T 0258/09 () of 14.4.2011

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2011:T025809.20110414
Datum der Entscheidung: 14 April 2011
Aktenzeichen: T 0258/09
Anmeldenummer: 99119112.3
IPC-Klasse: C09J 7/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verwendung eines Klebebands auf Basis eines mittels Bindemittel verfestigten Vlieses
Name des Anmelders: TESA SE
Name des Einsprechenden: Scapa UK Ltd.
Kammer: 3.3.09
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Klarheit - verneint (Hauptantrag und Hilfsanträge I und II)
Neuheit - nein (Hilfsantrag III)
Hilfsantrag IV - unzulässig geändert
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/03
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Erteilung des europäischen Patents Nr. 0 995 783 auf die europäische Patentanmeldung Nr. 99119112.3 der tesa AG (jetzt tesa SE), angemeldet am 4. Oktober 1999, wurde am 14. Dezember 2005 veröffentlicht (Patentblatt 2005/50). Das erteilte Patent enthielt zehn Ansprüche, wobei Anspruch 1 wie folgt lautete:

"1. Verwendung eines Klebebandes mit einem bandförmigen Träger aus Vliesmaterial, das zumindest einseitig mit einem Kleber beschichtet ist, wobei das Vlies ein Stapelfaservlies darstellt, das durch mechanische Bearbeitung verfestigt oder naßgelegt wird, wobei das Stapelfaservlies durch Zugabe von Bindemitteln weiter verfestigt ist, zum Bandagieren von Kabelbäumen, wie sie insbesondere in der Automobilindustrie eingesetzt werden."

Die Ansprüche 2 bis 10 waren abhängige Ansprüche.

II. Gegen die Erteilung des Patents legte die Firma Scapa UK Ltd. (Einsprechende) am 25. April 2006 Einspruch ein und beantragte den vollständigen Widerruf des Patents. Der Einspruch wurde auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ gestützt, nämlich, dass der Gegenstand des Patents nicht neu sei und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Die Einsprechende stützte ihren Einspruch unter anderem auf folgende Dokumente:

D1: EP 0 716 136 A2;

D2: EP 0 716 137 A2;

D3: WO 96/17027 A1; und

D4: EP 0 995 782 A2.

III. Mit der am 20. Oktober 2008 mündlich verkündeten und am 18. November 2008 schriftlich begründeten Entscheidung widerrief die Einspruchsabteilung das Patent. Grundlage der Entscheidung waren das erteilte Patent (Hauptantrag) und die Hilfsanträge I bis IV.

Nach Auffassung der Einspruchsabteilung war der Gegenstand des Anspruchs 1 des Haupt- und Hilfsantrags I von D4 neuheitsschädlich getroffen.

Die Einspruchsabteilung stellte weiterhin fest, dass die Änderungen in den Ansprüchen der Hilfsanträge II bis IV die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ nicht erfüllten.

IV. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung legte die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) am 27. Januar 2009 unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde ein.

Mit der am 26. März 2009 eingereichten Beschwerde-begründung wurde ein geänderter Anspruchssatz mit zehn Ansprüchen eingereicht. Die Beschwerdeführerin beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent im Umfang des geänderten Anspruchssatzes aufrecht zu erhalten.

V. In ihrer Stellungnahme vom 21. Juli 2009 widersprach die Einsprechende (Beschwerdegegnerin) dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und beantragte die Beschwerde zurückzuweisen.

VI. In dem der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Bescheid vom 25. November 2010 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Meinung mit, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber D4 nicht neu sei.

VII. Mit Schreiben vom 14. Februar 2011 reichte die Beschwerdeführerin fünf neue Anspruchssätze ein. Diese wurden mit Schreiben vom 14. März 2011 durch einen neuen Hauptantrag und die Hilfsanträge I bis IX ersetzt.

VIII. Mit Schreiben vom 14. März 2011 reichte die Beschwerdegegnerin weitere Argumente zur Unterstützung ihres Vorbringens ein.

IX. Am 14. April 2011 fand eine mündliche Verhandlung statt. Während der Verhandlung hat die Beschwerdeführerin einen geänderten Hilfsantrag III eingereicht. Außerdem hat sie die Hilfsanträge V bis IX zurückgezogen. Die Beschwerde-gegnerin erhob keine Einwände gegen die Zulassung des neuen Hilfsantrags III.

Anspruch 1 des Hauptantrags lautet:

"1. Verwendung eines Klebebandes mit einem bandförmigen Träger aus Vliesmaterial, das zumindest einseitig mit einem Kleber beschichtet ist, wobei das Vlies ein Stapelfaservlies darstellt, das durch mechanische Bearbeitung verfestigt oder nassgelegt wird, wobei das Stapelfaservlies durch Zugabe von Bindemitteln weiter verfestigt ist, zum Bandagieren von Kabelbäumen, wie sie insbesondere in der Automobilindustrie eingesetzt werden und wobei es sich bei den Bindemitteln nicht um Schmelzfasern handelt, sofern deren Anteil an den Fasern des Stapelfaservlieses zwischen 2% und 50% beträgt."

