T 0603/09 (Zweiteiliger Akkudeckel/MOLL) of 12.7.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T060309.20120712
Datum der Entscheidung: 12 Juli 2012
Aktenzeichen: T 0603/09
Anmeldenummer: 02027920.4
IPC-Klasse: H01M 2/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Akkumulator mit einem zweiteiligen Deckel
Name des Anmelders: Akkumulatorenfabrik Moll GmbH & Co. KG
Banner GmbH
Name des Einsprechenden: VB Autobatterie GmbH & Co. KGaA
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 52(1)
European Patent Convention Art 54(1)
European Patent Convention Art 54(2)
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Neuheit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (ja): durch den Stand der Technik nicht nahegelegte Alternative
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die - von der Einsprechenden eingelegte - Beschwerde richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des Europäischen Patents Nr. 1 341 244 in geändertem Umfang.

II. Der einzige unabhängige Anspruch des Streitpatents in der von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Fassung (damaliger Hilfsantrag 1) hat folgenden Wortlaut:

"1. Akkumulator, insbesondere Bleiakkumulator, mit einem mehrere Zellen umfassenden Gehäuse und einem das Gehäuse abschließenden Blockdeckel, der einen Unterdeckel (1) und einen Oberdeckel (2) umfasst, zwischen welchen ein Gasraum zur Säureabscheidung ausgebildet ist, der in mehrere Hohlräume (3-8), entsprechend der Zahl der Zellen, unterteilt ist und der mindestens eine Entgasungsöffnung aufweist, wobei in dem Unterdeckel (1) für jede Zelle eine Einfüllöffnung (9-14) und eine in den zugehörigen Hohlraum (3-8) mündende Gasaustrittsstelle (15-20) im Abstand von der Einfüllöffnung (9-14) vorgesehen ist,

dadurch gekennzeichnet, dass die Größe der Gasaustrittsstelle (15-20) so bemessen ist, dass sich bei kurzzeitiger Kippung des Akkumulators mit zunehmendem Ausfließen der Säure aus der Zelle in dieser Zelle ein Unterdruck bildet, der mit weiterem Ausfließen der Säure größer wird und der ein weiteres Ausfließen der Säure spätestens dann verhindert, wenn der jeweilige Hohlraum (3-8) gefüllt ist, so dass nicht mehr Säure aus der Zelle austreten kann, als von dem ihr zugeordneten Hohlraum (3-8) aufgenommen wird, dass jeder Hohlraum (3-8) einen ersten Bereich (3.1-8.1) und einen zweiten Bereich (3.2-8.2) umfasst, die jeweils mit einem Bereich der Einfüllöffnung (9-14) verbunden sind,

dass die Einfüllöffnungen (9-14) durch jeweils einen Verschlussstopfen (23) verschlossen oder verschließbar sind,

dass die Verschlussstopfen (23) eine erste Dichtung (25) gegenüber dem Oberdeckel (2) und eine zweite Dichtung (27) gegenüber dem Unterdeckel (1) aufweisen,

dass zwischen den Verschlussstopfen (23) und den sie aufnehmenden Einfüllöffnungen (9-14) ein tangentialer Gas-Strömungsweg vorhanden ist,

dass der Strömungsweg als Ringraum (31) ausgestaltet ist, zwischen der ersten und zweiten Dichtung (25, 27), und

dass die Hohlräume (3-8) in einen zentralen Entgasungskanal (34) münden."

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 19 besagter Fassung sind auf besondere Ausgestaltungen des Akkumulators nach Anspruch 1 gerichtet.

III. Im Einspruchsverfahren wurde insbesondere folgender Stand der Technik berücksichtigt:

E1: EP 0 570 703 A1

E3: DE 195 32 934 A1

E5: DE 42 26 809 A1

E6: DE 91 01 356 U1

E7: DE 44 40 852 C1

E9: DE 100 23 747 A1

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IV. Die Einspruchsabteilung gelangte in der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu dem Schluss, dass der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 neu sei, insbesondere auch im Hinblick auf Dokument E3. Aus der angefochtenen Entscheidung (Punkt 7.1 der Gründe) geht hervor, dass diese Sicht am Ende des erstinstanzlichen Verfahrens auch von der Einsprechenden geteilt wurde. Ausgehend von Dokument E3 als nächstliegendem Stand der Technik erachtete die Einspruchsabteilung den Anspruchsgegenstand als erfinderisch, insbesondere auch im Hinblick auf eine Kombination von E3 mit Dokument E1 oder Dokument E5.

