T 1476/09 () of 11.4.2014

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2014:T147609.20140411
Datum der Entscheidung: 11 April 2014
Aktenzeichen: T 1476/09
Anmeldenummer: 06010639.0
IPC-Klasse: G06K 7/10
G01S 17/02
G02B 27/09
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Optoelektronischer Sensor
Name des Anmelders: SICK AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 82
European Patent Convention 1973 R 30
European Patent Convention R 103(1)(a)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Einheitlichkeit der Erfindung - Rückerstattung der zusätzlich entrichteten Recherchengebühr (ja)
Befangenheit (nein)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0188/00
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1414/18
T 2703/18

Sachverhalt und Anträge

I. Die vorliegende Beschwerde bezieht sich auf die Beschwerde der Patentanmelderin (Beschwerdeführerin) gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 06 010 639.0 zurückzuweisen. Die Entscheidung wurde am 27. April 2009 zur Post gegeben.

II. Die Patentanmeldung wurde unter Artikel 82 EPÜ wegen mangelnder Einheitlichkeit zurückgewiesen. Nach Auffassung der Prüfungsabteilung enthielt der der Zurückweisungsentscheidung zugrundeliegende Anspruchssatz vier verschiedene Gegenstände, die im Gegensatz zu den Anforderungen der Regel 44 EPÜ nicht durch ein gemeinsames erfinderisches Konzept verbunden waren. Diese Schlussfolgerung basierte auf der Erkenntnis, dass der Gegenstand des einzigen Hauptanspruchs, auf den sich alle anderen Ansprüche direkt oder indirekt bezogen, nicht erfinderisch war. Daraus folgte, dass die Ansprüche 1 und 2, der Anspruch 3, die Ansprüche 4 bis 8 und die Ansprüche 9 bis 14 sich auf verschiedene Erfindungen oder Gruppen von Erfindungen bezogen.

Diese Entscheidung entsprach der Auffassung der Recherchenprüferin, wie sie im europäischen Recherchenbericht zu finden ist. Die drei zusätzlichen geforderten Recherchengebühren wurden entrichtet und ein vollständiger Recherchenbericht erstellt.

III. Am 23. Mai 2009 wurde in einer Beschwerdeschrift, die auch der Beschwerdebegründung entsprach, Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt. Die Beschwerdegebühr wurde am gleichen Tag entrichtet. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines europäischen Patents auf Basis der ursprünglich eingereichten Ansprüche.

Hilfsweise wurde die Erteilung eines europäischen Patents auf Basis der mit der Beschwerdeschrift eingereichten Ansprüche gemäß Hilfsantrag 1 oder Hilfsantrag 2 beantragt. In diesem Zusammenhang wurde auf folgendes hingewiesen "Hilfsantrag 2 unterscheidet sich nur durch sprachliche Vereinfachung von dem Anspruch, der bereits in der Mitteilung gemäß Regel 71(3) vom 20.02.2009 zur Erteilung vorgesehen war." Weiter wurde hilfsweise die Erteilung eines europäischen Patents auf der Basis von einem Anspruchssatz, wie er damals von der Prüfungsabteilung für gewährbar erachtet wurde, beantragt.

Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt. Eine solche Verhandlung sollte vorzugsweise per Videokonferenz stattfinden.

Die Rückerstattung der zur Durchführung der Recherche verlangten zusätzlichen Recherchengebühren wurde ebenfalls beantragt.

Außerdem beantragte die Beschwerdeführerin die Rückerstattung der Beschwerdegebühr wegen eines schwerwiegenden Verfahrensfehlers. Der Verfahrensfehler wurde mit der angeblichen Befangenheit der beauftragten Prüferin begründet.

IV. Von der Beschwerdeführerin wurde die Auffassung vertreten, dass der Gegenstand des Hauptanspruchs gemäß den vorliegenden Anträgen erfinderisch wäre. Insbesondere wurde der beanspruchte optoelektronische Sensor von einer Kombination der Dokumente D8 und D1, D8 und D9, D8 und D10, oder D8 und D11 nicht nahe gelegt.

Daraus folge, dass der Einwand der fehlenden Einheitlichkeit nicht gerechtfertigt wäre, was wiederum die Rückerstattung der zusätzlichen Recherchengebühren rechtfertige.

