T 0752/09 () of 7.2.2013

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2013:T075209.20130207
Datum der Entscheidung: 07 Februar 2013
Aktenzeichen: T 0752/09
Anmeldenummer: 03767291.2
IPC-Klasse: G07F 17/32
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Initialisieren eines Spiels und Spielgerät
Name des Anmelders: Novomatic AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Implementierung von Spielregeln
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0336/07
T 0012/08
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Anmelderin richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 03 767 291 wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit (Hauptantrag, Hilfsanträge 1 und 2) und wegen Verletzung des Artikels 123(2) EPÜ (Hilfsanträge 1 und 2) zurückzuweisen.

II. Es wird auf folgendes Dokument Bezug genommen:

D1: EP 1 067 491 A2.

III. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragte die Beschwerdeführerin, die Zurückweisung aufzuheben und ein Patent auf Grundlage der folgenden Anträge zu erteilen:

Hauptantrag: Ansprüche 1-14

Hilfsantrag 1: Ansprüche 1-13

Hilfsantrag 2: Ansprüche 1-14,

alle eingereicht mit der Beschwerdebegründung,

oder weiter hilfsweise

Hilfsantrag 3: Ansprüche 1-8, eingereicht mit Schreiben

vom 3. Januar 2013.

IV. Der Wortlaut des Anspruchs 1 der jeweiligen Anträge lautet wie folgt (Kennzeichnung "(1)", "(2)", …, "(8)3" durch die Kammer):

Hauptantrag:

"1. Verfahren zum Initialisieren eines gewünschten Spiels bei einem elektronischen Spielgerät, wobei für die Spielabwicklung ein vorgegebener Spieleinsatz zu entrichten ist und das Spielgeschehen auf einem Bildschirm dargestellt wird, wobei

(1) - dem Spieler die Alternativen geboten werden,

a) Verzicht auf ein angebotenes, vor dem

gewünschten Spiel zu spielendes, Vorspiel

b) Durchführung dieses Vorspiels,

(2) - wobei bei einem Verzicht auf das Vorspiel

das Hauptspiel mit vorgegebenen Gewinnchancen und

vorgegebenen Gewinnbeträgen abgewickelt wird,

(3) - wobei bei Wahl und nach Abwicklung des nur

einen Gewinn oder einen Verlust - d.h. ohne

Festsetzung oder Anzahlung eines Gewinnbetrages –

zulassenden Vorspiels der Gewinn oder Verlust des

Vorspiels festgestellt wird,

(4) - wobei bei Gewinn des Vorspiels das

Hauptspiel abgewickelt wird

(5) - und wobei bei Verlust des Vorspiels der

Spielvorgang beendet wird und der eingesetzte

Spielbetrag als verloren gilt und gegebenenfalls

das Spielgerät dem Spieler erneut die angegebenen

Alternativen anbietet,

(6) wobei für das Vorspiel unterschiedliche

Gewinnwahrscheinlichkeiten bzw. –chancen

auswählbar oder festlegbar sind

(7) und dass, nach einem Gewinn des Vorspiels, die

Gewinnchancen und/oder die Gewinnbeträge für das

folgende Hauptspiel und/oder eine vorgegebene

Anzahl von folgenden Hauptspielen, in Abhängigkeit

dieser ausgewählten Gewinnwahrscheinlichkeiten

bzw. -chancen festgelegt bzw. eingestellt,

vorzugsweise erhöht, werden."

Hilfsantrag 1:

Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass er zusätzlich und abschließend das folgende Merkmal enthält:

"(8)1 - und wobei ein Hauptspiel über die

Betätigung eines Betätigungsmittels

initialisiert bzw. gestartet wird."

Hilfsantrag 2:

Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass er zusätzlich und abschließend das folgende Merkmal enthält:

"(8)2 und wobei eine Auswahleinheit (6) vorgesehen

ist, mittels welcher eine

Gewinnwahrscheinlichkeit vor Spielbeginn

eingestellt werden kann."