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V. In ihrer Beschwerdebegründung machte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) lediglich mangelnde erfinderische Tätigkeit geltend, insbesondere im Hinblick auf Dokument E3 in Verbindung mit Dokument E1.

VI. In ihrem Antwortschreiben widersprachen die Beschwerdegegnerinnen (Patentinhaberinnen) dieser Auffassung, wobei sie zusätzlich auf Dokument E5 Bezug nahmen.

VII. In einem weiteren Schreiben vom 18. September 2009 erachtete die Beschwerdeführerin den Anspruchsgegenstand, ausgehend von Dokument E3 als nächstliegendem Stand der Technik, nach wie vor als naheliegend, etwa im Hinblick auf Dokument E1. Diesbezüglich verwies sie auch noch pauschal auf die Dokumente E5, E6, E7 und E9.

VIII. In einem vorbereitenden Bescheid verwies die Kammer auf in der mündlichen Verhandlung voraussichtlich zu erörternde Fragen und Einwände.

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IX. Im Verlauf der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2012 machte die Beschwerdeführerin abweichend von ihrem schriftlichen Vortrag zusätzlich mangelnde Neuheit gegenüber Dokument E3 geltend.

X. Die Argumente der Parteien können im wesentlichen wie folgt zusammengefasst werden:

Im Rahmen ihres erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Neuheitsangriffs vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, dass die in Figur 1 von Dokument E3 gezeigte Siphonanordnung 27 funktionell als "zweite Dichtung" des Verschlussstopfens 13 gegenüber dem Unterdeckel 11" - im Sinne des vorliegenden Anspruchs 1 - anzusehen sei. Insbesondere dichte diese Siphonanordnung, aufgrund der durch sie bewirkten Ausbildung eines Unterdrucks im Zelleninneren, die Einfüllöffnung bei gekipptem Zustand des Akkumulators gegen das Ausfließen von Säure ab. Der in Figur 1 von E3 gezeigte Akkumulator weise demnach alle Merkmale von Anspruch 1 auf.

Jedenfalls sei der beanspruchte Gegenstand ausgehend von E3 nicht erfinderisch. E3 enthalte den ausdrücklichen Hinweis, dass die zweite Siphonanordnung 27 nicht zwingend notwendig sei. Es habe daher im Belieben des mit der Aufgabe der Bereitstellung einer alternativen Verschlussstopfen-Konstruktion befassten Fachmanns gelegen, einen Stopfen mit einer zweiten Dichtung gegenüber dem Unterdeckel vorzusehen, zumal Verschlussstopfen mit zwei derartigen Dichtungen bereits bekannt gewesen seien, etwa aus den in der mündlichen Verhandlung näher erörterten Dokumenten E1 und E9. Im Rahmen dieser Argumentation nahm die Beschwerdeführerin unter anderem auf eine von ihr erdachte, angeblich nahegelegte Deckel/Stopfen-Konstruktion Bezug (Schriftsatz vom 18. September 2009, Abbildung auf Seite 6).

Die Beschwerdegegnerinnen waren der Auffassung, dass die in Dokument E3 beschriebene Siphonanordnung 27 keine Dichtung im Sinne von Anspruch 1 sei.

Das Ableiten des Anspruchsgegenstands aus einer Kombination der Inhalte der Dokumente E3 und E1 bzw. E9 sei nur auf Basis einer unzulässigen rückschauenden Betrachtungsweise in Kenntnis des Streitpatents möglich. Ausgehend von der Offenbarung des Dokuments E3 sei der Gegenstand von Anspruch 1 jedenfalls als eine alternative Konstruktion anzusehen, die durch den von der Beschwerdeführerin herangezogenen Stand der Technik nicht nahegelegt sei.

XI. Anträge

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den vollumfänglichen Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerinnen beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

Änderungen - Artikel 123(2)(3) EPÜ

1. Der vorliegende, eingeschränkte unabhängige Anspruch 1 entspricht einer Kombination der erteilten Ansprüche 1, 7, 8, 10, 11 und 21. Es blieb bereits im Einspruchsverfahren unstreitig, dass der zur Debatte stehende Anspruchssatz unter Artikel 123(2)(3) EPÜ nicht zu beanstanden ist. Im Beschwerdeverfahren hat die Beschwerdeführerin diesbezüglich nichts vorgetragen.

Auch die Kammer sieht sich nicht veranlasst, den diesbezüglich positiven Befund der Einspruchsabteilung in Frage zu stellen.

