T 1752/09 () of 21.11.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T175209.20121121
Datum der Entscheidung: 21 November 2012
Aktenzeichen: T 1752/09
Anmeldenummer: 04804227.9
IPC-Klasse: G01N 21/53
G08B 17/107
G08B 29/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN ZUR AUSWERTUNG EINES STREULICHTSIGNALS UND STREULICHTDETEKTOR ZUR DURCHFÜHRUNG DES VERFAHRENS
Name des Anmelders: Wagner Alarm- und Sicherungssysteme GmbH
Name des Einsprechenden: Novar GmbH
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
-
Schlagwörter: Neuheit (Hauptantrag
Neuheit - nein)
Verspätet vorgelegter Hilfsantrag - Zulässigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0319/18

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) richtet ihre Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 1709428 (Anmeldenummer 04804227.9) zurückgewiesen worden ist.

II. Mit dem Einspruch wurde das Streitpatent in vollem Umfang wegen fehlender Neuheit bzw. mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 100 a) EPÜ 1973) und unzureichender Ausführbarkeit (Artikel 100 b) EPÜ 1973) angegriffen.

III. In der angefochtenen Entscheidung vertrat die Einspruchsabteilung die Auffassung, dass keiner der von der Einsprechenden geltend gemachten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in erteilter Fassung entgegenstand. Insbesondere war die Einspruchsabteilung der Meinung, dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gegenüber der Offenbarung der Entgegenhaltung

E1: EP-B-0660282

neu sei.

IV. Am 21. November 2012 wurde mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag), hilfsweise auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Ansprüche 1 bis 9.

Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.

V. Der Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung lautet wie folgt:

"Verfahren zur Auswertung eines Streulichtsignals, welches von einem Streulichtempfänger beim Detektieren von insbesondere feinen Partikeln in einem Trägermedium erzeugt wird,

dadurch gekennzeichnet, dass

das Streulichtsignal eine Filteralgorithmusstufe zur Auswertung des Streulichtsignals in Abhängigkeit bestimmter Filteralgorithmen durchläuft, und das Streulichtsignal in der Filteralgorithmusstufe vor dem Vergleich mit voreingestellten Schwellwerten in Abhängigkeit seiner Steilheit unterschiedlich gefiltert wird."

Der Wortlaut des Patentanspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag unterscheidet sich von dem erteilten Patentanspruch 1 dadurch, dass der Ausdruck "dadurch gekennzeichnet, dass" durch den Ausdruck "wobei" ersetzt wurde und dass am Anspruchsende der folgende Text hinzugefügt wurde:

", wobei das Streulichtsignal weiter eine Kalibrierstufe zur Eichung anhand eines Referenzsignals, und/oder eine Driftkompensationsstufe zur Anpassung an vorhandene Umgebungsbedingungen über einen Zeitraum von mindestens 24 Stunden, und/oder eine Temperaturkompensationsstufe zur Kompensation der Temperaturabhängigkeit der Lichtabstrahlleistung einer Lichtquelle, und/oder eine Sensibilitätseinstellungsstufe zur Anpassung einer geforderten Sensibilität durchläuft, und wobei

das Streulichtsignal tiefpass-gefiltert wird, wenn dessen Steilheit einen vordefinierten Schwellwert überschreitet."

VI. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Anders als von der Einspruchsabteilung angenommen ist weder dem Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 noch der Beschreibung eine Filteralgorithmusstufe mit einer Vielzahl von bestimmten Filteralgorithmen zu entnehmen. Die Patentschrift offenbart auch keine Filterparameter, die von dem zeitlichen Gradienten des Streulichtsignals abhängen. Mit dem Ausdruck "in Abhängigkeit bestimmter Filteralgorithmen" im Anspruch 1 ist nicht gemeint, dass unterschiedliche Filteralgorithmen auf ein und das gleiche Streulichtsignal angewendet werden, sondern dass der Filteralgorithmus abhängig von den Einsatzbedingungen des Streulichtdetektors unterschiedlich ist. So folgt aus den Absätzen [0024] und [0025] der Patentschrift, dass mit der Anpassung der Integrationszeit des Integrationsverstärkers - der, wie allgemein bekannt, als Tiefpass wirkt - eine Anpassung an den Einsatzort gemeint ist, nicht eine Anpassung "je nach Signalsteilheit".

