T 2051/09 (Biozidmischung/THOR) of 8.8.2013

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2013:T205109.20130808
Datum der Entscheidung: 08 August 2013
Aktenzeichen: T 2051/09
Anmeldenummer: 01971931.9
IPC-Klasse: A01N 43/40
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Synergistische Biozidzusammensetzung
Name des Anmelders: THOR GmbH
Name des Einsprechenden: LANXESS Deutschland GmbH
Arch Chemicals, Inc.
Rohm and Haas Company
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(3)
Schlagwörter: Verspätet eingereichter Versuchsbericht - nicht zugelassen
Erfinderische Tätigkeit (nein für alle Anträge) - beanspruchte Kombination lag aufgrund der zu erwartenden Synergie und der offensichtlichen Verlängerung der Wirkungsdauer nahe
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerden aller drei Einsprechender LANXESS Deutschland GmbH (Beschwerdeführerin 1), Arch Chemicals, Incorporated (Beschwerdeführerin 2) und Rohm and Haas Company (Beschwerdeführerin 3) richten sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, dass das europäische Patent Nr. 1 313 368 in der Fassung des gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 2009 vorgelegten Hauptantrag dem EPÜ genügt.

II. Anspruch 1 dieses Hauptantrags lautete wie folgt:

"1. Biozidzusammensetzung als Zusatz zu Stoffen, die von schädlichen Mikroorganismen befallen werden können, enthaltend ein Pyrithion und ein 2-Alkylisothiazolin-3-on als biozide Wirkstoffe, dadurch gekennzeichnet, daß die Biozidzusammensetzung als einen weiteren bioziden Wirkstoff ein Iodalkylcarbamat enthält."

III. Für konkrete Wirkstoffe stehen in den folgenden Ausführungen die folgenden Abkürzungen:

ZPT für Zinkpyrithion,

OIT für 2-n-Octylisothiazolin-3-on, und

IPBC für 3-Jod-2-propinyl-N-butylcarbamat.

ZPT ist ein Pyrithion,

OIT ist ein 2-Alkylisothiazolin-3-on und

IPBC ist ein Iodalkylcarbamat

gemäß dem oben unter Punkt II genannten Anspruch 1.

IV. Die Einsprüche richteten sich gegen das Patent in vollem Umfang und waren gestützt auf Gründe gemäß Artikel 100 (a) EPÜ wegen mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit. Die Einsprechende 3 und jetzige Beschwerdeführerin 3 stützte sich zusätzlich auf Einspruchsgründe gemäß Artikel 100(b) und (c) EPÜ.

V. Im Einspruchsverfahren wurden u. a. die folgenden Schriftstücke zitiert:

(D2) Übersetzung von JP-A-2000-191 412 ins Englische

(D3) WO-A-98/21 962

(D4) Übersetzung von JP-A-06 016 506 in Englische

(D5) US-A-5 464 622

(D6) Übersetzung von JP-A-06 183 914 in Englische

(D7b) US-A-5 939 203

(D9) WO-A-00/33 656

(D10) D. K. Simpson und P. Kappock, Polymer, Paints and Coatings Journal, Januar 1996, 7-8

(D11) W. Paulus, Microbicides for the Protection of Materials, Chapman & Hall, London/GB, 1. Auflage 1993, 266-267, 294-295, 298-301, 326-333.

VI. In der angefochtenen Entscheidung konstatierte die Einspruchsabteilung, die Einsprechende 3 habe nicht gezeigt, dass die Erfindung nicht ausführbar sei. Die Neuheitseinwände gegen den neuen Hauptantrag wurden zurückgezogen bzw. bestünden nicht mehr aufgrund der Streichung des erteilten Anspruchs 8. Die beanspruchten ternären Mischungen seien nicht in den zitierten Dokumenten offenbart. Demnach seien sie neu.

Dokument (D4) sei der nächstliegende Stand der Technik. Demgegenüber habe die Aufgabe darin bestanden, die Wirkung der bioziden Mischung zu erhöhen. Es hätte für den Fachmann nicht nahegelegen, zur Lösung dieser Aufgabe ein drittes Biozid hinzuzufügen.

VII. Im Beschwerdeverfahren wurde u.a. das folgende Schriftstück zusätzlich zitiert:

(D24) "Declaration" von Eileen F. Warwick vom 7. Juni 2013, drei Seiten und fünf Seiten Versuchsergebnisse als Anhang.

