T 1486/09 () of 25.7.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T148609.20120725
Datum der Entscheidung: 25 Juli 2012
Aktenzeichen: T 1486/09
Anmeldenummer: 06754468.4
IPC-Klasse: G08B 17/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Sensorvorrichtung
Name des Anmelders: Cedes AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Klarheit, Neuheit und erfinderische Tätigkeit - ja (nach Änderung)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Anmelderin (Beschwerdeführerin) richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 06 754 468.4 zurückzuweisen.

II. In der angefochtenen Entscheidung kam die Prüfungsabteilung u. a. zu dem Schluss, dass der damals gültige Anspruch 1 nicht klar im Sinne von Artikel 84 EPÜ sei. Ferner sei die Kombination der Merkmale von Anspruch 1 aus folgendem Dokument bekannt (Artikel 54 EPÜ):

D1: US-A1-2002/0118352.

III. Mit einer der Ladung zu einer mündlichen Verhandlung beiliegenden Mitteilung vom 14. März 2012 führte die Kammer folgendes Dokument ins Verfahren ein:

D5: DE-T2-691 18 277 (Übersetzung der europäischen

Patentschrift EP-B1-0 472 039).

IV. Am 25. Juli 2012 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

V. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

Beschreibung: Seiten 1, 2, 2a, 2b, 3 bis 9,

Ansprüche: 1 bis 10,

alles eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 25. Juli 2012,

Zeichnung: Figuren 1 bis 3 wie ursprünglich eingereicht.

VI. Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Sensorvorrichtung (1) bestehend aus einer Quelle für elektromagnetische Strahlung, insbesondere Licht, einem Kamerachip mit mehreren separat auswertbaren Empfängern für die elektromagnetische Strahlung und einer Elektronikeinheit, wobei die Elektronikeinheit dazu ausgelegt ist, mittels der Quelle elektromagnetische Strahlung auszusenden und eine Distanz, die die von der Quelle ausgesandte elektromagnetische Strahlung von einer Reflexionsfläche eines Objekts an den jeweiligen Empfänger zurücklegt, durch eine Auswertung einer Laufzeit der elektromagnetischen Strahlung und/oder einer Phase einer auf die elektromagnetische Strahlung aufmodulierten Schwingung zu ermitteln, wobei die Elektronikeinheit für die Detektion von in einem Medium räumlich verteilt vorhandenen schwebteilartigen Reflexionsobjekten in der Lage ist, aus den von verschiedenen Empfängern in unterschiedlichen Richtungen gemessenen Distanzen eine erste Gruppe (9, 10, 11) von Distanzen, die in eine vorgegebene Verteilung passen, insbesondere in etwa gleich große Distanzen zu bestimmen und im Fall von mehreren Gruppenmitgliedern ein Signal auszugeben, das der Detektion von schwebteilartigen Reflexionsobjekten zugeordnet ist."

Ansprüche 2 bis 10 sind vom Anspruch 1 abhängig.

VII. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die erfindungsgemäße Sensorvorrichtung umfasse einen Kamerachip mit mehreren Empfängern, welche die gleichzeitige Ermittlung von Distanzen in unterschiedlichen Richtungen ermöglicht. Unter normalen Bedingungen, nämlich wenn sich nur eine ebene Hintergrundfläche oder Personen und gewöhnliche Objekte vom Sensor erfasst werden, seien unterschiedliche Werte für die von verschiedenen Empfängern gemessenen Distanzen zu erwarten. Wenn sich jedoch schwebteilartige Reflexionsobjekte wie Rauch in der Nähe des Sensors befinden, werde nach Art und Dichte von deren Verteilung eine typische Distanz gemessen. Bei einer Gleichverteilung der Reflexionsobjekte werde eine einzige Distanz in allen Richtungen ermittelt. Eine sichere Aussage über das Vorhandensein von Rauch könne daher gemacht werden, wenn mehrere in etwa gleich große Distanzen in unterschiedlichen Richtungen gemessen werden. Bei der erfindungsgemäßen Sensorvorrichtung finde somit ein Vergleich der in unterschiedlichen Richtungen ermittelten Distanzen zu Reflexionsobjekten statt, die sich im Erfassungsbereich befinden. Bei der Feststellung, dass mehrere Distanzen ungefähr die gleichen Werte haben bzw. dass eine Gruppe von Distanzen, die in eine vorgegebene Verteilung passen, bestimmt werden kann, werde ein Rauchmeldesignal ausgegeben.

