T 0487/09 () of 2.8.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T048709.20120802
Datum der Entscheidung: 02 August 2012
Aktenzeichen: T 0487/09
Anmeldenummer: 04014538.5
IPC-Klasse: F16L 25/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Rohr-Bausatz
Name des Anmelders: Dr.-Ing. Ralph-Peter Hegler
Name des Einsprechenden: Corma Inc.
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Zulässigkeit der verspätet eingereichten Anträge (ja)
Unzulässige Erweiterung (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdeführer (Patentinhaber) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 1 491 811 widerrufen worden ist, am 21. Februar 2009 Beschwerde eingelegt und die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 15. April 2009 eingegangen.

Im Einspruchsverfahren war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 54 und 56 EPÜ und im Hinblick auf Artikel 100 b) EPÜ angegriffen worden. Die Einspruchsabteilung war in der angefochtenen Entscheidung der Auffassung, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 zwar ausführbar und neu sei, aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

II. Am 2. August 2012 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

III. Der Beschwerdeführer beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent mit den mit Schreiben vom 18. Juni 2012 als Hauptantrag bzw. Hilfsantrag 1 eingereichten Unterlagen oder als Hilfsantrag 2 mit den mit der Beschwerdebegründung vom 15. April 2009 eingereichten Unterlagen aufrechtzuerhalten.

IV. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

V. Der einzige Anspruch gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"Rohr-Bausatz

a) mit einem ersten als Verbundrohr ausgebildeten Rohrabschnitt (1) mit einer an einem Ende ausgebildeten Rohr-Muffe (10'''),

b) mit einem zweiten als Verbundrohr ausgebildeten Rohrabschnitt (2) mit einem Spitzende(21'''),

c) wobei die Rohrabschnitte (1, 2) und das Spitzende (21''') mit nach außen ringförmig vorstehenden Wellenbergen (5, 5''', 5a''') versehen sind, wobei die Wellenberge (5''', 5a''') des Spitzendes (21''') dasselbe Außenprofil wie die Wellenberge (5) im übrigen Bereich des zweiten Rohrabschnitts (2) haben,

d) wobei zwei benachbarte Wellenberge (5a''') des Spitzendes (21''') eine gegen deren Flanken (6''', 7''') anliegende Dichtung (29''') aufnehmen,

e) wobei die Rohr-Muffe (10''') das Spitzende (21''') zur Verbindung des ersten und des zweiten Rohrabschnitts (1, 2) aufnimmt,

dadurch gekennzeichnet,

f) dass mindestens die die Dichtung (29''') zwischen sich aufnehmenden Wellenberge (5a''') als einen Verdickungs-Bereich (30''') bildende verdickte Wellenberge (5a''') mit um mindestens 100 % höherem Füllgrad als weiter entfernte Wellenberge ausgebildet sind, und

g) dass neben dem Verdickungs-Bereich (30''') ein ein bis drei Wellenberge(5''') aufweisender Übergangsabschnitt (31''') mit abnehmenden Füllgrad ausgebildet ist."

Der einzige Anspruch gemäß Hilfsantrag 1 lautet wie folgt:

"Rohr-Bausatz

a) mit einem ersten als Verbundrohr ausgebildeten Rohrabschnitt (1) mit einer an einem Ende ausgebildeten Rohr-Muffe (10'''),

b) mit einem zweiten als Verbundrohr ausgebildeten Rohrabschnitt (2) mit einem Spitzende (21'''),

c) wobei die Rohrabschnitte (1, 2) und das Spitzende (21''') mit nach außen ringförmig vorstehenden Wellenbergen (5, 5''', 5a''') versehen sind,

d) wobei zwei benachbarte Wellenberge (5a''') des Spitzendes (21''') eine gegen deren Flanken (6''', 7''') anliegende Dichtung (29''') aufnehmen,

e) wobei mindestens die die Dichtung (29''') zwischen sich aufnehmenden Wellenberge (5a''') als einen Verdickungs-Bereich (30''') bildende verdickte Wellenberge (5a''') ausgebildet sind

