European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2011:T165709.20110526 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 26 Mai 2011 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1657/09 | ||||||||
Anmeldenummer: | 00120866.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | E06B 3/48 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Torblatt eines Sektionaltores | ||||||||
Name des Anmelders: | Hörmann KG Brockhagen | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Tekla-Technik, Tor + Tür GmbH & Co. KG Novoferm GmbH Bremet Brevetti Metecno S.P.A. Breda Sistemi Industriali SpA |
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Kammer: | 3.2.08 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Ausführbarkeit (Hauptantrag, Hilfsanträge I bis III) - verneint Erfinderische Tätigkeit (Hilfsantrag IV) - verneint |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende II) hat gegen die am 20. Juli 2009 zur Post gegebene Entscheidung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das Europäische Patent Nr. EP 1 108 849, unter gleich zeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr, am 4. August 2009 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 23. November 2009 eingegangen.
II. Die Einspruchsabteilung war zu der Auffassung gekommen, dass der Gegenstand des angefochtenen Patents nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe, dass das Patent die Erfindung so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne und dass der Gegenstand der erteilten Ansprüche neu und erfinderisch gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik sei.
III. Für die vorliegende Entscheidung haben folgende Entgegenhaltungen eine Rolle gespielt:
E4: DE-U-89 06 151.9
E13: EP-A-0 304 642
E24: DE-A-44 10 051
IV. Am 26. Mai 2011 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt die Beschwerde zurückzuweisen und hilfsweise das Patent aufrechtzuerhalten auf der Grundlage eines der Hilfs anträge 1 bis 4 eingereicht mit Schreiben vom 16. Dezember 2010.
V. Der erteilte Anspruch 1 (Hauptantrag) lautet:
"Torblatt eines Sektionaltores, insbesondere Decken gliedertores, mit einer in das Torblatt integrierten Schlupftür, die ein Türblatt und eine Zarge zum Ein fassen des Türblattes aufweist, wobei das Torblatt längs einer einen bogenförmigen Abschnitt aufweisenden, vorgegebenen Bahn zwischen einer Öffnungsstellung und einer Schließstellung bewegbar ist und eine Mehrzahl von längs der vorgegebenen Bahn hintereinander angeordneten und über senkrecht zu der vorgegebenen Bahn verlaufende Gelenkachsen aufweisende Gelenke miteinander verbundenen Paneelen aufweist und wobei die Zarge mindestens zwei an aufeinander folgenden Paneelen (10, 20) des Torblattes angebrachte segmente (40, 50; 340, 350) umfasst,
dadurch gekennzeichnet, dass
zumindest in der Schließstellung zwischen den Segmenten (40, 50) zumindest im Bereich einer den Gelenkachsen (32) abgewandten Begrenzungsfläche (14, 24) des Torblattes in einer parallel zu der vorgegebenen Bahn verlaufenden Richtung ein mindestens der Dicke eines Fingers entsprechender Abstand (x) freigelassen ist (Merkmal 1.5)
und/oder
die Breite eines der den Gelenkachsen (32) abgewandten Begrenzungsfläche (14, 24) zugewandten Mündungsbereiches eines zwischen den Segmenten (60, 50) gebildeten Spaltes (62) längs eines bei der Bedienung des Tores noch mit den Händen erreichbaren Teiles des bogenförmigen Abschnittes der vorgegebenen Bahn geringer als einen Fingereingriff ermöglichend ist (Merkmal 1.6).
Die Merkmalsbezeichnungen (1.5 und 1.6) sind von der Kammer eingefügt worden.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 dadurch, dass spezifiziert wird, dass der der Dicke eines Fingers entsprechende Abstand (x) ein Abstand "von mindestes 10 mm" ist.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I darin, dass im Anschluss zum Merkmal 1.6 angegeben ist, dass "die Breite des Spaltes (62) ... weniger als 10 mm beträgt".
