T 0371/09 () of 13.5.2013

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2013:T037109.20130513
Datum der Entscheidung: 13 Mai 2013
Aktenzeichen: T 0371/09
Anmeldenummer: 05789501.3
IPC-Klasse: G01S 17/02
G01S 17/06
G01S 17/89
G01S 17/93
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung zur optischen Überwachung von Raumbereichen
Name des Anmelders: Odos imaging Ltd
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 108
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention R 99
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja) - nicht naheliegende Änderung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung mit der europäischen Veröffentlichungsnummer 1 794 619 (Anmeldenummer 05 789 501.3) wurde mit der am 4. November 2008 zur Post gegebenen Entscheidung der Prüfungsabteilung zurückgewiesen.

Die Prüfungsabteilung wies die Anmeldung aufgrund fehlender Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 zurück.

II. Am 22. Dezember 2008 legte die Anmelderin (Beschwerdeführerin) gegen diese Entscheidung Beschwerde ein und entrichtete gleichzeitig die Beschwerdegebühr. Die Beschwerdebegründung ging am 2. Februar 2009 ein.

III. Mit der Beschwerdeschrift beantragte die Beschwerdeführerin "den Beschluss über die Zurückweisung der Patentanmeldung aufzuheben".

Mit der Beschwerdebegründung wurde "Zur Klarstellung und zur gleichzeitigen Abgrenzung zum Stand der Technik" ein "neuer Patentanspruchssatz" eingereicht. Es wurde beantragt, "die Zurückweisung der Patentanmeldung aufzuheben."

Mit Schreiben vom 3. Mai 2011 wurde hilfsweise ein Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.

IV. Am 28. Februar 2013 wurde der Beschwerdeführer zu einer für den 13. Mai 2013 anberaumten mündlichen Verhandlung geladen.

V. In einem Bescheid der Kammer vom 12. März 2013 wurde die Zulässigkeit der Beschwerde aufgrund des sehr sparsamen Inhalts der Beschwerdebegründung in Frage gestellt. Zudem bezweifelte die Kammer, dass manche Änderungen eine Basis in der ursprünglichen Offenbarung hatten. Neuheit und erfinderische Tätigkeit wurden auch diskutiert, wobei die Entgegenhaltung D5 (GB-A-2 381 684) als besonders relevant hervorgehoben wurde.

VI. In Reaktion auf den Bescheid wurden neue Anträge gestellt, wobei vier Anspruchssätze eingereicht wurden, die als Basis eines neuen Hauptantrags und drei Hilfsanträgen dienen sollten.

VII. Am 13. Mai 2013 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

VIII. Als einziger abschließender Antrag beantragte die Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen zu erteilen:

- Ansprüche 1-7 eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2013,

- Beschreibungsseiten 1, 2, 2a, 3-11 eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2013,

- Zeichnungsblätter 1/4 - 4/4 der veröffentlichten Anmeldung.

IX. Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Vorrichtung zur Überwachung von Raumbereichen mit einem Strahlungspulsbündel (11) aussendenden Sender (10) und einem Empfänger (2), dem über eine im Strahlengang vor dem Empfänger (2) angeordnete Optik (4, 5, 6) ein Gesichtsfeld (8, 17, 23, 33) zugeordnet ist und der die vom Sender (10) in das Gesichtsfeld (8, 17, 23, 33) ausgesandten Strahlungspulsbündeln (11) empfangt, sowie mit einer mit dem Empfänger (2) und dem Sender (10) verbundenen Auswerteeinheit (12), die der Bestimmung der Laufzeit der Strahlungspulsbündeln (11) dient, wobei der Sender (10) das Gesichtsfeld (8, 17, 23, 33) mit Strahlungspulsbündeln (11) beaufschlagt, die jeweils einen Teil des Gesichtsfelds (8, 17, 23, 33) abdecken, wobei der Auswerteeinheit (12) bei der Bestimmung der Laufzeit der Strahlungspulsbündel (11) Informationen über die Richtung des jeweiligen Strahlungspulsbündels (11) zur Verfügung stehen, wobei der Empfänger (2) eine Sensorzeile mit einer einzigen Reihe von nebeneinander angeordneten Sensorelementen (3) aufweist, denen jeweils im Gesichtsfeld nebeneinander liegende Gesichtsfeldstreifen zugeordnet sind, und wobei die Optik (4, 5, 6) eine Zylinderlinse (6) aufweist,

dadurch gekennzeichnet, dass

die Zylinderachse der Zylinderlinse (6) parallel zu der Sensorzeile angeordnet ist, damit die Optik (4, 5, 6) das Gesichtsfeld (8, 17, 23, 33) anamorphotisch auf den Empfänger (2) transformiert und somit die in den einzelnen Gesichtsfeldstreifen erfasste Strahlung von dem jeweiligen Sensorelement des Empfängers aufgenommen wird, unabhängig davon, wo das Strahlungspulsbündel entlang dem Gesichtsfeldstreifen (9) auftrifft."

