European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2011:T067209.20110527 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 27 Mai 2011 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0672/09 | ||||||||
Anmeldenummer: | 01969260.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | F21V 1/14 F21V 1/16 F21V 9/10 F21V 33/00 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Beleuchtungselement | ||||||||
Name des Anmelders: | Kluth, Manfred | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Rentex Wand- und Deckensysteme GmbH Zumtobel Staff GmbH |
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Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Offenbarung der Erfindung (bejaht) Neuheit (bejaht) Erfinderische Tätigkeit (bejaht) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerden richten sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung vom 25. November 2008, zur Post gegeben am 29. Januar 2009, das Europäische Patent Nr. 1 297 280 in geändertem Umfang gemäß Hilfsantrag 2, wie eingereicht während der mündlichen Verhandlung, nach Artikel 101(3)a) EPÜ aufrechtzuerhalten.
II. Die Beschwerdeführerinnen I, II und der Beschwerdeführer III (Einsprechende I,II und Patentinhaber) hatten am 27. März, 20. März und 30. März 2009 Beschwerde eingelegt, und am jeweils gleichen Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründungen waren jeweils am 27. Mai, 29. Mai und 5. Juni 2009 eingegangen.
III. Nach Ladung vom 9. März 2011 zur mündlichen Verhandlung teilte die Beschwerdekammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung in einem Bescheid gemäß Artikel 15(1) VOBK mit. Die mündliche Verhandlung fand am 27. Mai 2011 unter Anwesenheit aller am Beschwerdeverfahren beteiligten Parteien statt. Am Ende der Verhandlung erklärte der Beschwerdeführer III die Rücknahme sämtlicher Hilfsanträge.
IV. Die Beschwerdeführerinnen I und II beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents, sowie die Zurückweisung der Beschwerde des Beschwerdeführers III.
Der Beschwerdeführer III beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung, sowie die Zurückweisung der Beschwerden der Beschwerdeführerinnen I und II.
V. Der unabhängige Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
"1. Beleuchtungselement (1, 10, 20, 30), bestehend aus mindestens einem Korpuselement (2) und mindestens einer innerhalb des Korpuselements (2) angeordneten Lichtquelle (4), welches zumindest einseitig teilweise oder vollständig mit einem lichtdurchlässigen Material bespannt ist, wobei mehrere regelmäßig oder unregelmäßig angeordnete Lichtquellen (4) vorgesehen sind, welche durch eine Farbtemperatursteuerung beeinflussbar sind
dadurch gekennzeichnet, dass
das Korpuselement (2) derart aus Holz, Kunststoff, und/oder Metall, beispielsweise Aluminium, besteht, dass das verwendete Material einerseits dem Beleuchtungselement eine ausreichende Stabilität verleiht, andererseits aber das Beleuchtungselement nicht zu schwer ist, damit es frei aufstellbar ist und dabei leicht versetzt und/oder gestapelt werden kann."
VI. Die Beschwerdeführerinnen I und II haben unter anderem folgende Beweismittel herangezogen:
Dl = DE 299 23 151 U
nach Ablauf der Einspruchsfrist:
D11 = US 6 042 243 A
VII. Die Parteien haben im wesentlichen folgende Argumente vorgetragen:
VII.1 Offenbarung der Erfindung
Die Beschwerdeführerinnen I und II argumentierten, dass alle (in Anspruch 1) in Frage kommenden Werkstoffe extrem unterschiedliche Dichten aufwiesen, was einander widerstrebende Anforderungen an "leicht" und "frei aufstellbar" nach sich ziehe. Zudem sei (aus Anspruch 1) nicht ersichtlich, ob "versetzt" bzw. "stapelbar" händisch oder maschinell erfolge. Somit gebe es keine nachvollziehbaren Gesetzmäßigkeiten. Schließlich sei auch der Lichtaustritt (in Anspruch 1) nicht festgelegt, und daher insgesamt keine vollständige Lehre zum konstruktiven Handeln gegeben. Dem Patent sei also nirgends entnehmbar, wie das im Wortlaut "... derart aus Holz, ... , dass..." beschriebene Ziel (des Anspruchs 1) erreicht werden solle.