Was den schwerwiegenden Verfahrensmangel und die damit begründete zugrundeliegende Befangenheit der beauftragten Prüferin betrifft, wurde auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin in einem früheren Schreiben vom 29. September 2008 (siehe Punkte 2(a) bis 2(j)) hingewiesen. In diesem Schreiben wurde insbesondere auf eine angebliche vorgefasste Meinung der Prüferin hingewiesen.

V. Am 7. Januar 2014 wurde die Beschwerdeführerin zur mündlichen Verhandlung geladen.

In einer Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 15(1) VOBK vom 4. Februar 2014 wurde die Beschwerdeführerin informiert, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung per Videokonferenz nur denkbar gewesen wäre, wenn eine entsprechende ausdrückliche Rechtsgrundlage vorgesehen worden wäre. Da weder die Ausführungsordnung zum EPÜ noch die Verfahrensordnung der Beschwerdekammern diese Möglichkeit geregelt haben, solle die mündliche Verhandlung auf herkömmliche Weise stattfinden.

Die Beschwerdeführerin wurde auch über die vorläufige unverbindliche Auffassung der Kammer hinsichtlich ihrer Anträge unterrichtet.

Nach Auffassung der Beschwerdekammer stellte das Dokument EP-A-1 507 228 (D8) den nächstliegende Stand der Technik dar. Ausgehend von dieser Lehre und obwohl in D8 die erzeugte Beleuchtungslinie als hinreichend homogen angesehen wird (vgl. Spalte 5, Zeilen 14-18), wäre eine Verbesserung der Homogenität durchaus denkbar. Diese Feststellung sei eine durchaus realistische Grundlage für die Definition der zu lösende Aufgabe. Für die Kammer blieb noch zu klären, ob der Fachmann tatsächlich die Lehre der Dokumente D1 (DE-A-198 41 040), D9 (WO-A-03/005104), D10 (GB-A-2 398 926) und D11 (CA-A-2 358 201) in Betracht gezogen hätte, wie von der Prüfungsabteilung behauptet und, ob er dabei auf eine Lösung der gestellten Aufgabe gestoßen wäre.

Aus den vorliegenden Unterlagen und dem geschilderten Ablauf des Prüfungsverfahrens könne nicht auf die Voreingenommenheit bzw. Befangenheit der Prüferin geschlossen werden. Nach Auffassung der Kammer sei das Vorhandensein eines schwerwiegenden Verfahrensfehlers dementsprechend nicht nachgewiesen, was wiederum gegen die Rückerstattung der Beschwerdegebühr sprach.

VI. Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 11. April 2014 in Anwesenheit der Beschwerdeführerin statt.

VII. Die Beschwerdeführerin beantragte abschließend, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Basis der während der mündlichen Verhandlung neu eingereichten Ansprüche 1 bis 14 und der während der mündlichen Verhandlung eingereichten Seiten 1, 2, 2a der Beschreibung, sowie Seiten 3 bis 10 der ursprünglich eingereichten Beschreibung und die Figuren auf Blatt 1/4 bis 4/4 wie ursprünglich eingereicht, zu erteilen.

Die Beschwerdeführerin beantragte auch die Rückerstattung der drei zusätzlichen Recherchengebühren, sowie die Rückerstattung der Beschwerdegebühr.

VIII. Der Patentanspruch 1 lautet wie folgt:

"1. Optoelektronischer Sensor (1) insbesondere Zeilenkamera mit einer Empfangsoptik (2) und einer im Bereich der Empfangsoptik angebrachten Anordnung von mehreren in einer Linie ausgerichteten Leuchtdioden (L**(i)) zur Ausleuchtung eines Erfassungsbereiches (3) mit einer anamorphotischen Abbildungsoptik, wobei jeder Leuchtdiode (L**(i)) erstens ein strahlformendes optisches Kondensorelement (4**(i)), welches auf der den Leuchtdioden zugewandten Seite eine plane Grenzfläche (6) und auf der gegenüberliegenden Seite (7) eine sphärische, asphärische oder torische Oberfläche hat und zweitens eine Zylinderlinse (5) zugeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die strahlformenden optischen Kondensorelemente (4**(i)) in der gesamten Anordnung gleichartig ausgeführt sind und mit fortschreitendem Abstand zur Empfangsoptik (2) die Leuchtdioden (L**(i)) eine unterschiedliche außeraxiale Ausrichtung (x) zur optischen Achse der Kondensorelemente (4**(i)) aufweisen."

