T 0357/09 () of 22.11.2011

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2011:T035709.20111122
Datum der Entscheidung: 22 November 2011
Aktenzeichen: T 0357/09
Anmeldenummer: 03405643.2
IPC-Klasse: B42D 1/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Büchlein mit personalisiertem Datenblatt
Name des Anmelders: Trüb AG
Name des Einsprechenden: GIESECKE & DEVRIENT GmbH
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54(2)
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 101(3)(a)
European Patent Convention Art 100
Schlagwörter: Klarheit, Hauptantrag (ja)
Neuheit und erfinderische Tätigkeit, Hauptantrag (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) legte Beschwerde ein gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 1 502 765 in geänderter Form gemäß Hauptantrag der Patentinhaberin aufrecht zu erhalten.

II. Der Einspruch war gegen das Streitpatent in vollem Umfang eingelegt worden und mit einem Mangel an Neuheit und erfinderischer Tätigkeit (Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) EPÜ) begründet worden.

III. In der Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 17. August 2011 wurde den Parteien die vorläufige Auffassung der Kammer mitgeteilt. Dabei wies die Kammer unter Bezugnahme auf das Dokument D15 darauf hin, dass unter anderem der Begriff "Maschenöffnungen" erörterungsbedürftig sei.

IV. Am 22. November 2011 fand vor der Beschwerdekammer eine mündliche Verhandlung statt.

V. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 502 765.

VI. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen als Hauptantrag, oder hilfsweise das Patent auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 13 gemäß dem am 21. Oktober 2011 eingereichten Hilfsantrag aufrecht zu erhalten.

VII. Der Wortlaut der unabhängigen Ansprüche 1 und 4 in der von der Einspruchsabteilung aufrecht erhaltenen Fassung (Hauptantrag) ist wie folgt:

"1. Verfahren zur Herstellung eines Büchleins, insbesondere eines Ausweises, wobei dieses Büchlein (1) zwischen einem Umschlag (23) mehrere Blätter (31) aufweist und jedes Blatt eine Vorderseite und eine Rückseite besitzt und wenigstens eine Datenseite (2, 24-27,37) vorgesehen ist, die fest mit dem Umschlag (23) verbunden ist, wobei die Datenseite (2, 24-27, 37) wenigstens eine flexible Schicht (3-7, 38) aufweist und diese flexible Schicht (3-7, 38) mit einem Bereich (3b, 4b, 5b, 6b, 7b) aus einem Datenträger (9, 11, 13, 14, 18, 4l) herausragt und an diesem Bereich (3b, 4b, 5b, 6b, 7b) mit dem Umschlag (23) und den übrigen Blättern (31) verbunden wird, wobei die flexible Schicht (3-7, 38) wenigstens in einem weiteren Bereich (3a, 4a, 5a, 6a, 7a, 38a) Durchbrüche (15, 17) aufweist, die als weitere Verbindungsmittel verwendet werden, um den Datenträger (9, 11, 13, 14, 18, 41) im Wesentlichen unlösbar mit der flexiblen Schicht (3-7, 38) zu verbinden, und wobei die flexible Schicht (3-7, 38) ein Textil ist, dadurch gekennzeichnet, dass die flexible Schicht (3-7, 38) zwei äussere Schichten (38a, 38b) oder eine innere Schicht bildet, dass die flexible Schicht (3-7, 38) durch Laminieren mit dem Datenträger (8, 9, 11, 13, 14, 18, 41) verbunden wird, wobei sich an den Durchbrüchen (15, 17) Schweissstellen bilden, welche die flexible Schicht (4, 7, 38) bzw. die flexiblen Schichten mit dem Datenträger im Wesentlichen unlösbar verbinden, wobei die Durchbrüche (15, 17) Maschenöffnungen des Textils sind."

"4. Datenseite für ein gemäss Anspruch 1 hergestelltes Büchlein, mit einer flexiblen Schicht und einem Datenträger, wobei die flexible Schicht (3-7, 38) als weitere Verbindungsmittel in einem weiteren Bereich (3a, 4a, 5a, 6a, 7a, 8a) Durchbrüche (15, 17) aufweist und die flexible Schicht (3-7, 38) mit dem Datenträger (9, 11, 13, 14, 18, 41) verbunden ist, wobei die flexible Schicht(3-7, 38) ein Textil, insbesondere ein Gewebe oder ein Gewirke ist, dadurch gekennzeichnet, dass die flexible Schicht (3-7, 38) durch Laminieren mit dem Datenträger (9, 11, 13, 14,) verbunden ist, wobei an den Durchbrüchen (15, 17) Schweissstellen gebildet sind, welche die flexible Schicht (3-7, 38) mit dem Datenträger (9, 11, 13, 14, 18, 41) verbinden, wobei die Durchbrüche (15, 17) Maschenöffnungen des Textils sind."