Hilfsantrag 3:

"1. Verfahren zum Initialisieren eines gewünschten Spiels bei einem elektronischen Spielgerät, wobei für die Spielabwicklung ein vorgegebener Spieleinsatz zu entrichten ist und das Spielgeschehen auf einem Bildschirm dargestellt wird,

(1)3 - wobei dem Spieler die Alternativen geboten

werden,

a) Verzicht auf ein angebotenes, vor dem

gewünschten Spiel zu spielendes, Vorspiel

b) Durchführung dieses Vorspiels,

(2)3 - wobei bei einem Verzicht auf das Vorspiel

das Hauptspiel mit vorgegebenen Gewinnchancen und

vorgegebenen Gewinnbeträgen abgewickelt wird,

(3)3 - wobei bei Wahl und nach Abwicklung des nur

einen Gewinn oder einen Verlust - d.h. ohne

Festsetzung oder Anzahlung eines Gewinnbetrages –

zulassenden Vorspiels der Gewinn oder Verlust des

Vorspiels festgestellt wird,

(4)3 - wobei bei Gewinn des Vorspiels das

Hauptspiel abgewickelt wird,

(5)3 - wobei bei Verlust des Vorspiels der

Spielvorgang beendet wird und der eingesetzte

Spielbetrag als verloren gilt und gegebenenfalls

das Spielgerät dem Spieler erneut die angegebenen

Alternativen anbietet,

(6)3 wobei der Spieler für das Vorspiel

unterschiedliche Gewinnwahrscheinlichkeiten oder

-chancen auswählen oder festlegen kann

(7)3 und wobei in Abhängigkeit dieser wählbaren

Gewinnwahrscheinlichkeiten oder -chancen nach

einem Gewinn des Vorspiels die Gewinnchancen

und/oder die Gewinnbeträge für das folgende

Hauptspiel und/oder eine vorgegebene Anzahl von

folgenden Hauptspielen, vorzugsweise erhöht,

festgelegt oder eingestellt werden,

(8)3 dadurch gekennzeichnet, dass bei Verlust einer

Anzahl von Vorspielen oder oftmaligem

Nichterreichen des gewünschten Hauptspiels

zusätzlich vorgesehene Gewinnmöglichkeiten

und/oder Gewinnbeträge nach statistischen

Kriterien ermittelt und dem Spieler nach Abschluss

eines verlorenen Vorspieles zugestanden und/oder

ausbezahlt werden."

V. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

(a) Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit

Als nächstliegender Stand der Technik werde Dokument D1 angesehen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags unterscheide sich von dem aus D1 bekannten Verfahren durch die Merkmale (1) bis (7). Die objektive technische Aufgabe bestehe darin, den Spielbetrieb profitabel zu gestalten, gleichzeitig aber spielsüchtige Spieler zu schützen. Dies gehe aus Seite 1, Zeilen 7 bis 9, der Beschreibung der Anmeldung hervor. Es verstehe sich aber auch von selbst, dass die Spielgeräte so konzipiert sein müssten, dass sie gesetzlichen Vorgaben entsprächen. Dazu gehöre auch der Schutz von Spielsüchtigen. Insbesondere werde der spielsüchtige Spieler durch die Einführung eines Vorspiels dazu gebracht, sein Spiel ausschließlich auf einem einzigen Automaten durchzuführen. Er werde dadurch daran gehindert, gleichzeitig auf einer Vielzahl von Automaten zu spielen, was bei Glücksspielen, die ohne großen Aufwand an den Automaten gespielt werden könnten, möglich sei. Somit werde dieser Spieler vor übermäßigen Geldverlusten geschützt.

Dabei erklärte die Beschwerdeführerin die Bereitschaft, den Anspruch 1 darauf zu beschränken, dass es sich bei dem Hauptspiel um ein Glücksspiel handele.

Die Spielregeln hätten also technische Auswirkungen, ähnlich wie eine speziell geformte Motorhaube neben einem gewünschten Design, welches nicht patentierbar sei, auch technische Auswirkungen haben könne, z.B. einen niedrigen Luftwiderstand aufweisen könne.

Der Fachmann sei ein Spezialist auf dem Gebiet des Spielautomatenbaus und erhalte nicht das erfindungsgemäße Verfahren als Pflichtenheft.

Mangels einschlägigen Standes der Technik sei der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags daher neu und beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit.

