T 1761/09 () of 20.9.2011

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2011:T176109.20110920
Datum der Entscheidung: 20 September 2011
Aktenzeichen: T 1761/09
Anmeldenummer: 01921170.5
IPC-Klasse: B60S 1/38
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Befestigungsklammer für ein Wischblatt sowie Wischblatt mit Befestigungsklammer
Name des Anmelders: ROBERT BOSCH GMBH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit (nach Änderung bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die als internationale Anmeldung unter der Nummer WO 01/081136 (D0) veröffentliche europäische Patentanmeldung Nr. 01 921 170.5 wurde mit Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 27. März 2009 zurückgewiesen.

II. Die Zurückweisung erfolgte nach Lage der Akte mit der in den Bescheiden vom 31. Juli 2007 und vom 17. September 2009 mitgeteilten Begründung, dass die geltenden unabhängigen Ansprüche 1 und 2 nicht die in dem Artikel 84 EPÜ 1973 verlangte Klarheit aufwiesen und dass der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 gegenüber dem in dem Dokument

D1: US-A-5 933 910

offenbarten Stand der Technik, nicht die in den Artikeln 52 (1) und 54 EPÜ 1973 geforderte Neuheit aufweise.

III. Folgende Dokumente sind als weiterer Stand der Technik im Recherchenbericht zitiert

D2: FR-A-2 597 818,

D3: US-A-5 052 072,

D4: DE-A-195 22 273.

IV. Gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung hat die Beschwerdeführerin (Anmelderin) am 22. April 2009 unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 5. August 2009 eingegangen.

V. Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 20. September 2011 statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Basis der Ansprüche 1 bis 5, überreicht in der mündlichen Verhandlung, zu erteilen.

VI. Der geltende unabhängige Anspruch 1 lautet:

"Befestigungsklammer, Wischblatt (10) und Federleiste (20), wobei das Wischblatt (10) eine Kopfleiste (12) aufweist, die mit zwei einander gegenüberliegenden Nuten (14) versehen ist, wobei die Federleiste (20) im Inneren der Kopfleiste (12) angeordnet ist und in das Wischblatt (10) eingeschoben ist und wobei die Befestigungsklammer ein Basisteil (30), zwei Haltearme (32), die sich ausgehend von dem Basisteil (30) erstrecken, und mindestens einen Schnapphaken (40) umfasst, und wobei jeder Haltearm (32) an seinem freien Ende mit einer Umbiegung (34) versehen ist, die in eine der Nuten (14) eingreift, wobei das Basisteil mit einem Vorsprung (36 ; 136 ; 236) versehen ist, der sich in derselben Richtung erstreckt wie die beiden Haltearme (32) und der einstückig mit dem Basisteil (30) als abgebogene Lasche (36) ausgebildet ist, wobei die Lasche (36) an ihrem freien Ende spitz zuläuft und beim Aufsetzen der Befestigungsklammer auf das Wischblatt (10) dessen Material durchschneidet und in eine Aussparung (22) der Federleiste (2) eingreift, die zur Stabilisierung und gleichmäßigen Druckverteilung des Wischblatts (10) dient."

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Klarheit der Ansprüche

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass sich ein Klarheitsmangel ergibt, wenn die beanspruchte Befestigungsklammer nicht nur durch spezifische Merkmale der Befestigungsklammer selbst definiert wird, sondern auch noch durch Merkmale, deren Verwirklichung auch von der Gestaltung der Federleiste und des Wischblattes abhängt, die nicht Teil des beanspruchten Gegenstands sind. Da der Anspruch 1 nunmehr aus der Kombination "Befestigungsklammer, Wischblatt und Federleiste" besteht, ist dieser Klarheitseinwand gegenstandlos geworden.

3. Zulässigkeit der Änderungen.

Die Kombination bestehend aus Befestigungsklammer, Wischblatt und Federleiste war eindeutig Gegenstand der ursprünglichen Anmeldung D0 (vgl. Seite 5, Zeilen 13-14).

Darüber hinaus enthält der Anspruch 1 sinngemäß die Merkmale aus den ursprünglichen Ansprüchen 1, 3, 6, 9, 20 und 21.

Zusätzlich enthält der Anspruch 1 die Merkmale

a) wonach das Wischblatt (10) eine Kopfleiste (12) aufweist, die mit zwei einander gegenüberliegenden Nuten (14) versehen ist, wobei die Federleiste (20) im Inneren der Kopfleiste (12) angeordnet ist und in das Wischsblatt (10) eingeschoben ist, und

b) wonach jeder Haltearm (32) an seinem freien Ende mit einer Umbiegung (34) versehen ist, die in eine der Nuten (14) eingreift.