Der Beschwerdeführer III erwiderte, dass, wie von der Einspruchsabteilung zutreffend beurteilt, aufgrund der funktionalen Angabe "frei aufstellbar" und entsprechender Materialien das Beleuchtungselement (nach Anspruch 1) realisiert werden solle. Hierzu wurde eine Auswahl sinnvoller Werkstoffe getroffen, beispielsweise seien Beton oder Stein nicht genannt. Im übrigen betreffe das Erfordernis an die Ausführbarkeit die vollständige Lehre des Patents mit allen Ausführungsbeispielen, und nicht nur den Wortlaut des Kennzeichens in Anspruch 1.
VII.2 Neuheit
Die Beschwerdeführerinnen I und II argumentierten, Anspruch 1 sei sehr weit gefasst, beinhalte keine Vermassung bezüglich Grundfläche bzw. Standfläche (des Beleuchtungselements), definiere weder eine Fläche zur Aufstellung noch für den Lichtaustritt, und somit auch nicht, was (d.h. welches Merkmal) in Anspruch 1 "freies Aufstellen" eigentlich bewirke. So gehe es bei der Frage der Neuheit des Anspruchs 1 gegenüber D1 nur darum, ob das Element aus D1 (irgendwie) frei aufgestellt werden könne, es dürfe auch umfallen, wenn jemand dagegen stoße.
Der auf Seite 1 in D1 beschriebene Beleuchtungskörper werde "insbesondere", also nur fakultativ, als Decken- oder Wandelement verwendet, und da Figur 2 der D1 eine freie Seitenkante zeige, sei auch das in D1 gezeigte Element in Abhängigkeit der verwandten Materialien "frei aufstellbar", etwa vergleichbar mit einem hochkant aufstellbaren Buch. Der Schwerpunkt der in Figur 2 der D1 gezeigten Schmalseite liege eindeutig oberhalb der Auflagefläche, wodurch das Element aus D1 jedenfalls stehen bleibe. Dieses Element könne aber auch auf den Rücken gelegt werden, mit Abstrahlung nach oben, und sei in dieser Position im weitesten Sinne ebenso "frei aufstellbar", irgendeine konstruktive Abgrenzung gegenüber D1 sei Anspruch 1 des Patents nicht entnehmbar.
Der Beschwerdeführer III erwiderte, dass das funktionale Merkmal "freies Aufstellen" in Anspruch 1 beinhalte, dass die Leuchte so konstruiert sein müsse, dass sie ohne fremde Hilfe steht und zudem so stehen bleibt. Hierzu bedürfe es keiner zusätzlichen Angabe von geometrischen Relationen. Solch eine Leuchte müsse also auch ausreichende Stabilität aufweisen, in sich stehen zu bleiben, und zwar losgelöst von (zusätzlichen) statischen Konstruktionen wie beispielweise einer Deckenabhängung.
Bezüglich der Offenbarung aus D1 sei nun von Bedeutung, ob der Fachmann eine technische Lehre im Sinne der freien Aufstellbarkeit als technisches Konzept entnehme, und zwar als gemeinter bzw. gewollter Inhalt. So sei zunächst eine Hochkantstellung des Beleuchtungskörpers aus Figur 2 der D1 auf dessen Schmalseite wegen der einseitigen Schwerpunktslage technisch unvernünftig, hervorgerufen durch den Blechrahmen mit seiner Bespannung, dem Steuergerät, den Lautsprechern mit exzentrischen Spulen, aber auch der an das Steuergerät angeschlossenen Elektrik. Eine solche Schwerpunktslage für das in Figur 2 gezeigte großflächige Element mit schmaler Aufstandsfläche bewirke ein sehr leichtes Umfallen, etwa durch Anstoßen. Darüber hinaus sei der Begriff "insbesondere" auf Seite 1 der D1 ansonsten nirgends in D1 angesprochen, und D1 enthalte auch keine Aussage, was anstelle der Verwendung als Decken- oder Wandelement in Betracht zu ziehen sei. So sei der in D1 in Figur 2 gezeigte Blechrahmen, der nicht verstrebt sei, nicht dazu ausgelegt die Gesamtlast des Elements zu tragen und er würde sich daher beim Aufstellen verbiegen und umfallen, und das Bespannungsmaterial würde Falten werfen. Zwar könne beispielsweise ein Buch frei (hochkant) aufgestellt werden, aber eben nur dann, wenn es steif genug sei - diese Eigenschaft fehle jedoch beim Element aus D1.