(b) Hilfsanträge 1 bis 3 – erfinderische Tätigkeit

Das zusätzliche Merkmal im Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 stelle für eine Person, die auf mehreren Automaten gleichzeitig Spiele betreibe, ein wirksames Hindernis dar, mehr Geld zu verspielen als dies mit einem einzigen Spielautomaten möglich wäre. Somit handele es sich dabei um eine technische Maßnahme zur Reduktion übermäßiger Verluste durch Spielsüchtige. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 weise daher eine erfinderische Tätigkeit auf. Aus entsprechenden Gründen weise auch der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 eine erfinderische Tätigkeit auf.

Das zusätzliche Merkmal im Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 betreffe eine versteckte Maßnahme und sei nicht als Spielregel anzusehen. Somit sei eine Situation wie in der Entscheidung T 12/08 gegeben. Der technische Effekt dieses Merkmals sei es, das Spiel fairer zu gestalten. Dadurch würde die Spieldauer auch verlängert werden. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 weise daher eine erfinderische Tätigkeit auf.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit

Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag – erfinderische Tätigkeit

2.1 Nächstliegender Stand der Technik und Unterschiedsmerkmale

2.1.1 Der Hauptantrag entspricht dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Hauptantrag. Die Prüfungsabteilung war in der angefochtenen Entscheidung der Ansicht, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags keine erfinderische Tätigkeit aufweise. Insbesondere sei Dokument D1 als nächstliegender Stand der Technik anzusehen, von dem sich der Gegenstand des Anspruchs 1 durch die das Vorspiel betreffenden Merkmale unterscheide.

2.1.2 Die Beschwerdeführerin hat weder Einwände gegen die Auswahl von D1 als nächstliegendem Stand der Technik noch gegen die Definition des Unterschieds zum beanspruchten Verfahren geäußert.

2.1.3 Die Kammer sieht keine Veranlassung, von der Meinung der Prüfungsabteilung abzuweichen.

In der Tat, Dokument D1 offenbart (siehe Absätze [0009] bis [0016]; Abbildungen 1 bis 3) ein Spielgerät 10, das einen Speicher 20 und eine Videoanzeige 12 mit Berührungseingabetasten 17 aufweist. Auf dem Gerät kann ein Grundspiel, bei dem fünf Spielwalzen 30-34 auf der Videoanzeige 12 simuliert werden, und ein Bonusspiel gespielt werden. Ein Münz- / Guthabendetektor 14 signalisiert einem Prozessor 16 wenn ein Spieler eine Anzahl von Münzen eingeworfen hat. Daraufhin führt der Prozessor 16 ein Spielprogramm aus, wodurch das Grundspiel auf einer Videoanzeige 12 gezeigt wird. Das Grundspiel wird gestartet wenn der Spieler einen Schalter 18, zum Beispiel einen Hebel oder einen Druckknopf, betätigt. Die angezeigten Spielwalzen 30-34 werden dann zum Beispiel durch Drücken der Eingabetaste 54 in Gang gesetzt. Der Prozessor 16 verwendet einen Zufallsgenerator um das Spielergebnis (d.h. eine Kombination von Anhaltepositionen der Spielwalzen) zu berechnen, welches dann auf der Videoanzeige 12 angezeigt wird.

Wenn bestimmte Kombinationen von Symbolen auf den Walzen 30-34 in einer bestimmten Reihe erscheinen, gewinnt der Spieler eine vorgegebene Anzahl von Münzen oder Guthabenpunkten. Bei anderen Kombinationen wird das Bonusspiel ausgelöst.

Im Wortlaut von Anspruch 1 des Hauptantrags offenbart Dokument D1 ein Verfahren zum Initialisieren eines gewünschten Spiels (Grundspiel) bei einem elektronischen Spielgerät (Spielgerät 10), wobei für die Spielabwicklung ein vorgegebener Spieleinsatz zu entrichten ist (Einwerfen von Münzen) und das Spielgeschehen auf einem Bildschirm (Videoanzeige 12) dargestellt wird.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags unterscheidet sich vom Verfahren in Dokument D1 durch die das Vorspiel betreffenden Merkmale (1) bis (7) (siehe Punkt IV.).