VIII. Die folgenden Patentansprüche liegen dieser Entscheidung zugrunde:

Ansprüche 1 bis 11 des Hauptantrags, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung am 15. Juli 2009;

Ansprüche 1 bis 10 des 1. Hilfsantrags sowie Ansprüche 1 bis 8 des 2. Hilfsantrags, jeweils eingereicht mit dem Schreiben mit Datum vom 23. September 2010.

Anspruch 1 des Hauptantrags ist oben unter Punkt II angegeben.

a) Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags lautet wie folgt (wobei die Kammer die Änderungen gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags hervorgehoben hat):

"1. Biozidzusammensetzung als Zusatz zu Stoffen, die von schädlichen Mikroorganismen befallen werden können, enthaltend ein Pyrithion und ein 2-Alkylisothiazolin-3-on als biozide Wirkstoffe, dadurch gekennzeichnet, dass die Biozidzusammensetzung als einen weiteren bioziden Wirkstoff ein Iodalkylcarbamat enthält,

und dass sie als 2-Alkylisothiazolin-3-on das 2-n-Octylisothiazolin-3-on oder das 4,5-Dichlor-2-n-octylisothiazolin-3-on oder ein Gemisch aus diesen beiden Verbindungen enthält."

b) Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags lautet wie folgt (wobei die Kammer die Änderungen gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags hervorgehoben hat):

"1. Synergistisch wirksame Biozidzusammensetzung als Zusatz zu Stoffen, die von schädlichen Mikroorganismen befallen werden können, enthaltend ein Pyrithion und ein 2-Alkylisothiazolin-3-on als biozide Wirkstoffe, dadurch gekennzeichnet, dass die Biozidzusammensetzung als einen weiteren bioziden Wirkstoff 3-Iod-2-propinyl-N-butylcarbamat enthält, und dass sie als 2-Alkylisothiazolin-3-on das 2-n-Octylisothiazolin-3-on oder das 4,5-Dichlor-2-n-octylisothiazolin-3-on oder ein Gemisch aus diesen beiden Verbindungen enthält, und dass sie als Pyrithion das Zinkpyrithion enthält."

IX. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerinnen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

a) Der Versuchsbericht (D24) sei als Reaktion auf den Bescheid der Kammer eingereicht worden. Er sei den Parteien zwei Monate vor der mündlichen Verhandlung zugestellt worden. Sie hätten demnach genügend Zeit gehabt, Gegenargumente vorzubereiten.

b) Neuheit

Der Beschwerdeführerin 3 hielt den Gegenstand der Ansprüche für nicht neu gegenüber Dokument (D7b) bzw. (D10).

c) Erfinderische Tätigkeit

Eines der Dokumente (D4) und (D10) könne als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden.

Ausgehend vom Dokument (D4) hätte die objektive Aufgabe darin bestanden, alternative Biozidmischungen mit breiterem Wirkungsspektrum bereitzustellen, ohne die guten Eigenschaften des aus dem Dokument (D4) bekannten Gemisches aufs Spiel zu setzen. Zur Lösung der Aufgabe hätte der Fachmann das Dokument (D3) herangezogen. Um die synergetische Wirkung von OIT und IPBC gemäß (D4) nicht zu stören, hätte er das aus Dokument (D3) in Kombination mit IPBC bekannte ZPT zugesetzt, insbesondere,

- da aus den Dokumenten (D5) und (D6) bekannt war, dass bei Zusatz von ZPT zu IPBC sowohl die algizide als auch die fungizide Wirkung gesteigert wird,

- da aus dem Dokument (D10) zu entnehmen war, dass der Zusatz von ZPT zu den leicht auswaschbaren Wirkstoffen IPBC und OIT die Wirkung des Biozids verlängere, und

- da gemäß den Dokumenten (D2) bis (D4), (D6) und (D9) alle binären Mischungen der Komponenten ZPT, OIT und IPBC Synergie zeigen.

Außerdem zeigten die Versuche (D24), dass keine Synergie vorliege.

X. Die Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

a) Der Versuchsbericht (D24) sei ohne Begründung verspätet eingereicht worden. Der darin benutzte Keim hätte erst bestellt werden müssen. Daher sei es unmöglich gewesen, innerhalb der kurzen Zeit die Versuche nachzuarbeiten.

b) Da keines der genannten Dokumente alle Merkmals der vorliegenden Ansprüche offenbare, sei deren Gegenstand neu. Dokument (D4) sei der nächstliegende Stand der Technik. Die zu lösende Aufgabe habe darin bestanden, stabile, synergetisch wirkende, und somit bei geringeren Aufwandmengen wirksame Biozidmischungen bereitzustellen. Die Vergleichsversuche im Patent, sowie die im Mai 2009 und mit der Beschwerdebegründung nachgereichten zeigten, dass

- jeder der Einzelstoffe zu Verfärbungen führe, was

bei der Dreierkombination vermieden werde, und

- dass die Dreierkombination gegen viele

Miroorganismen synergetisch wirke.

c) Die Stabilität der beanspruchten Mischungen sei überraschend gewesen, da OIT durch Nukleophile, insbesondere durch Thiole wie ZPT abgebaut werde.