Die Ansprüche 2 bis 14 hängen von Anspruch 1 ab.

Der Anspruch 2 lautet:

"2. Optoelektronischer Sensor nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die strahlformenden optischen Kondensorelemente (4**(i)) mit fortschreitendem Abstand zur Empfangsoptik (2) einen unterschiedlichen Scheitelabstand (s) zwischen dem Kondensorelement (4**(i)) und der Zylinderlinse (5) aufweisen."

Der Anspruch 3 lautet:

"3. Optoelektronischer Sensor nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die gesamte plane Grenzfläche des Kondensorelementes abweichend vom rechten Winkel zur optischen Achse des Kondensorelementes angeordnet ist und dadurch die Grenzfläche, in Lichtrichtung gesehen, einen optischen Keilwinkel aufweist."

Der Anspruch 4 lautet:

"4. Optoelektronischer Sensor nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass nur ein Teil der gesamten planen Grenzfläche abweichend vom rechten Winkel der optischen Achse des Kondensorelementes angeordnet ist und dadurch, in Lichtrichtung gesehen, nur maximal die Hälfte der Grenzflächen einen optischen Keilwinkel aufweist."

Die Ansprüche 5 und 6 beziehen sich auf einen "Optoelektronischer Sensor nach Anspruch 1 oder 2". Die Ansprüche 7 und 8 beziehen sich auf den Anspruch 5.

Der Anspruch 9 lautet:

"9. Optoelektronischer Sensor nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass eine Leuchtdiode mit dem dazugehörenden strahlformenden optischen Kondensorelement durch eine Leuchtdiodengruppe mit einer Kondensorelementengruppe ersetzt ist, wobei innerhalb einer Leuchtdiodengruppe bzw. einer Kondensorelementengruppe die einzelnen Komponenten die gleichen optischen und geometrischen Eigenschaften besitzen."

Die Ansprüche 10 bis 14 beziehen sich auf den abhängigen Anspruch 9.

IX. In dieser Entscheidung werden zitierte Artikel und Regeln mit dem Zusatz "1973" versehen, wenn auf die bis zum 13. Dezember 2007 geltende Vorschriften des EPÜ Bezug genommen wird. Andernfalls werden Artikel und Regeln ohne Zusatz zitiert.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Erfordernissen der Artikel 106 bis 108 EPÜ sowie der Regel 99 EPÜ und ist somit zulässig.

2. Hauptantrag

2.1 Stand der Technik

In der Zurückweisungsentscheidung und Beschwerdebegründung wurde auf folgende Dokumente Bezug genommen:

D1: DE-A-198 41 040;

D8: EP-A-1 507 228;

D9: WO-A-03/005104;

D10: GB-A-2 398 926 und

D11: CA-A-2 358 201.

Die Beschwerdekammer konnte keine Grundlage für eine Differenzierung zwischen dem Stand der Technik, wie er einleitend in der Patentanmeldung geschildert wurde und der Druckschrift D8 erkennen. Seite 1 der Beschreibung wurde geändert, um nun in diesem Zusammenhang explizit darauf hinzuweisen, dass der beschriebene Stand der Technik der Lehre von D8 entspricht.

2.2 Patentierbarkeit - Artikel 52, 54, 56 EPÜ 1973

2.2.1 Aus keiner der in der Entscheidung der Prüfungsabteilung oder im europäischen Recherchenbericht zitierten Dokumente ist ein optoelektronischer Sensor, wie im Anspruch 1 definiert, bekannt. Der Gegenstand des Hauptanspruchs ist dementsprechend neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ 1973.