Weiters sei auch ein Aufstellen in Rückenlage des in Figur 2 der D1 gezeigten Beleuchtungskörpers am Boden nicht denkbar, da es Leuchten mit solch großflächiger Ausdehnung und sehr niedriger Höhe nicht gebe, denn als Wegmarkierung seien sie stets punktförmig ausgebildet und jedenfalls nicht mit einer oben angeordneten Spannfolie versehen. D1 enthalte auch keine Aussagen, wie die Rückwand gestaltet sei, so seien dort üblicherweise Löcher für Schrauben und Kabelaustritte vorgesehen, an eine freie Aufstellung sei somit in D1 nicht gedacht.
VII.3 Erfinderische Tätigkeit
Die Beschwerdeführerinnen I und II argumentierten, dass D1 ein gattungsgemäßes Beleuchtungselement gemäß Oberbegriff des Anspruchs 1 beschreibe, und aufgrund des Hinweises, wonach es sich in D1 (lediglich) "insbesondere" um ein Decken- oder Wandelement handele, andere Verwendungsarten bereits durch D1 selbst angeregt bzw. zu unterstellen seien. Falls nun die Lehre nach Anspruch 1 ausführbar sei, würde der Ingenieur aus Lichttechnik und Maschinenbau, falls das Beleuchtungselement der D1 etwa im Messebau genutzt werden solle, in Ermangelung von Wänden bzw. Decken dem Wunsch nach einer frei aufstellbaren Leuchte nachkommen, und D1 basierend auf seinem Fachwissen entsprechend modifizieren.
Spätestens sei aber, ausgehend von D1, die Realisierung eines frei stehenden Beleuchtungselements in Kenntnis der D11 nahegelegt, denn D11 beschreibe in Spalte 2 einen frei stehenden Leuchtkasten mit selbsttragendem, in sich stabilem, festem Rahmen, z.B. für Messen. Die Kombination von D1 mit D11 dränge sich auch deshalb auf, weil in D1 explizit vorgesehen sei, mehrere Elemente zusammenzufügen, und genau diese Möglichkeit sei in D11 erwähnt, siehe etwa Figur 3 der D11. Zudem zielten sowohl D1 als auch D11 darauf ab, dekorative Effekte zu erreichen.
Falls D11 als Ausgangspunkt gewählt werde, unterscheide sich Anspruch 1 von D11 einerseits durch das Bespannen mit lichtdurchlässigem Material und andererseits durch eine Farbtemperatursteuerung. Diese beiden Merkmale hätten miteinander nichts zu tun, so werde erstens anstelle der massiven Scheibe gegenüber D11 durch die transluzente Folie der D1 eine Gewichtsersparnis erreicht. Die in D11 dargestellte Information sei nicht von außen aufgelegt, sondern das "panel 50" selbst zeige die Information, welches auch als Folie, genauso wie eine Platte, ausgetauscht werden könne. Zweitens werde anstelle des Leuchtkastens aus D11 mit der Farbtemperatursteuerung der D1 ein neuartiger, besserer und dekorativer Leuchteffekt ermöglicht. Eine Differenzierung zwischen Verwendung der Farbtemperatursteuerung in D1, deren Beleuchtungskörper unter anderem dekorativen Zwecken diene, und des Leuchtkastens in D11 sei nicht ersichtlich. Die Farbtemperatursteuerung aus D1 verschlechtere das Konzept und die Qualität der Darstellung des in Spalte 12 der D11 angesprochenen, ebenfalls dekorativen, "displays" jedenfalls nicht, und könne ohne weiters in D11 verwendet werden. Daher sei Anspruch 1 auch ausgehend von D11 durch D1 nahegelegt.
