T 0463/09 () of 17.2.2011

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2011:T046309.20110217
Datum der Entscheidung: 17 Februar 2011
Aktenzeichen: T 0463/09
Anmeldenummer: 99106622.6
IPC-Klasse: F16D 65/16
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Bremsenzuspannvorrichtung
Name des Anmelders: Wabco Radbremsen GmbH
Name des Einsprechenden: Knorr-Bremse
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Neuheit - bejaht
Erfinderische Tätigkeit - bejaht
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die am 23. Dezember 2008 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Fassung in der das Europäische Patent Nr. EP 949 433 aufrechterhalten werden kann, unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr, am 20. Februar 2009 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde begründung ist am 22. April 2009 eingegangen

II. Für die vorliegende Entscheidung haben folgende Entgegenhaltungen eine Rolle gespielt:

D1: US-A-3 895 695

D7: US-A-2 375 392

D8.2 schematische Darstellung der Bremszuspann vorrichtung gemäß Figur 3 der D7, vorgelegt von der Beschwerdegegnerin

III. Am 17. Februar 2011 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Beschwerde zurückzuweisen.

IV. Anspruch 1 lautet:

"Bremsenzuspannvorrichtung mit

einem zum Zuspannen der Bremse verschwenkbaren Zuspann hebel (5) und

einer ein zum Zuspannen der Bremse translatorisch bewegliches Betätigungsglied (6) aufweisenden Betätigungseinrichtung (3),

wobei das Betätigungsglied (6) zur Kraftübertragung im Sinne einer Zuspannung der Bremse mit dem Zuspannhebel (5) gekoppelt ist, wobei

die Kopplung des Betätigungsgliedes (6) mit dem Zuspann hebel (5) eine Bewegung des freien Endes des Zuspann hebels (5) bezüglich des Betätigungsgliedes (6) in einer quer zur Richtung (B) der Translationsbewegung des Betätigungsgliedes (6) liegenden Richtung (A) erlaubt

dadurch gekennzeichnet, daß

das Betätigungsglied mit dem freien Ende des Zuspann hebels (5) gekoppelt ist und

die Koppelung eine senkrecht zur Richtung (B) der Translationsbewegung des Betätigungsgliedes (6) verlaufende Bahn (7; 12) an dem Betätigungsglied (6) (Merkmal A)

und eine konvexe Kontur (8; 9; 11) an dem freien Ende des Zuspannhebels (5) aufweist."

Die Merkmalsbezeichnung (Merkmal A) ist von der Kammer eingefügt worden.

V. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Neuheit

D7 offenbare nicht nur alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1, sondern auch noch ein Betätigungs glied (29), das mit einem freien Ende des Zuspannhebels (28) gekoppelt ist, wobei die Kopplung eine konvexe Kontur an dem freien Ende des Zuspannhebels aufweist (siehe Figur 3).

Die von der Beschwerdegegnerin eingereichte Abbildung 8.2, die die Figur 3 der D7 im vergrößertem Maßstab darstellt, zeige außerdem einen Zustand der Koppelung, bei dem der Anlagebereich nicht auf einem einzigen Punkt beschränkt sei, sondern sich über eine ebene Fläche erstrecke, die senkrecht zur Richtung der Translations bewegung des Betätigungsglieds liege. Somit offenbare D7 auch das Merkmal A und nehme den Gegenstand des Anspruchs 1 neuheitsschädlich vorweg.

Erfinderische Tätigkeit

Unter der Annahme, dass D7 das Merkmal A nicht offenbare, beruhe dessen Gegenstand zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Ausgehend von D7 löse die Bremszuspannvorrichtung gemäß Anspruch 1 nicht die in Absatz [0006] genannte Aufgabe einer Vereinfachung der Halterung und Führung des Bestätigungsgliedes, weil diese Vorteile schon in D7 erreicht würden. Von D7 ausgehend beruhe die objektiv zu lösende Aufgabe deswegen lediglich darin, die Anlage fläche anders zu gestalten.

Der mit dieser Aufgabe betraute Fachmann, würde auf der Suche nach einer Alternativ die D1 in Betracht ziehen, die eine Bremszuspannvorrichtung mit einer Koppelung zeige, bestehend aus einem Zuspannhebel mit einer ebenen Fläche und einem Betätigungsglied mit einer konvexen Kontaktfläche. Da es dem Fachmann ohne weiteres zuzu trauen sei, eine kinematische Umkehrung der Koppelung gemäß D1 vorzusehen und sie dann auf die Brems vorrichtung nach D7 anzuwenden, gelange er auf diese Weise, ohne dabei erfinderisch tätig werden zu müssen, zum Gegenstand des Anspruchs 1.

Der im schriftlichen Verfahren vorgebrachte Einwand der unzulässigen Erweiterung des Patents wurde zurück genommen.

VI. Die Beschwerdegegnerin hat diesen Ausführungen widersprochen und im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Neuheit

Zum einen sei die Abbildung 8.2 kein Stand der Technik, sondern lediglich eine schematische Darstellung der Bremszuspannvorrichtung gemäß D7, so dass grundsätzlich aus dieser Abbildung keine Schlussfolgerungen über die Bremszuspannvorrichtung gemäß D7 zu ziehen seien. Aus Figur 3 der D7 sei hingegen klar zu entnehmen, dass die Koppelung aus zwei konvexen Kurven bestehe und sie deswegen keine zur Translationsbewegung des Betätigungs glieds senkrechte Bahn offenbare. Somit zeige D7 das Merkmal A nicht und der Gegenstand des Anspruchs 1 sei neu.