Der Absatz [0027] der Patentschrift macht klar, dass eine Tiefpassfilterung ab einem bestimmten Wert der Steilheit des Signals einsetzt, und diese Offenbarung stellt den Zusammenhang zwischen der Steilheit des Einganssignals und einer Tiefpassfilterung her. Die dort offenbarte Tiefpassfilterung ist ein repräsentatives Beispiel für einen Filteralgorithmus, und der Fachmann liest den Absatz als Erläuterung des Anspruchs 1. Ein Filteralgorithmus, der die genannte Tiefpassfilterung realisiert, führt qualitativ zu der in Figur 5 dargestellten Filterung. So führt ein zeitlich konstantes oder langsam veränderliches Eingangssignal, das an einem Tiefpass anliegt, zu einem Ausgangssignal, dessen zeitlicher Verlauf identisch mit demjenigen des Eingangssignals ist, während ein zeitlich sich rasch änderndes Eingangssignal zu einem zeitlich geglätteten Signal führt. Aus Figur 5 und Absatz [0043] der Patentschrift folgt nichts Anderes, zumal es in Spalte 12, Zeilen 28 bis 30 und 35 bis 38 heißt, dass die Täuschungsgrößen A, B und D "vom Filteralgorithmus" gekappt werden und dass der Streulichtdetektor durch eine angepasste Filteraufstellung optimal an Umgebungsbedingungen abgestimmt werden kann. Für den Fachmann ist die Formulierung des Patentanspruchs 1 nur so zu verstehen, dass ein Hochpass-, ein Tiefpass- oder ein Bandpassfilter angewendet wird, wobei der Filter in Abhängigkeit der Steilheit zu unterschiedlichen Filterergebnissen führt. Eine andere Auslegung des beanspruchten Gegenstands oder der Figur 5 wird durch die Beschreibung nicht gestützt.

Aus der Druckschrift E1 ist ein Streulichtrauchmelder bekannt, der eine Zeitanalyse des Empfangssignals mittels Signalfilterung durchführt. Auch der Block 4 in Figur 1, bezeichnet mit "Glättung-Parameter", führt u.a. eine Filterung des Eingangssignals durch. Es macht keinen technischen Unterschied, ob die Glättung oder die Filterung als ein Teil der Auswertung betrachtet wird oder nicht. In der im Absatz [0022] offenbarten Bandpassfilterung wird das Signal je nach Steilheit gefiltert bzw. in Bezug auf Schnellwerte ausgewertet; ein Bandpassfilter besteht aus einem Hoch- und einem Tiefpassfilter und filtert unterschiedlich, je nach der Steilheit des Signals, da Zeit und Frequenz zusammenhängen. Das Verhalten jedes Filters wird durch einen Algorithmus beschrieben und jeder Filter kann als Filteralgorithmusstufe bezeichnet werden. Die Signale der Estimationsstufe, d.h. das geglättete Signal und die Signalparameter, gelangen in eine Auswerteschaltung, welche ebenfalls Teil der Filteralgorithmusstufe ist; dort wird das Streulichtsignal mit voreingestellten Schwellwerten verglichen.

Die Änderungen gemäß Hilfsantrag werfen neue Fragen hinsichtlich der Klarheit auf. Es ist in dem geänderten Anspruch z.B. nicht klar, ob die "Stufen" parallel oder hintereinander auszuführen sind. Außerdem ist eine Prüfung der Patentierbarkeit des geänderten beanspruchten Gegenstands während der mündlichen Verhandlung nicht möglich; so würde z.B. eine vollständige Prüfung der erfinderischen Tätigkeit aller Alternativen, die der geänderte Anspruch 1 beinhaltet, das Heranziehen von unterschiedlichen Dokumenten als nächstkommenden Stand der Technik erfordern. Daher sollte der Hilfsantrag als verspätet nicht in das Verfahren zugelassen werden.

VII. Zur Stützung ihrer Anträge hat die Beschwerdegegnerin im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Die Erfindung zeichnet sich dadurch aus, dass vor dem Vergleich mit voreingestellten Schwellwerten, insbesondere Alarmschwellwerten, das Streulichtsignal in Abhängigkeit seiner Steilheit, d.h. des zeitlichen Differenzquotients des Signals, unterschiedlich gefiltert wird. Demgemäß wird zur Auswertung des Streulichtsignals vorgeschlagen, den Gradienten des Streulichtsignals zu bilden und anschließend das Signal zu filtern, wobei die Filterparameter von dem Gradienten des Signals abhängen. Auf diese Weise können Täuschungsgrößen erkannt und eliminiert und eine Fehlalarmierung verhindert werden (Absatz [0027]).

