European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2010:T053209.20100803 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 03 August 2010 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0532/09 | ||||||||
Anmeldenummer: | 06000340.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | C23C 14/50 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren und Vorrichtung zum Beschichten eines Bauteils | ||||||||
Name des Anmelders: | SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Nichterscheinen bei der mündlichen Verhandlung - rechtliches Gehör Klarheit (Hauptantrag und Hilfsanträge I, III und IV - verneint) Zulässigkeit der Änderungen (Hilfsanträge II und V - verneint) Rückzahlung der Beschwerdegebühr (abgelehnt) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 06 000 340.7 Beschwerde eingelegt und beantragte, die Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Basis der Ansprüche 1-12 des der Entscheidung zugrunde liegenden Hauptantrags gemäß Schreiben vom 17. Januar 2008, oder alternativ, auf der Basis der Ansprüche eines der Hilfsanträge I-IV, alle wie mit der Beschwerdebegründung vom 5. Februar 2009 eingereicht, zu erteilen. Für den Fall, dass dem Hauptantrag nicht stattgegeben werden kann, wurde eine mündliche Verhandlung beantragt. Außerdem wurde die Rückzahlung der Beschwerdegebühr beantragt, da die Zurückweisung unbegründet sei.
Die Prüfungsabteilung hatte entschieden, dass der Gegenstand von Vorrichtungsanspruch 7 des oben genannten Hauptantrags enthaltend die Ansprüche 1-12 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber einer Kombination der Lehren von D1 (US-A-5 876 860) mit D4 (US-A-5 985 036) beruht.
II. Der Wortlaut der der Entscheidung zugrunde liegenden unabhängigen Ansprüche 1 und 7 lautete wie folgt:
"1. Verfahren zum Beschichten eines Bauteils (21), in dem - ein Verdampfen eines Beschichtungsmaterials aus einem Materialvorrat (5) bei niedrigem Umgebungsdruck herbeigeführt wird, - das zu beschichtende Bauteil (21) derart in die Nähe des Materialvorrates (5) angeordnet wird, dass dadurch ein Ablagern von verdampftem Beschichtungsmaterial auf der Oberfläche des Bauteils (21) herbeigeführt wird, und - eine Rotation des Bauteils (21) um eine Rotationsachse erfolgt,
während es sich zum Herbeiführen des Ablagerns von Beschichtungsmaterial in der Nähe des Materialvorrates (5) befindet, dadurch gekennzeichnet, dass die Rotationsachse während des Beschichtens aus einer Standardstellung zum Materialvorrat (5) hin geschwenkt wird, dass während des Beschichtens eine Axialbewegung des Bauteils (5) in der Richtung erfolgt, die der Richtung der Rotationsachse in Standardstellung entspricht, dass in der Standardstellung eine Beschichtung erfolgt und dass in der verschwenkten Stellung beschichtet wird."
"7. Vorrichtung (1) zum Beschichten eines Bauteils (21) mit - einer Unterdruckkammer (3), einem in der Unterdruckkammer (3) angeordneten Materialvorrat (5) mit Beschichtungsmaterial, - einer Heizung (7, 8) zum Heizen der Oberfläche des Materialvorrates (5) derart, dass Beschichtungsmaterial von der Oberfläche des Materialvorrates (5) verdampft, und - einer Halterung (19) zum Halten wenigstens eines zu beschichtenden Bauteils (21)` welche eine Rotation des Bauteils (21) um eine Rotationsachse ermöglicht, dadurch gekennzeichnet, dass die Halterung (19) derart ausgestaltet ist, dass sie ein Schwenken der Rotationsachse aus einer Standardrichtung (25) wenigstens zum Materialvorrat (5) hin zulässt, und dass die Halterung (19) derart ausgestaltet ist, dass sie ein axiales Verschieben des Bauteils (21) entlang derjenigen Richtung zulässt, die der Richtung der Rotationsachse in Standardstellung entspricht."