2.2.2 Das Dokument D8 beschreibt einen optoelektronischen Sensor, wie im einleitenden Teil der Anmeldung beschrieben. D8 entspricht auch dem Oberbegriff des Anspruchs 1 gemäß des vorliegenden Hauptantrags. Insbesondere zeigt D8 einen optoelektronischen Sensor (1) mit einer Empfangsoptik (4) und einer im Bereich der Empfangsoptik angebrachten Anordnung von mehreren in einer Linie ausgerichteten Leuchtdioden (12) zur Ausleuchtung eines Erfassungsbereiches (5). D8 wird dementsprechend als nächstliegender Stand der Technik angesehen.

2.2.3 Der in D8 offenbarte Sensor enthält weiter eine anamorphotische Abbildungsoptik, wobei jeder Leuchtdiode, erstens ein strahlformendes optisches Kondensorelement (13), welches auf der den Leuchtdioden zugewandten Seite eine plane Grenzfläche und auf der gegenüberliegenden Seite eine sphärische, asphärische oder torische Oberfläche hat, und zweitens, eine Zylinderlinse zugeordnet ist (vgl. Sp. 5, Z. 41-47). In D8 wird die Zylinderlinse als Alternative zu dem gemäß Hauptausführungsbeispiel offenbarten Hohlzylinderspiegel dargelegt.

Darüber hinaus sind die strahlformenden optischen Kondensorelemente in der gesamten Anordnung gleichartig ausgeführt, sodass der im Anspruch 1 des Hauptantrags beanspruchte Sensor sich von dem aus D8 bekannten Sensor unterscheidet, indem die Leuchtdioden eine mit fortschreitendem Abstand zur Empfangsoptik unterschiedliche außeraxiale Ausrichtung zur optischen Achse der Kondensorelemente aufweisen.

In D8 wird die erzeugte Beleuchtungslinie als hinreichend homogen angesehen (vgl. Sp. 5, Z. 14-18). Deshalb bestünde nach Auffassung der Beschwerdeführerin kein Grund für den Fachmann, diese Konstruktion zu ändern. Im Gegensatz dazu steht nach Auffassung der Beschwerdekammer einer Verbesserung der Homogenität der Beleuchtung nichts entgegen, da der Fachmann ständig bemüht ist, die Technik zu perfektionieren. Eine solche Verbesserung der Homogenität des Beleuchtungsprofils kann dementsprechend durchaus als Grundlage für die Definition der zu lösende objektiven Aufgabe betrachtet werden.

2.2.4 Im Dokument D1 wird eine Vorrichtung zum Markieren von Oberflächen mittels Laserstrahlen offenbart. In diesem Zusammenhang wird die Notwendigkeit einer sehr homogenen Leistungs- und Energiedichteverteilung beim Beschriften von Oberflächen unterstrichen (vgl. Spalte 1, Zeilen 22-24; Sp. 3, Z. 17-25; Sp. 4, Z. 37-41). In dieser Hinsicht schließt sich die Beschwerdekammer der Auffassung der Prüfungsabteilung an, wonach der Fachmann die Lehre aus Dokument D1 auf einem Gebiet auf dem ähnliche Probleme zu erwarten sind, berücksichtigt hätte.

Als erstes wird jedoch festgestellt, dass in D1 die Vorrichtung ein aus mehreren Diodenlaserbarren 1 gebildetes Diodenlaserarray 2 (stack) aufweist. Der Stapel der einzelnen Diodenbarren erstreckt sich in der X-Richtung. Die von den einzelnen Diodenbarren erzeugten flächigen Strahlbündel werden zur Deckung gebracht, indem Mikrooptiken 5 in X-Richtung so ausgerichtet werden, dass die von den Diodenbarren ausgehenden flächigen Strahlbündel in einem Fokusbereich zusammenfallen. D.h. im Gegensatz zur beanspruchten Erfindung findet in D1 das Ablenken der Laserstrahlen durch die Mikrooptiken in einer Richtung statt, die senkrecht zur länglichen Achse der Diodenbarren steht. Diese Maßnahme reicht jedoch nicht, um eine homogene Energieverteilung zu bekommen. Eine solche wird in D1 nämlich erst erreicht nachdem der fokussierte Strahl durch einen dafür vorgesehenen Homogenisierer weitergeleitet wurde. Schon aus diesem ersten Grund ist es fraglich, ob der Fachmann die Lehre aus D1 berücksichtigt hätte, um eine Verbesserung der Homogenität der Beleuchtungslinie in D8 zu erreichen.