f) wobei die Rohr-Muffe (10''') das Spitzende (21''') zur Verbindung des ersten und des zweiten Rohrabschnitts (1, 2) aufnimmt,

dadurch gekennzeichnet,

g) dass die Wellenberge (5''', 5a''') des Spitzendes (21''') dasselbe Außenprofil wie die Wellenberge (5) im übrigen Bereich des zweiten Rohrabschnitts (2) haben,

h) dass die verdickten Wellenberge (5a''')im Verdickungs-Bereich (30''') mit um mindestens 100 % höherem Füllgrad als weiter entfernte Wellenberge ausgebildet sind, und

i) dass neben dem Verdickungs-Bereich (30''') ein ein bis drei Wellenberge (5''') aufweisender Übergangsabschnitt (31''') mit abnehmenden Füllgrad ausgebildet ist."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet wie folgt:

"1. Rohr-Bausatz

a) mit einem ersten Rohrabschnitt (1),

b) mit einem zweiten Rohrabschnitt (2),

c) mit einem Spitzende (21''') an mindestens einem

Rohrabschnitt (1, 2),

d) das zumindest teilweise mit nach außen ringförmig

vorstehenden Vorsprüngen mit Flanken (6''', 7''')

versehen ist,

e) das zwischen zwei benachbarten Vorsprüngen eine

gegen deren Flanken (6''', 7''') anliegende

Dichtung (29''') aufnimmt und

f) mit einer Muffe (10''') zur Verbindung des ersten

und des zweiten Rohrabschnitts (1, 2),

g) wobei die Muffe (10''') das Spitzende (21''')

aufnimmt,

h) wobei die Rohrabschnitte (1, 2) als Verbundrohre

ausgebildet sind, und mindestens die am Spitzende

(21''') ausgebildeten Vorsprünge als Wellenberge

(5''') ausgebildet sind, und

i) wobei die Vorsprünge der Rohr-Abschnitte (1, 2)

als Wellenberge (5) ausgebildet sind, dadurch

gekennzeichnet, dass

j) mindestens die die Dichtung (29''') zwischen sich

aufnehmenden Vorsprünge als einen Verdickungs-

Bereich (30''') bildende verdickte Vorsprünge mit

größerem Füllgrad als weiter entfernte Vorsprünge

ausgebildet sind,

k) im Verdickungs-Bereich (30''') der Füllgrad der

Vorsprünge um mindestens 100% höher ist als bei

weiter entfernten Vorsprüngen,

l) neben dem Verdickungs-Bereich (30''') ein

Übergangsabschnitt (31''') mit abnehmendem

Füllgrad ausgebildet ist,

m) der Übergangabschnitt (31''') ein bis drei

Vorsprünge aufweist, und

n) das Spitzende (21''') des zweiten Rohrabschnitts

(2) Wellenberge (5''') aufweist, die dasselbe

Außenprofil wie die Wellenberge (5) im übrigen

Bereich des zweiten Rohrabschnitts (2) haben."

VI. Der Beschwerdeführer hat im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Die Ansprüche gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 stellten lediglich eine klarere und knappere Formulierung des mit dem Hilfsantrag 2 weiterverfolgten Anspruchs 1 dar. Technisch gebe es keinen Unterschied. Formale Einwände hätten deshalb schon in der Erwiderung auf die Beschwerdebegründung vorgebracht werden können und müssen. Es gebe demnach keinen neuen Sachverhalt, so dass die Änderungen im Hinblick auf Artikel 13(3) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern zumutbar seien und nichts gegen die Zulässigkeit des Haupt- und des Hilfsantrags 1 spreche.