Neuheit

2. Die Beschwerdeführerin hat erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, dass die in Dokument E3, Figur 1, offenbarte zweite "Siphonanordnung 27" in Verbindung mit dem unteren Teil des Stopfens 13 funktionell als "zweite Dichtung gegenüber dem Unterdeckel" im Sinne des vorliegenden Anspruchs 1 anzusehen sei.

2.1 Angesichts der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin ihre Argumentation betreffend die angeblich fehlende Neuheit gegenüber Dokument E3 nicht bereits in der Beschwerdebegründung oder ihrem weiteren Schriftsatz vorgebracht hat, hat die Kammer schwerwiegende Bedenken betreffend die Zulässigkeit (unter Artikel 13(3) VOBK) dieser extrem späten Änderung des Vorbringens der Beschwerdeführerin. Allerdings vermögen die diesbezüglich vorgebrachten Argumente die Kammer aus folgenden Gründen ohnehin nicht zu überzeugen.

2.2 Der in Figur 1 gezeigte Akkumulator-Deckel zeigt eine Einfüllöffnung 14. Diese wird durch den in den oberen Deckelteil 11' eingeschraubten oder eingeschnappten Stopfen 13 dicht verschlossen (siehe E3: Figur 1 in Verbindung mit Spalte 2, Zeilen 6 bis 23). An seinem unteren Ende ist der Stopfen 13 derart geformt (siehe Figur 1; Ansprüche 5 und 6; Spalte 2, Zeilen 40 bis 43: "Siphonvertiefung" 30 und "Siphonwand" 32), dass er mit angrenzenden Teilen des unteren Deckelteils 11" (siehe ebendort: "Vorsprung" 22' und "Siphonrohr" 29) eine Siphonanordnung 27 bildet.

In Dokument E3 wird diese Siphonanordnung nicht als "Dichtung" oder als "dichtend" bezeichnet.

2.3 Zudem wird in E3 ausdrücklich erwähnt, dass während des Ladevorgangs Gase durch die Siphonanordnung 27 in das Deckelinnere entweichen können (Spalte 2, Zeile 66, bis Spalte 3, Zeile 3). In der mündlichen Verhandlung wurde festgestellt, dass in dieser Betriebsphase die Siphonanordnung 27 auch gegenüber Gasen nicht dichtend wirkt.

2.4 Die Beschwerdeführerin argumentierte daraufhin, dass die Siphonanordnung zumindest im gekippten Zustand funktionell als Dichtung - gegenüber der flüssigen Säure - zwischen dem unteren Teil des Stopfens und dem Unterteil des Deckels wirke.

Diesbezüglich ist festzustellen, dass ein Siphon üblicherweise nicht die Funktion hat, das Durchlaufen von Flüssigkeit zu verhindern, also gegenüber Flüssigkeiten abzudichten. Die von der Beschwerdeführerin als "dichtend gegenüber Flüssigkeit" bezeichnete Wirkung beruht auch nicht allein auf dem Vorliegen der Siphonanordnung 27, sondern erfordert zusätzlich die Ausbildung eines Unterdrucks im Zelleninneren (Spalte 3, Zeilen 18 bis 24). Das Einströmen von Säure in das Siphonrohr 29 und die Siphonvertiefung 30, und sogar darüber hinaus in den Ringraum 39, ist laut E3 sogar ausdrücklich vorgesehen (Spalte 3, Zeilen 12 bis 17).

2.5 Ferner ist zu beachten, dass der vorliegende Anspruch 1 vorschreibt, dass das Ausfließen der Säure dadurch verhindert wird, "dass die Größe der Gasaustrittsstelle (15-20) so bemessen ist, dass sich bei kurzzeitiger Kippung des Akkumulators mit zunehmendem Ausfließen der Säure aus der Zelle in dieser Zelle ein Unterdruck bildet, der mit weiterem Ausfließen der Säure größer wird und der ein weiteres Ausfließen der Säure spätestens dann verhindert, wenn der jeweilige Hohlraum (3-8) gefüllt ist, so dass nicht mehr Säure aus der Zelle austreten kann, als von dem ihr zugeordneten Hohlraum (3-8) aufgenommen wird".

Daraus ergibt sich für die Kammer implizit, dass die "zweite Dichtung gegenüber dem Unterdeckel", die der Verschlussstopfen (23) laut vorliegendem Anspruch 1 "aufweist", dergestalt ausgebildet sein muss, dass sie beim Kippen des Akkumulators ein zusätzliches Auslaufen von Säure durch die Einfüllöffnung im Bereich des Unterdeckels verhindert.

