T 0802/09 () of 24.2.2011

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2011:T080209.20110224
Datum der Entscheidung: 24 Februar 2011
Aktenzeichen: T 0802/09
Anmeldenummer: 05017030.7
IPC-Klasse: B21D 39/03
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Fügen und Vorrichtung zum Betätigen eines Fügewerkzeuges
Name des Anmelders: Böllhoff Verbindungstechnik GmbH
Name des Einsprechenden: HENROB LIMITED
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 83
European Patent Convention 1973 Art 100(b)
European Patent Convention 1973 Art 114(2)
Schlagwörter: Zulässigkeit der Änderung des Vorbringens - ja
Ausführbarkeit - ja
Neuheit und erfinderische Tätigkeit - ja
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die am 4. August 2005 unter Inanspruchnahme zweier deutscher Prioritäten vom 24. September 2004 und vom 7. Juli 2005 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 05017030.7 wurde das europäische Patent Nr. 1 640 081 erteilt.

II. Gegen das erteilte Patent wurde, gestützt auf die Einspruchsgründe des Artikels 100 a) und 100 b) EPÜ 1973, Einspruch eingelegt und der Widerruf des Patents beantragt.

Mit ihrer am 3. Februar 2009 zur Post gegebenen Entscheidung stellte die Einspruchsabteilung fest, dass unter Berücksichtigung der vom Patentinhaber im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen.

Die geänderten unabhängigen Ansprüche 1, 17 und 18 lauten:

"1. Verfahren zum Fügen mindestens zweier plattenförmiger Werkstücke (A, B) aus artgleichen oder unterschiedlichen Materialien mittels eines Fügewerkzeugs, das

einen Stempel (16) zum Ausführen des Fügevorganges an einer Fügestelle (8) und einen Niederhalter (22) zum Ausüben einer Niederhaltekraft auf die an einer Matrize (6) abgestützten Werkstücke (A, B) aufweist,

bei welchem Verfahren:

während der Fügevorgangs eine für den Fügevorgang erforderliche hohe Stempelkraft und im Wesentlichen keine Niederhaltekraft zum Ermöglichen einer ungehinderten Verformung des Fügebereichs ausgeübt werden und

nach dem Fügevorgang gleichzeitig eine hohe Stempelkraft und eine hohe Niederhaltekraft zum Reduzieren von Materialverformungen der Werkstücke und zum Erzeugen einer Verdichtungswirkung im Fügebereich ausgeübt werden, während die hohe Niederhaltekraft erst eine kurze Zeitdauer nach Beendigung des Fügevorgangs ausgeübt wird.

17. Vorrichtung zum Betätigen eines Fügewerkzeuges zum Fügen mindestens zweier plattenförmiger Werkstücke (A, B) aus artgleichen oder unterschiedlichen Materialien mit:

einem hydraulischen Zylinder (4) mit einem zylindrischen Innenraum (10), einem Hauptkolben (12) mit einer Kolbenstange (14), die mit einem Stempel (16) für den Fügevorgang fest verbunden ist, wobei der Hauptkolben (12) den Innenraum (10) des Zylinders (4) in eine kolbenstangenabgewandte Arbeitskammer (10a) und eine kolbenstangenseitige Arbeitskammer (10b) unterteilt, so dass der Hauptkolben (12) auf einer Seite mit dem in der kolbenstangenabgewandten Arbeitskammer (10a) herrschenden Druck und auf der axial entgegengesetzten Seite mit dem in der kolbenstangenseitigen Arbeitskammer (10b) herrschenden Druck beaufschlagbar ist, einem Niederhalterkolben (18) mit einer Kolbenstange (20), die mit einem Niederhalter (22) zum Ausüben einer Niederhalterkraft auf die Werkstücke (A, B) verbunden ist, wobei der Niederhalterkolben (18) mit seiner Kolbenstange (20) die Kolbenstange (14) des Hauptkolbens (12) koaxial umgibt und relativ zu diesem verschiebbar ist, und wobei jede der beiden Arbeitskammern (10a, b) über je einen Druckmittelanschluss (24, 26) wahlweise mit Druckmittel beaufschlagt oder druckentlastet werden kann,

dadurch gekennzeichnet, dass

der Niederhalterkolben (18) in der kolbenstangenseitigen Arbeitskammer (10b) des Zylinders (4) angeordnet ist und die auf axial entgegengesetzten Seiten des Niederhalterkolbens (18) liegenden Abschnitte der kolbenstangenseitigen Arbeitskammer (10b) durch eine Strömungsverbindung (28) ständig miteinander verbunden sind, so dass der Niederhalterkolben (18) auf seinen axial entgegengesetzten Seiten mit dem in der kolbenstangenseitigen Arbeitskammer (10b) herrschenden Druck beaufschlagt wird.