Erfinderische Tätigkeit

Die Bremszuspannvorrichtung gemäß Anspruch 1 löse sehr wohl die im Absatz [0006] gestellt Aufgabe. Durch die Reduzierung der am Betätigungsglied anliegenden Biege momente, sei dieses nämlich weniger beansprucht, so dass eine vereinfachte Gestaltung der Halterung und der Führung möglich sei.

Ferner hätte der Fachmann keinen Anlass, zunächst die Koppelung gemäß D1 in Betracht zu ziehen, diese dann aber zu ändern, bevor er sie auf die Bremszuspann vorrichtung gemäß D7 anwende. Deswegen beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Neuheit

D7 offenbart unstrittig eine Bremszuspannvorrichtung gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Ferner zeigt sie ein Betätigungsglied (29), das mit dem freien Ende eines Zuspannhebels (28) gekoppelt ist. Wie aus Figur 3 ersichtlich, weist das freie Ende des Zuspannhebels gemäß D7 auch eine konvexe Kontur auf.

Entgegen dem Vortrag der Beschwerdeführerin, offenbart D7 jedoch nicht das Merkmal A. Die von der Beschwerde gegnerin eingereichte Abbildung 8.2 stellt an sich keinen Stand der Technik dar, sondern ist nur eine schematisch dargestellte Vergrößerung der Figur 3 der D7. Deswegen darf sie nicht in Betracht gezogen werden, um die Neuheit des angegriffenen Patents in Frage zu stellen. Jegliche Schlussfolgerung über den Offenbarungs gehalt der D7 kann vielmehr nur aus dieser selbst entnommen werden.

Figur 3 der D7 zeigt, dass die Koppelung aus zwei konvexen Oberflächen gebildet ist, die sich nur an einem Punkt berühren. Ein Hinweis darauf, dass die konvexe Wölbung des Betätigungsgliedes an einer Stelle derart unterbrochen ist, dass sie eine lineare Bahn bildet, die senkrecht zur Translations bewegung des Betätigungs gliedes verläuft, ist aus D7 nicht zu entnehmen.

Deswegen ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu.

3. Erfinderische Tätigkeit

Ausgehend von der Vorrichtung gemäß D7 besteht die durch Anspruch 1 zu lösende Aufgabe im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin sehr wohl darin, eine Bremszuspannvorrichtung bereitzustellen, bei der die Halterung und Führung des Betätigungselements vereinfacht ist (siehe Absatz [0006] der Patentschrift).

Die im Merkmal A beschriebene Koppelung ermöglicht nämlich durch die Gestaltung der Kontaktfläche zwischen dem freiem Ende des Zuspannhebels und dem Betätigungs glied eine Reduzierung der auf das Betätigungs glied wirkenden Biegemomente. Wenn die Biegemomente reduziert sind, brauchen die Halterung und die Führung des Betätigungs glieds eine geringere Last aufzunehmen, so dass sie einfacher gebaut werden können.

Der Fachmann hat keinen Anlass D1 in Betracht zu ziehen, um die gestellte Aufgabe zu lösen. Diese Entgegenhaltung beschäftigt sich nämlich mit der Aufgabe, eine Brems vorrichtung bereitzustellen, bei der, nachdem die Bremse manuell gelöst wurde, diese automatisch über eine pneumatische Vorrichtung in die normale Betriebsposition zu bringen (siehe Spalte 1, Zeilen 9 bis 16). Ferner offenbart D1 auch keinen Zuspannhebel mit einem freien Ende, so dass die Geometrie der Bremsvorrichtung grundsätzlich anders ist als die gemäß D7.

Selbst wenn der Fachmann die Bremszuspannvorrichtung gemäß D1 dennoch in Betracht ziehen sollte, würde er die in D1 gezeigte Koppelung von Zuspannhebel und Betätigungs glied als ganze Einheit in die Brems zuspannvorrichtung gemäß D7 einsetzen. Dabei würde er zu einer Koppelung gelangen, bei der das Betätigungsglied eine konvexe Bahn und der Zuspannhebel eine ebene Kontaktfläche aufweisen würde, die nicht senkrecht zur Translations bewegung des Betätigungsglieds ist.

Es ist auch kein Grund erkennbar, der den Fachmann veranlassen würde, die Gestaltung der Kontakt oberflächen der Koppelung gemäß D1 kinematisch umzukehren. Dabei ist zu beachten, dass es nicht darum geht, ob der Fachmann D1 hätte ändern und ihre Lehre in D7 einfügen können, sondern darum, ob er ohne Kenntnis der Erfindung einen Anreiz hierfür gehabt hätte oder nicht.

Da es also nicht naheliegend ist, die Koppelung gemäß D1 überhaupt für die Vorrichtung nach D7 vorzusehen, geschweige denn, sie vor dem Einfügen in die Brems vorrichtung gemäß D7 kinematisch umzukehren, beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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