Ansprüche 2 bis 7 sind abhängige Ansprüche.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Beschwerde

1.1 Die Beschwerdeschrift erfüllt alle Erfordernisse des Artikels 108 EPÜ und der Regel 99(1) EPÜ.

1.2 Die Beschwerdebegründung wurde rechtzeitig eingereicht.

Als Begründung wurde angegeben, dass die Entgegenhaltung D5 beim Vergleich mit der vorliegenden Patentanmeldung nicht korrekt gewürdigt worden sei. Die Offenbarung von D5 wurde kurz umrissen und mit der in der vorliegenden Anmeldung beschriebenen Vorrichtung verglichen. Es wurde somit versucht, den Unterschied zwischen D5 und der vorliegenden Anmeldung zu erklären.

Obwohl die angegebenen Argumente sich nicht mit jedem einzelnen Detail der Begründung der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen, stellen sie trotzdem einen Versuch dar, die Gründe anzugeben, aus denen sich aus Sicht der Beschwerdeführerin die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung ergibt. Auch der geänderte Anspruchssatz, der mit der Beschwerdebegründung eingereicht worden war, stellt einen Versuch dar, die vermeintlichen Unterschiede zu D5 klarzustellen. Ob die angegebenen Argumente ausreichen, um einen überzeugenden Sachvortrag darzustellen, oder ob eine Abgrenzung zum Stand der Technik wirklich durch die eingereichten Änderungen erfolgt, spielt bei der Frage der Zulässigkeit der Beschwerde keine Rolle.

Da die Anmeldung lediglich wegen fehlender Neuheit zurückgewiesen worden war, besteht kein Bedarf zu den Einwänden, die in dem Kapitel "Weiterführende Bemerkungen" der angefochtenen Entscheidung aufgelistet sind, in der Beschwerdebegründung Stellung zu nehmen, da diese Bemerkungen letztlich nicht zur angefochtenen Entscheidung geführt haben und diese auch nicht begründen.

Somit erfüllt die Beschwerdebegründung alle Erfordernisse des Artikels 108 EPÜ und der Regel 99(2) EPÜ.

1.3 Die Beschwerde ist daher zulässig.

2. Änderungen

2.1 Die Änderungen der Anmeldungsunterlagen entsprechen den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ. Insbesondere ist der Gegenstand des Anspruchs 1 aus den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1, 6 und 7, sowie aus Seite 3, Zeilen 2-7; Seite 4, Zeilen 10-14, 30-32; Seite 8, Zeilen 6-8 und Figur 1 der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen ableitbar.

3. Die Erfindung

3.1 Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Überwachung von Raumbereichen. Die Vorrichtung enthält einen Sender, der Strahlungspulse aussendet, einen Empfänger, der die vom Sender ausgesandten Strahlungspulse empfängt, sowie eine Auswerteeinheit, die mit dem Sender und dem Empfänger verbunden ist und der Bestimmung der Laufzeit der Strahlungspulse dient. Dem Empfänger ist über eine Zylinderlinse ein Gesichtsfeld zugeordnet. Der Sender beaufschlagt das Gesichtsfeld mit Strahlungspulsbündeln, die das Gesichtsfeld jeweils nur teilweise abdecken.

Der Empfänger besteht aus einer einzigen Zeile von nebeneinander angeordneten Sensorelementen, denen im Gesichtsfeld jeweils nebeneinander liegende Gesichtsfeldstreifen zugeordnet sind. Die Zylinderachse der Zylinderlinse ist parallel zu dieser Sensorzeile angeordnet, damit die Gesichtsfeldstreifen auf den entsprechenden Sensorelementen "anamorphotisch" abgebildet werden. Somit wird die Strahlung aus der gesamten Länge jedes Gesichtsfeldstreifens auf das entsprechende Sensorelement gebündelt. Die anamorphotische Abbildung ermöglicht ein günstiges Signal-zu-Rausch Verhältnis, da jedes Sensorelement nur die in den jeweiligen Gesichtsfeldstreifen einfallende Strahlung empfängt und das aus den Gesichtsfeldstreifen kommende Licht auf das entsprechende Empfängerelement "komprimiert" wird. Der Empfänger kann folglich mit der maximal möglichen Lichtmenge beaufschlagt werden. Somit kann eine Bestimmung der Laufzeit der Strahlungspulse mit einer hohen Genauigkeit erfolgen.

4. Die Offenbarung von D5

4.1 D5 stellt den nächstliegenden Stand der Technik dar. Die in D5 offenbarte Anordnung gemäß Figur 2ist sehr ähnlich zu der beanspruchten Vorrichtung. Ein Gesichtsfeld wird zeilenweise durch gepulste Lichtstrahlungsbündel abgetastet und das zurückgeworfene Licht wird über eine Zylinderlinse 52 auf eine Empfängerzeile 48 gebrochen. In D5 ist die Achse der Zylinderlinse 52 jedoch senkrecht zu der Empfängerzeile 48 angeordnet. Da es keine Brechung parallel zu der Zylinderachse gibt, wird das Licht aus den objektseitigen senkrechten Gesichtsfeldstreifen mittels der Zylinderlinse bildseitig in eine Linie transformiert, die senkrecht zu der Empfängerzeile angeordnet ist und diese lediglich schneidet.