Die Grundlage für das Merkmal a) ist in den Zeilen 16-17 und 21 der Seite 5 sowie in den Zeilen 8-9 der Seite 7 von D0 zu finden. Die Grundlage für das Merkmal b) ist in den Zeilen 8-10 der Seite 6 von D0 zu finden.

Die abhängigen Ansprüche 2, 3, 4 und 5 entsprechen jeweils den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 7, 8, 10 und 11.

Die Beschreibung wurde an die neue Anspruchsfassung angepasst. Das Dokument D2 wurde erwähnt und gewürdigt.

Da die Ausführungsformen des Wischaggregates nach den ursprünglich eingereichten Figuren 11 bis 24 durch den Anspruch 1 nicht mehr gedeckt waren, wurden die dazugehörigen Figuren und Textstellen aus der Beschreibung gestrichen.

Somit geben weder die Ansprüche noch die Beschreibung und die Figuren Anlaß zu Beanstandungen gemäß Artikel 123 (2) EPÜ.

4. Neuheit.

4.1 Das Dokument D1 beschreibt ein Wischaggregat aus Befestigungsklammer (retainer clip 40), Wischblatt (squeegee 24) und Federleiste (backing strip 22). Das Wischblatt 24 weist eine Kopfleiste (bead 32) auf, die mit zwei einander gegenüberliegenden Nuten versehen ist. Im Gegensatz zum beanspruchten Gegenstand ist die Federleiste 22 nicht im Inneren der Kopfleiste 32 des Wischblattes 24 angeordnet, sondern es ist die Kopfleiste 32 des Wischsblattes 22, die in die Federleiste 22 eingeschoben ist (Spalte 2, Zeilen 6-20). Der Verbindung zwischen Kopfleiste und Federleiste unterscheidet sich somit grundsätzlich vom beanspruchten Wischaggregat.

4.2 Auch das Dokument D3 zeigt ein aus Befestigungsklammer (retaining clip 13), Wischblatt (blade 10) und Federleiste (backing strip 11) bestehendes Wischaggregat, bei dem, wie beim Dokument D1, es die Kopfleiste (rib 15) des Wischblattes 10 ist, die in die Federleiste 11 eingeschoben ist (vgl. Fig. 2 und Spalte 3, Zeile 1).

4.3 Das Dokument D2 zeigt in den Figuren 1 bis 5 ein Wischblattaggregat mit einem Wischblatt (bande de nettoyage 28), einer Befestigungsklammer (élément de fixation 32) für das Wischblatt 28 und einer Federleiste (lame élastique 22). Auch hier ist die Kopfleiste (tête 26) des Wischblattes 28 in die Federleiste 22 eingeschoben (vgl. Fig. 4 und Seite 3, Zeilen 30-33).

4.4 Als einziges Dokument zeigt D4 ein Wischblatt 24, eine Befestigungsklammer 135 für das Wischblatt 24 und eine Federleiste 40, wobei die Federleiste 40 in die Kopfleiste 26 des Wischsblattes 24 eingeschoben ist (vgl. Fig. 14 bis 20). Die Befestigungsklammer 135 umfasst ein Basisteil 162 und zwei Haltearme 146,148, die sich ausgehend vom Basisteil erstrecken. Sie besitzt jedoch keinen Vorsprung, der sich in derselben Richtung erstreckt wie die beiden Haltearme 146,148 der Befestigungsklammer 135 und der einstückig mit dem Befestigungsklammer als abgebogene Lasche ausgebildet ist.

4.5 Aus den vorstehenden Absätzen 4.1 bis 4.4 ergibt sich, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu gegenüber dem im Recherchenbericht ermittelten Stand der Technik ist (Art. 54 EPÜ 1973).