Aus dem Dokument D5 gehe nicht hervor, dass Distanzen, die unterschiedlichen Sensoren zuzuordnen sind, miteinander verglichen werden. Vielmehr finde ein Vergleich nur im Hinblick auf jeweils einen Sensor statt, wobei eine Distanzmessung mit einem vorher festgelegten Referenzwert verglichen wird. Um Fluktuationen bei den Messungen zu erfassen, würden dann die durch den einzigen Sensor ermittelten Distanzwerte miteinander verglichen. Ein Wertevergleich zwischen Sensoren sei jedoch in D5 weder offenbart noch nahegelegt.

Der Gegenstand von Anspruch 1 sei somit neu und beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Artikel 123 (2) EPÜ

2.1 Anspruch 1 gemäß dem Antrag der Beschwerdeführerin unterscheidet sich vom ursprünglich eingereichten Anspruch 1 im Wesentlichen durch folgende Merkmale:

i) einen Kamerachip, der die Empfänger für die elektromagnetische Strahlung umfasst;

ii) die Distanzen werden von verschiedenen Empfängern in unterschiedlichen Richtungen gemessen.

2.2 Das Merkmal i) ist durch die ursprüngliche Beschreibung (Seite 6, Absatz 2) und den ursprünglichen Anspruch 13 gestützt.

2.3 Das Merkmal ii) bringt zum Ausdruck, dass die beanspruchte Sensorvorrichtung Empfänger aufweist, die eine Messung von Distanzen in unterschiedlichen Richtungen ermöglichen.

Wie in Figur 1 dargestellt, ist die erfindungsgemäße Sensorvorrichtung in einem zu überwachenden Raum so angeordnet, dass in unterschiedlichen Richtungen unterschiedliche Distanzen zwischen dem Kamerachip und einer ebenen Hintergrundfläche (z. B. Fußboden) gemessen werden. Dies ergibt sich auch aus der Beschreibung der veröffentlichten Anmeldung (Seite 4, Absatz 2 und Seite 8, Absatz 2).

2.4 Da die Merkmale i) und ii) aus den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hervorgehen, sind die vorgenommenen Anspruchsänderungen zulässig im Sinne von Artikel 123 (2) EPÜ.

Artikel 84 EPÜ

3.1 Der vorliegenden Erfindung liegt der Gedanke zugrunde, dass ein Sensor, der einen Kamerachip mit mehreren separat auswertbaren Empfängern umfasst und somit in der Lage ist, Distanzen in unterschiedlichen Richtungen zu messen, dafür eingesetzt werden kann, "schwebteilartige Reflexionsobjekte" (z.B. Rauch) von anderen Objekten zu unterschieden, die sich im Erfassungsbereich des Sensors befinden.

Da die Distanzmessung in unterschiedlichen Richtungen erfolgt, kann jedem Pixel des Kamerachips eine bestimmte Distanz zu einer gegenüberliegenden ebenen Fläche zugeordnet werden. Figur 2 zeigt die gemessenen Distanzen, wenn sich keine weiteren Objekte nah am Sensor befinden. Ein Objekt im Erfassungsbereich ändert lediglich die Distanzen, die durch eine Anzahl von benachbarten Empfängern ermittelt werden. Wird jedoch ein "Sensor komplett von einem im Wesentlichen homogenen Aerosolfeld umgeben, so wird der Sensor 1a in alle Richtungen in etwa die gleiche Distanz messen" (veröffentlichte Anmeldung, Seite 8, dritter Absatz). Gemäß der Erfindung kann auf die Detektion von Rauch geschlossen werden, wenn in unterschiedlichen Richtungen annähernd die gleiche Distanz gemessen wird bzw. wenn unter den gemessenen Distanzen eine Gruppe von Distanzen, "die in eine vorgegebene Verteilung passen", bestimmt werden kann.