VIII. In der vorliegenden Entscheidung wird Bezug genommen auf die Dokumente

D2: EP-B1-1 008 459

D13: GB-A-2 135 632

D14: DE-A-38 31 996

D15: Grundlagen der Maschenwarentechnologie, VEB Fachbuchverlag Leipzig, 1978, S. 12-13.

IX. Der Vortrag der Beschwerdeführerin zu den Patentansprüchen nach dem Hauptantrag war im Wesentlichen wie folgt:

Klarheit

Anspruch 4 nach dem Hauptantrag sei nicht klar, da einerseits erwähnt sei, dass das Textil insbesondere ein Gewebe oder Gewirke sein könne, das Textil aber andererseits Maschenöffnungen aufweise. Da Gewebe aber keine Maschen und somit auch keine Maschenöffnungen hätten, sei die Formulierung des Anspruchs widersprüchlich und erfülle daher nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ.

Neuheit

Das Merkmal des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag "wobei sich an den Durchbrüchen Schweissstellen bilden, welche die flexible Schicht bzw. die flexiblen Schichten mit dem Datenträger im wesentlichen unlösbar verbinden, wobei die Durchbrüche Maschenöffnungen des Textils sind" erfordere lediglich, dass Schweißstellen an den Durchbrüchen gebildet würden. Dies bedeute nicht notwendigerweise, dass das Schweißmaterial durch die gesamte Dicke der flexiblen Schicht fließe. Das in der Druckschrift D2 mit dem Laminat (1) zu verbindende Band (2) könne ausweislich der Spalte 4, Zeile 56, ein Textilband sein, das insbesondere aufgrund seiner geringen Dicke von 0,1 bis 0,4 mm inhärent Zwischenräume und somit auch Durchbrüche im Sinne des Streitpatents aufweise. Beim Verschweißen des Laminates (1) mit dem Streifen (8) werde zwangsläufig geschmolzenes Material in die benachbarten Zwischenräume des Bandes (2) eindringen. Eine mechanische Verbindung zwischen Laminat, Streifen und Band bestehe somit nicht nur in Form von Zapfen (10), sondern auch aufgrund des Eindringens von Schmelze in das Textilband im Bereich der Verschweißung.

Daher seien sämtliche Merkmale von Anspruch 1 zumindest inhärent in der Druckschrift D2 offenbart.

Erfinderische Tätigkeit

Um das aus der Druckschrift D2 bekannte Verfahren auszuführen, würde der Fachmann ein einfaches, flaches Schweißwerkzeug wählen, um den Streifen über seine gesamte Länge mit dem Band und dem Laminat zu verschweißen. Es wäre für den Fachmann offensichtlich, dass dadurch die mechanische Verbindung der Schweißpartner noch verbessert werden könne. Somit sei allein schon durch den Hinweis in der Druckschrift D2, ein Textilband zu verwenden, der Weg zum beanspruchten Gegenstand eröffnet.

Zudem offenbarten auch die Dokumente D13 oder D14 ein Laminieren von textilem Gewebe mit polymeren Deckschichten, bei dem der erweichte Kunststoff durch die groben Maschen hindurch trete.

Somit beruhe der Gegenstand von Anspruch 1 im Hinblick auf die Lehre der Druckschrift D2 allein oder in Kombination mit den Dokumenten D13 oder D14 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

X. Die Beschwerdegegnerin brachte hinsichtlich des Hauptantrags im Wesentlichen folgende Argumente vor:

Klarheit

Der Begriff "Maschenöffnungen" sei nicht auf Wirkwaren beschränkt, sondern bezeichne allgemein herstellungsbedingte Öffnungen zwischen den Fäden eines Textils. Da auch Gewebe derartige Maschenöffnungen aufwiesen, bestehe in dieser Hinsicht kein Widerspruch. Der Gegenstand von Anspruch 4 erfülle daher die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ.

Neuheit

Im Dokument D2 sei die Verwendung eines Textilbandes nur am Rande erwähnt und nicht in Kombination mit den übrigen Verfahrenschritten offenbart. Auch sei dort nicht gezeigt, dass das Textilband Maschenöffnungen als Durchbrüche aufweise, an denen Schweißstellen gebildet würden.