Laut Patentanspruch 1 wird die Auswertung des Signals von bestimmten Filteralgorithmen abhängig gemacht, wobei bereits die Pluralform des Ausdrucks "in Abhängigkeit bestimmter Filteralgorithmen" darauf hindeutet, dass die Filteralgorithmusstufe ausgelegt ist, verschiedene, also unterschiedliche Filteralgorithmen auf das Streulichtsignal anzuwenden. Auch Absatz [0021] der Patentschrift impliziert unmittelbar, dass in der Filteralgorithmusstufe eine Vielzahl von Filteralgorithmen implementiert ist. Eine von der Signalsteilheit abhängige und unterschiedliche Filterung kann nur durch Anwenden unterschiedlicher Filteralgorithmen in der Filteralgorithmusstufe geschehen, insbesondere durch einen digitalen Filter bzw. durch einen Filter, der in seinen Koeffizienten je nach ermittelter momentaner Signalsteilheit angepasst wird. Allein nach dem fachmännischen Grundverständnis ergibt sich aus der Formulierung des Anspruchs, dass die Filteralgorithmusstufe, in welcher die unterschiedliche Filterung durchgeführt wird, in ihren Parametern beeinflussbar sein muss bzw. eine über den Zeitverlauf unterschiedliche Filterung ausführt.

Die beanspruchte Filteralgorithmusstufe reiht sich im Beschreibungsteil in eine Abfolge verschiedener weiterer Stufen (Absätze [0017] bis [0021]) ein und steht in keinem funktionellen Zusammenhang mit den anderen Stufen. Eine klare Trennung und Abgrenzung dieser Stufen voneinander wird durch den Inhalt der Beschreibung verdeutlicht. Die Einsatzbedingungen sind daher mit den am Einsatzort zu erwartenden Täuschungsgrößen nicht gleichzusetzen.

Durch die Formulierung des Anspruchs wird nicht gefordert, dass die Auswertung des Signals in der Filteralgorithmusstufe stattfindet. Vielmehr durchläuft das Streulichtsignal die Filteralgorithmusstufe, und je nachdem, wie der Signalverlauf des Signals durch den verwendeten Filteralgorithmus verändert wird, erfolgt die anschließende Auswertung des Signals in Abhängigkeit von dem gewählten Filteralgorithmus.

Die beispielweise in Absatz [0027] der Patentschrift angeführte Tiefpassfilterung des Eingangssignals bei Überschreiten eines vordefinierten Schwellwertes für die Signalsteilheit des Eingangssignals ist rein optional und steht in keinerlei Verbindung zu den beanspruchten Merkmalen.

Durch Vergleich der qualitativen Signalverläufe in Figur 5 für das Eingangs- und das Ausgangssignal ist unmittelbar ersichtlich, dass ein statischer bzw. festgelegter, nicht veränderbarer Filter, wie beispielsweise ein einfacher Tiefpassfilter oder dergleichen, den Ausgangssignalverlauf in der Figur 5 nicht herbeiführen kann. Die während des Verfahrens eingereichte Simulation eines Filtervorganges der in Figur 5 dargestellten Eingangssignalkurve mit einem einfachen Tiefpassfilter zeigt eindeutig, dass lediglich durch eine solche Filterung eine Ausgangssignalkurve, wie in Figur 5 abgebildet, nicht erreicht werden kann. Ein einfacher Tiefpassfilter ist daher nicht geeignet, eine unterschiedliche Filterung in Abhängigkeit der Steilheit des Signals zu verwirklichen.

Bei dem aus dem Dokument E1 bekannten Brandsystem kommt eine Estimationsstufe zum Einsatz, die eine Art von Signalfiltern aufzuweisen scheint. Dem Dokument ist allerdings im Hinblick auf den Signalfilter nur zu entnehmen, dass die Abschätzung des Signalparameters "Gradient" so erfolgen soll, dass der Gradient bei sehr kleiner Steilheit oder bei einem Sprung klein und bei einem Anstieg über längere Zeit groß sein soll. Demnach wird bei diesem Brandmeldesystem nur ermittelt, ob die Steilheit des Empfangssignals groß oder klein ist, wobei zur Abschätzung des Gradienten funktionsmäßig ein Bandpass zum Einsatz kommt. Dem Dokument ist nicht zu entnehmen, dass das Empfangssignal eine Filteralgorithmusstufe durchlaufen soll bzw. dass zur Auswertung des Streulichtsignals eine Verarbeitungsvorschrift vorgesehen ist, die eine systematische Filterung gemäß bestimmten Filteralgorithmen vorgibt. Auch wenn bei dem Brandmeldesystem nach dem Dokument E1 das Empfangssignal im Prinzip ("funktionsmäßig") einen Bandpass durchläuft, entspricht dieser Schritt keiner Auswertung bzw. erfolgt bei der Auswertung des Empfangssignals keinesfalls eine Filterung, schon gar nicht eine von der Steilheit abhängige Filterung, da bei einem Bandpass nur eine frequenzabhängige Auswertung des Empfangssignals erfolgt, bei welcher lediglich die Signale eines bestimmten Frequenzbandes durchgelassen und die restlichen Frequenzbereiche gesperrt bzw. deutlich abgeschwächt werden.