Der Beschwerdeführer III erwiderte, dass D1 den nächstliegenden Stand der Technik mit den Merkmalen des Oberbegriffs nach Anspruch 1 bilde. Die durch die freie Aufstellbarkeit gelöste Aufgabe sei darin zu sehen, ein flexibler nutzbares Beleuchtungselement zu schaffen. Zudem sei eine synergetische Wirkung in der Kombination aus leichtem Bespannungsmaterial, und damit leicht versetzbaren bzw. leicht in unterschiedlicher Form zu erstellenden Beleuchtungssystemen zu sehen. In D1 sei der Eindruck eines "Sternenhimmels" angesprochen, und es sei daher denkbar, die Beweglichkeit des Sternenhimmels, dessen musikalische Untermalung, oder eine Weiterbildung zur Videoinstallation zu ermöglichen. Auch austauschbare oder schmutzabweisende Bespannungsmaterialien seien vielleicht nahegelegt. D1 biete somit mannigfaltige und naheliegende Ansätze zur Weiterbildung, jedoch keine Anregungen, von einer Wand- bzw. Deckenmontage abzurücken. D1 wolle Selbstdarsteller mit Multimediacharakter sein, d.h. mit Bild und Ton, enthalte daher keine festen Frontscheiben und auch keine Baukasten- bzw. Leuchtkastenlösung, sondern großflächige Wandelemente. Die auf Seite 6 der D1 angegebene Mehrzahl "dieser" Beleuchtungskörper seien zwar nebeneinander angeordnet, aber jeder Beleuchtungskörper bleibe für sich. In D1 sei daher auch kein Baukastenprinzip hinsichtlich des Verbindens von Kästen beschrieben bzw. nahegelegt. Ein Messeeinsatz sei in D1 nicht genannt und würde hierfür auch nicht in Betracht gezogen werden, da es auf einer Messe eben keine Wände und Decken gebe und der Messebauer auch keinen "Sternenhimmel" darstellen wolle.
In D11 hingegen seien in Spalte 4 starre Platten für die Informationen eines Leuchtkastens als "plastic or glass" und nicht in Form von Folien beschrieben. Darüber hinaus sei eine mechanische Verbindung von Leuchtkästen beschrieben, aber lediglich in Zusammenhang mit Messebau und der Darstellung von Informationen. So müssten die in Spalte 4 beschriebenen "decorative and/or informational images" lesbar gesehen werden, also hinterleuchtet werden, wie etwa beim Betrachten eines Röntgenbildes vor einem Leuchtkasten. Ausgehend von D11 stelle sich daher zunächst die Frage, ob der Fachmann von D1 ein Bespannen der Leuchtkästen mit Folie übernehmen würde, da eine Befestigung von Informationen auf solchen Folien anstatt auf starren Platten aus Glas oder Plastik unpraktisch sei. Das flexible Spannmaterial aus D1 behindere die Auftragung des flexiblen Informationsmaterials von außen. Darüber hinaus würde der Fachmann jedenfalls unter dem Aspekt "dekorativ" nicht auf D1 zurückgreifen, denn in D1 gehe es um den dekorativen Effekt des Beleuchtungselements selbst, also um Lichteffekte und bewegliche Leuchteffekte, aber nicht um hinterleuchtete ("back-lit") Bilder, bei denen der Kunde keine dekorativen Bedürfnisse an die Hinterleuchtung, sondern an den (der) dargestellten Bildern bzw. Information habe. Wenn eine Farbtemperatursteuerung gemäß D1 in D11 eingebaut werde, könne eine individuelle Darstellung und Hinterleuchtung in D11 nicht ermöglicht werden. D1 würde ausgehend von D11 daher vom Fachmann nicht in Betracht gezogen werden.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerden sind zulässig.
2. Offenbarung der Erfindung
(Artikel 100b) EPÜ)
2.1 Die Erfindung ist im Prinzip bereits dann ausreichend offenbart, wenn dem Fachmann durch das Patent mindestens ein Weg zu ihrer Ausführung aufgezeigt wird, ohne dass es einer erfinderischen Leistung oder unzumutbaren experimentellen Aufwands bedarf, die das normale fachmännische Können übersteigt.
Zum Verständnis des Anspruchs 1 folgt die Kammer der Auffassung des Beschwerdeführers III (siehe auch dessen Ausführungen zur Neuheit), wonach das funktionale Merkmal "frei aufstellbar" aus der Sicht des Fachmanns nur bedeuten kann, dass das beanspruchte Korpuselement des Beleuchtungselements ohne fremde Hilfe steht, und aufgrund der in Anspruch 1 geforderten "ausreichenden Stabilität" auch so stehen bleibt.