3.2 Die Kammer ist der Ansicht, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 10 und insbesondere die Merkmalskombination von Anspruch 1 durch die ursprüngliche Beschreibung gestützt sind. Außerdem sind alle Ansprüche deutlich und knapp gefasst.

Die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ sind somit erfüllt.

Artikel 54 EPÜ

4.1 Das Dokument D5, das nach Auffassung der Kammer den nächstliegenden Stand der Technik darstellt, offenbart eine Sensorvorrichtung, die einen Strahltyp-Strahlungssender und einen an einer Seite des zu überwachenden Raumes installierten Empfänger RF umfasst. "Der Laserstrahl wird vom Sender RF in den Raum ausgestrahlt und von einem Objekt, z. B. der gegenüberliegenden Wand reflektiert, und die reflektierte Strahlung wird dann zum Empfänger zurückgeleitet, welcher die Laufzeit der Strahlungsimpulse zwischen Emission und Empfang bestimmt. Diese gemessene Rückkehrzeit entspricht dem Abstand des Objektes, von dem die Strahlungsimpulse reflektiert wurden, entweder von der gegenüberliegenden Wand oder von einem dazwischen befindlichen Objekt, wie einem Feuer F" (D5, Seite 5, Zeilen 11 bis 19 - Unterstreichung hinzugefügt).

Wie Figuren 2 und 4 zeigen (vgl. D5, Seite 6, Absatz 4), "wird bei Gegenwart von weissem bzw. schwarzem Rauch ein kürzerer bzw. längerer Abstand als der wirkliche Abstand der gegenüberliegenden Fläche angezeigt".

Der Betrieb für die gleichzeitige Rauch- und Flammenüberwachung umfasst folgende Schritte (D5, Seite 15, letzter Absatz bis Seite 17, erster Absatz):

- der Abstand L zu jedem Zielpunkt wird vom Abstandmesser RF gemessen;

- jeder gemessene Abstand wird im Arbeitsspeicherbereich RAM1 gespeichert, dann wird der im Arbeitsspeicherbereich RAM1 gespeicherte Abstand L mit dem im Referenzdatenspeicherbereich RAM2 gespeicherten Referenzabstand L0 desselben Überwachungspunktes verglichen;

- falls L von L0 abweicht, wird der Abstandsmesser RF auf den Überwachungszielpunkt fixiert und die Abstandsmessdaten für diesen Überwachnungszielpunkt werden für eine vorbestimmte Zeit eingelesen;

- auf der Basis der während dieser vorbestimmten Zeit erhaltenen Daten wird dann ein Urteil gefällt, ob der Messwert eine Änderung erfahren hat oder nicht;

- falls das Resultat der Beurteilung eine Änderung gemäß Figur 6 ergibt, bedeutet dies, dass ein Feuer, d. h. eine Flamme vorhanden ist;

- falls keine Änderung der Abstandsdaten L festgestellt wird, und dennoch alle Abstandsdaten L größer als L0 sind, zeigt dies das Vorhandensein von schwarzem Rauch;

- eine Information über schwarzen Rauch wird übermittelt;

- wenn keine Änderung der Abstandsdaten L auftritt und dennoch alle Abstandsdaten kleiner als die Referenzdaten L0 sind, zeigt dies die Gegenwart von weißem Rauch an;

- eine Information über weißen Rauch wird zur Feuerkontrolltafel übertragen.

4.2 Die aus D5 bekannte Sensorvorrichtung weist somit folgende im Anspruch 1 aufgeführte Merkmale auf:

a) eine Quelle 2 für elektromagnetische Strahlung, insbesondere Licht,

b) einen Empfänger 13 für die elektromagnetische Strahlung,

c) eine Elektronikeinheit RF und DE,

c') wobei die Elektronikeinheit dazu ausgelegt ist, mittels der Quelle 2 elektromagnetische Strahlung auszusenden und eine Distanz L, die die von der Quelle ausgesandte elektromagnetische Strahlung von einer Reflexionsfläche eines Objekts an den Empfänger 13 zurücklegt,

c'') durch eine Auswertung einer Laufzeit der elektromagnetischen Strahlung zu ermitteln,

d) wobei die Elektronikeinheit für die Detektion von in einem Medium räumlich verteilt vorhandenen schwebteilartigen Reflexionsobjekten in der Lage ist,

d') aus den gemessenen Distanzen eine erste Gruppe von Distanzen, die in eine vorgegebenen Verteilung passen (d. h. L= L0, L<L0 oder L>L0), insbesondere in etwa gleich große Distanzen zu bestimmen und

d'') im Fall von mehreren Gruppenmitgliedern (z. B. alle Abstandsdaten kleiner als L0) ein Signal auszugeben, das der Detektion von schwebteilartigen Reflexionsobjekten (weißem Rauch) zugeordnet ist.