Darüber hinaus ist das im Dokument E1 genannte geglättete Signal keinesfalls ein gefiltertes Signal. Die in der Estimationsstufe durchgeführte Signalauswertung dient nur dazu, den Signalparameter Gradient abzuleiten, und die Estimationsstufe ist nicht dafür ausgelegt, den Verlauf des Empfangssignals abzuändern. Dem Dokument ist zu entnehmen, dass die Auswertung des Signals in dem Fuzzy-Controller stattfindet, in dem keine Filterung durchgeführt wird, und dass die von dem Empfangssignal abgeleiteten Signalparameter, wie etwa der Gradient, in dem Fuzzy-Controller eingegeben werden, um eine Verifikation des latenten Alarmsignals durchzuführen. Dass das Empfangssignal vor einem Vergleich mit voreingestellten Schwellwerten bearbeitet und insbesondere gefiltert werden soll, ist dem Dokument E1 an keiner Stelle zu entnehmen.

In der mündlichen Verhandlung hat es insofern eine überraschende Wende gegeben, als klar zum Ausdruck kam, dass der beanspruchte Gegenstand anders als von der Einspruchsabteilung ausgelegt werden könnte, und zwar so, dass die Neuheit der beanspruchten Erfindung gegenüber der Druckschrift E1 in Frage gestellt werden könnte. Diese überraschende Wende rechtfertigt die Änderungen gemäß dem Hilfsantrag. Darüber hinaus werfen die Änderungen keine Fragen auf, deren Behandlung eine Verschiebung der mündlichen Verhandlung oder eine Verzögerung des Verfahrens mit sich bringen würden. Das Patent wurde mit dem Einspruch in vollem Umfang angegriffen, und die Merkmale der erteilten abhängigen Ansprüche 2 und 10 wurden bereits in der Einspruchsschrift berücksichtigt. Außerdem sind die Änderungen nicht nach Artikel 84 EPÜ zu prüfen, da sie ausschließlich in der Kombination von erteilten Ansprüchen bestehen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag - Patentanspruch 1 - Neuheit

2.1 Die Druckschrift E1 offenbart ein Brandmeldesystem zur Früherkennung von Bränden mit einem Streulichtmelder und mit einer eine Auswerteschaltung enthaltenden Signalverarbeitungsstufe für die in dem Melder erzeugten Signale (Absatz [0001] und Anspruch 1). Das Brandmeldesystem verwirklicht daher ein Verfahren zur Auswertung der Signale, welche von dem Streulichtempfänger des Streulichtmelders beim Detektieren des lichtstreuenden Mittels - d.h. von Rauchpartikeln in der Luft beim Brand - erzeugt werden.

Die Druckschrift offenbart somit ein Verfahren mit allen Merkmalen der Präambel des erteilten Patentanspruchs 1.

2.2 Bei dem Verfahren nach der Druckschrift E1 wird das Streulichtsignal zuerst derart verarbeitet und analysiert (Block "Glättung/Parameter" 4 in Figur 1), dass einerseits eine Glättung des Streulichtsignals und andererseits eine Abschätzung bzw. Berechnung von verschiedenen vom Streulichtsignal abgeleiteten Signalparametern erfolgen (Absatz [0020] und Spalte 3, Zeilen 50 bis 54). Anschließend werden die entsprechenden Signale, d.h. das geglättete Signal und die Signalparameter, derart verarbeitet (Block "Fuzzy-Controller" 5 in Figur 1), dass das geglättete Signal mit einer Alarmschwelle verglichen wird und gegebenenfalls ein latentes Alarmsignal erzeugt wird, welches mit geeigneten, Fuzzy-Logik enthaltenen Algorithmen auf der Basis der Werte der Signalparameter untersucht bzw. verifiziert und entweder bestätigt oder als Fehlalarm erkannt wird (Spalte 3, Zeilen 47 bis 50 und Absatz [0023]; siehe auch Absatz [0015]).