III. Mit Bescheid vom 30. April 2010, der als Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung vor der Kammer beigefügt war, teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung im Hinblick auf die Ansprüche des Hauptantrages (= identisch mit den Ansprüchen des der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegenden Hauptantrags) und der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge I-IV mit.
Insoweit erheblich für die vorliegende Entscheidung:
Anspruch 1 des Hilfsantrags I schien die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ nicht zu erfüllen.
Die Ansprüche 1, 3 und 7-9 des Hauptantrages sowie die identischen Ansprüche 1 und 3 der Hilfsanträge I-IV schienen die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ nicht zu erfüllen.
Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr schien nicht gewährbar zu sein, da für die Kammer keinerlei Verfahrensfehler erkennbar war.
IV. Mit dem Schriftsatz datiert vom 23. Juni 2010, eingegangen am 6. Juli 2010, beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung eines Patents auf der Basis des bestehenden Hauptantrages, oder alternativ auf der Basis eines der mit diesem Schriftsatz neu einreichten Hilfsanträge I bis V, wobei die neuen Hilfsanträge III und IV den Hilfsanträgen II und IV vom 5. Februar 2009 entsprachen. Für jeden Antrag wurden auch entsprechend angepasste Austauschseiten der Beschreibung in Kombination mit Argumenten betreffend die Basis der Änderungen, die Klarheit der Ansprüche sowie die Neuheit und erfinderische Tätigkeit der unabhängigen Ansprüche eingereicht.
V. Mit Fax vom 7. Juli 2010 zog die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurück und teilte mit, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.
VI. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 3. August 2010 statt. Da die Beschwerdeführerin wie schriftlich angekündigt nicht erschienen war, wurde die mündliche Verhandlung gemäß Regel 115(2) EPÜ und Artikel 15(3) VOBK in ihrer Abwesenheit durchgeführt.
Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung.
VII. Der Wortlaut von Verfahrensanspruch 1 des Hilfsantrags I ist identisch mit Anspruch 1 des Hauptantrages (siehe Punkt II oben). Der Wortlaut des unabhängigen Vorrichtungsanspruches 7 lautet (Änderungen gegenüber Anspruch 7 des Hauptantrags sind in Fettdruck mit Streichungen in eckigen Klammern; von der Kammer hinzugefügt):
"7. Vorrichtung (1) zum Beschichten eines Bauteils (21) mit - einer Unterdruckkammer (3), - einem in der Unterdruckkammer (3) angeordneten Materialvorrat (5) mit Beschichtungsmaterial, - einer Heizung (7, 8) zum Heizen der Oberfläche des Materialvorrates (5) derart, dass Beschichtungsmaterial von der Oberfläche des Materialvorrates (5) verdampft, und - einem mit einer Halterung (19) zum Halten wenigstens eines zu beschichtenden Bauteils (21) versehenen Manipulator (15)` wobei die Halterung (19) mit einem Drehgelenk (33) versehen ist, [welche] das eine Rotation des Bauteils (21) um [eine Rotationsachse] die Längsachse der Halterung (19) ermöglicht, dadurch gekennzeichnet, dass
- der Manipulator (15) eine Längsachse (25) sowie eine senkrecht zur Längsachse (25) verlaufende Kippachse aufweist
- die Halterung (19) derart um die Kippachse schwenkbar ausgestaltet ist, dass sie ein Schwenken der Rotationsachse aus einer durch die Längsachse (25) des Manipulators (15) gegebenen Standardrichtung [(25)] um bis zu 30 Grad [wenigstens] zum Materialvorrat (5) hin und vom Materialvorrat weg zulässt, [und dass]
- die Halterung (19) derart ausgestaltet ist,
dass sie ein axiales Verschieben des Bauteils (21) entlang derjenigen Richtung zulässt, die der Richtung [der Rotationsachse in Standardstellung] Längsachse der Halterung (19) in Standardrichtung entspricht."