Erfinderische Tätigkeit

Wenn man von Dokument D2 als nächstkommendem Stand der Technik ausgehe, stelle sich dem Fachmann die Aufgabe, die Manipulationssicherheit des Büchleins durch eine verbesserte Einbindung der Datenseite zu erhöhen. Die beanspruchte Lösung, nämlich die vorhandenen Maschenöffnungen für das Herstellen einer im wesentlichen unlösbaren mechanischen Verbindung zu nutzen, sei im Stand der Technik nicht offenbart oder nahegelegt.

Der Argumentation der Beschwerdeführerin könne schon deshalb nicht gefolgt werden, da die Lösung nach der Druckschrift D2 auf eine lokale mechanische Verbindung an den Zapfen abziele. Das Dokument D2 biete dem Fachmann keinen Grund, von dieser Lösung abzurücken und eine vollflächige Verbindung anzustreben, für die er zudem erst ein passendes Textil und geeignete Schweißparameter eruieren müsste.

Zudem sei der Gegenstand der Dokumente D13 und D14 weit von der beanspruchten Erfindung entfernt, sodass der Fachmann diese Druckschriften auf der Suche nach einer Lösung nicht in Betracht ziehen würde.

Insgesamt beruhe der Vortrag der Beschwerdeführerin auf einer rückschauenden Betrachtung.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag

1.1 Klarheit

Während mangelnde Klarheit für sich genommen keinen Einspruchsgrund nach Artikel 100 EPÜ darstellt, sieht Artikel 101(3) a) EPÜ vor, dass im Fall von Änderungen des Schutzbegehrens im Einspruchsverfahren zu prüfen ist, ob es durch die Änderungen zu einem Verstoß gegen eines der Erfordernisse des EPÜ, einschließlich jener des Artikels 84 EPÜ, kommt.

Da der vor der Beschwerdeführerin geltend gemachte Klarheitsmangel eine während des Einspruchsverfahrens vorgenommenen Einschränkung in Anspruch 4 betrifft, ist im vorliegenden Fall eine Prüfung der Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ möglich.

Ob jedoch in Anspruch 4 tatsächlich ein Widerspruch zwischen dem Begriffen "Maschenöffnungen" und "Gewebe" besteht, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, hängt wesentlich von der Interpretation des Begriffs "Maschenöffnungen" ab: Folgt man einer engen Auslegung, wie sie auf dem Gebiet der Textilherstellung üblich und beispielsweise im Dokuments D15 offenbart ist, impliziert das Merkmal der Maschenöffnungen das Vorhandensein von Maschen, also von Schleifen als Resultat eines Strick- oder Wirkverfahrens, nicht aber eines Webverfahrens.

Folgt man hingegen, wie von der Beschwerdegegnerin vorgeschlagen, einer breiteren Interpretation des strittigen Begriffs durch einen nicht ausschließlich auf die Textilherstellung spezialisierten Fachmann, fallen allgemein herstellungsbedingte Öffnungen zwischen den Fäden eines Textils, also auch eines Gewebes, unter den Begriff "Maschenöffnungen". In diesem Zusammenhang ist ebenfalls zu beachten, dass die sogenannte Maschenweite ein üblicher Parameter für die Charakterisierung von Netzen oder Sieben unabhängig von ihrem Herstellungsverfahren ist.

Die Auslegung des Begriffs hängt also wesentlich von der Qualifikation des Fachmannes ab, der im vorliegenden Fall anzusetzen ist. Beide Parteien stellen in ihrem Vortrag zur erfinderischen Tätigkeit darauf ab, dass mit Hilfe der vorliegenden Erfindung die Verbindung der Datenträgerschicht mit dem Textil verbessert werden soll, indem an den Maschenöffnungen des Textils Schweißstellen gebildet werden, um die Datenträgerschicht mit dem Textil unlösbar zu verbinden.

Da die genannte Zielsetzung also nicht die Herstellung des Textils berührt, sondern in erster Linie das Verbinden von Textil und Datenträger mittels eines Schweißvorgangs betrifft, ist der im vorliegenden Fall anzusetzende Fachmann nicht ausschließlich auf die Textilherstellung spezialisiert, sondern ein auch auf dem Gebiet der Werkstoffkunde versierter Ingenieur.

Nach Auffassung der Kammer wird ein derart qualifizierter Fachmann, wie oben erläutert, von einer breiten Auslegung des Begriffs "Maschenöffnungen" ausgehen.

Auch die Lehre des Streitpatents selbst gibt dem fachkundigen Leser keinen Anhaltspunkt für eine enge Interpretation des strittigen Begriffs. Die Offenbarung von Maschenöffnungen erfolgt dort generell unabhängig von der Option, ein Gewirke als Textil einzusetzen. So wird beispielsweise in Absatz [0023] des Streitpatents erklärt, dass die flexible Schicht ein Gewebe sein könne, dass Durchbrüche vorgesehen seien, in denen Verbindungsstellen gebildet wären, wobei die Durchbrüche auch Maschenöffnungen eines Textils sein könnten.