Als Signalparameter werden in der Druckschrift E1 u.a. der Gradient und die Sprünge des Streulichtsignals angegeben (Absatz [0013] und Spalte 4, Zeilen 9 bis 11), die ein Maß für die Steilheit des Streulichtsignals darstellen, und die Werte der Signalparameter werden im Rahmen einer Zeitanalyse des geglätteten Signals mittels Signalfiltern und Interkorrelationsfunktionen berechnet bzw. abgeschätzt (Spalte 3, Zeilen 50 bis 54, und Spalte 4, Zeilen 11 bis 22). So wird der Gradient, d.h. die zeitliche Änderung des Signals, als fließender Mittelwert von mehreren Messpunkten des Streulichtsignals ermittelt (Spalte 4, Zeilen 16 und 17), und dessen Abschätzung erfolgt so, "dass der Gradient bei sehr kleiner Steilheit oder bei einem Sprung klein und bei einem Anstieg über längere Zeit groß ist" (Absatz [0022]). Darüber hinaus wird in der Druckschrift darauf hingewiesen, dass diese Abschätzung des Gradienten "funktionsmäßig einem Bandpass" entspricht (Spalte 4, Zeilen 26 und 27), d.h. einer Filterung durch einen Bandpassfilter, der - wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht - aus der Kombination eines Hoch- und eines Tiefpassfilters besteht. Da der ermittelte Gradient des Streulichtsignals unterschiedlich abgeschätzt wird, je nach dem, wie sich die Steilheit verhält, stellt dieser Verfahrensschritt eine Filterung des Streulichtsignals dar, in der das Signal in Abhängigkeit seiner Steilheit unterschiedlich gefiltert wird.

Aus den oben beschriebenen Verfahrensschritten, insbesondere der Zeitanalyse mittels Signalfiltern und der Abschätzung des Gradienten mittels eines aus einem Hoch- und einem Tiefpassfilter bestehenden Bandpassfilters, ist ersichtlich, dass das Streulichtsignal verschiedene Filterungsvorgänge zwecks Auswertung desselben durchläuft, wobei jeder Filterungsvorgang durch die entsprechenden Filteralgorithmen begrifflich beschreibbar ist und damit eine Implementierung derselben darstellt. Unter diesen Umständen stellen die Frage, ob diese Filterungsvorgänge begrifflich einer einzigen Filteralgorithmusstufe oder mehreren Filteralgorithmusstufen zugeordnet werden, sowie die Frage, ob die Auswertung begrifflich nur das Vergleichen des Signals mit voreingestellten Schwellwerten und die anschließende Verifizierung der Vergleichsergebnisse oder auch die zwecks Auswertung des Signals durchgeführten Filterungsvorgänge umfasst, - wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht - rein semantische Fragen dar und können daher keinen technischen, die Beurteilung der Neuheit relevanten Unterschied begründen.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der erteilte Patentanspruch 1 derart allgemein und breit gefasst ist, dass das Verfahren gemäß der Druckschrift E1 auch alle technischen Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs aufweist.

2.3 In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung den beanspruchten Gegenstand so ausgelegt, dass die beanspruchte Filteralgorithmusstufe eine Vielzahl von bestimmten Filteralgorithmen enthält und dass das Streulichtsignal je nach Steilheit von der Vielzahl von Filteralgorithmen unterschiedlich gefiltert wird, und zum Schluss gekommen, dass die Druckschrift E1 keine unterschiedliche Filterung des Streulichtsignals in Abhängigkeit seiner Steilheit im Sinne der Erfindung offenbart.

Die Druckschrift E1 offenbart jedoch, wie in Nr. 2.2 oben dargestellt, eine unterschiedliche Filterung des Streulichtsignals in Abhängigkeit seiner Steilheit. Eine einschränkende Auslegung der beanspruchten Erfindung in den Sinne, dass sie - wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht - eine Auswahl von Filteralgorithmen aus einer Vielzahl von Filteralgorithmen oder eine Veränderung der Parameter bzw. der Koeffizienten eines Filteralgorithmus in Abhängigkeit der Steilheit des Streulichtsignals voraussetzt und damit eine Implementierung der beanspruchten unterschiedlichen Filterung durch einen "statischen", d.h. nicht-anpassbaren Filter, insbesondere durch einen Bandpassfilter, ausschließt, wird von der tatsächlichen Formulierung des Anspruchs - insbesondere aufgrund der allgemeinen, im Anspruch verwendeten Begriffe, die eine breite Auslegung des beanspruchten Gegenstands rechtfertigen - nicht gestützt.

2.4 Darüber hinaus kann den Argumenten der Beschwerdegegnerin, wonach die von ihr vertretene einschränkende Auslegung des beanspruchten Gegenstands durch die Beschreibung gestützt wird, nicht gefolgt werden. Erstens sieht die Kammer im vorliegenden Fall keine Gründe, insbesondere keine Unklarheit und keinen Widerspruch in der Formulierung des Anspruchs, die eine einschränkende Auslegung des beanspruchten Gegenstands durch die Beschreibung rechtfertigen würde. Und zweitens kann die Kammer in der Beschreibung des Streitpatents keine hinreichende Grundlage für eine derart einschränkende Auslegung des Patentanspruchs erkennen.