2.2 Hierzu bedarf es, im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerinnen I und II (siehe auch deren Ausführungen zur Neuheit), keiner zusätzlichen Angabe von geometrischen Relationen des Korpuselements, denn der Fachmann, etwa ein Tischler, erhält aus der Beschreibung mehrfach die triviale Anleitung, mittels der in Anspruch 1 genannten Materialien das Korpuselement beispielsweise so zu dimensionieren, dass es als frei stehendes Möbelstück oder flexibler Raumteiler dienen kann, welches(r) nicht an der Decke oder einer Wand befestigt werden muss (vgl. Patent, Absätze [0007],[0015],[0016] und [0019]). Auch die Art und Weise des Lichtaustritts wird anhand von Ausführungsbeispielen beschrieben (vgl. Patent, Absatz [0010]). Und schließlich stimmt die Kammer zwar mit den Beschwerdeführerinnen I und II überein, dass die funktionelle Vorgabe in Anspruch 1, wonach das Korpuselement auch "leicht versetzt und/oder gestapelt" werden kann, händisch, vielleicht aber auch maschinell erfolgen kann; die Realisierung solch einer Vorgabe an das Gewicht und die Form eines (Möbel-) Korpuselements, ob für manuelle oder maschinelle Manipulation, stellt jedoch wieder nur eine im Rahmen fachmännischen Könnens durchführbare simple Maßnahme dar.
2.3 Somit ist die Erfindung nach Anspruch 1 durch das Patent, also durch die Ansprüche und die bezüglichen Teile aus der Beschreibung, so deutlich und vollständig offenbart, dass sie ein Fachmann, unter Zuhilfenahme üblichen Fachwissens zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung des Patents, ausführen kann.
Daher erfüllt der Gegenstand des Anspruchs 1 die Erfordernisse des Artikels 100 b) EPÜ.
3. Neuheit
(Artikel 100a), vgl. Artikel 54 EPÜ)
3.1 Anspruch 1 des Patents betrifft ein Beleuchtungselement, welches durch die beabsichtigte Dimensionierung seiner Form und seines Materials in sich frei stehen bleibt, und zwar ohne zusätzlich statisch wirksame Konstruktionen, wie Rahmen für Deckenabhängungen oder Wände für eine direkte Befestigung (oder etwa Verpackungen zum Transport) - vgl. auch Punkt 2 dieser Entscheidung zur Ausführbarkeit der Erfindung.
3.2 Ein im Verfahren befindlicher Stand der Technik gemäß Oberbegriff des Anspruchs 1 ist Dokument D1. Innerhalb eines Rahmens ("Rahmenelement 2") des Beleuchtungselements ("Beleuchtungskörper 1") sind in D1 eine Steuereinheit, eine Vielzahl von Lichtquellen und Lautsprecher angeordnet (siehe D1, Zusammenfassung; Figuren 1,2 und deren Beschreibung).
Ein technisches Konzept zur freien Aufstellbarkeit hochkant auf die Schmalseite im Ausführungsbeispiel nach Figur 2, d.h. sowohl die gewollt stabile Schwerpunktslage des "Beleuchtungskörpers 1" (inklusive aller Einbauten), als auch die gewollte Stabilität bzw. Steifigkeit des "Rahmenelements 2", um unter der Gesamtlast des Beleuchtungsköpers 1 in sich frei zu stehen, geht jedoch für den Fachmann, im Gegensatz zur Ansicht der Beschwerdeführerinnen I und II und der Einspruchsabteilung, aus D1 nicht unmittelbar und eindeutig hervor, auch nicht implizit. Im Gegenteil, so beschreibt D1 durchgehend, dass der großflächige "Beleuchtungskörper 1" als Decken- und/oder Wandelement verwendet werden kann, also im Gebrauchszustand weder frei stehen, noch hierzu eine ausreichende Festigkeit aufweisen muss, da in D1 eine Montage an Decken, bzw. an Rahmen abgehängter Decken, oder an Wänden erfolgt. Auch der Wortlaut im ersten Absatz auf Seite 1 der D1, wonach das Beleuchtungselement "insbesondere als Decken- und/oder Wandelement" verwendet werde, kann in Ermangelung jedweder Information, was anstelle einer solchen Verwendung beabsichtigt sei, nicht als implizite Offenbarung für eine freie Aufstellbarkeit des "Beleuchtungskörpers 1" dienen.