Aber auch wenn er aufgrund seiner Fachkenntnisse auf dem Gebiet der geometrischen Optik erkannt hätte, dass das Prinzip eines Ablenkens der Laserstrahlen in der Richtung entlang der breiten Achse des Strahlbündels gleichermaßen hätte Verwendung finden können, hätte er ebenfalls erkannt, dass eine solche Konfiguration für die in D8 offenbarte Linie von Leuchtdioden nicht den gewünschten Effekt bewirkt hätte. Wegen der im Wesentlichen gausförmigen Energieverteilung in der von den einzelnen Leuchtdioden emittierten Strahlen in D8 (vgl. Sp. 5, Z. 10-18) würde die Fokussierung dieser Strahlen auf einen reduzierten Bereich die inhomogene Verteilung der Energie im Strahl nämlich nur noch unterstreichen. Darüber hinaus würde eine solche Konfiguration zu einer wesentlichen Einschränkung des Erfassungsbereiches führen, der kaum breiter wäre als derjenige einer einzigen Leuchtdiode.

2.2.5 Ähnliche Fokussiervorrichtungen sind in D10 und D11 offenbart. Wie in den Figuren 3 bis 5 von D10 und Figur 3 von D11 gezeigt, werden die von den einzelnen Dioden emittierten Strahlen zur Deckung gebracht. Die Übernahme dieser Lehre in einem Sensor, wie in der Druckschrift D8 offenbart, würde ebenfalls zu einem Sensor mit inhomogenem Beleuchtungsprofil und reduziertem Erfassungsbereich führen.

2.2.6 Im Dokument D9 wird explizit das Problem einer inhomogenen Intensitätsverteilung beim Überlagern von Laserstrahlen angesprochen (vgl. S. 1, Z. 34-38). Auch wenn der Fachmann z.B. auf der Grundlage der Figur 2b von D9 die mögliche Relevanz dieser Lehre erkannt hätte, hätte er auch erkannt, dass diese Lösung mit der in D8 offenbarten Konfiguration nicht kompatibel ist. Die Ursache für die inhomogene Lichtverteilung in D9 liegt nämlich in der Korrelation der einzelnen Lichtquellen (vgl. S. 1, z. 33-38; S. 2, Z. 30-34). Durch Verschränkung von zwei Überlagerungsprofilen in der Brennebene wird dieses Problem gelöst. D.h. die in D9 beschriebene Lösung gilt ausschließlich für Emissionsquellen, die miteinander korrelieren. Darüber hinaus wird auch in D9 die Lichtenergie der einzelnen Laserdioden in einem Fokalbereich abgelenkt, was wiederum diese Lehre für die Beleuchtung eines Erfassungsbereiches mit einem wesentlich breiteren Ausmaß unbrauchbar macht.

2.2.7 Aus diesen Gründen folgt, dass der in Anspruch 1 definierte optoelektronische Sensor für den Fachmann sich nicht in naheliegender Weise aus dem vorliegenden Stand der Technik ergibt. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gilt sogleich als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.

2.3 Einheitlichkeit der Erfindung

Da alle Ansprüche 2 bis 14 sich auf den Hauptanspruch 1 beziehen und weil der Gegenstand dieses Anspruchs neu und erfinderisch ist, sind nun alle beanspruchten Erfindungen so verbunden, dass sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen, nämlich die des Hauptanspruchs. Die Bedingung des Artikels 82 EPÜ 1973 ist somit erfüllt.

2.4 Der Hauptantrag erfüllt alle Erfordernisse des EPÜ und ist dementsprechend gewährbar. Somit erübrigt sich jegliche Diskussion der Hilfsanträge.