So wird im Absatz [0021] der Beschreibung erläutert, dass "Die Filteralgorithmusstufe schließlich [...] die Analyse eines Streulichtsignals in Abhängigkeit bestimmter Filteralgorithmen [ermöglicht], um eine sichere und fehlerfreie Alarmausgabe zu gewährleisten", und im Absatz [0027], dass "Es [...] von Vorteil [ist], das Streulichtsignal vor dem Vergleich mit voreingestellten Schwellenwerten [...] in Abhängigkeit seiner Steilheit unterschiedlich zu filtern". Der Wortlaut dieser Absätze entspricht jedoch im Wesentlichen dem im Patentanspruch 1 verwendeten Wortlaut und rechtfertigt daher keine einschränkende Auslegung des beanspruchten Gegenstands.

Auch die Figur 5 und ihre Beschreibung stellen keine eindeutige Grundlage für die von der Beschwerdegegnerin vertretene Auslegung des beanspruchten Gegenstands dar. Die Figur 5 zeigt ein ungefiltertes Streulichtsignal (dünne Kurve 2) mit vier Spitzenwerten (A, B, C und D) und ein gefiltertes, "unter Verwendung spezieller Filteralgorithmen veränderte[s] Signal" (dicke Kurve 4) (vgl. Spalte 12, Zeilen 18 bis 23). In dem gefilterten Signal werden drei der vier Spitzenwerte (A, B und D), die laut Beschreibung Täuschungsgrößen darstellen, die nicht zu einem Alarmsignal führen, vom Filteralgorithmus gekappt, während der vierte Spitzenwert (C), der als einziger unter den vier Spitzenwerten in dem Streulichtsignal über einen längeren Zeitraum einen bestimmten Schwellwert überschreitet, als Spitzenwert in dem gefilterten Signal erhalten bleibt und laut Beschreibung einen Alarm bzw. ein Detektionssignal auslöst (Absatz [0043], insbesondere Spalte 12, Zeilen 23 bis 37). Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, dass eine solche selektive Filterung der Spitzenwerte des Eingangssignals durch nicht-unterschiedliches Filtern bzw. durch einen nicht-veränderlichen Filter, insbesondere durch einen Tief- oder einen Bandpassfilter, nicht erreicht werden kann, und als Beleg dafür hat sie eine Simulation eines Filtervorgangs der in Figur 5 abgebildeten Eingangssignalkurve mit einem einfachen Tiefpassfilter eingereicht, in der die vier Spitzenwerte im Wesentlichen gleichmäßig gefiltert werden. Unabhängig davon, ob die in der Figur 5 dargestellte Filterung mit einem Tiefpassfilter bzw. einem Bandpassfilter nicht erreicht werden kann, reichen die Figur 5 und ihre Beschreibung jedoch nicht aus, um darzulegen, dass die abgebildete Filterung ausschließlich durch ein veränderliches Filtern erreicht werden kann. So wird in der Beschreibung die in der Figur 5 dargestellte Filterung qualitativ beschrieben. Der Beschreibung ist aber keine konkrete bzw. detaillierte Lehre zu entnehmen, wie die abgebildete Filterung erreicht wurde, und auch keine eindeutige Lehre, die ausschließen würde, dass eine solche Filterung mit einem nicht-veränderlichen Filter erreicht werden könnte.

Im Gegenteil lässt - wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht - die Passage der Beschreibung in Spalte 7, Zeilen 27 ff., in der ausdrücklich auf eine "Tiefpassfilterung des Eingangssignals sobald dessen Steilheit einen vordefinierten Schwellwert überschreitet" hingewiesen wird, für den fachkundigen Leser eher den Schluss zu, dass die beanspruchte unterschiedliche Filterung durch eine Tiefpassfilterung implementiert werden kann, und dieser Schluss würde vielmehr die in Nr. 2.2 oben gezogene Schlussfolgerung stützen. Die weiteren Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach die in dieser Passage offenbarten Merkmale als rein optional zu betrachten sind und in keinerlei Verbindung zu den beanspruchten Merkmalen stehen, ändern nichts daran, dass die Beschreibung keine eindeutige und ausreichende Stütze dafür liefert, die beanspruchte unterschiedliche Filterung eng auszulegen, und zwar in dem Sinne, dass die beanspruchte unterschiedliche Filterung eine andere als eine durch einen Bandpassfilter erreichbare unterschiedliche Filterung darstellt, geschweige denn, dass eine solche Filterung ausschließlich mit einer Umschaltung zwischen verschiedenen Filteralgorithmen bzw. mit einem veränderlichen Filter durchführbar ist.