VIII. Der Wortlaut von Verfahrensanspruch 1 des Hilfsantrags II lautet (Änderungen gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags sind in Fettdruck; von der Kammer hinzugefügt):
"1. Verfahren zum Beschichten eines Bauteils (21), in dem - ein Verdampfen eines Beschichtungsmaterials aus einem Materialvorrat (5) bei niedrigem Umgebungsdruck herbeigeführt wird, - das zu beschichtende Bauteil (21) mit Hilfe eines mit einer Halterung (19) versehenen Manipulators (15) derart in die Nähe des Materialvorrates (5) angeordnet wird, dass dadurch ein Ablagern von verdampftem Beschichtungsmaterial auf der Oberfläche des Bauteils (21) herbeigeführt wird, und - eine Rotation des Bauteils (21) um die Längsachse der Halterung (19) erfolgt,
während es sich zum Herbeiführen des Ablagerns von Beschichtungsmaterial in der Nähe des Materialvorrates (5) befindet, wobei, - die Längsachse der Halterung (19) während des Beschichtens aus einer durch die Längsachse (25) des Manipulators (15) gegebenen Standardrichtung um eine senkrecht zur Längsachse (25) des Manipulators (215) verlaufende Kippachse um bis zu 30 Grad zum Materialvorrat (5) hin geschwenkt wird, und
- während des Beschichtens eine Axialbewegung des Bauteils (5) in der Standardrichtung erfolgt."
Der Wortlaut des unabhängigen Vorrichtungsanspruches 5 des Hilfsantrags II unterscheidet sich von jenem des Hilfsantrags I nur dadurch, dass das Zeichen " - " zwischen " einer Unterdruckkammer (3)," und "einem in der Unterdruckkammer ..." weggelassen wurde und dass der Ausdruck "dadurch gekennzeichnet" durch den Ausdruck "wobei" ersetzt bzw. der Ausdruck "... vom Materialvorrat weg zulässt, - die Halterung (19) ..." durch den Ausdruck "... vom Materialvorrat weg zulässt und - die Halterung (19) ..." ersetzt wurde.
IX. Der Wortlaut von Verfahrensanspruch 1 des Hilfsantrags III ist identisch mit Anspruch 1 des Hauptantrages (siehe Punkt II oben). Der Wortlaut des unabhängigen Vorrichtungsanspruches 7 lautet (Änderungen gegenüber Anspruch 7 des Hauptantrags sind in Fettdruck; von der Kammer hinzugefügt):
"7. Vorrichtung (1) zum Beschichten eines Bauteils (21) mit - einer Unterdruckkammer (3), einem in der Unterdruckkammer (3) angeordneten Materialvorrat (5) mit Beschichtungsmaterial, - einer Heizung (7, 8) zum Heizen der Oberfläche des Materialvorrates (5) derart, dass Beschichtungsmaterial von der Oberfläche des Materialvorrates (5) verdampft, und - einer Halterung (19) zum Halten wenigstens eines zu beschichtenden Bauteils (21)` welche eine Rotation des Bauteils (21) um eine Rotationsachse ermöglicht, dadurch gekennzeichnet, dass die Halterung (19) derart ausgestaltet ist, dass sie ein Schwenken der Rotationsachse aus einer Standardrichtung wenigstens zum Materialvorrat (5) hin zulässt, dass die Halterung (19) derart ausgestaltet ist, dass sie ein axiales Verschieben des Bauteils (21) entlang derjenigen Richtung zulässt, die der Richtung der Rotationsachse in Standardstellung entspricht und dass sie eine Steuereinheit (39) zum Steuern der von der Halterung (19) zugelassenen Bewegungen während des Beschichtungsvorganges aufweist."
X. Die Verfahrensansprüche 1-6 des Hilfsantrags IV sind mit den Ansprüchen 1-6 des Hauptantrages identisch.
XI. Die Verfahrensansprüche 1-5 des Hilfsantrags V sind mit den Verfahrensansprüchen 1-5 des Hilfsantrags II identisch.
XII. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Der Hauptantrag ist mit dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Antrag identisch.
