European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2012:T046909.20120524 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 24 Mai 2012 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0469/09 | ||||||||
Anmeldenummer: | 02779161.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | H01L 43/06 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Vertikaler Hall-Sensor | ||||||||
Name des Anmelders: | Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SENTRON AG | ||||||||
Kammer: | 3.4.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (ja) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das Patent Nr. 1 438 755 zurückzuweisen.
II. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragte die Einsprechende, Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Patentinhaberin, Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
III. Anspruch 1 in der erteilten Fassung lautet:
"Vertikaler Hall-Sensor, bei dem sich ein erstes elektrisch leitfähiges Gebiet (2) zur Bildung eines ersten Hall-Sensorelementes (4) senkrecht zur Oberfläche eines Substrates (1) in das Substrat (1) erstreckt und mehrere Anschlussbereiche (3) entlang einer Seitenfläche an der Oberfläche des Substrates (1) aufweist,
dadurch gekennzeichnet,
dass zumindest ein zweites, identisch aufgebautes Hall-
Sensorelement (5) parallel zum ersten Hall-Sensorelement (4) im Substrat (1) angeordnet und derart mit dem ersten Hall-Sensorelement (4) verschaltet ist, dass beim Betrieb des Hall-Sensors mit einer Spinning-Current-Technik in jeder Spinning-Current-Phase die gleiche
Kombination von Steuerstromverteilungen im Hall-
Sensor erhalten wird."
IV. Es wird auf die folgenden Dokumente Bezug genommen:
E1: R.S. Popovic, "Hall Effect Devices", 1991, ISBN 0-7503-0096-5, Seiten 188-190 und 197-203;
E2: US 4 037 150 A
E3: EP 0 548 391 A
E4: U. Falk, "A Symmetrical Vertical Hall-Effect Device"; Sensors and Actuators, A21-A23, 1990, Seiten 751-753
E5: EP 0 362 493 A
E8: E. Schurig et al., "A Vertical Hall Device in CMOS High-Voltage Technology", Transducers 01 Eurosensors XV, 11th International Conference on Solid-State Sensors and Actuators, München, 10.-14. Juni 2001 (4 Seiten)
Dl: WO 01/18556 A.
V. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Aus dem Dokument E5 sei ein vertikaler Hall-Sensor bekannt, bei dem zur Reduzierung des Offsets ein Spinning-Current-Verfahren eingesetzt werde. Aus den Dokumenten D1 und E3 sei es zudem bekannt, bei lateralen Hall-Sensoren, zur weiteren Reduzierung des Offsets, das Spinning-Current-Verfahren mit einer Parallelschaltung mehrerer Hall-Sensoren zu kombinieren. Aufgrund der Analogie zwischen lateralen und vertikalen Hall-Sensoren sei es für den Fachmann naheliegend, auch bei vertikalen Hall-Sensoren für eine weitere Reduktion des Offsets, das Spinning-Current-Verfahren mit einer Parallelschaltung von mehreren Hall-Sensoren zu kombinieren.
VI. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen wie folgt argumentiert:
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit. Aus dem Dokument E5 sei ein vertikaler Hall-Sensor bekannt, für den zur Reduzierung des Offsets ein Spinning-Current-Verfahren eingesetzt werde. Da allerdings ein vertikaler Hall-Sensor, auch wenn mittels konformer Abbildung symmetrisiert, bei den verschiedenen Betriebsstromkonfigurationen ungleiche Potentiale an den Hall-Kontakten aufweise, würde der Fachmann eine Parallelschaltung mehrerer Hall-Sensoren nicht in Betracht ziehen und dabei schon gar keine Reduzierung des Offsets erwarten. Der Grund für die Parallelschaltung im Streitpatent liege auch nicht darin, zwei Offset-Kompensationsmechanismen zu kombinieren, sondern durch die Parallelschaltung erst eine Symmetrisierung eines vertikalen Hall-Sensors zu erreichen, durch die dann mit der Spinning-Current-Technik eine wirksame Offset-Kompensation ermöglicht werde. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ergebe sich somit nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Erfinderische Tätigkeit
2.1 Dokument E5 zeigt einen vertikalen Hall-Sensor (vgl. Figur 53) mit einer durch "konforme Abbildung" aus auf dem Umfang eines Kreises punktsymmetrisch zum Zentrum des Kreises angeordneten Anschlussbereichen erhaltenen Anordnung von vier Anschlussbereichen entlang einer Seitenfläche an der Oberfläche eines Substrats (Seite 3, Zeilen 5 bis 15; Seite 5, Zeile 36 bis Seite 6, Zeile 39; Figur 53). Der Hall-Sensor besitzt somit symmetrische elektrische Eigenschaften und seine Nullspannung (Offset-Spannung) ist demnach mindestens theoretisch gleich Null (Seite 5, Zeilen 48 bis 51). In der Praxis aber wird durch Herstellungsunsymmetrien und/oder durch Rauschen immer ein kleiner, von Null verschiedener Restwert der Nullspannung vorhanden sein. Dieser Restwert der Nullspannung kann laut E5 durch eine von mehreren an sich bekannten Methoden eliminiert werden, vorzugsweise jedoch durch das in dem Dokument E2 beschriebene Spinning-Current-Verfahren (vgl. E5, Seite 6, Zeile 40 bis 44).