5. Erfinderische Tätigkeit.

5.1 Als nächstliegender Stand der Technik wird das gattungsgemäße Wischaggregat gemäß dem Dokument D2 angesehen.

Das aus D2 bekannte Wischaggregat besteht aus einer Befestigungsklammer 32, einem Wischblatt 28 und einer Federleiste 22 (vgl. Figuren 1 bis 5). Das Wischblatt 28 weist eine Kopfleiste 26 auf, die mit zwei einander gegenüberliegenden Nuten versehen ist. Die Befestigungsklammer 32 ist mit einem Basisteil (partie de base 36), zwei Haltearmen (ailes 34) und mit mindestens einem Schnapphaken (prolongement 40, crochet 42) ausgestattet. Die Haltearme 34 erstrecken sich von dem Basisteil 36 ausgehend und jeder Haltearm ist an seinem freien Ende mit einer Umbiegung versehen. Das Basisteil 36 ist mit einem laschenartigen Vorsprung (saillie 48) versehen, der sich in derselben Richtung wie die beiden Haltearme erstreckt und der einstückig mit dem Basisteil als abgebogene Lasche 48 ausgebildet ist. Die Lasche 48 greift in eine Aussparung (cavité 50) der Federleiste 22 ein, um im montierten Zustand eine Längsverschiebung des Wischblattes zu verhindern (Seite 5, Zeilen 1 bis 11).

5.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich vom Gegenstand des Dokuments D2 dadurch, dass

- die Federleiste im Inneren der Kopfleiste angeordnet und in das Wischsblatt eingeschoben ist,

- die Lasche an ihrem freien Ende spitz zuläuft und beim Aufsetzen der Befestigungsklammer auf das Wischblatt dessen Material durchschneidet,

- die Umbiegung des jeweiligen Haltearms in eine der Nuten der Kopfleiste eingreift.

5.3 Durch das Durchschneiden des Materials des Wischblattes durch die spitz zulaufende Lasche ergibt sich eine formschlüssige Verbindung zwischen Federleiste und Wischblatt, was ein axiales Herausrutschen des Wischblattes aus der Befestigungsklammer sicher vermeidet. Beim Durchschneiden des Wischblattes wird dessen Kopfleiste durch die in den Nuten eingreifenden Umbiegungen der jeweiligen Haltearme gehalten. Somit wird eine spannungsfreie und spielfreie Arretierung des Wischblattes ohne Beeinträchtigung der Wischergebnisse erreicht.

5.4 Beim aus D2 bekannten Wischaggregat drückt das freie Ende des laschenartigen Vorsprungs 48 auf die Kopfleiste 26 des Wischblattes (Seite 4, Zeilen 1-4). Dies erzeugt eine Verspannung mit entsprechender Verformung des Gummimaterials. Dadurch ist zwar das Wischblatt längsseitig gesichert, die Verformung kann jedoch potentiell die Wischergebnisse negativ beeinflussen und z.B. zur Bildung eines Streifens führen.

5.5 Ausgehend von der D2 kann die technische Aufgabe, die sich von den unterscheidenden Merkmale herleiten lässt, wie folgt formuliert werden: ein axiales Herausrutschen des Wischblattes und der Federleiste aus der Befestigungsklammer noch sicherer zu vermeiden, ohne die Wischergebnisse negativ zu beeinflussen.

5.6 Beim Dokument D4 erfolgt eine formschlüssige Arretierung des Wischblattes, der Federschiene und der Befestigungsklammer durch die Verformung des Materials des Wischblattes in eine Ausnehmung der Federschiene mittels Spannmittel 146,148 der Befestigungsklammer 135 (vgl. Figuren 13 und 16). Bei den Dokumenten D1 und D3 erfolgt die Arretierung durch Haltemittel der Befestigungsklammer (vgl. D1, Spalte 2, Zeilen 64-67: tab 68; D3, Spalte 3, Zeilen 48-51: stud 27), die als längsseitige Anschläge für das Wischblatt und die Federleiste fungieren.

Somit ist in keinem der weiteren im Recherchenbericht ermittelten Dokumente ein Hinweis auf eine spitz zulaufende Lasche, die durch Durchschneiden des Materials des Wischblattes als Arretierung wirken könnte. Der im Recherchenbericht zitierte Stand der Technik kann daher nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 führen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit (Art. 56 EPÜ 1973).

5.7 Die Merkmale nach den abhängigen Ansprüchen 2 bis 5 beinhalten vorteilhafte Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Gegenstands und können daher ebenfalls bestehen bleiben.

Der geltende Anspruch 1 und die davon abhängigen Ansprüche 2 bis 5 können deshalb als Grundlage für eine Patenterteilung dienen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent auf der Grundlage nachfolgender Unterlagen zu erteilen:

- Ansprüche 1 bis 5,

- Beschreibungsseiten 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 3 bis 7,

- Zeichnungen Blatt l/2 und 2/2,

jeweils eingereicht während der mündlichen Verhandlung.

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