3. Rückerstattung der zusätzlichen Recherchengebühren

Die fehlende Einheitlichkeit wurde von der Prüfungsabteilung damit begründet, dass der recherchierte Anspruch 1, der identisch mit dem Anspruch 1 des vorliegenden Hauptantrags ist, nicht erfinderisch sei. Die Überprüfung nach Regel 46(2) EPÜ 1973 durch die Prüfungsabteilung hat allein auf der Grundlage der von der Recherchenabteilung in ihrer Mitteilung nach Regel 46(1) EPÜ 1973 angeführten Tatsachen zu erfolgen (vgl. T 188/00, Punkte 4.5, 4.6). Unabhängig davon, dass die Beschwerdekammer zu der gegensätzlichen Schlussfolgerung gekommen ist, muss schon aus formellen Gründen dieser Teil der Entscheidung aufgehoben werden. Die Prüfungsabteilung hat ihre Entscheidung auf eine Analyse der Dokumente D9, D10 und D11 gestützt (vgl. Entscheidung über die Zurückweisung vom 27. April 2009, S. 6, Abs. 4). Keines dieser Dokumente wurde jedoch in dem Teilrecherchenbericht gemäß Regel 46(1) EPÜ 1973 erwähnt. Somit war die Entscheidung nicht lediglich auf die Gründe gestützt, die in der Anforderung zur Zahlung zusätzlicher Recherchengebühren enthalten waren (vgl. T 188/00, Punkte 4.5, 4.6).

Eine Rückerstattung der zusätzlichen Recherchengebühren ist deshalb gerechtfertigt.

4. Rückerstattung der Beschwerdegebühr

In der Beschwerdebegründung wird von der Beschwerdeführerin ein schwerwiegender Verfahrensmangel geltend gemacht, der auf der angeblichen Befangenheit der beauftragten Prüferin beruht. Eine detaillierte Darlegung der von der Beschwerdeführerin angegebenen Mängel ist dem Antwortschreiben der Anmelderin an die Prüfungsabteilung vom 29. September 2008 zu entnehmen (Punkte 2(a) bis 2(j)). Dieser Teil des Schreibens wurde gemäß Regel 144(d) EPÜ von der Akteneinsicht ausgeschlossen. Es wurde insbesondere auf eine angebliche vorgefasste Meinung der Prüferin hingewiesen. Auf dieses Schreiben vom 29. September 2008 wurde in der Beschwerdebegründung explizit hingewiesen.

Am 27. Oktober 2008 folgte eine Beschlussfassung des zuständigen Direktors über den damals gestellten Antrag auf Ablehnung der Prüferin wegen der Besorgnis der Befangenheit erlassen, wonach die Überprüfung der Anmeldung die geltend gemachte Besorgnis objektiv betrachtet nicht bestätigen konnte. Diese Mitteilung wurde ebenfalls gemäß Regel 144(d) EPÜ von der Akteneinsicht ausgeschlossen.

Die Beschwerdekammer kann sich zwar der Auffassung der Beschwerdeführerin anschließen (Schreiben vom 29. September 2008 (Punkt 2(b)) wonach: "Würde man das Vorgehen in dieser Anmeldung zum allgemeinen Maßstab erheben, so würde [...] in praktisch allen Fällen eine Uneinheitlichkeitsbeanstandung a posteriori erfolgen müssen", weist den erhobenen Vorwurf der Befangenheit jedoch zurück. Obwohl die Richtlinien von einer zu engen, zu wörtlichen oder theoretischen Auslegung der Einheitlichkeit abraten (siehe Richtlinien für die Prüfung beim EPA, Ausgabe September 2013, F-V, 8), verstößt die strenge Vorgehensweise der Recherchenprüferin bzw. der Prüfungsabteilung nicht gegen Vorschriften des EPÜ. Die Tatsache, dass die Endentscheidung die mangelnde Einheitlichkeit mit einer Kombination von Dokumenten begründet, die zur Zeit der Recherche nicht ermittelt wurden, stellt zwar die Berechtigung der Aufforderung zur Zahlung von zusätzlichen Recherchengebühren in Frage, reicht aber als solche nicht aus, um die Befangenheit der Prüferin zu beweisen.