XI. Die Beschwerdeführerinnen (Einsprechenden 1-3) beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 313 368.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerden zurückzuweisen, hilfsweise, das Patent auf der Grundlage des ersten oder zweiten Hilfsantrags, jeweils vom 23. September 2010, aufrechtzuerhalten.

Ihren im schriftlichen Verfahren gestellten Antrag, hilfsweise die Angelegenheit an die erste Instanz zurückzuverweisen, hielt sie am Ende der mündlichen Verhandlung nicht aufrecht.

XII. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerden sind zulässig.

2. Versuchsbericht (D24)

2.1 Dieser Bericht war dem Schreiben der Beschwerdeführerin 3 vom 7. Juni 2013 beigefügt. Laut dieser umfassen diese Versuche 245 Einzelversuche und sollen belegen, dass keine Synergie der beanspruchten Biozidmischungen vorliegt (siehe Seite 2, 2. Absatz des Schreibens vom 7. Juni 2013). Der darin verwendete Pilz, Penicillium funiculosum ist bei der ATCC unter der Nummer 11 797 hinterlegt. Die Beschwerdeführerin argumentierte während der mündlichen Verhandlung, sie habe diesen Keim gewählt, da er dem im Streitpatent verwendeten (Penicillium funiculosum DSM 12 637) am ähnlichsten sei.

2.2 Die Beschwerdeführerin 3 sah die Vorlage des Dokuments (D24) als Reaktion auf den Bescheid an, den die Kammer der Ladung zur mündlichen Verhandlung beilegte (siehe oben unter Punkt IXa)). In diesem Bescheid

- nahm die Kammer zu der Argumentation der Beschwerdeführerin 3 zur Neuheit und zu den Einspruchsgründen gemäß Artikel 100(b) und (c) EPÜ Stellung,

- stellte die Klarheit der Ansprüche des 2. Hilfsantrags zur Diskussion, und

- erläuterte kurz den Aufgabe-Lösungs-Ansatz.

Es ist daher nicht zu erkennen, wie dieser Bescheid Anlass zu Versuchen hätte geben können, mit der die mangelnde Synergie der beanspruchten Mischungen belegt werden soll.

2.3 Laut Artikel 13(3) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) werden

"Änderungen des Vorbringens ... nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung nicht zugelassen, wenn sie Fragen aufwerfen, deren Behandlung ... den anderen Beteiligten ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht zuzumuten ist".

(siehe die Beilage zum ABl. EPA 1/2013, 39).

Das Dokument (D24) wurde nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung eingereicht (siehe oben unter den Punkten 2.1 und 2.2). Dieses Dokument sollte die Synergie der beanspruchten Mischungen in Zweifel ziehen und damit das tragende Argument der Beschwerdegegnerin zur erfinderischen Tätigkeit erschüttern (siehe oben unter Punkt X b)). Deshalb war die Zulassung von (D24) der Beschwerdegegnerin nur dann zuzumuten, wenn es für sie ersichtlich war, dass sie in den zwei Monaten zwischen der Zustellung des Dokuments und der mündlichen Verhandlung diese Versuche nacharbeiten, nach Abschluss dieser Versuche je nach deren Ausgang ihre Argumentation vorbereiten und den Parteien so rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung zuleiten könnte, so dass diese ihrerseits die nachgearbeiteten Versuche hätten beurteilen können. Davon war im vorliegenden Fall jedoch nicht auszugehen, nicht nur weil die Versuche als solche aufwendig sind, sondern auch weil schon zwischen der Bestellung des in (D24) verwendeten Keims bei der Hinterlegungsstelle ATCC in den USA und dessen Eintreffen geraume Zeit vergehen konnte.

2.4 Aus diesen Gründen ließ die Kammer das Dokument (D24) nicht in das Verfahren zu.

3. Neuheit / alle Anträge

3.1 Nur die Beschwerdeführerin 3 erhob einen Neuheitseinwand, und zwar im Hinblick auf Dokument (D7b) bzw. auf Dokument (D10) (siehe die ersten drei Absätze von Teil D der Beschwerdebegründung vom 4. Januar 2010).

