zu verstehen ist und wie groß das "ausreichende" Volumen sein solle, nämlich in der Weise, dass es an die Verhältnisse des Verdichterrades angepasst sei.

VI. In einer am 23. März 2010 zur Post gegebenen Mitteilung gab die Kammer ihre vorläufige Meinung bekannt. Die für diese Entscheidung wesentliche Textstelle dieser Mitteilung lautet wie folgt:

"2. Artikel 83 EPÜ 1973

Der Entscheidung der Prüfungsabteilung dürfte zu folgen sein, wenn die Angabe "vollständige Separation von Öl und Luft" im theoretischen Sinn verstanden wird, d.h. wenn diese Angabe bedeutet, dass kein Ölnebel mehr aus dem Ringraum austritt (siehe Punkt 7 der angefochtenen Entscheidung). Tatsächlich dürfte eine hundertprozentige Separation von Öl und Luft in der Praxis nicht erreichbar sein. Diese Angabe dürfte aber so auszulegen sein, dass "praktisch" kein Ölnebel mehr aus dem Ringraum austritt. Mit dieser Auslegung könnte die Offenbarung als ausreichend im Sinne von Art. 83 EPÜ 1973 angesehen werden, weil für eine solche "vollständige" Separation hauptsächlich das im Ringraum zu Verfügung stehende Volumen maßgebend zu sein scheint. Ein ausreichendes Volumen könnte z.B. durch einfache Versuche ermittelt werden.

3. Artikel 84 EPÜ 1973

Dennoch ist mit dieser Auslegung die Angabe "vollständige Separation von Öl und Luft" unklar (wie bereits von der Prüfungsabteilung im Bescheid vom 26. Juli 2005 eingewendet), weil es nicht klar ist, wann die Separation als "vollständig" anzusehen ist. Mit anderen Worten ist es nicht klar, bei welchem effektivem Wirkungsgrad die Separation praktisch als "vollständig" anzusehen ist.

4. Artikel 52(1) EPÜ 1973

Aufgrund dieses Klarheitsmangels kann das Merkmal der vollständigen Separation von Öl und Luft keinen eindeutigen Unterschied zu einem Abgasturbolader gemäß dem Stand der Technik darstellen, bei dem ein Ringraum vorhanden ist, wie z.B. D2 - siehe Bescheid der Prüfungsabteilung vom 26. Juli 2005, Punkt 3.

Tatsächlich offenbart die D2 einen Abgasturbolader für eine Brennkraftmaschine mit (siehe Fig. 1) einer Verdichterstufe (1), einem Lagergehäuse und einer Turbinenstufe (5), wobei Verdichter- und Turbinenlaufrad auf einer gemeinsamen Rotorwelle (7) sitzen, die Rotorwelle zwischen Verdichter und Turbinenlaufrad mittels hydraulischem Lager (9, 10) im Lagergehäuse gelagert ist und das hydraulische Lager in einen Schmierölkreislauf eingebunden ist. In der Ausführungsform gemäß Fig. 5 und 6 ist ein Ringraum (39) vorgesehen, welcher den zwischen Turbinen- und Verdichterstufe verfügbaren Bauraum ausnutzt und welches innerhalb des Lagergehäuses (41) zumindest koaxial um einen Ölraum (rechts, innerhalb des Ringraums 40) zur Aufnahme des hydrodynamischen Lagers der Rotorwelle angeordnet ist. Dieser Ringraum (39) ist einerseits mit einem Ölreservoir (54) und mit dem Triebraum des Motors (bei der auf Spalte 3, Zeilen 31-41, beschriebenen Variante; siehe auch Spalte 1, Zeilen 37-41) und andererseits mit dem Ölraum hydraulisch verbunden. Im Ringraum (39) findet zwangsläufig eine Separation von Öl aus dem Schmierölkreislauf und Luft, die aus der Verdichter- und Turbinenstufe in das Lagergehäuse eindringt, statt. Da der Ringraum ein relativ großes Volumen aufweist und die Angabe "vollständig" keine präzise Bedeutung zukommt, kann die Separation als "vollständig" angesehen werden.

Somit fehlt es dem Gegenstand des Anspruchs 1 an der notwendigen Neuheit (Artikel 54(1),(2) EPÜ 1973).

[...]

5. Änderungen

Die Prüfungsabteilung hat sich über die Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ) nicht geäußert. Der Anspruch 1 setzt sich im Wesentlichem aus den Merkmalen der ursprünglichen Ansprüche 1 und 2 zusammen; er enthält jedoch nicht die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 2, dass der Ringraum mittels eines Überlaufs mit dem Ölreservoir und mittels eines Ölablaufs mit dem Triebraum des Motors verbunden ist. Da diese Merkmale untrennbar mit den übrigen Merkmalen des ursprünglichen Anspruchs 2 verknüpft zu sein scheinen, dürfte das Weglassen dieser Merkmale eine unzulässige Erweiterung des Anmeldungsgegenstands nach Artikel 123(2) EPÜ darzustellen (siehe z.B. T 714/00; siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamtes, 5. Auflage 2006, Seiten 279 und 280).

[...]

7. Rückzahlung der Beschwerdegebühr

Da der im Regel 103 EPÜ als Voraussetzung für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr geforderte Verfahrensmangel von der Beschwerdeführerin nicht substantiiert ist, dürfte der diesbezügliche Antrag keinen Erfolg haben."

VII. In ihrem Schreiben vom 30. April 2010 hat die Anmelderin mitgeteilt, dass sie keine Stellungnahme auf die Mitteilung der Beschwerdekammer einreichen werde und dass eine schriftliche Entscheidung beantragt werde.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die Kammer hat in ihrer unter Abschnitt VI oben wiedergegebenen vorläufigen Mitteilung festgestellt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ (Änderungen), 84 EPÜ 1973 (Klarheit) und 52(1) i.V. mit Art. 54(2) EPÜ 1973 (Neuheit) nicht erfüllt. Mit ihrem Schreiben vom 30. April 2010 hat die Anmelderin mitgeteilt, dass sie sich in der Sache zu den Ausführungen der Kammer nicht äußern möchte. Auch nach einer erneuten Überprüfung des Sachverhalts sieht die Kammer keinen Anlass, von ihren Beanstandungen Abstand zu nehmen. Folglich erfüllt der Anmeldungsgegenstand die Voraussetzungen des Europäischen Patenübereinkommens für die Erteilung eines Patents nicht.

3. Da ein wie in Regel 103(1)(a) EPÜ, beziehungsweise Regel 67 EPÜ 1973, als Voraussetzung für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr geforderter wesentlicher Verfahrensmangel weder von der Beschwerdeführerin vorgetragen wurde, noch aus dem Ablauf des erstinstanzlichen Verfahrens für die Kammer erkennbar ist, ist der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr zurückzuweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

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