Der neue Hilfsantrag I basiert auf jenem vom 5. Februar 2009, wobei im Vorrichtungsanspruch weitere Merkmale betreffend den Manipulator mit einer Halterung, welche ein Drehgelenk aufweist, mit dem eine Rotation des Bauteils bzw. ein Kippen des Manipulators über eine senkrecht zur Längsachse (=Standardrichtung bzw. Rotationsachse) des Manipulators verlaufende Kippachse erfolgen kann (siehe Seite 14, Zeilen 26 bis 30; Seite 15, Zeilen 12 bis 21 und Zeilen 25 bis 28 sowie Figuren 5a bis 5c der ursprünglich eingereichten Anmeldung).
Im Hilfsantrag II entsprechen die Vorrichtungsansprüche jenen des Hilfsantrags I bzw. die Verfahrensansprüche wurden an die Vorrichtungsansprüche angepasst.
Hilfsantrag III entspricht dem Hilfsantrag II vom 5. Februar 2009. Anspruch 7 des Hilfsantrags III basiert auf einer Kombination der ursprünglichen Ansprüche 7 und 10.
Hilfsantrag IV entspricht dem Hilfsantrag IV vom 5. Februar 2009.
Hilfsantrag V entspricht den Verfahrensansprüchen des Hilfsantrags II.
Somit sind die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ erfüllt.
Verfahrensanspruch 1 und Vorrichtungsanspruch 8 des Hauptantrags weisen die notwendige Klarheit auf. Beide definieren, dass die Rotationsachse wenigstens eine erste Stellung und eine zweite Stellung aufweisen, dass die Rotationsachse in der zweiten Stellung gegenüber der ersten Stellung verschwenkt ist, so dass sich die Orientierungen der Rotationsachsen in beiden Stellungen voneinander unterscheiden und, dass das Verschieben entlang einer Richtung erfolgt, welche der Richtung der Rotationsachse in der ersten (Standardstellung) entspricht und daher einen Winkel einschließen muss. Aus den Ansprüchen geht auch hervor, dass die Richtung der Rotationsachse in der zweiten Stellung zum Materialvorrat hin verschwenkt ist. Die allgemeine Lehre gemäß Seite 2, Zeile 25 bis Seite 6, Zeile 18, das Bauteil während des Beschichtens entlang einer Achse zu verschieben, die eine andere Orientierung aufweist als die Rotationsachse des Bauteils, enthält keine weiteren Präzisierungen gemäß den Ausführungsbeispielen, und diese sind auch nicht notwendig. Eine derartige Einschränkung erscheint daher nicht erforderlich und würde auch eine unnötige Einschränkung des Schutzumfanges des Patents bedeuten.
Entscheidungsgründe
1. Verfahrensangelegenheiten
1.1 Die Beschwerdeführerin hat im vorliegenden Fall
a) die im Bescheid, der als Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung vor der Kammer beigefügt war (siehe Punkt III oben), gemachten Beanstandungen bezüglich der Klarheit der Ansprüche 1, 3 und 7-9 des Hauptantrages sowie den identischen Ansprüche 1 und 3 der damals geltenden Hilfsanträgen II und IV (welche identisch sind mit den nun vorliegenden Hilfsanträgen III und IV) nicht ausgeräumt sondern lediglich Argumente vorgebracht, warum die Beanstandungen nicht zutreffen würden,
b) geänderte Hilfsanträge I, II und V eingereicht.
1.2 Daher stellt sich die Frage, ob die Kammer ihre Entscheidung auf Beanstandungen basieren kann, die der Beschwerdeführerin bei der mündlichen Verhandlung aufgrund ihrer freiwilliger Abwesenheit nicht mitgeteilt werden konnten, ohne ihr rechtliches Gehör zu verletzen (Artikel 113(1) EPÜ).
1.3 Artikel 15(3) VOBK (siehe Beilage zum ABl. EPA 1/2008, 38) sagt: "Die Kammer ist nicht verpflichtet, einen Verfahrensschritt einschließlich ihrer Entscheidung aufzuschieben, nur weil ein ordnungsgemäß geladener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend ist; dieser kann dann so behandelt werden, als stütze er sich lediglich auf sein schriftliches Vorbringen".