Der ursprüngliche Anspruch 1 definiere, dass mindestens die die Dichtung aufnehmenden Vorsprünge verdickt ausgebildet seien, und beziehe sich dabei über die Bezugszeichen auf die Figur 6. Der ursprüngliche Anspruch 5 definiere, dass der Übergangsbereich ein bis drei Vorsprünge umfasse, und beziehe sich über die Bezugszeichen dabei ebenfalls auf die Figur 6. Somit sei in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung offenbart, dass bei dem Ausführungsbeispiel, bei dem die als Wellenberge ausgeführten Vorsprünge des Spitzendes dasselbe Außenprofil aufwiesen wie die Wellenberge des übrigen Bereichs des zweiten Rohrabschnitts, zwei oder mehr verdickt ausgeführte Wellenberge vorgesehen sein könnten und der Übergangsbereich ein bis drei Wellenberge aufweisen könne. Dass in der Figur 6 nur die die Dichtung zwischen sich aufnehmenden Wellenberge verdickt ausgeführt seien und der Übergangsbereich sich über drei Wellenberge erstrecke und dies auch in Absatz [0021] der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung so beschrieben sei, liege daran, dass eben in einer Figur nur eine konkrete Zahl von Wellenbergen darstellbar sei. Die allgemeinere Aussage der ursprünglichen Ansprüche 1 und 5 stelle aber die Grundlage für die entsprechenden Merkmale in den Ansprüchen des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 und 2 dar. Eine unzulässige Änderung im Sinne des Artikels 123(2) EPÜ liege somit nicht vor.

VII. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Die Ansprüche gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 seien gegenüber dem als Hilfsantrag 2 weiterverfolgten früheren Anspruch 1 vollständig umformuliert worden. Aufgrund des Standes der Technik sei dies jedoch nicht notwendig gewesen. Außerdem handele es sich nicht nur um sprachliche Änderungen oder Vereinfachungen, es gebe auch Probleme im Hinblick auf eine unzulässige Erweiterung im Sinne des Artikels 123(2) EPÜ. Der Hauptantrag und der Hilfsantrag 1 sollten deshalb als verspätet eingereicht nicht zugelassen werden.

Es gehe bei der Frage, ob in den geltenden Ansprüchen eine unzulässige Erweiterung vorliege, nicht darum, welcher Schutzbereich durch die ursprünglichen Ansprüche definiert, sondern darum, was in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung für den Fachmann offenbart gewesen sei. Bezugszeichen in einem Anspruch könnten nicht als Offenbarung im Sinne des Artikels 123(2) EPÜ gesehen werden und stellten auch keine Einschränkung dar. Gleiche Außenprofile für das Spitzende und den übrigen Bereich des zweiten Rohrabschnitts seien weder im ursprünglichen Anspruch 1 noch im ursprünglichen Anspruch 5 aufgeführt. Eine solche Ausführung sei nur im Absatz [0021] in Verbindung mit Figur 6 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung beschrieben. Dabei heiße es aber eindeutig, dass in diesem Fall nur jeweils ein Wellenberg vor und hinter der Dichtung vorhanden sei und dass in diesem Fall sich der Übergangsbereich über drei Wellenberge erstrecke. Wenn, wie in den Ansprüchen aller geltenden Anträge, mehr als zwei Wellenberge verdickt ausgeführt sein könnten und der Übergangsbereich sich über ein bis drei Wellenberge erstrecken könne, stelle dies deshalb eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung und damit einen Verstoß gegen Artikel 123(2) EPÜ dar.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Nach Artikel 13(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) steht es im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung oder Erwiderung zuzulassen und zu berücksichtigen. Bei der Ausübung des Ermessens werden insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt.

Mit der Formulierung der Ansprüche gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 wurde eine Unklarheit beseitigt, auf die die Kammer in ihrem der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Bescheid hingewiesen hatte (vgl. die Eingabe des Beschwerdeführers vom 18. Juni 2012, Seite 2, dritter Absatz). Die geänderten Ansprüche stellen deshalb eine Reaktion auf diese Mitteilung der Kammer dar. Da die neuen Anträge auch rechtzeitig eingereicht worden sind, hatten sowohl die Beschwerdegegnerin als auch die Kammer ausreichend Zeit, sich darauf vorzubereiten. Deshalb sind der Hauptantrag und der Hilfsantrag 1 zuzulassen.