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag III unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II darin, dass angegeben wird, dass der mit den Händen erreichbare Teil des bogenförmigen Abschnitt der vorgegeben Bahn "bis zu einer Höhe von 2,5 m" reicht.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 darin, dass das Merkmal 1.6 gestrichen ist und spezifiziert wird, dass der der Dicke eines Fingers entsprechende Abstand (x) ein Abstand "von mindestes 10 mm" ist.
VI. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgendes vorgetragen:
a) Hauptantrag
Die "und"-Verknüpfung der Merkmale 1.5 und 1.6 des Anspruchs 1 sei nicht ausführbar. Diese Merkmale verlangten nämlich dass zum Einen
- zwischen den Segmenten der Zarge ein solcher Abstand (x) freigelassen werde, der mindestens der Dicke eines Fingers entspräche (Merkmal 1.5)
und zum Anderen, dass
- der zwischen den Segmenten (der Zarge) gebildete Spalt (62) eine Breite habe, die geringer als einen Fingereingriff ermöglichend sei (Merkmal 1.6).
Da der Abstand zwischen den Segmenten und die Breite des Spaltes zwischen den Segmenten identisch seien und folglich das gleiche Maß hätten, könne dieses Maß nur entweder größer oder kleiner als ein Finger sein. Es sei jedoch unmöglich, dass der Abstand mindestens der Dicke eines Fingers entspräche und die Breite des Spaltes zugleich geringer als einen Fingereingriff ermöglichend sei. Diese zwei Alternativen schlössen sich gegenseitig aus, so dass die "und"-Verknüpfung der zwei Merkmale nicht realisierbar sei.
Da auch keines der in der Anmeldung beschriebenen Ausführungs beispiele zeige, wie beide Merkmale gleichzeitig umgesetzt werden könnten, offenbare das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass sie der Fachmann ausführen könne.
Da Anspruch 1 der Hilfsanträge I bis III ebenfalls die "und"-Kombination der Merkmale 1.5 und 1.6 umfasse, entsprächen auch diese nicht den Erfordernissen des Artikel 83 EPÜ (1973).
b) Hilfsantrag IV
E4 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar. Sie offenbare ein Torblatt eines Sektionaltores mit ein gebauter Schlupftür gemäß Oberbegriff des Anspruchs 1.
Die vom Fachmann zu lösende Aufgabe bestehe darin, die Zarge des Schlupftores so zu gestalten, dass die Finger nicht zwischen ihren Segmenten eingeklemmt werden können.
Die E13, die sich mit dem Einklemmschutz bei Sektional toren befasse, schlage zum Einklemmschutz vor, die im Schließzustand zwischen aufeinanderfolgenden Paneelen gebildeten Sicken so groß auszubilden, dass kein Finger darin eingeklemmt werden könne.
Da der Einklemmschutz auf der gesamten Fläche des Tores erwünscht und die Tür Teil dieser Fläche sei, würde der Fachmann den auf die Torblätter angewandten Klemmschutz der E13 auch auf die Zarge der Schlupftür gemäß E4 übertragen und, ohne dabei erfinderisch tätig werden zu müssen, zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen.
VII. Die Beschwerdegegnerin hat den Ausführungen der Beschwerdeführerin widersprochen und im Wesentlichen folgendes vorgetragen:
a) Hauptantrag
Die beanspruchte "und"-Verknüpfung der Merkmale 1.5 und 1.6 sei in den Figuren 1 und 2 offenbart.
Diese zeigten nämlich, dass die Breite des Spalts (62) zwischen den Zargensegmenten und der zwischen den Zargen segmenten freigelassene Abstand (x) zwei verschiedene Maße darstellten. Der Abstand (x) befinde sich nämlich zwischen den außen liegenden Begrenzungs flächen der Zargensegmente, während der Spalt sich weiter im Inneren zwischen den Zargen segmenten befinde. Dabei sei zu beachten, dass die zum Bezugszeichen (62) gehörende Linie in Figur 2 offensichtlich falsch gezeichnet sei und weiter nach oben reichen müsse. Folglich sei es möglich, dass gleichzeitig der Abstand (x) größer und die Breite des Spalts kleiner als ein Finger sei.