Eine Positionierung des "Beleuchtungskörpers 1" aus Figur 2 am Boden in Rückenlage, selbst wenn diese als "freie Aufstellbarkeit im weitesten Sinne" verstanden werden würde, widerspräche sowohl der ausschließlich beschriebenen Verwendung als Decken- oder Wandelement, als auch dessen beabsichtigter Wirkungsweise, nämlich dem Zusammenspiel aus Lichteffekten und Beschallung des Raumes (vgl. D1, Figuren 1,2 und zugehörige Beschreibung), und ist daher aus D1 ebenfalls nicht entnehmbar.
3.3 Die Kammer folgt daher der Ansicht des Beschwerdeführers III, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von der Offenbarung aus D1 zumindest durch folgendes Merkmal unterscheidet: das Beleuchtungselement ist frei aufstellbar.
Die Neuheit des Anspruchs 1 in Bezug auf den übrigen im Verfahren befindlichen Stand der Technik wurde von den Beschwerdeführerinnen I und II nicht bestritten, und auch die Kammer hat keinen Anlass, diese anzuzweifeln.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 erfüllt daher die Erfordernisse der Neuheit.
4. Erfinderische Tätigkeit
(Artikel 100a), vgl. Artikel 56 EPÜ)
4.1 Als nächstliegender Stand der Technik wird von den Parteien (und auch der Kammer) zunächst Dokument D1 angesehen. Um die, wie vom Beschwerdeführer III argumentiert, "Selbstdarstellung" des Beleuchtungselements durch individuelle Ansteuerung von Lichteffekten und Ton - z.B. den "Sternenhimmel Eindruck" - insbesondere bei Einsatz der Farbtemperatursteuerung zu erreichen (vgl. D1, erster Absatz auf Seite 2; Figuren 1,2 und zugehörige Beschreibung), erhält der Fachmann aus D1 aber keine Anregung, von einer Decken- oder Wandmontage abzuweichen. Auch die nicht näher bestimmte Formulierung aus D1, dass das Beleuchtungselement "insbesondere" für die Verwendung als Decken- oder Wandelement vorgesehen sei, kann keine Richtung zu einer anderen Verwendung vorgeben. Und schließlich lehrt D1 beim Zusammenfügen mehrerer Elemente stets, diese nebeneinander zu plazieren, "so dass auch größere Decken- bzw. Wände" abgedeckt werden können, um die beabsichtigte Wirkung des(der) "Beleuchtungskörper 1" zu ermöglichen, siehe Zeilen 5 bis 6 des vierten Absatzes auf Seite 6 der D1. Die Ableitung der technischen Aufgabe des gegenüber D1 unterscheidenden Merkmals der freien Aufstellbarkeit in Anspruch 1 kann nach Ansicht der Kammer daher nicht völlig losgelöst von der als vorteilhaft gelehrten großflächigen Dimensionierung und multimedialen Wirkungsweise des "Beleuchtungskörper 1" in Form eines Wand- oder Deckenelements betrachtet werden.
Ausgehend von D1 kann somit dem unterscheidenden Merkmal der freien Aufstellbarkeit in Anspruch 1 etwa die Aufgabe zugrunde gelegt werden, ein multimediales Beleuchtungselement zu schaffen, welches flexibler nutzbar ist.
4.2 Das Dokument D11 betrifft ein Beleuchtungselement, welches als modularer Leuchtkasten ("modular light box") frei stehend zur Anzeige dekorativer oder informativer Bilder bzw. Muster dient (siehe D11, Zusammenfassung; Spalte 2, Zeilen 9 bis 13). Hierbei kann der Leuchtkasten alleine aufgestellt, oder können zwei oder mehrere dieser Leuchtkästen miteinander verbunden werden, um beispielsweise beleuchtete Werbeanzeigen auf Messen zu ermöglichen (vgl. D11; Spalte 1, Zeilen 13 bis 19; und Figur 3). Die Darstellung der Informationen erfolgt wie bei der Betrachtung eines Röntgenbildes vor einem Leuchtkasten, d.h. stets durch gleichmäßige Hinterleuchtung ("backlit decorative and/or informational display") der Anzeigeplatten ("display panels 50") aus transluzentem oder transparentem Material wie Plastik oder Glas, welche den rechteckigen Rahmen des Leuchtkastens abschließen (vgl. D11; Spalte 1, Zeilen 21 bis 23 und 25 bis 30; Spalte 2, Zeilen 13 bis 16; und Spalte 4, Zeilen 42 bis 44 und 57 bis 61).