18. Vorrichtung zum Betätigen eines Fügewerkzeuges zum Fügen mindestens zweier plattenförmiger Werkstücke (A, B) aus artgleichen oder unterschiedlichen Materialien mit:

einem ersten hydraulischen Zylinder (4a) mit einem Hauptkolben (12a), der über eine Kolbenstange (14a) mit einem Stempel (16a) für den Fügevorgang fest verbunden ist und der den Innenraum des Zylinders (4a) in eine kolbenstangenseitige Arbeitskammer und eine kolbenstangenabgewandte Arbeitskammer unterteilt, von denen jede über einen Druckmittelanschluss (24a, 26a) mit Druckmittel beaufschlagt oder druckentlastet werden kann, einem zweiten hydraulischen Zylinder (5a) mit einem Niederhalterkolben (18a), der über eine Kolbenstange (20a) mit einem Niederhalter (22a) zum Ausüben einer Niederhalterkraft verbunden ist und der eine Arbeitskammer (31) begrenzt, die wahlweise mit Druckmittel beaufschlagt oder druckentlastet werden kann,

dadurch gekennzeichnet, dass

die Arbeitskammer (31) des zweiten Zylinders (5a) und die kolbenstangenseitige Arbeitskammer des ersten Zylinders (4a) durch eine Strömungsverbindung (33) ständig miteinander verbunden sind."

III. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) am 14. April 2009 Beschwerde ein und bezahlte am gleichen Tag die Beschwerdegebühr.

Mit ihrer am 15. Juni 2009 beim Europäischen Patentamt eingegangenen Beschwerdebegründung verfolgte sie ihren Antrag auf Widerruf des Patents mangels Ausführbarkeit, Neuheit und erfinderischer Tätigkeit weiter, wobei sie sich u.a. auf eine neue Entgegenhaltung US-B-6 543 115 (D11) stützte.

IV. Die Beschwerdekammer teilte in ihrem Bescheid als Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung ihre vorläufige Meinung mit, wonach sie die Erfindung als ausführbar ansehe, da hierzu die gesamte Beschreibung maßgeblich sei. Auch halte sie die Feststellung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit durch die Einspruchsabteilung für zutreffend.

V. Mit Fax-Schreiben vom 24. Januar 2011 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass ihrerseits niemand an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde. Sie hielt ihren Antrag auf Widerruf des Patents aufrecht und verwies auf ihre Argumentation zur Begründung der Beschwerde.

VI. Am 24. Februar 2011 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer in Abwesenheit der Beschwerdeführerin statt. Folgende Entgegenhaltungen aus dem Einspruchsverfahren hatte sie neben D11 in der Beschwerdebegründung aufgegriffen:

D1: US-B-6 742 235

D2: WO-A-93/10 925

D3: Kopie eines Briefes der Einsprechenden als Einspruchserwiderung im Einspruchsverfahren gegen ihr eigenes Europäisches Patent Nr. 0 675 774

D4: Kopie einer eidesstattlichen Erklärung von John R. Perkins, eingereicht durch die Patentinhaberin im Einspruchsverfahren gegen das Europäische Patent Nr. 0 675 774

D5: Kopie einer Erklärung von Roger Stanton Doo, eingereicht von der Einsprechenden im Einspruchsverfahren gegen das Europäische Patent Nr. 0 675 774

D6: Kopie einer Erklärung und eines Berichts von Russell J. Trinick, eingereicht von der Einsprechenden im Einspruchsverfahren gegen das Europäische Patent Nr. 0 675 774

D7: WO-A-93/24 258

D8: EP-B-0 675 774

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte - schriftsätzlich - die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 640 081.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde oder die Aufrechterhaltung des europäischen Patents auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 1 bis 4, eingereicht mit Schreiben vom 2. November 2009.

VII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Die in den Ansprüchen verwendeten Begriffe seien unklar, da nicht definiert sei, was "eine kleine Kraft", "eine "hohe Stempelkraft", "im Wesentlichen keine Niederhaltekraft", "eine hohe Niederhaltekraft" sowie "eine kurze Zeitdauer" bedeuten sollten. Die als Beispiele angegebenen Werte reichten nicht aus und seien teilweise so widersprüchlich, dass der einschlägige Fachmann die beanspruchte Erfindung nicht ausführen könne.