Damit wird auch aus der Gesamtoffenbarung des Streitpatents deutlich, dass im vorliegenden Fall mit

dem Begriffs "Maschenöffnungen" allgemein herstellungsbedingte Öffnungen zwischen den Fäden eines Textils gemeint sind.

Dieser Interpretation folgend sieht die Kammer in Anspruch 4 keinen Widerspruch zwischen den Begriffen "Maschenöffnungen" und "Gewebe". Diesbezüglich liegt somit keine Verletzung der Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ vor.

1.2 Neuheit

Die Beschwerdeführerin bestreitet die Neuheit des Gegenstands der unabhängigen Ansprüche 1 und 4 auf Grundlage der Offenbarung des Dokuments D2. Da dort beim Verschweißen des Laminates (1) mit dem Streifen (8) zwangsläufig geschmolzenes Material in die benachbarten Zwischenräume des Bandes (2) eindringen werde, bilde sich so eine mechanische Verbindung zwischen Laminat, Streifen und Band.

Diesem Argument kann die Kammer nicht folgen.

Das Verfahren nach Anspruch 1 des Hauptantrags erfordert unter anderem, dass "sich an den Durchbrüchen Schweissstellen bilden, welche die flexible Schicht bzw. die flexiblen Schichten mit dem Datenträger im Wesentlichen unlösbar verbinden, wobei die Durchbrüche Maschenöffnungen des Textils sind."

Demgegenüber stellt die Lehre der Druckschrift D2 darauf ab, dass die Verbindung zwischen Laminat, Streifen und Textilband durch ein Verschweißen des Streifens und des Laminats an den dafür vorgesehenen Zapfen erfolgt. Dafür, dass bei diesem Schweißvorgang Schmelze in die Maschenöffnungen des Textilbandes eindringt und so weitere Schweißstellen bildet, gibt es in der Druckschrift D2 keine explizite Offenbarung. Auch für die Behauptung der Beschwerdeführerin, ein derartiger Vorgang trete im Verfahren nach Dokument D2 zwangsläufig auf, gibt es keine Anhaltspunkte. Das Eindringen der Schmelze ist vielmehr abhängig von einer Kombination von Einflussfaktoren wie der Gestaltung der Zapfen und der Aussparungen im Textilband, der Größe der Maschenöffnungen des Textilbandes, der Materialwahl von Zapfen und Laminat und der gewählten Schweißparameter wie Druck und Temperatur.

Da die Druckschrift D2 diesbezüglich außer allgemeiner Hinweise auf prinzipiell in Frage kommende Kunststoffmaterialien (vgl. beispielsweise Absätze [0013], [0014] und [0017]) keinerlei Informationen enthält, kann das Ausbilden von Schweißstellen an den Maschenöffnungen des Textils in Dokument D2 weder als explizit, noch als implizit offenbart angesehen werden. Sogar unter der hypothetischen Annahme, dass tatsächlich Kunststoffschmelze in die Maschenöffnungen des Textilbands eindringt, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass diese eine im wesentlichen unlösbare Verbindung zwischen Textilband und Datenträger bildet, wie in Anspruch 1 gefordert.

Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass sich das Verfahren nach Anspruch 1 von der Offenbarung des Dokuments D2 zumindest dadurch unterscheidet, dass "sich an den Durchbrüchen Schweissstellen bilden, welche die flexible Schicht bzw. die flexiblen Schichten mit dem Datenträger im Wesentlichen unlösbar verbinden, wobei die Durchbrüche Maschenöffnungen des Textils sind."

Der Gegenstand von Anspruch 1 ist also neu im Sinne des Artikel 54(2) EPÜ.

Aus analogen Gründen sieht die Kammer auch den Gegenstand der Ansprüche 4 und 9 als neu im Hinblick auf die Druckschrift D2 an.

1.3 Erfinderische Tätigkeit

Die Beschwerdeführerin geht von Dokument D2 als nächstkommendem Stand der Technik aus. Sie bringt im Wesentlichen vor, dass der Fachmann ein einfaches, flaches Schweißwerkzeug wählen würde, um den Streifen über seine gesamte Länge mit dem Band und dem Laminat zu verschweißen.

Es wäre für den Fachmann allein durch den Hinweis auf ein Textilband in der Druckschrift D2 offensichtlich, dass dadurch die mechanische Verbindung der Schweißpartner noch verbessert werden könne.