Die Rechtsprechung der Beschwerdekammern hat unterstrichen, dass diese Bestimmung in Kombination mit Artikel 12(2) VOBK, wonach die Beschwerdebegründung den vollständigen Sachvortrag eines Beteiligten enthalten muss (siehe Singer/Stauder "Europäisches Patentübereinkommen, 5. Auflage, Artikel 113, Rdn. 42). Allerdings kann der Sachvortrag im Laufe des Beschwerdeverfahrens sich ändern und damit Anlass zu neuen Beanstandungen geben, die von der Kammer unter Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 13(1) VOBK zugelassen werden können, bzw. von ihr selbst erhoben werden können.
1.4 Die Kammer ist in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung (siehe z.B. T 823/04, Punkt 1 der Entscheidungsgründe; T 1059/04, Punkt 1 der Entscheidungsgründe; T 1704/06, Punkt 7 der Entscheidungsgründe; T 991/07, Punkt 2 der Entscheidungsgründe; alle unveröffentlicht im ABl. EPA) der Meinung, dass im vorliegenden Fall, in dem sich die Beschwerdeführerin entschieden hat, an der angesetzten mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen, sie trotzdem die Gelegenheit hatte, von ihrem rechtlichen Gehör Gebrauch zu machen und deshalb die Erfordernisse von Artikel 113(1) EPÜ erfüllt sind.
1.5 Im Übrigen musste die Beschwerdeführerin damit rechnen, dass die von der Kammer im Ladungsbescheid gemachten Beanstandungen im Hinblick auf die unverändert aufrechterhaltenen Anträge mit ihr in der mündlichen Verhandlung diskutiert würden bzw. dass die in den geänderten Hilfsanträgen gemachten Änderungen im Hinblick auf deren Gewährbarkeit bezüglich der Artikel 84 und 123(2) EPÜ überprüft würden (siehe T 915/02, Punkt 3 der Entscheidungsgründe, unveröffentlicht im ABl. EPA) und in weiteren Beanstandungen resultieren könnten.
2. Klarheit (Artikel 84 EPÜ)
Hauptantrag
2.1 Verfahrensanspruch 1 des Hauptantrags erfüllt nicht die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ, da die Definitionen: "dass die Rotationsachse während des Beschichtens aus einer Standardstellung zum Materialvorrat (5) hin geschwenkt wird" sowie "dass während des Beschichtens eine Axialbewegung des Bauteils (5) in der Richtung erfolgt, die der Richtung der Rotationsachse in Standardstellung entspricht" und "dass in der Standardstellung eine Beschichtung erfolgt" unbestimmt sind. Diese Definitionen sind im Übrigen auch nicht so präzise wie es die vorliegende Anmeldung zur Bildung einer ausreichenden Stütze in der Beschreibung im Sinne von Artikel 84 EPÜ erfordert.
2.1.1 Aus der Beschreibung der Anmeldung ist eindeutig entnehmbar, dass die zentrale Längsachse 25 die Standardrichtung bzw. die Standardstellung des Manipulators 15 bzw. der Halterung 19 während des rotierenden Beschichtens definiert (siehe Anmeldung wie ursprünglich eingereicht, Figuren 4 und 5a bis 5c; Seite 15, Zeilen 18 bis 21 und Seite 16, Zeilen 10 bis 33). Dies ist auch aufgrund des in der vorliegenden Anmeldung beschriebenen Standes der Technik offensichtlich, bei dem die Standardstellung ebenfalls der Richtung der Rotationsachse entspricht (siehe Anmeldung wie ursprünglich eingereicht, Seite 3, Zeilen 1 bis 25).
2.1.2 Des Weiteren definiert Anspruch 1 nicht, wie erforderlich, dass "die Halterung (19) mit dem Bauteil (21)" geschwenkt wird (wobei die Verwendung einer Halterung beim Beschichten des Bauteils schon vom Stand der Technik bekannt ist).