4.3 Im Vergleich zu der von der aus D5 bekannten Sensorvorrichtung weist der Gegenstand von Anspruch 1 zusätzlich folgende Merkmale auf (vgl. Punkt 2.1 dieser Entscheidung):

j) einen Kamerachip mit mehreren separat auswertbaren Empfängern für die elektromagnetische Strahlung (vgl. b)) und

jj) die Distanzen werden von verschiedenen Empfängern in unterschiedlichen Richtungen gemessen (vgl. d')).

4.4 Der Gegenstand von Anspruch 1 ist somit neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ.

Artikel 56 EPÜ

5.1 Die o. g. Merkmale j) und jj) implizieren, dass jedem Pixel des Kamerachips eine Distanz in einer bestimmen Richtung zugeordnet werden kann, so dass unterschiedliche Distanzen zu einer ebenen Hintergrundfläche im Erfassungsbereich des Sensors gemessen werden.

5.2 Wie vorstehend ausgeführt (siehe Punkt 3.1), liegt der vorliegenden Erfindung die Erkenntnis zugrunde, dass annähernd homogen verteilte schwebteilartige Reflexionsobjekte das vom Sensor ausgestrahlte Licht so reflektieren, dass die gemessenen Distanzen in allen Richtungen in etwa gleich groß sind.

Während nach D5 die Detektion von Rauch im Erfassungsbereich des Sensors durch Vergleich eines gemessenen Distanzwertes mit einem gespeicherten Referenzwert erfolgt, werden bei der erfindungsgemäßen Sensorvorrichtung mehrere Distanzen in unterschiedlichen Richtungen gleichzeitig gemessen und miteinander verglichen. Rauch wird detektiert, wenn eine Gruppe von Distanzen, die in eine vorgegebene Verteilung passen bzw. gleich groß sind, bestimmt werden kann.

Da keine Referenzwerte gespeichert werden müssen, die offensichtlich vom Hintergrund des Erfassungsbereichs abhängig sind, setzt die erfindungsgemäße Sensorvorrichtung keine besondere Anpassung an den Einsatzort voraus.

5.3 Die anderen sich im Verfahren befindlichen Dokumente befassen sich nicht mit der Aufgabe, Rauch von anderen Objekten im Erfassungsbereich einer Sensorvorrichtung zu unterschieden. Diese Dokumente sind daher weniger relevant und brauchen nicht weiter berücksichtigt zu werden.

5.4 Da der Fachmann angesichts des vorliegenden Standes der Technik keinen Anlass gehabt hätte, die aus D5 bekannte Sensorvorrichtung im Sinne der Erfindung zu ändern bzw. weiterzuentwickeln, wäre es für ihn nicht naheliegend gewesen, zur beanspruchten Sensorvorrichtung zu gelangen.

Dem Gegenstand von Anspruch 1 ist somit eine erfinderische Tätigkeit zuzusprechen.

5.5 Die abhängigen Ansprüche 2 bis 10 beziehen sich auf besondere Ausführungsformen der erfindungsgemäßen Sensorvorrichtung. Deren Gegenstand beruht somit auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

6. Aus den vorstehenden Gründen kommt die Kammer zu dem Schluss, dass die vorliegenden Anmeldungsunterlagen die Erfordernisse des EPÜ erfüllen. Dem Antrag der Beschwerdeführerin, ein Patent auf der Grundlage dieser Anmeldungsunterlagen zu erteilen, war somit stattzugeben.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anweisung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

Beschreibung: Seiten 1, 2, 2a, 2b, 3 bis 9,

Ansprüche: 1 bis 10,

alles eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 25. Juli 2012,

Zeichnung: Figuren 1 bis 3 wie ursprünglich eingereicht.

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