5. Neuheit

5.1 In vorliegendem Anspruch 1 ist die Achse der Zylinderlinse parallel zu der Empfängerzeile angeordnet und nicht, wie in der Vorrichtung von D5, senkrecht dazu.

Der Gegenstand von Anspruch 1 ist daher neu.

6. Erfinderische Tätigkeit

6.1 Ausgehend von D5, müsste die Zylinderlinse um 90º gedreht werden, um an den Gegenstand von Anspruch 1 zu gelangen. Eine Drehung der Zylinderlinse um 90º würde jedoch die Funktionsweise von D5 dadurch komplett verhindern, dass die in den Gesichtsfeldstreifen beleuchteten Punkte nicht mehr als senkrechte Brennlinien auf den Empfänger auftreffen würden. In Abwesenheit jeglicher Hinweise aus der in dem Prüfungsverfahren zitierten Druckschriften, dass die senkrechte Anordnung der Zylinderlinse mit Bezug auf die Empfängerzeile von D5 geändert werden sollte, gibt es für den Fachmann keine Motivation eine solche konstruktive Änderung vorzunehmen. Folglich ergibt sich der Gegenstand von Anspruch 1 nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.

6.2 Bezüglich der anamorphotischen Abbildung auf der Empfängerzeile argumentierte die Prüfungsabteilung, dass das Fokussieren von Strahlung aus einem streifenförmigen Detektionsbereich auf eine Photodiode eine anamorphotische Abbildung sei. Ein optisches System, das eine solche Abbildung bewirke, sei eine anamorphotische Optik. Insbesondere sei die Zylinderlinse 52 (D5, Figur 2) eine anamorphotische Optik, da sie unterschiedliche Abbildungsmaßstäbe in zwei Achsen erzeuge. Die Richtung, in welcher die Zylinderlinse vor der Empfängerzeile angeordnet sei, hänge von der genauen Ausgestaltung der (gesamten) Optik ab. Wenn der Fachmann eine Linie des Gesichtsfeldes unter Verwendung einer zylindrischen Optik auf eine Photodiode der Empfängerzeile abbilden wolle, könne er ohne weiteres die entsprechende Ausgestaltung der Optik konstruieren. Deshalb seien keine genaueren Details bezüglich der Orientierung der Zylinderlinse in der Beschreibung von D5 dargestellt.

6.3 Die Kammer stimmt diesen Bemerkungen nur insofern zu, dass der Fachmann weiß, in welcher Orientierung eine Zylinderlinse mit Bezug auf eine Sensorzeile angeordnet sein sollte, um eine anamorphotische Abbildung auf der Sensorzeile zu bewirken. Es ist auch richtig, dass die genaue Ausgestaltung der Empfängeroptik in der Beschreibung von D5 nicht erläutert wird. Dennoch ist aus Figur 2 klar, dass die Zylinderlinse 52 senkrecht zu der Empfängerzeile angeordnet ist. Somit erfolgt keine anamorphotische Abbildung in D5.

Obwohl in D5 beschrieben wird, dass Licht aus den Gesichtsfeldstreifen mittels der Zylinderlinse auf den entsprechenden Sensorelementen fokussiert wird (Seite 5, Zeilen 8-9), ist die Kammer der Meinung, dass sich dieses Fokussieren lediglich auf das bildseitige Bündeln von Licht zu einer Brennlinie, die senkrecht zu der Empfängerzeile verläuft, bezieht.

6.4 In D5 wird kurz diskutiert, wie die Detektionseffizienz (mit Bezug auf die empfangene Lichtmenge) erhöht werden kann. Aus dieser Diskussion würde der Fachmann erkennen, dass das Signal-zu-Rausch Verhältnis von D5 verbesserungswürdig ist.

Wie die Beschwerdeführerin jedoch argumentierte, lehrt D5 die Fläche der Sensorelemente zu vergrößern, um die Detektionseffizienz zu steigern. Insbesondere, das Vorsehen von länglichen Empfängerelementen, deren lange Seiten sich entlang der abgebildeten Brennlinien erstrecken, ermöglicht einen größeren Teil des von der Zylinderlinse eingefangenen Lichts auf dem Empfängerelement zu detektieren. Demzufolge wird der Fachmann aufgrund der Lehre von D5 veranlasst, ein anderer Weg einzuschlagen, als das durch die Erfindung vorgeschlagene Vorgehen.

Selbst wenn der Fachmann also ein verbessertes Signal-zu-Rausch Verhältnis anstreben würde, kann es nicht als naheliegend angesehen werden, die Optik derart zu gestalten, dass das Licht aus den jeweiligen Gesichtsfeldstreifen auf den entsprechenden Sensorelementen anamorphotisch "komprimiert" wird.

6.5 Somit beruht die Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 52(1) EPÜ, Artikel 56 EPÜ 1973).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

Ansprüche:

1-7 eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2013,

Beschreibung:

Seiten 1, 2, 2a, 3-11 eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 13. Mai 2013,

Zeichnungen:

Seiten 1/4 - 4/4 der veröffentlichten Anmeldung.

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