T 0856/09 () of 19.12.2011

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2011:T085609.20111219
Datum der Entscheidung: 19 Dezember 2011
Aktenzeichen: T 0856/09
Anmeldenummer: 99914438.9
IPC-Klasse: B60S 1/08
B60Q 1/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Optischer Sensor
Name des Anmelders: ROBERT BOSCH GMBH
Name des Einsprechenden: Leopold Kostal GmbH & Co. KG
TRW Automotive Electronics & Components GmbH & Co. KG
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 123(3)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit: ja
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Das europäische Patent Nr. 0 981 470 wurde mit der am 27. März 2009 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung widerrufen. Dagegen wurde von der Patentinhaberin am 7. April 2009 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 4. August 2009 eingereicht.

II. Es fand am 19. Dezember 2011 eine mündliche Verhandlung statt. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) nahm ihren Hauptantrag und ihre Hilfsanträge I bis III, alle eingereicht mit Schreiben vom 31. Juli 2009 zurück und reichte einen neuen einzigen Antrag ein. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung mit folgenden Unterlagen:

- Ansprüche 1 bis 20, eingereicht in der mündlichen Verhandlung;

- Beschreibungsseiten 2,2a,3,4 und 5 eingereicht in der mündlichen Verhandlung;

- Figuren 1 bis 9, wie erteilt.

Die Beschwerdegegnerinnen I und II nahmen an der mündlichen Verhandlung nicht teil. Mit Fax vom 14. Dezember 2011 bzw. Schreiben vom 27. Oktober 2011 hatten die Beschwerdegegnerinnen I und II (Einsprechende 1 und 2) bereits mitgeteilt, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen würden und dass sie alle "in dieser Angelegenheit gestellten Anträge" zurücknehmen würden.

Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Optischer Sensor für Kraftfahrzeuge, zur Erfassung von sichtbeeinflussenden Umgebungsparametern, mit wenigstens einem Sender (14) und wenigstens einem Empfänger (16,20, 22) für elektromagnetische Wellen, wobei eine Windschutzscheibe (2) in einer Messstrecke (30,32) angeordnet ist und eine Wellenausbreitung zwischen dem wenigstens einen Sender (14) und dem wenigstens einen Empfänger (16,20,22) angeordnet ist und eine Wellenausbreitung zwischen dem wenigstens einen Sender (14) und dem wenigstens einen Empfänger (16,20,22) derart beeinflusst, dass sich bei Ausbildung eines Belages auf der Windschutzscheibe (2), insbesondere bei einer Benetzung durch Niederschlag, ein vom Empfänger (16,20,22) generiertes Ausgangssignal ändert, das der Ansteuerung einer Scheibenwischvorrichtung dient, so dass ein Regensensor gebildet ist, wobei en Lichtleiter (10) mit darin eingebrachten Linsenstrukturen (31,33) zur Lichtbündelung vorgesehen ist, der eine mit der Windschutzscheibe (2) flächig verbundene Grundplatte eines Steckergehäuses (6) bildet,

dadurch gekennzeichnet, dass als ein zweiter Empfänger ein Umgebungslichtsensor (22) vorgesehen ist, der elektromagnetische Wellen einer Umgebungshelligkeit des Kraftfahrzeuges empfängt und der Ansteuerung einer Beleuchtungsanlage des Kraftfahrzeuges dient, wobei der Lichtleiter (10) so ausgeführt ist, dass alle optischen Strukturen, sowohl für den Regensensor als auch für den Umgebungslichtsensor (22) darin enthalten sind und für den Umgebungslichtsensor (22) optische Bereiche im Lichtleiter (10) aus transparentem (klarem) Kunststoff vorgesehen sind, die sichtbares Licht durchlassen, und wobei der Lichtleiter (10) aus einem Kunststoffteil im Zweifarb-Spritzverfahren besteht."

III. Die Beschwerdeführerin führte aus, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf D7 (FR-A-2 722 291), D6 (DE-A1-197 04 818) und D9 (DE-A1-43 29 983) auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. D7 offenbare die Oberbegriffsmerkmale des Anspruchs 1. Ausgehend von D7 stelle sich dem Fachmann die Aufgabe, einen optischen Sensor derart zu verändern, dass sich während der Fahrt für den Fahrer eine weitere Automatisierung ergibt. Diese Aufgabe werde durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst. Diese Lösung habe den Vorteil, dass bei Regen oder Schneefall, sowie bei unzureichender Umgebungshelligkeit, eine kombinierte Steuerung der Scheibenwischanlage und der Beleuchtungsanlage realisiert werde. Weder D9 noch D6 würden dem Fachmann die Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 nahelegen. Insbesondere zeige D9 unterschiedliche, getrennte Sensoren, die in einem gemeinsamen Dachmodul als separate Einheiten untergebracht seien. D6 offenbare hingegen die Verwendung eines einzigen Empfangssensors, z.B. eines CCD-Empfangsarrays, welches im gepulsten Betrieb arbeite. Das Einsetzen von getrennten Empfangssensoren werde in D6 ausdrücklich als nachteilig angesehen, womit die Ausgestaltung des optischen Sensors gemäß D6 in eine andere Richtung weise als diejenige, die zur Lösung gemäß der Erfindung führe. Folglich gelange der Fachmann, ausgehend von D7, durch die Betrachtung von D6 und D9 nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1.