Die Kammer begründete in ihrem Bescheid vom 23. April 2013, warum sie den Gegenstand der Ansprüche vorläufig für neu erachtete (siehe Punkt 7 des Bescheids auf den Seiten 4 und 5).

3.2 Die Beschwerdeführerin 3 hat sich nach diesem Bescheid nicht schriftlich hierzu geäußert. In der mündlichen Verhandlung erklärte sie, sie habe ihren Argumenten zur Neuheit nichts zuzufügen.

3.3 Da auch die Ansprüche nach diesem Bescheid nicht mehr geändert wurden, sieht die Kammer keinen Grund, ihre vorläufige Meinung zu revidieren und erachtet den Gegenstand der Ansprüche aller vorliegenden Anträge für neu. In Anbetracht des Ausgangs dieser Entscheidung genügt zur Begründung der Verweis auf den besagten Bescheid der Kammer.

4. Erfinderische Tätigkeit / Hauptantrag

4.1 Nächstliegender Stand der Technik

4.1.1 Der nächstliegende Stand der Technik ist normalerweise ein Dokument, das einen Gegenstand offenbart, der auf die gleichen Ziele wie die beanspruchte Erfindung gerichtet ist und mit ihr die meisten technischen Merkmale gemeinsam hat.

4.1.2 Die Beschwerdegegnerin stimmte der Einspruchsabteilung zu, dass das Dokument (D4) als nächstliegender Stand der Technik anzusehen sei.

4.1.3 Dieses offenbart gewerbliche Fungizidmischungen enthaltend IPBC und OIT als Wirkstoffe (siehe Anspruch 1). Diese beiden Stoffe wirken synergetisch (siehe den Absatz [0003]). Diese Mischungen können zur Behandlung von industriellen Materialien, wie Holzprodukten, Pulpen, Papieren, Fasern und Klebstoffen verwendet werden (siehe Absatz [0001]). Der Mischung können auch weitere Fungizide, Bakterizide, Insektizide und Alterungsschutzmittel zugefügt werden (siehe den zweiten Satz des Absatzes [0004]).

4.1.4 Dokument (D4) teilt somit mit dem Streitpatent das Ziel, synergetisch wirkende Biozidmischungen zur Behandlung von technischen Materialien bereitzustellen (vergleiche Seite 2, Zeilen 49-53 des Streitpatents). Außerdem enthalten die im Dokument (D4) beanspruchten Mischungen zwei der drei Typen von Bioziden, deren Gemisch den Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents bildet.

4.1.5 Dokument (D10) betrifft die Verwendung von ZPT in Kombination mit leichter wasserlöslichen Fungiziden, wie IPBC oder OIT, für den Langzeitschutz von Anstrichen (siehe Seite 8, dritter Absatz der mittleren Spalte, sowie zweiter Absatz der rechten Spalte). Eine synergetische Wirkung wird jedoch nicht angesprochen. Daher verfolgt dieses Dokument ein anderes Ziel als das Streitpatent.

4.1.6 Folglich geht auch die Kammer vom Dokument (D4) - und nicht von (D10) - als nächstliegendem Stand der Technik aus.

4.2 Die zu lösende Aufgabe

Die Beschwerdegegnerin/Patentinhaberin sah die Aufgabe darin, stabile, synergetisch wirkende, und somit bei geringeren Aufwandmengen wirksame Biozidmischungen bereitzustellen.

4.3 Lösung der Aufgabe

Die durch Anspruch 1 des Hauptantrags vorgeschlagene Lösung dieser Aufgabe bestand darin, der aus dem Dokument (D4) bekannten Fungizidmischungen enthaltend IPBC und OIT als weitere Komponente ein Pyrithion, beispielsweise ZPT, zuzusetzen.

In Anbetracht des Ausgangs dieser Entscheidung kann zu Gunsten der Beschwerdegegnerin angenommen werden, dass diese Aufgabe durch den Gegenstand der Ansprüche gelöst wurde.

Bei der Ermittlung, ob diese Lösung dem Fachmann nahelag, ist zu entscheiden

- ob er in Erwartung einer (weiteren) Synergie ein Pyrithion zugesetzt hätte (siehe oben unter

Punkt IX c)), bzw.