Das Verfahren nach Anspruch 1 sei nicht neu gegenüber D1 oder zumindest nicht erfinderisch gegenüber D1 oder D8. Das aus D1 bekannte Verfahren arbeite nach der gleichen Weise wie das nach Patent. Unmittelbar nach dem Setzen des Nietes werde eine hohe Niederhaltekraft angewendet, um die Verformung der Werkstückoberfläche zu beseitigen. Dabei ergebe sich das Aufbringen der hohen Niederhaltekraft "erst eine kurze Zeitdauer nach Beendigung des Fügevorgangs" schon aus dem routinemäßigen Erfordernis, die Taktzeit möglichst kurz zu halten.

Prinzipiell habe der Fachmann nur zwei Möglichkeiten, um durch den Fügevorgang entstehende Deformationen an der Werkstückoberfläche zu vermeiden, entweder ihre Entstehung gleich während des Stanzvorganges zu verhindern oder die Verformung während des Stanzens zuzulassen und sie anschließend durch Kraftanwendung zu beseitigen.

Ein Beispiel für die eine Möglichkeit sei im Einleitungsteil von D1 beschrieben (und detaillierter in D8) während ein zweites Beispiel im Hauptteil von D1 offenbart sei wo am Ende des Nietvorgangs eine hohe Niederhaltekraft aufgebracht werde. Die einzige andere Möglichkeit, die Oberflächeverformung zu beseitigen, sei das Aufbringen der Niederhalterkraft nach dem Fügevorgang. Ein Beispiel hierfür sei in D3 bis D6 beschrieben. Der Fachmann würde daher ohne weiteres eine Niederhalterkraft nach dem Nietvorgang entsprechend Anspruch 1 aufbringen, wie es beispielsweise auch in D7 und D11 beschrieben sei.

Auch gegenüber der Kombination von D1 mit D2 beruhe das beanspruchte Verfahren nicht auf erfinderischer Tätigkeit, denn D1 weise direkt auf die Anwendung einer erhöhten Niederhalterkraft am Ende des Nietvorgangs, wie sie dem Dokument D2 ohne weiteres entnehmbar sei. Auch Die Entgegenhaltungen D3 bis D6 legten die beanspruchte Erfindung nahe.

Für den einschlägigen Fachmann sei es klar, dass für das beanspruchte Fügeverfahren eine Vorrichtung verwendet werden könne, die die Fügekraft und die Niederhalterkraft getrennt aufbringe, wie sie in D7 oder D11 offenbart seien. Dementsprechend seien auch die Vorrichtungen nach den unabhängigen Ansprüchen 17 und 18 durch den Stand der Technik nach D11 nahegelegt.

VIII. Die Beschwerdegegnerin trat dem Vorbringen der Beschwerdeführerin entgegen. Sie führte aus, das beanspruchte Verfahren arbeite im Gegensatz zu den aus dem Stand der Technik bekannten Zwei-Schritt-Verfahren in drei Phasen, nämlich - vor dem Nietsetzen - Setzen des Nietes - Aufbringen der Niederhalterkraft nach dem Nietsetzen.

Keine der Entgegenhaltungen offenbare ein solches Verfahren mit drei Schritten, sondern nur mit den zwei ersten. Auch D1 lehre nichts anderes, denn dort werde zwar zunächst die Niederhaltekraft reduziert, zum Ende des Nietsetzens werde jedoch der Niederhalter vom Stempel mitgenommen, so dass kein dritter Arbeitsschritt ausgeführt werde.

Auch sei nicht erkennbar, wodurch der Fachmann angeregt sein könnte, D2 mit D1 zu kombinieren. Entsprechend den Ausführungsbeispielen werde jedenfalls von Beginn an eine Niederhalterkraft aufgewendet, und es sei kein Hinweis darauf vorhanden, diese zu reduzieren. Die Figuren 17 bis 23 dieser Druckschrift bezögen sich auf eine Ausführungsform, bei der der Stempel zunächst die Werkstücke verforme, wobei die Niederhalterkraft wirke. Der Niet werde erst danach in die vorgeformte Öffnung gedrückt, was aber nicht mit der Ausübung der hohen Niederhalterkraft nach Beendigung des Fügevorgangs vergleichbar sei. Vielmehr sei dies ein ganz unterschiedliches Verfahren, ebenso wie das nach den Figuren 24, 25, wonach ein Stützring von unten an die verformten Werkstücke angebracht wird. Von einer Niederhalterkraft sei dort keine Rede.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Zulassung der neuen Entgegenhaltung D11 (Artikel 114 (2) EPÜ 1973)

D11 wurde von der Beschwerdeführerin mit der Beschwerdebegründung eingereicht. Die Beschwerdegegnerin hat gegen die Einführung von D11 kein Einwand erhoben. Es kann für diese Entscheidung dahinstehen, ob dieser nach Ablauf der Einspruchsfrist eingereichte Stand der Technik die für seine Zulassung erforderliche Relevanz aufweist. Jedenfalls bezweckt das dort beschriebene Verfahren ebenfalls die Vermeidung der Verformung der Werkstückoberfläche mit einem ähnlichen Verfahren und offenbart auch eine dafür geeignete Vorrichtung, so dass dieser Stand der Technik im Folgenden aus Gründen der Vollständigkeit mit abgehandelt wird.

