T 1019/09 (Kieselsäuren/EVONIK) of 28.7.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T101909.20090728
Datum der Entscheidung: 28 Juli 2009
Aktenzeichen: T 1019/09
Anmeldenummer: 00122954.1
IPC-Klasse: C09C 1/30
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Funktionalisierte Kieselsäuren
Name des Anmelders: Evonik Degussa GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 109(1)
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
Schlagwörter: Abhilfe (ja)
Zurückverweisung (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0139/87
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die mit Schreiben vom 4. März 2009 unter gleichzeitiger

Zahlung der Beschwerdegebühr eingelegte Beschwerde

richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungs-abteilung vom 5. Januar 2009, die europäische Patentanmeldung Nr. 00 122 954.1 zurückzuweisen.

II. Der angefochtenen Entscheidung lagen die ursprünglichen

Ansprüche zugrunde. Diese Ansprüche haben folgenden Wortlaut:

"1. Funktionalisierte Kieselsäuren, gekennzeichnet durch auf der Oberfläche fixierte funktionelle Gruppen, wobei die Gruppen 3-Methacryloxypropylsilyl und/oder Glycidyloxypropylsilyl sind.

2. Verfahren zur Herstellung der funktionalisierten Kieselsäuren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass man eine Kieselsäure in einem geeigneten Mischgefäß unter intensivem Mischen, gegebenenfalls zunächst mit Wasser oder verdünnter Säure und anschließend mit einem Oberflächenmodifizierungsreagens oder einem Gemisch aus mehreren Oberflächenmodifizierungsreagentien besprüht, gegebenenfalls 15 bis 30 Minuten nachmischt und bei einer Temperatur von 100 bis 400ºC über einen Zeitraum von 1 bis 6 h tempert.

3. Verwendung der funktionalisierten Kieselsäuren gemäß Anspruch 1 in Lacken."

III. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass der

Gegenstand der Ansprüche 1 und 2 gegenüber dem Dokument

D1 EP-A-0 896029

nicht erfinderisch sei.

IV. Dieser Entscheidung war ein erster Prüfungsbescheid

vorausgegangen. Als Reaktion hierauf hatte die Anmelderin die Ansprüche 1 und 2 als Product-by-Process Anspruch formuliert und den ursprünglichen Verwendungsanspruch 3 als darauf bezogenen Anspruch 2 aufrechterhalten. Zu diesem Anspruchssatz hatte die Prüfungsabteilung in ihrem zweiten und letzten Bescheid vom 23. Juni 2008 die Auffassung vertreten, dass der Product-by-Process Anspruch nicht erfinderisch sei, wohl aber der Verwendungsanspruch 2 und daher der Anmelderin empfohlen, sich auf diesen Anspruch 2 zu beschränken. Mit Erwiderung vom 9. September 2008 hat die Anmelderin jedoch ihren ursprünglichen Anspruchssatz aufrechterhalten und erklärt, den Gegenstand von Anspruch 3 in einem Hilfsantrag weiterzuverfolgen. Einen solchen entsprechenden Anspruchssatz hat sie aber nicht vorgelegt.

Diesen Sachverhalt hat die Prüfungsabteilung sinngemäß auch in der angefochtenen Entscheidung so wiedergegeben.

V. Mit ihrer am 5. Mai 2009 eingereichten Beschwerde-

begründung hat die Anmelderin (nachfolgend Beschwerdeführerin) einen einzigen geänderten Anspruch in einem neuen Hauptantrag sowie eine geänderte Beschreibung eingereicht. Der einzige Anspruch lautet:

" Verwendung von funktionalisierten Kieselsäuren, gekennzeichnet durch auf der Oberfläche fixierte funktionelle Gruppen, wobei die Gruppen 3-Methacryloxy-propylsilyl und/oder Glycidyloxypropylsilyl sind, erhältlich dadurch, dass man eine Kieselsäure in einem geeigneten Mischgefäß unter intensivem Mischen, gegebenenfalls zunächst mit Wasser oder verdünnter Säure und anschließend mit einem Oberflächenmodifizierungs-reagens oder einem Gemisch aus mehreren Oberflächen-modifizierungsreagentien besprüht, gegebenenfalls 15 bis 30 Minuten nachmischt und bei einer Temperatur von 100 bis 400ºC über einen Zeitraum von 1 bis 6 h tempert, in Lacken."

VI. Unter Berufung auf den Prüfungsbescheid vom 23. Juni 2008 argumentiert die Beschwerdeführerin sinngemäß, dass der neue Anspruch gewährbar sein sollte, weil er dem Verwendungsanspruch entspricht, für den die Prüfungsabteilung mit detaillierter Begründung erfinderische Tätigkeit bereits anerkannt hat und weil die Prüfungsabteilung die Neuheit des Gegenstandes jedweder Anspruchsfassung niemals in Zweifel gezogen hat. Daher sollten die Voraussetzungen für eine Abhilfe nach Artikel 109 EPÜ erfüllt sein.

VII. Die Beschwerdeführerin beantragt, die Zurückweisungs-entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Basis der mit Schreiben vom 5. Mai 2009 eingereichten Unterlagen zu erteilen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und

Regel 99 EPÜ und ist damit zweifellos zulässig.

2. Nach Artikel 109(1) EPÜ hat im einseitigen Verfahren

ein Organ, dessen Entscheidung angefochten wird, der Beschwerde dann abzuhelfen, wenn es die Beschwerde nicht nur für zulässig, sondern auch für begründet erachtet.

Mit der Einreichung des geltenden Antrags wurde dem

Vorschlag der Prüfungsabteilung gemäß Bescheid vom 23. Juni 2008 entsprochen (vgl. oben Punkt IV). Damit ist der Grund für die Zurückweisung entfallen und die Beschwerde begründet. Die Prüfungsabteilung hätte also im Rahmen von Artikel 109(1) EPÜ abhelfen müssen (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 5. Auflage, 2006, Kapitel VII.D.12.1; siehe auch T 139/87; Abl. EPA 1990, 68).

3. Unter diesen Umständen hält es die Kammer für angezeigt,

die angefochtene Entscheidung aufzuheben und gemäß Artikel 111(1) EPÜ zur unverzüglichen Fortsetzung des Verfahrens an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur Fortsetzung des Verfahrens an die

Prüfungsabteilung zurückverwiesen.

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