2.1.3 Alle von der Beschwerdeführerin hierzu vorgetragenen Argumente sind nicht überzeugend. Zunächst wurde im Prüfungsverfahren die Basis des zusätzlichen Merkmals des vorliegenden Anspruchs 1 (der auf den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 2 basiert) - nämlich, dass die Beschichtung sowohl in der Standardstellung als auch in der verschwenkten Stellung erfolgt - mit Hinweis auf die Figuren 5a, 5b und 5c und der dazugehörigen Beschreibung angegeben (siehe Schreiben datiert vom 17. Januar 2008, zweiter Absatz).
Da die Figuren 5a bis 5c aber nur diese spezielle Ausführungsform einer Vorrichtung bzw. eines Verfahrens unter Verwendung dieser speziellen Vorrichtung betreffen sind auch die entsprechenden Merkmale dieser zitierten Offenbarung mit aufzunehmen. Die obige von der Kammer geforderte Einschränkung bedeutet im Übrigen keine unnötige Einschränkung des Schutzumfanges des Patents, denn nur in dieser Ausführungsform ist die Erfindung offenbart.
Es ist auch nicht zutreffend, dass die allgemeine Lehre gemäß Seite 2, Zeile 25 bis Seite 6, Zeile 18, weitere Präzisierungen unnötig machen würde. Vielmehr ist z.B. auf Seite 4, Zeilen 1 bis 4 der Beschreibung offenbart, dass "die Schwenkbewegung in einer periodischen Weise um die Standardstellung erfolgt, welche eine Mittelstellung der Rotationsachse darstellt" (auch Seite 4 und den Zeilen 29 bis 33) sowie Seite 5, Zeilen 1 bis 6: "... wenn die Halterung derart ausgestaltet ist, dass sie ein Schwenken der Rotationsachse aus der Standardrichtung sowohl zum Materialvorrat hin als auch vom Materialvorrat weg zulässt. Die möglichen Schwenkwinkel zwischen der Standardrichtung und der Rotationsachse können insbesondere im Bereich -30º und 30º liegen". Aus dieser allgemeinen Offenbarung geht hervor, dass die Richtung der Rotationsachse der Standardstellung entspricht. Außerdem ist der Beschreibung, Seite 3, Zeilen 1 bis 25 eindeutig entnehmbar, dass die Standardstellung - nämlich in Richtung der Rotationsachse des Bauteils - senkrecht zur Hauptverdampfungsrichtung verläuft.
2.1.4 Da Anspruch 1 des Hauptantrags die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ nicht erfüllt, ist der Hauptantrag nicht gewährbar.
2.2 Da die Verfahrensansprüche 1 der Hilfsanträge I, III und IV mit Anspruch 1 des Hauptantrags identisch sind (siehe die Punkte VII, IX und X oben) geltend die obigen Schlussfolgerungen für Anspruch 1 des Hauptantrags bezüglich Artikel 84 EPÜ mutatis mutandis für die Ansprüche 1 dieser drei Hilfsanträge. Die Hilfsanträge I, III und IV sind daher ebenfalls nicht gewährbar.
3. Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)
Hilfsantrag II
3.1 Verfahrensanspruch 1 des Hilfsantrags II basiert auf den Ansprüchen 1, 2 und 6 sowie den Vorrichtungsansprüchen 9 und 12 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Form in Kombination mit den Merkmalen aus den Figuren 5a bis 5c. Die folgenden Merkmale von Anspruch 1: "das zu beschichtende Bauteil (21) mit Hilfe eines mit einer Halterung (19) versehenen Manipulators (15) ...", "Rotation des Bauteils (21) um die Längsachse der Halterung (19) erfolgt" sowie "- die Längsachse der Halterung (19) während des Beschichtens aus einer durch die Längsachse (25) des Manipulators (15) gegebenen Standardrichtung um eine senkrecht zur Längsachse (25) des Manipulators (215) verlaufende Kippachse um bis zu 30 Grad zum Materialvorrat (5) hin geschwenkt wird, und
- während des Beschichtens eine Axialbewegung des Bauteils (5) in der Standardrichtung erfolgt" basieren auf der in den Figuren 4 und 5a bis 5c dargestellten EBPVD-Vorrichtung.