Da also mindestens ein Ausführungsbeispiel der Erfindung im Patent offenbart sei, genüge es den Anforderungen des Artikel 83 EPÜ (1973).
b) Hilfsantrag IV
Von E4 als dem nächstliegenden Stand der Technik ausgehend, bestehe die zu lösende Aufgabe darin, zu verhindern, dass in der Gesamtheit des Sektionaltors, also auch im Bereich der Schlupftür, Finger eingeklemmt werden können.
Für den Fachmann sei es naheliegend, um die gestellte Aufgabe zu lösen, die E24 zu Rate zu ziehen, die sich mit dem Einklemmschutz bei einem Sektionaltor mit Schlupf tür befasse. Da die E24 das Problem des Einklemm schutzes durch das Weglassen der Zarge löse, führe die Kombination der E4 und E24 nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1.
Die E13 würde der Fachmann hingegen nicht in Betracht ziehen, da sie sich mit Sektionaltoren ohne Schlupftür befasse. Aber selbst wenn er die E13 berücksichtigte, würde ihre Lehre ihn von der erfindungsgemäßen Lösung wegführen, da die E13 den Einklemmschutz durch Spalte sicherstelle, die kleiner als ein Finger seien (siehe z. Bsp. Spalte 9, Zeilen 16 bis 20).
Außerdem existierten mehrere Alternativen, einen Einklemmschutz zu realisieren, so dass der Fachmann keinen Anlass hätte, genau die eine der in E13 offenbarten und für die Torblätter ausgelegte Finger einklemm schutz einrichtung auf die Zargen von Schlupf türen anzuwenden.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig
2. Hauptantrag
Der kennzeichnende Teil des erteilten Anspruchs 1 besteht aus den zwei Merkmalen 1.5 und 1.6, die mit einer "und/oder"-Verknüpfung verbunden sind.
Die Beschwerdegegnerin führt aus, dass es sich bei dem Abstand (x) zwischen den Segmenten (Merkmal 1.5) und der Breite des Spalts (62) zwischen den Segmenten (Merkmal 1.6) um zwei verschiedene Maße handle, so dass es sehr wohl möglich sei, dass der eine größer und der andere kleiner als ein Finger sei. Dies sei aus den Figuren 1 und 2 ersichtlich, wobei in Figur 2 ein offensichtlicher Fehler bei der Darstellung der Linie des Bezugszeichens (62) unterlaufen sei.
Aus dem gesamten Patent ist aber nicht ersichtlich, dass die Linie des Bezugszeichens (62) in der Figur 2 offensichtlich fehlerhaft ist. Noch weniger ist ersichtlich, wie dieser vermeintliche Fehler behoben werden sollte. Aus dem angefochtenen Patent geht auch nicht hervor, dass die Breite des Spaltes an einer anderen Stelle als der Abstand zwischen den Segmenten ermittelt werden soll. Vielmehr wird nach Anspruch 1 der Abstand zwischen den Segmenten als der Abstand "zumindest im Bereich einer der Gelenkachsen abgewandten Begrenzungsfläche des Torblatts in einer parallel zu der vorgegebenen Bahn verlaufenden Richtung" definiert und die Breite des Spaltes als Breite eines der den Gelenk achsen abgewandten Begrenzungsfläche zugewandten Mündungs bereichs zwischen den Segmenten gebildeten Spalts. Da nicht angegeben ist, wie sich der Bereich und der Mündungsbereich unterscheiden, ist davon auszugehen, dass der Abstand (x) und die Breite des Spalts (62) das gleiche Maß haben, nämlich die Größe des Spaltes zwischen den Zargenelementen.