2.2 Objektive technische Aufgabe

2.2.1 Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass die Unterschiedsmerkmale den Charakter von Spielregeln haben. In der Tat wird durch die Merkmale (1) bis (7) bestimmt wie sich ein zusammengesetztes Spiel, welches aus einem "Vorspiel" und einem "Hauptspiel" besteht, abhängig von den Entscheidungen des Spielers und dessen Verhalten abwickelt. Die in den Merkmalen (1) bis (7) enthaltenen Spielregeln können im Wesentlichen wie folgt beschrieben werden:

- Angebot eines Gewinn / Verlust – Vorspiels (Merkmal (1) und Teil des Merkmals (3)),

- Verzicht auf Vorspiel führt zum Hauptspiel mit vorgegebenen Gewinnchancen (Merkmal (2)),

- Auswahl der Gewinnwahrscheinlichkeiten des Vorspiels (Merkmal (6)),

- Wahl und Gewinn des Vorspiels führt zum Hauptspiel mit in Abhängigkeit von den Gewinnwahrscheinlichkeiten des Vorspiels festgelegten Gewinnchancen (Teil des Merkmals (3), Merkmale (4) und (7)),

- Wahl und Verlust des Vorspiels führt zum Ende des Spiels und zum Verlust des Einsatzes (Teil des Merkmals (3), Merkmal (5)).

Um das Spiel überhaupt ausführen zu können muss der Spieler diese Spielregeln kennen. Sie stellen somit den vereinbarten regelnden Rahmen des Spiels dar und würden vom Spieler auch als solche empfunden werden. Es ist zu erwarten eine Beschreibung dieser Spielregeln am Spielgerät wiederzufinden.

2.2.2 Auf Seite 1, Zeilen 7-9, der Beschreibung der Anmeldung wird erwähnt, dass durch die Erfindung der Spielanreiz erhöht werden soll, insbesondere durch vermehrte oder höhere Spielgewinne beziehungsweise durch vertretbare und überschaubare Risiken. Es handelt sich also um ein breit formuliertes Ziel der Erfindung, das alle Spieler betrifft. Dass es Ziel der Erfindung ist, die besondere Gruppe der spielsüchtigen Spieler zu schützen, geht jedoch weder aus der oben genannten Textstelle noch aus anderen Teilen der Beschreibung hervor.

2.2.3 Die in den Merkmalen (1) bis (7) beschriebenen Spielregeln erlauben es außerdem, das Vorspiel einfach zu überspringen und gleich das Hauptspiel zu spielen (Merkmal (2)). Die Spielregeln haben daher generell nicht die von der Beschwerdeführerin angeführte Wirkung, dass der Spieler dazu gebracht wird, sein Spiel ausschließlich auf einem einzigen Automaten durchzuführen. Vielmehr könnte er noch stets auf einer Vielzahl von Automaten spielen und jeweils auf das Vorspiel verzichten. Somit bewirken die Spielregeln auch nicht den angeblichen Schutz spielsüchtiger Spieler vor übermäßigen Geldverlusten.

Andererseits ist es bei dem beanspruchten Gegenstand nicht ausgeschlossen, dass bereits das Hauptspiel den Spieler durch seine Komplexität an einen einzigen Automaten bindet, da im Anspruch 1 keine Angaben über das Hauptspiel gemacht werden. Spielsüchtige Spieler wären dann also schon ohne das Vorspiel geschützt und die angebliche Aufgabe wäre bereits gelöst. Daran würde auch die Einschränkung im Anspruch 1 darauf, dass das Hauptspiel ein Glücksspiel ist, nichts ändern. Es gibt nämlich auch komplexe Glücksspiele, die den Spieler an das Spielgerät binden.

2.2.4 Ferner sind Wirkungen und Vorteile, welche untrennbar mit den Spielregeln selbst verbunden sind, bei der Beurteilung des erfinderischen Schritts sowieso außer Acht zu lassen. Vielmehr sind dafür lediglich die Wirkungen und Vorteile der besonderen Art und Weise, wie die Spielregeln implementiert werden, in Betracht zu ziehen (siehe T 336/07, Gründe 2.4 und 2.5).