Zudem offenbarten auch die Dokumente D13 oder D14 ein Laminieren von textilem Gewebe mit polymeren Deckschichten, bei dem der erweichte Kunststoff durch die groben Maschen hindurch trete.

Somit beruhe der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Diese Argumentationslinie kann die Kammer aus folgenden Gründen jedoch nicht überzeugen.

Hinsichtlich der Verbindung von Streifen und Laminat offenbart die Druckschrift D2 neben der Möglichkeit des Klebens auch die Option, die beiden Teile zu verschmelzen, beispielsweise mittels Ultraschallschweißens (vgl. Absatz [0017]: "The material for the strip 8 preferably is the same as the material of the laminate 1, so that a connection can be accomplished by melting together, for instance by ultrasonic welding. Alternatively another material can be used for the strip 8, but this should then be suitable to be able to form a connection with the laminate 1 in another way, for instance by gluing together."). Mögliche Ausgestaltungen dafür in Frage kommender Schweißwerkzeuge werden im Dokument D2 jedoch nicht offenbart.

Zudem soll nach der expliziten Lehre der Druckschrift D2 die Schweißverbindung an den dafür vorgesehenen Zapfen, d.h. lokal erfolgen. In Einklang damit wird im oben zitierten Absatz [0017] des Dokuments D2 als einziges konkretes Schweißverfahren das Ultraschallschweißen genannt.

Insofern bietet die Lehre des Dokuments D2 auch in dieser Hinsicht dem Fachmann keinen Grund, von einem lokalen Verschweißen abzurücken und ein linienförmiges oder vollflächiges Verschweißen in Betracht zu ziehen.

Sogar unter der Annahme, dass der Fachmann für ein linienförmiges oder vollflächiges Verschweißen ein einfaches, flaches Werkzeug wählen würde, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, wäre dieser Schritt allein nicht ausreichend, um den Streifen über seine gesamte Länge mit dem Band und dem Laminat zu verschweißen. Das Schweißwerkzeug müsste nicht nur über die gesamte Länge des Streifens auf Schweißtemperatur gehalten werden, auch die bereits genannten Einflussfaktoren wie die Gestaltung der Zapfen, die Größe der Maschenöffnungen des Textilbandes, die Materialwahl von Zapfen und Laminat und die gewählten Schweißparameter wie Druck und Temperatur wären entsprechend zu berücksichtigen, um eine im Wesentlichen unlösbare Schweißverbindung im Sinne des Streitpatents herzustellen.

Nach Auffassung der Kammer gehen derartig weitreichende Überlegungen deutlich über die fachübliche Routine hinaus, zumal auch die Druckschrift D2 keinerlei in diese Richtung weisende Anhaltspunkte aufweist, sondern den fachkundigen Leser von der anspruchsgemäßen Lösung sogar eher wegführt, indem sie in Absatz [0018] eine direkte Verbindung zwischen Band und Laminat als nicht notwendig erachtet ("According to the described method it is not necessary to accomplish a direct physical or chemical connection between the band 2 and laminate 1 in order to attach both parts to each other.").

Aus den genannten Gründen kann der Behauptung der Beschwerdeführerin, wonach allein durch den Hinweis in der Druckschrift D2, ein Textilband zu verwenden, der Weg zum beanspruchten Gegenstand eröffnet sei, nicht gefolgt werden.

Auch die weiteren von der Beschwerdeführerin in Zusammenhang mit der erfinderischen Tätigkeit zitierten Dokumente D13 und D14 können den Erfindungsgegenstand nicht nahelegen. Zwar ist in diesen Dokumenten das Laminieren von textilen und polymeren Schichten gezeigt, bei dem der erweichte Kunststoff durch die groben Maschen hindurch treten kann (vgl. beispielsweise Dokument D14, Spalte 1, Zeilen 45 bis 49), jedoch betreffen die Druckschriften D13 und D14 eine spezielle Problemstellung auf einem vom Gegenstand des Streitpatents entfernten technischen Gebiet, nämlich der Erhöhung der Reißfestigkeit von wärmerückstellbaren Bändern. Insofern kann auch dieser Stand der Technik die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 nicht in Frage stellen.

Zusammenfassend stellt die Kammer fest, dass der Gegenstand von Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikel 56 EPÜ beruht.

Aus den entsprechenden Gründen gilt dies auch für den Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 4.

Da die Ansprüche 2 bis 3 und 5 bis 14 sämtliche Merkmale der unabhängigen Ansprüche 1 oder 4 enthalten, ist auch dem Gegenstand dieser Ansprüche eine erfinderische Tätigkeit zuzusprechen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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