2.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents unterscheidet sich von dem vorstehenden, aus E5 bekannten Hall-Sensor dadurch, dass zumindest ein zweites, identisch aufgebautes Hall-Sensorelement parallel zum ersten Hall-Sensorelement im Substrat angeordnet und derart mit dem ersten Hall-Sensorelement verschaltet ist, dass beim Betrieb des Hall-Sensors mit einer Spinning-Current-Technik in jeder Spinning-Current-Phase die gleiche Kombination von Steuerstromverteilungen im Hall-Sensor erhalten wird.
Wie auch von der Beschwerdeführerin vorgebracht, ist im Hinblick auf die vorstehenden Unterschiede gegenüber E5, die ausgehend von E5 sich ergebende, zu lösende objektive Aufgabe, einen vertikalen Hall-Sensor anzugeben, der bei einem Spinning-Current-Betrieb einen deutlich reduzierten Offset ohne Gewichtung der einzelnen Spinning-Current-Phasen aufweist. Diese Aufgabe entspricht im Übrigen der im Streitpatent angegebenen Aufgabe der Erfindung (vgl. Streitpatent, Absatz [0008]).
2.3 Laut Beschwerdeführerin sind für die Reduzierung des Offsets bei horizontalen Hallelementen zwei Verfahren entwickelt worden, die sich als Standardverfahren etabliert haben und jedem Fachmann geläufig sind. Sie gehören eindeutig und unzweifelhaft zum Fachwissen des Fachmanns. Das erste Standardverfahren sei die Verwendung von zwei Hallelementen, die nebeneinander angeordnet und so miteinander verdrahtet seien, dass die durch die beiden Hallelemente fließenden Ströme um 90º zueinander rotiert seien. Das zweite Standardverfahren sei die "connection-commutation" oder auch "Spinning-Current" genannte Methode. Diese beiden Verfahren seien in der Entgegenhaltung El ausführlich erläutert (Figuren 5.4 und 4.24 und zugehörige Beschreibung). Dabei werde auch erwähnt, dass die beiden Standardverfahren der Fig. 4.24 und 5.4 sehr große Ähnlichkeit aufweisen, indem sich die Messung beim einen Standardverfahren in zeitlicher Dimension erstrecke und beim anderen Standardverfahren in räumlicher Dimension.
Die beiden Standardverfahren seien also gleichwertig, und welches Verfahren angewendet werde hänge nur von äußeren Gegebenheiten ab, wie z.B. dem Platzbedarf, der Messzeit, der gewählten IC-Technologie, etc. Die beiden Standardverfahren werden bei horizontalen Hallelementen auch in Kombination eingesetzt. Dies sei durch die Druckschriften E3 und Dl belegt.
Laut Beschwerdeführerin sei es damit zur Lösung der vorstehenden sich ausgehend von E5 stellenden Aufgabe für den Fachmann naheliegend, eine Parallelschaltung zumindest eines zweiten, identisch aufgebauten Hall-Sensorelements vorzunehmen und damit ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents zu gelangen.
2.4 Dokument E3 zeigt einen Hall-Detektor mit mehreren lateralen Hall-Sensorelementen. Die störende, durch den durch mechanische Spannungen im Kristallgefüge verursachten Piezoeffekt entstehende Offsetspannung, die oft wesentlich größer als die eigentlich zu bestimmende Hallspannung sein kann, wird mittels einer Parallelschaltung mehrerer lateraler Hall-Sensorelemente sowie einer Orthogonalschaltung (Spinning-Current-Verfahren) beseitigt (vgl. Spalte 1, Zeile 1 bis Spalte 2, Zeile 21; Spalte 2, Zeile 47 bis Spalte 5, Zeile 20).
Dokument D1 zeigt eine Anordnung von mehreren lateralen Hall-Sensorelementen zur Kompensation des Offsets des Sensorsignals, welcher einerseits durch Inhomogenitäten oder Störungen im Halbleitermaterial, die bei den Herstellungsprozessen von Halbleiterstrukturen häufig auftreten, und andererseits durch Piezoeffekte im Halbleitermaterial verursacht wird (vgl. Seite 1, letzter Absatz bis Seite 2, zweiter Absatz). Hierzu werden mehrere laterale Hall-Sensorelemente parallel verschaltet und zudem im Spinning-Current-Verfahren betrieben (vgl. Seite 3, dritter Absatz bis Seite 5, erster Absatz).