Das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach die Filteralgorithmusstufe im Anspruch 1 von anderen Verfahrensstufen, insbesondere von der in der Beschreibung dargelegten Kalibrier-, Driftkompensations-, Temperaturkompensations- und Sensibilitätseinstellungsstufe (Absätze [0017] bis [0021]), zu unterscheiden ist, ändert auch nichts an der Beurteilung der Neuheit des beanspruchten Gegenstands in Nr. 2.2 oben, weil im Patentanspruch 1 nur von einer "Filteralgorithmusstufe" die Rede ist und der Anspruch völlig offen lässt, ob die beanspruchte Filteralgorithmusstufe andere Verfahrensschritte, insbesondere andere mögliche Filterungsvorgänge, miteinschließt oder nicht (vgl. Nr. 2.2 oben, vorletzter Absatz).

2.5 Aus allen diesen Gründen ergibt sich, dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 durch das Verfahren nach der Druckschrift E1 neuheitsschädlich vorweggenommen ist.

3. Hilfsantrag - Zulässigkeit

3.1 Der Anspruchssatz gemäß dem Hilfsantrag beinhaltet einen geänderten Anspruch 1, der zusätzlich zum erteilten Patentanspruch 1 die Merkmale der erteilten abhängigen Patentansprüche 2 und 10 enthält (vgl. IV oben). Der geänderte Anspruchssatz wurde von der Beschwerdegegnerin erst während der mündlichen Verhandlung eingereicht, und zwar nach der Erörterung der Frage der Neuheit des Gegenstandes des erteilten Patentanspruchs 1 gegenüber der Druckschrift E1, als die Kammer zum Ausdruck brachte, dass die Sache zur Frage der Neuheit von Patentanspruch 1 entscheidungsreif sei.

Entsprechend der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VerfOBK, ABl. EPA 2007, 536) müssen die Beschwerdebegründung und die Erwiderung den vollständigen Sachvortrag der Beteiligten enthalten (Artikel 12 (1) und (2) VerfOBK), und es steht im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens der Beteiligten zu einem späteren Zeitpunkt zuzulassen und zu berücksichtigen (Artikel 13 VerfOBK). Zur Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens berücksichtigen die Beschwerdekammern die Komplexität des neuen Vorbringens, den Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie (Artikel 13 (1) VerfOBK, zweiter Absatz).

3.2 Im vorliegenden Fall kann die Kammer keine Umstände erkennen, die es gerechtfertigt hätten, den geänderten Anspruchssatz erst in der mündlichen Verhandlung vorzulegen. So hat die Beschwerdeführerin während des ganzen Einspruchsverfahrens und des daran anschließenden Beschwerdeverfahrens bis zum Termin der mündlichen Verhandlung das Patent ausschließlich in der erteilten Fassung verteidigt, und während der mündlichen Verhandlung hatte sie ohne triftigen Grund, insbesondere ohne dass eine Änderung der Sachlage vorausgegangen wäre bzw. ohne dass irgendwelche überraschenden neuen Aspekte aufgeworfen wurden, erstmals die geänderten Ansprüche entsprechend dem Hilfsantrag vorgelegt. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass ihr erst durch die während der mündlichen Verhandlung aufgeworfenen, von ihr als überraschend bezeichneten Aspekte klar geworden sei, dass der erteilte Patentanspruch 1 von der Kammer möglicherweise als nicht patentfähig angesehen werden könnte. Dieses Argument lässt sich aber vor dem Hintergrund der tatsächlichen Umstände nicht halten. So stützte sich die Erörterung der Frage der Neuheit des erteilten Patentanspruchs 1 gegenüber der Druckschrift E1 auf die von der Beschwerdeführerin bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens vorgetragenen und in der Beschwerdebegründung wiederholten und weiter vertieften Argumente, insbesondere auf die von ihr vertretene Auslegung des beanspruchten Gegenstands; dieser Aspekt, d.h. die Auslegung der beanspruchten Merkmale und ihr mögliche Einfluss auf die Frage der Neuheit, wurde in dem wiederholten Schriftwechsel der Beteiligten während des Beschwerdeverfahrens weiter ausführlich diskutiert, in der Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung von der Kammer ausdrücklich angesprochen (siehe dort Absatz 5.4) und in einer später eingegangenen Erwiderung von der Beschwerdeführerin erneut aufgegriffen und weiter vertieft (Schreiben vom 15.10.2012, Seite 1 und 2). Eine Diskussion über alternative Auslegungen des beanspruchten Gegenstands fand am Anfang der mündlichen Verhandlung zwar statt, die nachfolgende Diskussion zur Frage der Neuheit beschränkte sich jedoch auf die von den Beteiligten bereits im erstinstanzlichen Verfahren und im schriftlichen Beschwerdeverfahren vertretenen Auslegungen des Patentanspruchs 1. Die Kammer konnte daher in der anschließenden Diskussion über die Neuheit des erteilten Patentanspruchs 1 keine Umstände - wie z.B. neue Fakten, eine andere Sichtweise des Dokuments E1, oder eine neue Auslegung des Anspruchs 1 - erkennen, die für die Beschwerdegegnerin objektiv gesehen eine überraschende Wende hätten darstellen und ein so spätes Vorlegen des Hilfsantrags hätten rechtfertigen können.