Merkmal 1.5 verlangt, dass dieses Maß mindestens der Dicke eines Fingers entspricht, während das Merkmal 1.6 verlangt, dass das gleiche Maß geringer als einen Fingereingriff ermöglichend ist. Da ein und das selbe Maß nicht gleich zeitig größer und kleiner als ein gegebener Wert sein kann, ist die beanspruchte "und"-Verknüpfung der Merkmale 1.5 und 1.6 nicht ausführbar und Anspruch 1 entspricht nicht den Erfordernissen des Artikels 83 EPÜ.
Da auch Anspruch 1 gemäß aller Hilfsanträge I bis III die "und"-Verknüpfung der Merkmale 1.5 und 1.6 enthält, entspricht keiner dieser Anträge den Erfordernissen des Artikel 83 EPÜ (1973).
3. Hilfsantrag IV
3.1 E4 stellt unstrittig den nächstliegenden Stand der Technik dar und offenbart alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1.
Ausgehend vom Torblatt gemäß E4 besteht die durch das Torblatt gemäß Anspruch 1 zu lösende Aufgabe darin, ein Torblatt für ein Sektionaltor bereitzustellen, bei dem vermieden wird, dass Finger eingeklemmt werden können (siehe Spalte 2, Zeilen 30 bis 37 des Streitpatentes).
Zur Lösung dieser Aufgabe umfasst das Torblatt des Anspruchs 1 das Merkmal wonach:
zumindest in der Schließstellung zwischen den Segmenten zumindest im Bereich einer den Gelenkachsen abgewandten Begrenzungsfläche des Torblattes in einer parallel zu der vorgegebenen Bahn verlaufenden Richtung ein mindestens der Dicke eines Fingers entsprechender Abstand freigelassen ist.
3.2 Zur Lösung der gestellten Aufgabe wird der Fachmann sich nach Maßnahmen umsehen, die einen Fingereinklemmschutz bei Sektionaltoren gewährleisten und nicht nur solche Maßnahmen berücksichtigen, die den Einklemm schutz speziell bei Zargen von Schlupftüren betreffen.
E13 beschreibt Fingerschutz vorrichtungen für Torblätter von Sektionaltoren und regt unter anderem dazu an (siehe Spalte 9, Zeile 53 bis Spalte 10, Zeile 3 und Figur 4), den Einklemmschutz durch zwischen den einzelnen Paneelen vor gesehene Sicken 50 zu erzielen, die so breit bemessen sind, dass ein Fingereingriff ohne Einklemm gefahr erfolgen kann.
Für den Fachmann ist es naheliegend diese auf die Tor blätter der Sektionaltoren bezogene Lehre auch auf die Zargen der Schlupftür gemäß E4 anzuwenden, wobei er unmittelbar zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangt.
Es stimmt zwar dass, wie von der Beschwerdegegnerin vor getragen, die E13 offenbart, dass der Einklemm schutz auch durch eine Breite der Spalte zwischen den Tür blättern sichergestellt wird, die kleiner ist als ein Finger. Jedoch kann die Auswahl zwischen den zwei in E13 vorgeschlagenen Alternativen (größer und kleiner als ein Finger) vom Fachmann ohne erfinderische Leistung vorgenommen werden.
3.3 In der von der Beschwerdegegnerin angesprochenen E24 ist die Schlupftür ausschließlich aus konstruktiven Gründen ohne Zarge ausgeführt worden und nicht um einen Finger einklemm schutz zu gewähren. Folglich regt sie, entgegen dem Vorbringen der Beschwerde gegnerin, den Fachmann nicht dazu an, das Problem des Einklemm schutzes durch gezieltes Weglassen der Türzarge zu lösen, und stellt keine weitere alternative Lösung der gestellten Aufgabe dar.
3.4 Im Hinblick auf die vorangehenden Ausführungen beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag IV nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.