3.1.1 Sowohl der Figur 4 als auch den Figuren 5a bis 5c ist jedoch auch zu entnehmen, dass die zentrale Längsachse 25 des Manipulators 15 die Standardrichtung darstellt, welche senkrecht zur Hauptverdampfungsrichtung 35 der Ingots 5 angeordnet ist (siehe Seite 15, Zeilen 18 bis 21; Seite 16, Zeilen 5 bis 15 und Zeilen 18 bis 22). Außerdem sind die Ingots 5 am Boden der Unterdruckkammer 3 angeordnet (siehe Seite 14, Zeilen 5 bis 9 und Seite 15, Zeilen 1 bis 5) und ihre Oberflächen werden mittels des Elektronenstrahls aufgeschmolzen (siehe Seite 15, Zeile 37 bis Seite 16, Zeile 3). Dies bedeutet, dass diese Ingots 5 nicht irgendwo in der Unterdruckkammer angeordnet sein können, sondern am horizontalen Boden angeordnet sein müssen, damit das aufgeschmolzene Material nicht aus den Tiegeln ausfließen kann. Zusätzlich ist noch offenbart, dass der Manipulator 15 entlang der Längsachse 25 verschoben werden kann, so dass sich die in Figur 6 dargestellten Bewegungsmöglichkeiten ergeben (siehe Seite 15, Zeilen 28 bis 31), d.h. die axiale Verschiebung des Bauteils 21 entlang der Rotationsachse wird nur durch die Verschiebung des Manipulators 15 erreicht. Allerdings ist diese axiale Verschiebung - unter Berücksichtigung der offenbarten mechanischen Elemente in Form des Drehgelenks 33 bzw. der Kippachse 23 nur im nicht verschwenkten Zustand möglich. Auch der ursprüngliche Anspruch 12 bzw. Seite 5, Zeilen 6 bis 9 bieten keine Basis für eine axiale Verschiebung in Richtung der Standardrichtung im verschwenkten Zustand der Halterung 19, sondern nur in Richtung der Rotationsachse.
3.1.2 Da Anspruch 1 des Hilfsantrags II weder die oben genannte, für die erörterte Funktion notwendige Beschränkung der Richtung der Längsachse 25 bzw. der Standardrichtung bezogen auf die Hauptverdampfungsrichtung 35 aufweist, noch definiert, dass die Ingots (d.h. der Materialvorrat) notwendigerweise am Boden der Unterdruckkammer der EBPVD-Vorrichtung angeordnet sind bzw. dass die Axialverschiebung des Bauteils in der Standardrichtung durch Verschieben des Manipulators 15 im nicht-verschwenkten Zustand der Halterung (19) erfolgen muss, ist offensichtlich, dass eine Zwischenverallgemeinerung zwischen den Merkmalen von Anspruch 1 und der Beschreibung der Figuren 4 und 5a bis 5c vorliegt, welche aber keine Basis in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hat. Im Hinblick auf die Axialverschiebung in der Standardrichtung ist z.B. unklar, wie dies - wie jetzt beansprucht - mittels der in den Figuren 4 und 5a bis 5c gezeigten Haltevorrichtung 19 erreicht werden könnte.
3.1.3 Die Kammer hatte bereits in Punkt 2 ihres Ladungsbescheids bei der Beanstandung des damaligen Hilfsantrags I unter Artikel 123(2) EPÜ - welcher die Basis für den nunmehrigen Hilfsantrag II bildete - kundgetan, dass der Manipulator 15 bzw. die gesamte EBPVD-Vorrichtung gemäß den Figuren 4 bzw. 5a bis 5c nur im Zusammenhang mit zusätzlichen Merkmalen offenbart ist, welche damals aber nicht in den unabhängigen Vorrichtungsanspruch aufgenommen worden waren.
3.1.4 Unter Berücksichtigung der oberen Ausführungen ist klar, dass Verfahrensanspruch 1 des Hilfsantrags II nicht die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ erfüllt. Hilfsantrag II ist daher nicht gewährbar.