Darüber hinaus hätte der Beschwerdegegnerin unter den vorliegenden Umständen bereits früher klar sein müssen, dass sich die Kammer im Rahmen der Beschwerde statt der von der Beschwerdegegnerin vertretenen und von der Einspruchsabteilung akzeptierten Auslegung des beanspruchten Erfindung der Auslegung durch die Beschwerdeführerin anschließen könnte. Trotzdem hatte die Beschwerdegegnerin keinen Anlass gesehen, Änderungen der Ansprüche - insbesondere in Form von Hilfsanträgen - vorzunehmen, entweder bereits mit der Erwiderung auf die Beschwerdebegründung oder spätestens rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung nach Erhalt der Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten von der Kammer u.a. darauf hingewiesen wurden, dass die Ausführungen der Beteiligten "in Bezug auf die Neuheit [...] der beanspruchten Erfindung [...] sich auf unterschiedliche Auslegungen der beanspruchten Merkmale hinsichtlich der Filterung des Streulichtsignals in Abhängigkeit seiner Steilheit" stützten (Nr. 5.4 der Mitteilung). In der Anlage wurde auch unter ausdrücklichem Hinweis auf Artikel 13 VerfOBK darauf hingewiesen, dass "Änderungen des Vorbringens unverzüglich, jedoch spätestens einen Monat vor dem Termin der mündlichen Verhandlung eingereicht werden" sollten, und dass "es im Ermessen der Kammer steht, Änderungen des Vorbringens der Beteiligten zuzulassen und zu berücksichtigen" (Nr. 6 der Mitteilung).

3.3 Die Kammer kann sich auch der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht anschließen, dass der Hilfsantrag auch deswegen zulässig sei, weil sich die Änderungen im Wesentlichen auf eine Kombination erteilter Ansprüche beschränken, deren Gegenstand bereits im Verfahren angegriffen worden sei. Angesichts der Tatsache, dass sowohl im Einspruchsverfahren vor der Einspruchsabteilung als auch im Beschwerdeverfahren lediglich das Patent in der erteilten Fassung Gegenstand der Diskussion war, hatten weder die Beschwerdeführerin noch die Kammer eine Veranlassung, sich in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung mit dem Gegenstand der abhängigen Ansprüche zu befassen.

Darüber hinaus wäre, falls der Hilfsantrag zugelassen worden wäre, zuerst zu untersuchen gewesen, ob die von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwände bezüglich der Klarheit des geänderten Anspruchs 1 im Hinblick auf Artikel 100 und 102 (c) EPÜ 1973 überhaupt zulässig waren und, wenn ja, ob sie gerechtfertigt waren. Hinsichtlich der Patentierbarkeit des geänderten Anspruchssatzes wäre dann zu untersuchen gewesen, ob der beanspruchte Gegenstand neu und erfinderisch gegenüber dem im Einspruchsverfahren zitierten Stand der Technik ist. Die Tatsache, dass die Formulierung des geänderten Anspruchs 1 vier, durch den Ausdruck "und/oder" miteinander verbundene Merkmale beinhaltet und dass der Anspruch 1 wegen dieser Formulierung de facto auf fünfzehn unterschiedliche alternative Verfahren gerichtet ist, würde auch bedeuten, dass die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des geänderten Anspruchs 1 weitere komplexe Fragen aufgeworfen hätte; so hätte - wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht - eine genauere und vollständige Prüfung der erfinderischen Tätigkeit des geänderten Anspruchs 1 erfordert, bei der Prüfung der von dem geänderten Anspruch umfassten Alternativen womöglich jeweils von unterschiedlichen Druckschriften als nächstkommendem Stand der Technik auszugehen, da bei den beanspruchten Alternativen zu erwarten ist, dass durch die unterschiedlichen technischen Merkmale bzw. Merkmalskombinationen jeweils unterschiedliche technische Aufgaben gelöst würden. Somit hätte der geänderte Anspruchssatz eine Vielzahl von neuen komplexen Fragen aufgeworfen, deren vollständige Behandlung der Kammer und der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung nicht zuzumuten gewesen wäre.

3.4 Aus allen diesen Gründen kam die Kammer während der mündlichen Verhandlung zum Schluss, dass der Hilfsantrag angesichts des späten Stadiums des Verfahrens und im Hinblick auf seine Komplexität nicht in das Verfahren zugelassen werden konnte.

4. In Anbetracht der obigen Entscheidungsgründe ist das Patent zu widerrufen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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