3. Mit den Ansprüchen gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 und dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 wird ein Rohr-Bausatz beansprucht, bei dem die Wellenberge des Spitzendes dasselbe Außenprofil aufweisen, wie die Wellenberge des übrigen Bereichs des zweiten Rohrabschnitts.

Eine solche Ausführungsform ist in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung in Absatz [0021] beschrieben und in Figur 6 gezeigt. Sie ist aber nicht Gegenstand der ursprünglichen Ansprüche, da das Merkmal, dass das Spitzende dasselbe Außenprofil aufweist wie der übrige Rohrabschnitt, dort nicht aufgeführt ist.

In den Patentansprüchen sind Bezugszeichen aufgeführt, die gemäß Artikel 84 EPÜ 1973 in Verbindung mit Regel 29(7) EPÜ 1973 auf die entsprechenden Merkmale in den Zeichnungen hinweisen. Der Verdickungsbereich ist in den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 4 mit den Bezugszeichen 30 und 30''' versehen. Der Übergangsabschnitt ist in den ursprünglichen Ansprüchen 4 und 5 mit den Bezugszeichen 31 und 31''' versehen. Die Bezugszeichen 30 und 31 sind in den Figuren 1 bis 5 enthalten, die Bezugszeichen 30''' und 31''' in Figur 6.

Die Figuren 1 bis 5 beziehen sich auf das erste bis dritte Ausführungsbeispiel (vgl. Absatz [0006]). Bei diesen Ausführungsbeispielen erstreckt sich der Verdickungsbereich über mindestens die beiden Wellenberge beiderseits der Dichtung (vgl. Spalte 4, Zeilen 48 bis 51) und der Übergangsbereich über ein bis drei Wellenberge (vgl. Spalte 5, Zeilen 2 bis 4). Dies steht in Einklang mit dem in den Ansprüchen 1 und 5 beanspruchten Rohr-Bausatz.

Die Figur 6 hingegen bezieht sich auf ein viertes Ausführungsbeispiel, zu dem es in Absatz [0021] der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung heißt: "Das Spitzende 21''' weist einen Verdickungsbereich 30''' auf, der in diesem Fall nur jeweils einen Wellenberg 5a''' vor und hinter der Dichtung 29''' aufweist. Der Übergangsabschnitt 31''' mit abnehmender Wanddicke der Wellenberge 5b''' erstreckt sich in diesem Fall über drei Wellenberge."

Mit der zweimaligen Betonung durch jeweils den Ausdruck "in diesem Fall" wird der Fachmann deutlich darauf hingewiesen, dass es sich beim Ausführungsbeispiel der Figur 6 um einen Spezialfall im Vergleich zu den davor beschriebenen Ausführungsformen handelt. Dieser Spezialfall betrifft einen Rohr-Bausatz, bei dem die Wellenberge des Spitzendes dasselbe Außenprofil wie die Wellenberge im übrigen Bereich des zweiten Rohrabschnitts aufweisen, wobei sich "in diesem Fall" der Übergangsabschnitt 31''' über drei Wellenberge erstreckt und der Verdickungsbereich "in diesem Fall nur" zwei Wellenberge umfasst. Dieses Ausführungsbeispiel steht somit nicht in Einklang mit dem in den Ansprüchen 1 und 5 beanspruchten Rohrbausatz, denen zufolge der Verdickungsbereich mehr als zwei Wellenberge und der Übergangsabschnitt ein bis drei Wellenberge aufweisen kann. Im Gegensatz zu den Figuren 1 bis 5 wird in Zusammenhang mit der Figur 6 nicht angegeben, dass der Verdickungsbereich bzw. der Übergangsbereich auch eine andere Anzahl von Wellenbergen aufweisen könnte.

Es folgt daraus, dass die Verallgemeinerung der Ausführungsform der Figur 6 auf mehr als zwei Wellenberge im Verdickungsbereich und ein bis drei Wellenberge im Übergangsbereich keine Grundlage in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hat.

Somit sind in keiner der Fassungen der vorliegenden Anträge die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfüllt.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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