2.6 Nicht zuletzt ergibt sich für die Kammer implizit aus den Merkmalen, wonach

"zwischen den Verschlussstopfen (23) und den sie aufnehmenden Einfüllöffnungen (9-14) ein tangentialer Gas-Strömungsweg vorhanden ist"

und wonach

"der Strömungsweg als Ringraum (31) ausgestaltet ist, zwischen der ersten und zweiten Dichtung",

dass die zweite Dichtung unter allen vorgesehenen Betriebsbedingungen des Akkumulators gegenüber dem Unterdeckel im konventionellen Sinn dicht ist, also das Ein- bzw. Durchströmen von Gas, und demnach auch jenes von flüssiger Säure, verhindern soll.

2.7 Daraus schließt die Kammer, dass der Fachmann die in E3 beschriebene "zweite Siphonanordnung 27" nicht als "zweite Dichtung" im Sinne des vorliegenden Anspruch 1 verstehen würde. Schon allein da der in E3 beschriebene Verschlusstopfen 13 keine derartige zweite Dichtung gegenüber dem Unterdeckel aufweist, vermag E3 den Gegenstand von Anspruch 1 nicht vorwegzunehmen.

2.8 Auch die anderen im Beschwerdeverfahren herangezogenen Entgegenhaltungen offenbaren keinen Akkumulator mit allen Merkmalen von Anspruch 1, was unstreitig war.

2.9 Der Gegenstand von Anspruch 1 und der davon abhängigen Ansprüche 2 bis 19 ist demnach neu (Artikel 52(1) und 54(1)(2) EPÜ).

Erfinderische Tätigkeit

3. Die Erfindung betrifft einen bezüglich des Auslaufens von Säure kippsicheren Akkumulator mit einem zweiteiligen Deckel, der die Entgasung des Akkumulators ermöglicht und in dessen Inneren ein Gasraum zur Säureabscheidung ausgebildet ist (siehe Oberbegriff von Anspruch 1 und Beschreibungsabschnitte [0001] bis [0005]).

4. Die Offenbarung des Dokuments E3 kann, in Übereinstimmung mit der Auffassung beider Parteien, als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden. Auch E3 betrifft einen Akkumulator mit einem auslaufsicheren Entgasungssystem, dass im Inneren eines zweiteiligen Deckels angeordnet ist (D3: Titel und Anspruch 1). Allerdings ist anzumerken, dass E3 konkret drei alternative Vorrichtungen offenbart, nämlich

a) die in Figur 1 dargestellte Variante mit den zwei Siphonanordnungen 20 und 27;

b) eine Variante mit lediglich einer Siphonanordnung 20, bei der statt der zweiten Siphonanordnung 27 ein Ventil vorgesehen ist, das bei Normallage des Akkumulators geöffnet ist und das Zurückfließen von Säure erlaubt (Spalte 4, Zeilen 12 bis 19); bzw.

c) eine weitere Variante mit lediglich einer Siphonanordnung 27, welche jedoch wegen des Fehlens der Siphonanordnung 20 mit dem dazugehörigen "Pufferraum 19" entsprechend anders zu dimensionieren ist (vgl. Spalte 4, Zeilen 20 bis 25).

In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin auf Rückfrage durch die Kammer ausdrücklich die in der Figur 1 konkret dargestellte Variante (Fall a) als Ausgangspunkt für ihren Angriff bestimmt.

5. Ausgehend von diesem Stand der Technik kann die technische Aufgabe in der Bereitstellung eines weiteren kipp- bzw. auslaufsicheren Akkumulators mit einem Deckel der im Oberbegriff von Anspruch 1 angegebenen Art gesehen werden.

6. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent nunmehr den Akkumulator gemäß Anspruch 1 vor, bei dem

"in dem Unterdeckel (1) für jede Zelle eine Einfüllöffnung (9-14) und eine in den zugehörigen Hohlraum (3-8) mündende Gasaustrittsstelle (15-20) im Abstand von der Einfüllöffnung (9-14) vorgesehen ist"