3. Ausführbarkeit (Artikel 83, 100 b) EPÜ 1973)

Es trifft zwar zu, dass im Anspruch relative Begriffe, wie die "hohe" oder "im Wesentlichen keine" Stempel- bzw. Niederhaltekraft enthalten sind. Für die Ausführbarkeit der Erfindung ist jedoch die gesamte Lehre der Beschreibung heranzuziehen. So werden in den Absätzen [0032] bis [0035] die Kräfteverhältnisse auch mit Beispielswerten erläutert. Dies ermöglicht dem Fachmann die Ausführung der Erfindung trotz Verwendung relativer Begriffe. Dies hat die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Zwischenentscheidung zutreffend beurteilt.

4. Neuheit (Artikel 54 EPÜ 1973)

4.1 Die Feststellung der Neuheit durch die Einspruchsabteilung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Neuheit wird seitens der Einsprechenden (Beschwerdeführerin) erneut im Hinblick auf D1 bestritten. Wie die Einspruchsabteilung aber zutreffend herausgearbeitet hat, wird in D1 - im Unterschied zur beanspruchten Erfindung - die Niederhaltekraft bereits erhöht, während der Fügevorgang noch im Gang ist (Spalte 7, Zeile 44 ff).

4.2 Während der Stempel den Niet in die zu verbindenden Teile drückt, herrscht dort eine kleine Niederhaltekraft (e.g. 20 lbf), die [89 N] kleiner ist als die vernachlässigbare Niederhalterkraft nach dem Patent [300-500 N] durch den Restdruck im hydraulischen System (Spalte 7, Zeilen 29 bis 38). Es besteht also insoweit kein wesentlicher Unterschied in den Kräfteverhältnissen zwischen D1 und dem Patent.

4.3 Wenn aber der Nietkopf eben mit der Oberfläche der oberen Platte ist, nimmt gemäß D1 der Stempel über einen Anschlag den Niederhalter mit, so dass die Stempelkraft auch auf den Niederhalter wirkt. Dadurch werden die Aufwerfungen an der Oberfläche geglättet. Die hohe Niederhaltekraft wird also nicht erst eine kurze Zeitdauer nach Beendigung des Fügevorgangs ausgeübt, sondern unmittelbar mit seinem Abschluss. Bei dem Verfahren nach Anspruch 1 des Patents wird dagegen zunächst eine ungehinderte Verformung der Oberfläche zugelassen; eine solche ungehinderte Verformung der Oberfläche bis zum Abschluss des Fügevorgangs ist bei dem Verfahren nach D1 nicht möglich, weil ihr vor dem Abschluss des Fügevorgangs die hohe Niederhalterkraft bereits entgegenwirkt. Da weitere Dokumente in Bezug auf mangelnde Neuheit nicht vorgebracht wurden, gilt das Verfahren nach Anspruch 1 als neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ 1973.

5. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973)

5.1 Im Hinblick auf D1 bis D10 hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren wiederholt. Hierzu hatte die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung festgestellt, dass keines der im Verfahren befindlichen Dokumente eine Anregung dazu gibt, erst eine kurze Zeit nach Beendigung des Fügevorganges eine hohe Niederhalterkraft auszuüben (Seite 6, Nr. 6.). Die Beschwerdeführerin hat sich in ihrer Argumentation im wesentlichen auf die fachlichen Fähigkeiten eines einschlägigen Fachmannes gestützt, ohne einen Weg aufzuzeigen, durch welche Kombination von konkreten Merkmalen und auf welche Weise der Fachmann vom Stand der Technik zur beanspruchten Lösung gelangen könnte. Die entscheidende Merkmalskombination im Wesentlichen keine Niederhaltekraft während des Fügevorgangs und die hohe Niederhaltekraft nach Beendigung des Fügevorgangs wurde im zitierten Stand der Technik nicht nachgewiesen.