Allerdings spielen, wie von der Beschwerdegegnerin vorgebracht, Piezoeffekte bei vertikalen Hall-Sensorelementen im Vergleich zu lateralen Hall-Sensoren nur eine untergeordnete Rolle, sodass es schon aus diesem Grund zweifelhaft ist, ob der Fachmann die Dokumente E3 oder D1 in Betracht gezogen hätte.
Zudem liegt bei einem lateralen Hall-Sensor bei allen der vier verschiedenen Betriebsstromkonfigurationen im Wesentlichen das gleiche Potential an den Hallkontakten an, sodass eine beliebige Parallelschaltung problemlos möglich ist (vgl. Anlage P1, Abbildung 4 mit zugehörigem Text). Hierbei ergibt sich eine Offset-Reduktion durch die gegenseitige Kompensation von möglichen Asymmetrien in den nah aneinander liegenden Hall-Sensoren (vgl. E1, Figur 5.4 und zugehöriger Text).
Dahingegen treten, wie von der Beschwerdegegnerin vorgebracht, anders als bei lateralen Hall-Sensoren, bei vertikalen Hall-Sensoren, auch wenn diese mittels konformer Abbildung symmetrisiert sind, erheblich unterschiedliche Potentiale an den Hallkontakten bei den vier verschiedenen Betriebsstromkonfigurationen auf (vgl. Anlage P1, Abbildung 6 mit zugehörigem Text).
Aus diesem Grund würde der Fachmann eine Parallelschaltung von mehreren vertikalen Hall-Sensoren in verschiedenen Betriebsstromkonfigurationen nicht in Betracht ziehen und sich schon gar keine Reduktion des Offsets von einer solchen Parallelschaltung erhoffen.
Damit ergibt sich die beanspruchte Lösung der vorstehenden, sich ausgehend von E5 stellenden Aufgabe, eine weitere Reduzierung des Offsets zu erzielen, für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus den Dokumenten E3 oder D1.
2.5 Laut Beschwerdegegnerin liegt im Übrigen der Grund für die Parallelschaltung im Streitpatent gerade nicht darin, zwei Offset-Kompensationsmechanismen zu kombinieren, sondern durch die Parallelschaltung erst eine Symmetrisierung eines vertikalen Hall-Sensors zu erreichen, durch die dann mit der Spinning-Current-Technik eine wirksame Offset-Kompensation ermöglicht wird.
Auch für eine Symmetrisierung durch eine Parallelschaltung von mehreren vertikalen Hall-Sensoren gibt es aber im Stand der Technik keinerlei Anregung.
Vielmehr zeigen die von der Beschwerdeführerin zitierten Dokumente E4 und E5, dass die Fachwelt versucht hat, eine Symmetrisierung bei vertikalen Hall-Sensoren durch eine Verbesserung der Symmetrie des einzelnen vertikalen Hall-Elements zu erreichen.
Somit ist die Parallelschaltung auch in dieser Hinsicht für den Fachmann nicht naheliegend.
2.6 Die weiteren von der Beschwerdeführerin herangezogen Dokumente können an den vorstehenden Feststellungen nichts ändern.
Dokument E1 zeigt einen vertikalen Hall-Sensor (mit fünf Kontakten) und weist darauf hin, dass der Sensor für die Anwendung des Spinning-Current-Verfahrens zur Offset-Reduktion geeignet ist (vgl. Figur 5.6 und zugehöriger Text). Das Gleiche gilt für Dokument E8 (vgl. Kapitel "Introduction" und Figur 1 mit zugehörigem Text).
Dokument E4 befasst sich, wie etwa Dokument E5, mit mittels konformer Abbildung erhaltenen vertikalen Hall-Sensoren.
Damit zeigen diese Dokumente, insofern ihr Inhalt relevant für den beanspruchten Gegenstand ist, nicht mehr als die vorstehend berücksichtigten Entgegenhaltungen.
2.7 Aus den vorstehenden Gründen ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht in naheliegender Weise aus dem zitierten Stand der Technik und beruht damit auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973).
2.8 Die weiteren Ansprüche 2 bis 5 sind abhängig von Anspruch 1 und stellen besondere Weiterbildungen des Gegenstandes dieses Anspruchs dar. Der Gegenstand dieser Ansprüche beruht somit ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit.
2.9 Der von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit steht somit der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung nicht entgegen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.