und welcher zusätzlich dadurch gekennzeichnet ist,

"dass die Größe der Gasaustrittsstelle (15-20) so bemessen ist, dass sich bei kurzzeitiger Kippung des Akkumulators mit zunehmendem Ausfließen der Säure aus der Zelle in dieser Zelle ein Unterdruck bildet, der mit weiterem Ausfließen der Säure größer wird und der ein weiteres Ausfließen der Säure spätestens dann verhindert, wenn der jeweilige Hohlraum (3-8) gefüllt ist, so dass nicht mehr Säure aus der Zelle austreten kann, als von dem ihr zugeordneten Hohlraum (3-8) aufgenommen wird, dass jeder Hohlraum (3-8) einen ersten Bereich (3.1-8.1) und einen zweiten Bereich (3.2-8.2) umfasst, die jeweils mit einem Bereich der Einfüllöffnung (9-14) verbunden sind,

dass die Einfüllöffnungen (9-14) durch jeweils einen Verschlussstopfen (23) verschlossen oder verschließbar sind,

dass die Verschlussstopfen (23) eine erste Dichtung (25) gegenüber dem Oberdeckel (2) und eine zweite Dichtung (27) gegenüber dem Unterdeckel (1) aufweisen,

dass zwischen den Verschlussstopfen (23) und den sie aufnehmenden Einfüllöffnungen (9-14) ein tangentialer Gas-Strömungsweg vorhanden ist,

dass der Strömungsweg als Ringraum (31) ausgestaltet ist, zwischen der ersten und zweiten Dichtung (25, 27), und

dass die Hohlräume (3-8) in einen zentralen Entgasungskanal (34) münden."

7. Es ist technisch plausibel und von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten worden, dass die unter obigem Punkt 5 festgehaltene technische Aufgabe durch den Gegenstand von Anspruch 1 tatsächlich gelöst wird.

8. Es bleibt demnach zu überprüfen, ob der Anspruchsgegenstand ausgehend vom nächstliegenden Stand der Technik gemäß Dokument E3, im Hinblick auf den von der Beschwerdeführerin herangezogenen Stand der Technik naheliegend ist.

8.1 Ausgehend von der in Figur 1 im Detail dargestellten Ausführungsform mit den zwei Siphonanordnungen 20 und 27 (Variante a) finden sich in Dokument E3 (Spalte 4, Zeilen 9 bis 25) ausdrückliche Hinweise auf weitere mögliche Ausführungsformen des Akkumulatordeckels (Varianten b und c; siehe obigen Punkt 4). Das Vorsehen von Stopfen mit jeweils zwei Dichtungen gegenüber dem Oberdeckel bzw. dem Unterdeckel, und von jeweils zwischen den Stopfen, den diesen aufnehmenden Einfüllöffnungen und den beiden Dichtungen gebildeten, tangentialen und ringraumförmigen Gas-Strömungswegen wird durch das Dokument E3 - für sich genommen - aber nicht angeregt.

8.2 Vielmehr zeichnet E3 zwei völlig andere Wege zur Lösung der Aufgabe (gemäß obigem Punkt 5) vor, nämlich zum einen den Verzicht auf die Siphonanordnung 27 (Fall b), zum anderen den Verzicht auf die Siphonanordnung 20 (Fall c).

8.2.1 Bezüglich des Falls b schlägt E3 ausdrücklich das Vorsehen eines Ventils vor, um den Rückfluss von Säure aus der einzigen verbliebenen Siphonanordnung 20 zu ermöglichen. Wie in diesem Fall die Einfüllöffnung, der Stopfen und deren Abdichtung gegeneinander auszugestalten wären, lässt sich E3 aber nicht entnehmen.

Der gegenteiligen Argumentation der Beschwerdeführerin kann die Kammer aus folgenden Gründen nicht folgen. Eine abgewandelte, lediglich erdachte Konstruktion des Akkumulatordeckels, wie sie von der Beschwerdeführerin in ihrem Schriftsatz vom 18. September 2009 (auf Seite 6) in Kenntnis der Erfindung skizziert und für naheliegend erachtet wurde, würde der von E3 ausgehende Fachmann, auch unter Einbeziehung des allgemeinen Fachwissens, schon allein deshalb nicht in Betracht ziehen,

i) da einerseits diese lediglich erdachte Konstruktion entgegen der Lehre von E3 kein Ventil oder ähnliches, den Rücklauf von Säure aus der Siphonanordnung 20 ermöglichendes Mittel umfasst; und

ii) da andererseits die Ausgestaltung des unteren Deckelteils bzw. des unteren Teils der Einfüllöffnung unter Beibehaltung von deckelseitigen Elementen (siehe unter anderem Bezugszeichen 22' und 29) des Siphons 27 technisch keinen Sinn ergäbe und die Herstellung des Deckels unnötig kompliziert machen würde.