5.2 Die seitens der Beschwerdeführerin besonders betonte Kombination von D1 und D2 führt nicht in naheliegender Weise zur Erfindung. Wie oben (Punkt 4.3) ausgeführt, enthält D1 keine Anregung, erst den Setzvorgang zu beenden und nach einer Kraftunterbrechung die hohe Niederhalterkraft auszuüben. Die angesprochene Ausführung nach D2 (Figuren 17 bis 23) arbeitet nach einem unterschiedlichen Prinzip, denn dort werden die zu verbindenden Werkstücke durch den Stempel vorverformt, und in einem zweiten Schritt wird dann der Niet in das vorgestanzte Loch eingedrückt. Von der Anwendung einer hohen Niederhalterkraft eine kurze Zeitdauer nach Beendigung des Fügevorgangs im Sinne des Patents kann hier aber keine Rede sein, zumal über den Verlauf der Niederhalterkraft nichts ausgesagt wird. Somit liegt schon wegen der verschiedenen Wirkmechanismen eine Kombination von D1 mit D2 nicht nahe. Das Verfahren nach Anspruch 1 gilt daher auch gegenüber diesem Stand der Technik als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend.

5.3 Die Gegenstände der unabhängigen Vorrichtungsansprüche 17 und 18 sind ebenfalls nicht nahe gelegt. D11 offenbart eine Vorrichtung, von der sich die Vorrichtungen nach Anspruch 17 und 18 durch einen grundlegend anderen Aufbau unterscheiden; so wird in D11 der Stempel 2 von einem Antrieb außerhalb des Zylinders angetrieben, lediglich der Niederhalter 1 wird durch Druckmittel betätigt (Spalte 9, Zeilen 4 bis 6; Spalte 10, Zeilen 51 bis 55). Die Passage 33 in D11 (Figur 1) bewirkt eine völlig andere Funktion als die Strömungsverbindungen 28, 33 nach dem angefochtenen Patent:

In der Variante nach Anspruch 17 sind die auf axial entgegengesetzten Seiten des Niederhalterkolbens (18) liegenden Abschnitte der kolbenstangenseitigen Arbeitskammer (10b) durch eine Strömungsverbindung (28) ständig miteinander verbunden, so dass der Niederhalterkolben (18) auf seinen axial entgegengesetzten Seiten mit dem in der kolbenstangenseitigen Arbeitskammer (10b) herrschenden Druck beaufschlagt wird. In der Ausführung nach Anspruch 18 sind die Arbeitskammer (31) des zweiten Zylinders (5a) und die kolbenstangenseitige Arbeitskammer des ersten Zylinders (4a) durch eine Strömungsverbindung (33) ständig miteinander verbunden.

Im Gegensatz dazu ist in dem Kanal 33 in D11 ein Rückschlagventil 34 vorgesehen, welches den Rückfluss von Druckmittel aus einer Kompensationskammer 20 zu einer Arbeitskammer 11 ermöglichen soll. Bei geschlossenem Steuerventil 31 ist der Stempel mit dem Niederhalter im wesentlichen fest gekoppelt. Von einem freien Durchfluss mit einer ständigen Strömungsverbindung kann in D11 jedenfalls keine Rede sein.

5.4 Auch D7 offenbart nicht die kennzeichnenden Merkmale der Ansprüche 17 oder 18, denn eine ständig bestehende Strömungsverbindung zwischen den beiden Seiten des Niederhalterkolbens oder zwischen der Arbeitskammer des Zylinders für den Niederhalterkolben und der kolbenstangenseitige Arbeitskammer des Zylinders für den Stempelkolben ist weder in den Figuren gezeigt noch der Beschreibung entnehmbar.

5.5 Die Beschwerdeführerin hat nicht schlüssig dargetan, wie - und gegebenenfalls aufgrund welcher Anregungen aus dem Stand der Technik - der Fachmann zur beanspruchten Merkmalskombination gelangen könnte. Auch für die Kammer ist nicht erkennbar, wodurch diese Vorrichtungen nahegelegt sein könnten. Die Gegenstände der Ansprüche 17 und 18 gelten daher ebenfalls als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend im Sinne von Artikel 56 EPÜ 1973.

5.6 Mit dem patentfähigen Verfahren nach Anspruch 1 sowie den Vorrichtungen der unabhängigen Ansprüche 17 und 18 sind die abhängigen Ansprüche 2 bis 16 und 19 bis 25, die weitere Ausgestaltungen der beanspruchten Erfindung enthalten, ebenfalls aufrecht zu erhalten. Da der Hauptantrag erfolgreich war, erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf die Hilfsanträge.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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