Hilfsantrag V
3.2 Da Verfahrensanspruch 1 des Hilfsantrags V identisch mit Anspruch 1 des Hilfsantrags II ist (siehe Punkt XI oben), gelten die Schlussfolgerungen des oberen Punktes 3.1.4 mutatis mutandis für Anspruch 1 des Hilfsantrags V. Anspruch 1 des Hilfsantrags V erfüllt daher ebenfalls nicht die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ.
4. Rückzahlung der Beschwerdegebühr (Regeln 103 und 111(2) EPÜ)
Da die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach den diesbezüglichen Bemerkungen der Kammer im Ladungsbescheid nicht zurückgezogen hat, wird dazu Folgendes gleichlautend ausgeführt:
4.1 Es ist nicht zu beanstanden, dass die Prüfungsabteilung auf der Basis des gegenüber D1 unterscheidenden Merkmals: "Der Gegenstand des Anspruchs 8 unterscheidet sich daher von dem bekannten D1 dadurch, daß die Halterung derart ausgestaltet ist, dass sie ein axiales Verschieben des Bauteils entlang derjenigen Richtung zuläßt, die der Richtung der Rotationsachse in Standardstellung entspricht" eine Aufgabe formuliert hat ("... zu lösende Aufgabe kann somit darin gesehen werden eine Vorrichtung zu finden, das (sic) Inhomogenität im vom Verdampfungsvorrat ausgehenden Kegel aus verdampftem Material auszugleichen"; siehe Entscheidung, Punkt 1.1 der Gründe) und dann unter Berücksichtigung dieser Aufgabenstellung die Lehre der Vorrichtung von D1 mit der zusätzlichen Bewegungsrichtung der Vorrichtung gemäß D4 kombiniert hat, um diese Aufgabe als gelöst zu sehen. Die Prüfungsabteilung hat nach Ansicht der Kammer lediglich den üblichen Aufgabe-Lösungsansatz angewandt, wobei eine gegenüber der Auslegung der Beschwerdeführerin eventuell - im vorliegenden Fall nicht vorliegende - divergierende Interpretation der zitierten Dokumente D1 und D4 noch keinen Verfahrensfehler begründen würde.
4.2 Die für die Beschwerdeführerin negative Entscheidung betreffend den unabhängigen Verrichtungsanspruch 7 basiert im Übrigen auf den von der Prüfungsabteilung bereits im Bescheid vom 28. Dezember 2008 vorgebrachten Grund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit bzw. den entsprechenden Argumenten der mangelnden erfinderischen Tätigkeit.
Zu diesen Argumenten hatte die Beschwerdeführerin in ihrem Antwortschreiben vom 17. Januar 2008 in äußerst knapper Form Stellung genommen, wobei sie allerdings zu einer anderen Schlussfolgerung gekommen war.
In der Entscheidung der Prüfungsabteilung, welche nach Ansicht der Kammer eine ausreichende Begründung für die mangelnde erfinderische Tätigkeit der Vorrichtung von Anspruch 7 des damaligen einzigen Antrags darstellt und somit die Erfordernisse von Regel 111(2) EPÜ erfüllt, ist auch auf die Argumente der Beschwerdeführerin eingegangen worden.
Somit steht die Entscheidung auch im Einklang mit den Richtlinien für die Prüfung im EPA, Teil E, Kapitel X-5, wonach auf wichtige Tatsachen und Argumente, die gegen die getroffene Entscheidung sprechen könnten, eingegangen werden soll, damit die unterliegende Partei erfährt, warum ihre Argumente nicht akzeptiert wurden.
4.3 Ein Verfahrensfehler und insbesondere ein wesentlicher Verfahrensfehler ist deshalb für die Kammer nicht erkennbar. Im Übrigen wird der Beschwerde von ihr auch nicht stattgegeben, so dass die Erfordernisse der Regel 103(1)a) EPÜ nicht erfüllt sind.
Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist daher zurückzuweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.