Das von der Beschwerdeführerin für naheliegend erachtete Ersetzen des in Figur 1 gezeigten Stopfens durch einen mit zwei Dichtungen versehenen Stopfen scheint zwar eine simple Lösung zu sein, beruht aber im Hinblick auf die obigen Überlegungen eindeutig auf einer unzulässigen rückschauenden Betrachtungsweise.

8.2.2 Der weitere in E3 angesprochene Weg (Fall c) instruiert den Fachmann ausschließlich in Richtung Neudimensionierung und entsprechende Umgestaltung der Siphonanordnung 27 und des Stopfenunterteils. In Abwesenheit der ersten Siphonanordnung 20 würde die Entgasung lediglich durch die umgestaltete, aber mit der Einfüllöffnung integrierte Siphonanordnung 27 erfolgen, und gerade nicht durch eine im Abstand von der Einfüllöffnung vorgesehene Gasaustrittsstelle, wie von Anspruch 1 des Streitpatents in der von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Fassung gefordert.

Eine derartige Lösung (mit der Einfüllöffnung integrierte Gasaustrittstelle) bietet jedoch weniger Freiheiten bei der Ausgestaltung und Dimensionierung der Gasaustrittsstelle als eine Anordnung gemäß Anspruch 1 (Anordnung der Gasaustrittsstelle im Abstand von der Einfüllöffnung).

8.3 Die anderen im Beschwerdeverfahren konkret angesprochenen Entgegenhaltungen E1, E5, und E9 betreffen ebenfalls zweiteilige Deckel für kippsichere Akkumulatoren. Im Fall von E1 und E9 ist die Einfüllöffnung einer jeden Zelle mit Stopfen versehen, welche jeweils zwei Dichtungen, und zwar gegenüber den oberen und unteren Deckelteilen, aufweisen. Die drei Entgegenhaltungen offenbaren aber alle lediglich solche Deckel, bei denen die Entgasung der Zellen und der Säurerücklauf durch Öffnungen stattfindet, die konstruktiv in die Einfüllöffnung und/oder in den Stopfen der jeweiligen Zelle integriert sind, also nicht im Abstand von ersterer angeordnet sind, wie von Anspruch 1 des Streitpatents in der von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Fassung gefordert. Insofern sind die Lehren von E1, E5 und E9 mit der Lehre von E3, Varianten a bzw. b inkompatibel.

8.3.1 Die Dokumente E1, E5 und E9 animieren den von E3 ausgehenden Fachmann vielmehr jeweils dazu, die Entgasungs- bzw. Säurerücklauf-Öffnung gerade nicht im Abstand von bzw. konstruktiv losgelöst von der Einfüllöffnung anzuordnen.

8.3.2 Diesbezüglich sei insbesondere auf folgende Stellen in diesen Entgegenhaltungen verwiesen:

E1: Figur 1 in Verbindung mit Spalte 3, Zeilen 35 bis 40, und Spalte 4, Zeilen 18 bis 19: Die halbkreisförmigen Kerben oder Einschnitte 9 in der Wandung der Einfüllöffnung bilden Austrittsstellen für Zellengase, durch welche auch ausgetretene Säure in die Zellen zurückfließen kann.

E5: Figur 1 in Verbindung mit Spalte 2, Zeile 55, bis Spalte 3, Zeile 17: Zellengase können durch die Bohrung 14 des Stopfens 1 als auch durch die kapillare Verengung 11 zwischen Stopfen und der Wandung der Einfüllöffnung im Unterdeckel aus der Zelle austreten; die Säure fließt durch die Verengung 11 in die Zelle zurück.

E9: Figur 1 in Verbindung mit Spalte 2, Zeilen 21 bis 30; Spalte 3, Zeilen 19 bis 28; Spalte 3, Zeile 67, bis Spalte 4, Zeile 3; Spalte 5, Zeilen 1 bis 11: Öffnung 10 in der Mantelfläche 11 des Verschlussstopfens 4 dient zur Entgasung der Zelle und ermöglicht auch den Säurerückfluss in die Zelle.

8.4 Auch die nur in einem Schriftsatz von der Beschwerdeführerin ohne nähere Substantiierung herangezogenen Dokumente E6 und E7 lassen nicht ohne weiteres erkennen, inwieweit sie ein Naheliegen des Anspruchsgegenstands begründen könnten.

9. Der Gegenstand von Anspruch 1 des Streitpatents in der von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Fassung, und folglich der der jeweiligen abhängigen Ansprüche 2 bis 19, beruht demnach auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 52(1) und 56 EPÜ).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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