- ob er davon abgesehen hätte, ein Pyrithion zuzusetzen, da er befürchten müsste, dass das so erhaltene ternäre Gemisch nicht stabil wäre (siehe oben unter Punkt X c)).

4.3.1 Es war unbestritten, dass die Dokumente (D2) und (D9) die Synergie zwischen ZPT und OIT und die Dokumente (D3) und (D6) die Synergie zwischen ZPT und IPBC belegen (siehe

- (D2), Tabellen 1 bis 3 in den Absätzen [0029], [0031]

und [0033]; siehe

- (D9), Tabelle 1 auf Seite 8, wobei "ZO" der im Anspruch 7 genannte Zinkkomplex mit 1-Hydroxypyridin-2-thion ist, also ZPT); siehe

- (D3), Seite 11, Zeilen 1-29; und siehe

- (D6), Tabellen 3 bis 6 in den Absätzen [0016] bis [0019]).

Somit war nicht nur die im nächstliegenden Stand der Technik (D4) beschriebene Synergie zwischen IPBC und OIT, sondern auch die Synergie dieser beiden Stoffe mit ZPT dem Fachmann vor dem Prioritätstag des Streitpatents bekannt.

Folglich war es für den Fachmann offensichtlich, dass keiner der Wirkstoffe IPBC, OIT und ZPT die Wirkung der anderen beiden negativ beeinflusst. Vielmehr war zu erwarten, dass auch das ternäre Gemisch von IPBC, OIT und ZPT synergetisch wirksam ist.

4.3.2 Weder das Dokument (D4) noch die Dokumente (D2), (D9), (D3) und (D6) berichten über Stabilitätsprobleme der dort beschriebenen binären Mischungen. Über die von der Beschwerdegegnerin angesprochene mangelnde Stabilität berichtet als einziges vor dem Prioritätstag des Streitpatents veröffentlichtes Schriftstück das Dokument (D11). Hier wird zu OIT auf Seite 327 unter dem Stichwort "Stability" folgendes berichtet:

"Inactivation by ammonia, primary and secondary amines increasing with increasing pH; strong reducing and oxidizing agents, such as ..., may also effect the efficacy of the active ingredient".

ZPT enthält keine Aminogruppe. Auch ist nicht ersichtlich, dass es als starkes Oxydations- oder Reduktionsmittel wirken könnte.

IPBC wurde von der Beschwerdegegnerin nicht als mögliche Ursache fehlender Stabilität des Gemisches genannt. Auch wird IPBC im Dokument (D11) als relativ stabil beschrieben (siehe Seite 266, unter der Überschrift "Chemical and physical properties").

Daher wäre der Fachmann davon ausgegangen, dass der Zusatz von ZPT nicht die Stabilität von OIT oder IPBC merklich beeinträchtigen würde.

4.3.3 Aus diesen Gründen hätte der Fachmann in Erwartung einer Synergie und ohne Befürchtung eines Stabilitätsproblems dem aus dem Dokument (D4) bekannten Gemisch aus OIT und IPBC den Wirkstoff ZPT hinzugefügt.

4.3.4 Eine zusätzliche Motivation zur Zugabe von ZPT gab ihm das Dokument (D10). Dieses erwähnt, dass OIT und IPBC leicht wasserlöslich sind und daher leicht aus dem Anstrich ausgewaschen werden. Es empfiehlt daher die Zugabe des nur wenig wasserlöslichen ZPT, um eine lang anhaltende fungizide Wirkung zu erzielen (siehe oben unter Punkt 4.1.5).

4.3.5 Die Mischungen der drei Wirkstoffe fallen unter den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags. Folglich beruht dieser nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

4.4 Die Kammer kann über einen Antrag nur als Ganzes entscheiden. Daher wurde der Hauptantrag zurückgewiesen.

5. 1. und 2. Hilfsantrag

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des 1. und des 2. Hilfsantrags umfasst ebenfalls Mischungen aus OIT, IPBC und ZPT. Folglich kann er aus den oben unter Punkt 4 genannten Gründen gleichfalls nicht als erfinderisch angesehen werden.

6. Da der Gegenstand des Anspruch 1 des Hauptantrags, des 1. und des 2. Hilfsantrags nicht erfinderisch ist, werden diese Anträge zurückgewiesen.

7. Weitere Anträge wurden nicht vorgelegt.

8. Da aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit keiner der vorliegenden Anträge gewährbar ist, erübrigt sich eine Entscheidung bezüglich der Einspruchsgründe gemäß Artikel 100(b) und (c) EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das europäische Patent Nr. 1 313 368 wird widerrufen.

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