Aus D11 ist damit zwar das Unterschiedsmerkmal der freien Aufstellbarkeit an sich bekannt. Allerdings ist D11 insofern nicht vereinbar mit D1, als das Beleuchtungselement nach Dl als großflächiges Wand- oder Deckenelement zur Raumbeleuchtung mit veränderlichen Licht- und Schalleffekten dienen, dasjenige der D11 dagegen als handlicher und freistehender Informations- oder Werbekasten eine unveränderliche Hinterleuchtung von Informationen auf Messen oder dgl. gewährleisten soll. Ohne weitere Hinweise in D11 auf andere Einsatzzwecke wie beispielsweise zur Raumbeleuchtung hat der Fachmann keinen Anlass, die frei aufstellbare Baukastenkastenlösung der D11 von dieser Zweckbestimmung abzutrennen und auf den Einsatzzweck der Dl zu übertragen, um so die genannte Aufgabe zu lösen.
4.3 Weiters wählten die Beschwerdeführerinnen I und II auch D11 als nächstliegenden Stand der Technik, welcher sich in diesem Fall vom Gegenstand des Anspruchs 1 vor allem durch eine Farbtemperatursteuerung unterscheidet. Wie vom Beschwerdeführer III argumentiert, darf ausgehend von D11 in Hinblick auf eine verbesserte dekorative Wirkung des Beleuchtungselements jedoch nicht übersehen werden, dass in D11 keine Anforderung an den dekorativen Effekt des Beleuchtungselements selbst (wie in D1) gestellt wird, sondern an das technische Konzept der gleichmäßigen Hinterleuchtung ("backlighting"), also die lesbare Darstellung einer Information auf/an einer Anzeigeplatte ("display panel 50"). Erst durch das Aufbringen einer(s) dekorativen Information oder Bildes auf die Anzeigeplatte wird in D11 der Aspekt "dekorativ" verwirklicht: vgl. D11, Spalte 4, Zeilen 57 bis 61.
Ausgehend von D11 kann somit dem unterscheidenden Merkmal der Farbtemperatursteuerung in Anspruch 1 nur die Aufgabe zugrunde gelegt werden, etwa ein Beleuchtungselement mit verbesserter Hinterleuchtung zu schaffen. Daher würde der Fachmann zur Lösung dieser Aufgabe D1 nicht in Betracht ziehen, da, im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerinnen I und II, eine aus D1 verwandte Farbtemperatursteuerung sehr wohl das Konzept der gleichmäßigen Hinterleuchtung einer Anzeige von Information aus D11 verschlechtern bzw. unmöglich machen würde, denn D1 lehrt den Einsatz der Farbtemperatursteuerung nur als multimediales Instrument für dynamische Lichteffekte eines Beleuchtungselements als dekorativer Selbstdarsteller. Darüber hinaus ist auch fraglich, ob D1 nicht von einer freien Aufstellbarkeit der Beleuchtungselemente aus D11 wegführen würde, wenn die multimediale Wirkung in D1 vorteilhaft nur mit großflächigen Wand- oder Deckenelementen erreicht wird. Auf die vom Beschwerdeführer III angesprochene Problematik der Anordnung/Befestigung von Informationen in D11 auf bespannten Folien aus D1 kommt es daher nicht mehr an.
4.4 Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass, ausgehend von D1 bzw. D11, der Fachmann weder durch sein Fachwissen, noch durch D11 bzw. D1 eine Anregung erhält, D1 oder D11 so zu modifizieren, dass er zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen würde.
Durch die freie Aufstellbarkeit wird eine gegenüber D1 flexiblere Nutzbarkeit erreicht, etwa als Möbelstück oder Raumteiler, und die Beleuchtungselemente können dadurch als Dekoration oder Lichtquelle frei innerhalb eines Raumes platziert werden (vgl. Absatz [0007] des Patents).
Der Gegenstand des Anspruchs 1 erfüllt daher die Erfordernisse der erfinderischen Tätigkeit.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beschwerden der Beschwerdeführerinnen I und II werden zurückgewiesen.
2. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
3. Das Patent wird in der erteilten Fassung aufrechterhalten.