Im vorliegenden Fall ist die Tatsache, dass die Verfahrensschritte (1) bis (7) mit Hilfe des elektronischen Spielgerätes implementiert werden, der einzige konkrete Hinweis im Anspruch 1 darauf, wie die Merkmale (1) bis (7) implementiert werden. Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass die objektive technische Aufgabe lediglich darin zu sehen ist, die in den Merkmalen (1) bis (7) beschriebenen Spielregeln zu implementieren.

2.3 Naheliegen

2.3.1 Angesichts der Formulierung der gestellten technischen Aufgabe stimmt die Kammer mit der Beschwerdeführerin darin überein, dass der maßgebliche Fachmann ein Spezialist auf dem Gebiet des Spielautomatenbaus ist.

2.3.2 Nach Ansicht der Kammer ist es für den Fachmann naheliegend, die Videoanzeige 12 des in D1 offenbarten Spielgerätes 10 dazu zu verwenden, dem Spieler das Gewinn / Verlust - Vorspiel anzubieten. Ferner ist es naheliegend, die Berührungseingabetasten 17 zur Wahl des Vorspiels beziehungsweise zum Verzicht auf das Vorspiel und zur Auswahl der Gewinnwahrscheinlichkeiten des Vorspiels zu verwenden. Außerdem kann der Prozessor 16 und der Zufallsgenerator leicht dazu verwendet werden, den Ausgang des Gewinn / Verlust – Vorspiels zu bestimmen und den Ablauf des Vorspiels zu regeln. Die entsprechende Software kann im Speicher 20 abgelegt werden.

Aus diesen Gründen ist es nach Ansicht der Kammer für den Fachmann naheliegend, die Spielregeln auf dem Spielgerät 10 von D1 zu implementieren und die Unterschiedsmerkmale (1) bis (7) im Verfahren des Dokuments D1 zu verwenden. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags weist daher keine erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ 1973 auf.

3. Hilfsanträge 1 bis 3 – erfinderische Tätigkeit

3.1 Hilfsantrag 1

Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass das Merkmal (8)1 hinzugefügt wurde (siehe Punkt IV.).

Dieses Merkmal ist im Dokument D1 jedoch bereits offenbart, da - im Wortlaut des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 – in diesem Dokument beschrieben wird (siehe Punkt 2.1.3), dass das Hauptspiel (Grundspiel) über die Betätigung eines Betätigungsmittels (Schalter 18) gestartet wird.

Somit unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 vom Verfahren in Dokument D1 wieder nur durch die das Vorspiel betreffenden Merkmale (1) bis (7) und weist daher aus den in Punkten 2.2 und 2.3 dargelegten Gründen keine erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ 1973 auf.

3.2 Hilfsantrag 2

3.2.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass das folgende Merkmal hinzugefügt wurde:

(8)2 und wobei eine Auswahleinheit (6) vorgesehen

ist, mittels welcher eine

Gewinnwahrscheinlichkeit vor Spielbeginn

eingestellt werden kann.

Somit unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 vom Verfahren in Dokument D1 durch die Merkmale (1) bis (7) sowie durch das Merkmal (8)2.

Merkmal (8)2 betrifft, wie bereits die Merkmale (1) bis (7), die Implementierung der unter Punkt 2.2.1 genannten Spielregeln. Die objektive technische Aufgabe ist daher noch stets darin zu sehen, diese Spielregeln zu implementieren.

3.2.2 Wie bereits oben erwähnt ist es naheliegend, die im Dokument D1 offenbarten Berührungseingabetasten 17 zur Auswahl der Gewinnwahrscheinlichkeiten des Vorspiels zu verwenden. Diese Auswahl hat zwangsläufig vor Spielbeginn zu geschehen um das Vorspiel überhaupt durchführen zu können. Somit ist es für den Fachmann naheliegend, neben den Merkmalen (1) bis (7) auch das Merkmal (8)2 im Verfahren des Dokuments D1 zu verwenden. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 weist daher auch keine erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ 1973 auf.

3.3 Hilfsantrag 3

3.3.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich vom Verfahren in Dokument D1 durch die Merkmale (1)3 bis (8)3 (siehe Punkt IV.).