Das unter Punkt 2(a) erhobene Argument, wonach die Tatsache, dass der Gegenstand des abhängigen Anspruchs 2 weder bekannt noch vom Stand der Technik nahe gelegt wurde und dass sämtliche weiteren Ansprüche unter anderem auf Anspruch 2 rückbezogen waren, die Einheitlichkeit des Anspruchsatzes beweisen würde, muss jedoch widersprochen werden. Für die Beurteilung der Einheitlichkeit ist nämlich nicht entscheidend, ob durch die vielen Rückbezüge eine Anspruchsstruktur denkbar wäre, die alle Ansprüche eines Anspruchssatzes "unter einem Dach" bringen würde, d.h. durch eine einzige allgemeine erfinderische Idee verbinden würde, aber umgekehrt, ob die Rückbezüge in den Ansprüche auch Anspruchstrukturen beinhalten, wofür diese Bedingung nicht erfüllt ist. Somit war auch die unter Punkt 2(j) beanstandete Aufforderung der Prüfungsabteilung zur Benennung des Prüfungsgegenstandes durchaus berechtigt und mit ihrer Einschätzung der Frage der Einheitlichkeit konsistent.

Unter den Punkten 2(c), 2(f) und 2(h) im Schreiben vom 29. September 2008 wurde auf die Substanz einiger von der Prüfungsabteilung unter den Artikeln 123(2), 56 und 84 EPÜ erhobenen Einwände eingegangen. Nach Auffassung der Anmelderin waren diese Einwände gar nicht gerechtfertigt. Für die Kammer kann die subjektive Wahrnehmung, dass Einwände nicht ausreichend oder überzeugend dargelegt wurden, keine Grundlage bilden, um über die Voreingenommenheit einer Prüfungsabteilung zu befinden. Da die Beschwerdeführerin die Möglichkeit hatte, von der sie auch tatsächlich Gebrauch gemacht hat, sich zu den erhobenen Einwände zu äußern, liegt kein Verfahrensfehler vor.

Unter den Punkten 2(d), 2(e) und 2(g) im selben Schreiben wurden weitere Vorwürfe vorgebracht, was den Umgang mit Argumenten oder den Ablauf des Verfahrens betrifft. Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin kann aus der geschilderten Vorgehensweise der Prüfungsabteilung nicht auf einer vorgefassten Meinung geschlossen werden. Vielmehr erscheint, dass die von der Anmelderin vorgebrachten Argumente die Prüfungsabteilung nicht überzeugen konnten. Ob diese Einstellung berechtigt war oder nicht ist eine Frage der Beurteilung des Sachverhalts und kann nicht als Beweis für die Voreingenommenheit einer Prüfungsabteilung oder eines seiner Mitglieder ausgelegt werden. In dieser Hinsicht kann der Einführung von neuen Dokumenten im Laufe des Prüfungsverfahrens nichts eingewendet werden. Unter gewissen Umständen kann sogar die Einführung neuer Dokumente im Verfahren als Reaktion auf die von einer Partei vorgebrachten Argumente interpretiert werden.

Der Prüfungsabteilung wurde unter Punkt 2(i) im Schreiben vom 29. September 2008 vorgeworfen eine minimale Frist von zwei Monaten zur Beantwortung der jeweiligen Prüfungsbescheide gesetzt zu haben. Die Kammer weist den Vorwurf entscheidend zurück, da er gegen das Prinzip "venire contra factum proprium" verstößt. Aus der Aktenunterlagen folgt nämlich, dass der Anmelder mit einem Schreiben vom 12. Februar 2007 einen Antrag auf beschleunigte Bearbeitung der Patentanmeldung im Rahmen des Programms "PACE" (Sonderausgabe Nr. 3, ABL. EPA 2007, 102) gestellt hatte.

Zusammenfassend ist es aus den vorliegenden Unterlagen nicht möglich, auf die Voreingenommenheit der Prüferin zu schließen. Das Vorhandensein eines schwerwiegenden Verfahrensfehlers ist dementsprechend nicht nachgewiesen, was wiederum gegen die Rückerstattung der Beschwerdegebühr spricht.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

- Ansprüche: Nr. 1 bis 14 eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 11. April 2014;

- Beschreibung: Seiten 1, 2, 2a eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 11. April 2014 und Seiten 3 bis 10 wie ursprünglich eingereicht;

- Zeichnungen: Blatt 1/4 bis 4/4 wie ursprünglich eingereicht.

3. Die Rückzahlung der drei zusätzlichen Recherchegebühren wird angeordnet.

4. Der Antrag auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

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