IV. Die Beschwerdegegnerinnen I und II hatten in ihren schriftlichen Eingaben argumentiert, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß den mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anträgen angesichts von D7 und D6 bzw. D7 und D9 für den Fachmann naheliegend sei. Insbesondere offenbare D6 einen kombinierten Regen/Umgebungslicht-Sensor, mit einem gemeinsamen Gehäuse und einem gemeinsamen Lichtleiter in dem alle optischen Strukturen sowohl für den Regensensor als auch für den Umgebungslichtsensor enthalten seien. Die Farbe und die Zusammensetzung des Kunststoffs für den Lichtleiter ergebe sich unmittelbar aus der Notwendigkeit, dass die erforderliche Durchlässigkeit oder Absorption für die entsprechende Wellenlänge gegeben sein müsse. Insgesamt könne also der Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf D6, D7 und das allgemeine Fachwissen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Der geltende Antrag entspricht im Wesentlichen dem mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Hilfsantrag III, mit der Abänderung, dass die abhängigen Ansprüche 15, 17 und 18 gestrichen wurden.

Gegen die Zulässigkeit der in den Ansprüchen gemäß dem früheren Hilfsantrag III vorgenommenen Änderungen wurden seitens der Beschwerdegegnerinnen in ihren schriftlichen Erwiderungen keine Einwände erhoben.

Der Kammer sind in Bezug auf den vorliegenden Antrag keine Einwände hinsichtlich Art. 123 (2) und (3) EPÜ ersichtlich:

Anspruch 1 enthält gegenüber dem erteilten Anspruch 1 die zusätzlichen Merkmale, dass ein Regensensor gebildet ist und dass der Lichtleiter so ausgeführt ist, dass alle optischen Strukturen sowohl für den Regensensor als auch für den Umgebungslichtsensor darin enthalten sind. Die Basis für diese zusätzlichen Merkmale ist in der ursprünglich eingereichten Beschreibung (Seite 11, Zeile 9 ff) zu finden. Darüber hinaus ist Anspruch 1 durch die zusätzlichen Merkmale der abhängigen Ansprüche 20 und 24 des erteilten Patents eingeschränkt worden.

Ferner entsprechen die vorliegenden Ansprüche 2 bis 20 den erteilten Ansprüchen 2 bis 9, 13 bis 17, 19 und 23 bis 27.

Die Beschreibung wurde an die geänderten Ansprüche angepasst und es wurde ein Hinweis auf den aus den Dokumenten D6 und D9 bekannten Stand der Technik aufgenommen.

Somit erfüllen die Änderungen die Erfordernisse des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ.

3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht im Hinblick auf den vorliegenden Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Kammer schließt sich der Auffassung der Beschwerdeführerin an, wonach D7 den nächstliegenden Stand der Technik darstellt. Der aus D7 bekannte optische Sensor weist alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 auf und dient ausschließlich als Regensensor. Selbst wenn der Fachmann, bei seinem Bestreben die Funktionalität des aus D7 bekannten optischen Sensors zu erweitern, die Kombination von D7 mit D6 in Betracht ziehen sollte, würde diese Kombination dennoch nicht zum beanspruchten Gegenstand führen. Tatsächlich offenbart D6 einen einzigen Empfangssensor 3 (Figur 1), in der Form eines als CCD-Empfangsarray ausgebildeten optoelektrischen Wandlerelements, (Spalte 5, Zeilen 1-4), zur Detektierung von Umgebungslicht (Spalte 4, Zeilen 55-61) oder z.B. von Regen,

letzteres durch die Erfassung der von einem Sender emittierten und an der Windschutzscheibe reflektierten optischen Strahlung (Spalte 9, Zeile 58-Spalte 10, Zeile 30). Dafür wird, um zwischen den unterschiedlichen Signalen zu unterscheiden, bspw. ein gepulster Betrieb verwendet (Spalte 6, Zeilen 10-12). Somit offenbart D6 einen einzigen Empfangssensor 3 mit einem entsprechend ausgebildeten Lichtwellenleiter 2 (Figur 1). Diese Konfiguration bietet den Vorteil einer platzsparenden Anordnung mit einem kompakten Aufbau. Daher würde der Fachmann möglicherweise in Anbetracht von D6 den Empfänger des Regensensors gemäß D7 zusätzlich mit einer erweiterten Funktion als Empfänger von Umgebungslicht versehen. Dem Dokument D6 ist jedoch kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass zur Detektierung von Umgebungslicht ein zweiter Empfänger eingesetzt werden könnte, wobei zusätzlich die im Anspruch 1 definierte Maßnahme getroffen wird, wonach ein Lichtleiter aus einem durch ein Zweifarb-Spritzverfahren hergestellten Kunststoff mit transparentem Bereich für den Umgebungslichtsensor vorgesehen wird. Entsprechende Hinweise sind auch in D9 nicht zu finden, weil dort lediglich die Anordnung von separaten Sensoreinheiten in einem gemeinsamen Dachmodul offenbart ist. Der Fachmann würde somit durch die Kombination von D7 und D6 zu einem optischen Sensor gelangen, welcher nicht dem Gegenstand des Anspruchs 1 entspricht, und er hätte auch durch D9 keine Veranlassung weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Schaffung eines optischen Sensors gemäß dem beanspruchten Gegenstand zu erzielen (Artikel 56 EPÜ 1973).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geänderter Fassung mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche 1 bis 20, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 19. Dezember 2011;

- Beschreibungsseiten 2,2a,3,4 und 5, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 19. Dezember 2011;

- Figuren 1 bis 9, wie erteilt.

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