Die Merkmale (1)3 bis (7)3 entsprechen, abgesehen von unwesentlichen sprachlichen Änderungen, den Merkmalen (1) bis (7) des Anspruchs 1 des Hauptantrags.

3.3.2 Das Merkmal (8)3 betrifft einen Zusatzgewinn, den der Spieler trotz Verlust des Vorspiels erhalten kann. Die beiden im Merkmal (8)3 angegebenen Alternativen, dass der Zusatzgewinn "bei Verlust einer Anzahl von Vorspielen" oder "oftmaligem Nichterreichen des gewünschten Hauptspiels" zugestanden wird, drücken nach Ansicht der Kammer denselben Sachverhalt aus, nämlich dass bei Verlust einer Anzahl von Vorspielen der Zusatzgewinn zugestanden wird. Dies folgt daraus, dass der Verlust des Vorspiels zum Nichterreichen des Hauptspiels führt (Merkmal (5)3).

Der Zusatzgewinn ist für den Spieler unzweifelhaft als solcher erkennbar, da er bei Verlust des Vorspiels Gewinnmöglichkeiten/Gewinnbeträge erhält, obwohl der Verlust des Vorspiels eigentlich zum Ende des Spiels und zum Verlust des Einsatzes führen sollte. Es ist für den Spieler auch erkennbar, dass es eine Anzahl von verlorenen Vorspielen ist, die zu dem Zusatzgewinn führt.

Es ist aber auch davon auszugehen, dass die Möglichkeit von Zusatzgewinnen nicht vor dem Spieler verheimlicht wird, sondern ihm im Gegenteil als positive Eigenschaft bei der Beschreibung des Spiels mitgeteilt wird.

Das Merkmal (8)3 betrifft also nicht eine "versteckte" Maßnahme und somit sind die Umstände schon deshalb von denen im Fall T 12/08 unterschieden.

Die Möglichkeit von Zusatzgewinnen gehört vielmehr zum vereinbarten regelnden Rahmen des Spiels und ist als weitere Spielregel anzusehen, die wie folgt beschrieben werden kann:

- bei Verlust einer Anzahl von Vorspielen werden Gewinnmöglichkeiten und/oder Gewinnbeträge zugestanden und/oder ausbezahlt.

3.3.3 Die von der Beschwerdeführerin angeführten Vorteile des Merkmals (8)3, dass das Spiel fairer werde und die Spieldauer verlängert werde, sind untrennbar mit der in Punkt 3.3.2 genannten Spielregel verbunden und daher bei der Beurteilung des erfinderischen Schritts außer Acht zu lassen.

Die objektive technische Aufgabe ist daher darin zu sehen, die in den Punkten 2.2.1 und 3.3.2 genannten Spielregeln zu implementieren.

3.3.4 Dokument D1 offenbart neben den oben genannten Merkmalen auch (siehe Absatz [0011]) einen von dem Prozessor 16 gesteuerten Auszahlmechanismus 22 zur Auszahlung von Gewinnbeträgen. Es ist daher für den Fachmann naheliegend, den Prozessor 16 so zu programmieren, dass eventuelle Gewinnbeträge in den Zusatzgewinnen mit dem Auszahlmechanismus 22 ausbezahlt werden. Dass die Gewinnmöglichkeiten und –beträge nach statistischen Kriterien ermittelt werden, ist ebenfalls naheliegend, da sie so ermittelt werden müssen, dass das Spiel für den Betreiber rentabel bleibt.

Aus diesen Gründen ist es für den Fachmann naheliegend, neben den Merkmalen (1)3 bis (7)3, welche den Merkmalen (1) bis (7) des Anspruchs 1 des Hauptantrags entsprechen, auch das Merkmal (8)3 im Verfahren des Dokuments D1 zu verwenden. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 weist daher keine erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ 1973 auf.

4. Schlussfolgerung

Da der Gegenstand des Anspruch 1 des Hauptantrags und der Gegenstand des jeweiligen Anspruchs 1 der Hilfsanträge 1 bis 3 keine erfinderische Tätigkeit aufweist, ist keiner der Anträge gewährbar. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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