Anspruch 1 des Hilfsantrags I unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass die Art der Verfestigung durch das zusätzliche Merkmal "dass sich ausschließlich auf Faserknotenpunkten Faser-Faser-Bindungen ergeben, so dass unter Erhalt der lockeren, offenen Struktur im Vlies trotzdem ein stabiles, dreidimensionales Netzwerk gebildet wird" präzisiert ist.

Anspruch 1 des Hilfsantrags II lautet:

"1. Verwendung eines Klebebandes mit einem bandförmigen Träger aus Vliesmaterial, das zumindest einseitig mit einem Kleber beschichtet ist, wobei das Vlies ein Stapelfaservlies darstellt, das durch mechanische Bearbeitung verfestigt oder nassgelegt wird, wobei das Stapelfaservlies durch Zugabe von Bindemitteln weiter derart verfestigt ist, dass sich ausschließlich auf Faserknotenpunkten Faser-Faser-Bindungen ergeben, so dass unter Erhalt der lockeren, offenen Struktur im Vlies trotzdem ein stabiles, dreidimensionales Netzwerk gebildet wird, zum Bandagieren von Kabelbäumen, wie sie insbesondere in der Automobilindustrie eingesetzt werden, wobei das Bindemittel ein flüssiges Bindemittel ist, das in Wasser oder organischem Lösemittel gelöst oder als Dispersion vorliegt."

Anspruch 1 des Hilfsantrags III entspricht Anspruch 1 der erteilten Fassung (siehe oben, Punkt I) mit dem zusätzlichen Merkmal, dass "das Bindemittel ein Bindemittel ist, das in Wasser oder organischem Lösemittel gelöst ist oder als Dispersion vorliegt".

Anspruch 1 des Hilfsantrags IV entspricht Anspruch 1 des Hilfsantrags II mit dem zusätzlichen Merkmal, dass das Bindemittel "über die gesamte Dicke des Trägers" zugegeben wird.

X. Die Argumente der Beschwerdeführerin, soweit sie für diese Entscheidung relevant sind, können wie folgt zusammengefasst werden:

- Der Disclaimer ist zulässig. Er nimmt wortwörtlich den neuheitsschädlichen Gegenstand des Dokuments D4 aus. Außerdem sei er klar und nicht relevant für die Frage der erfinderischen Tätigkeit. Die Prozent Angabe sei für den Fachmann implizit als Gewichtprozent zu verstehen. Mit dem Disclaimer sei die Neuheit nach Artikel 54(3) EPÜ gegenüber D4 hergestellt.

- Auch gegenüber den Dokumenten D1 bis D3 sei der beanspruchte Gegenstand neu. Die anspruchsgemäße Zugabe des Bindemittels sei so zu verstehen, dass das Bindemittel in den Vliesträger eindringt, so dass sich die Dicke der Vliesschicht nicht verändert, ähnlich einem Schwamm, auf den eine Flüssigkeit aufgeträufelt wird. Das Bindemittel bildet keine zusätzliche Schicht auf der Oberseite des Trägers. Demgegenüber wird in den Dokumenten D1 bis D3 lediglich eine zusätzliche Schicht auf den Vliesträger aufgebracht, ein Acrylatlack oder eine Kombination aus Schaum und Lack.

- Die Offenbarung des Merkmales "über die gesamte Dicke des Trägers" gemäß Hilfsantrag IV findet seine Stütze insbesondere im Absatz [0032] der EP 0 995 783 B1 sowie in der Figur 1. Die Figur 1 zeigt ein Vlies über seine gesamte Dicke dargestellt und die Faser-knotenpunkte seien über die gesamte Dicke verteilt.

XI. Die Argumente der Beschwerdegegnerin können wie folgt zusammengefasst werden:

- Der Disclaimer in Anspruch 1 sei nicht zulässig, da er in vieler Hinsichten unklar sei. Erstens ist nicht klar, wie man die Schmelzfasern von den anderen Fasern in Vlies unterscheiden kann, da sie die gleiche chemische Struktur aufweisen können. Außerdem sei nicht angegeben, ob die Prozent Angaben Gewichtsprozent oder Volumenprozent sind. Letztlich sei der Disclaimer auch relevant für die Frage der erfinderischen Tätigkeit.

- Die Dokumente D1 bis D3 seien neuheitsschädlich für den beanspruchten Gegenstand. In diesen Dokumenten werden Acrylatdispersionen, das heißt Bindemittel, auf den Vliesträger aufgetragen. Genau das gleiche Vorgehen wird durch das Patent in Schutz gestellt. Der Gegenstand der Ansprüche sei nicht auf das Eindringen des Bindemittels in den Träger beschränkt.

- Die vorgenommenen Änderungen der Ansprüche der Hilfsanträge seien nicht klar (Artikel 84 EPÜ) und/oder nicht durch die ursprünglichen Unterlagen gestützt.

XII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des Hauptantrags, des Hilfsantrags I, des Hilfsantrags II (alle eingereicht mit Schreiben vom 14. März 2011), des während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereichten Hilfsantrags III (Ansprüche 1-9) oder des mit Schreiben vom 14. März 2011 eingereichten Hilfsantrags IV.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

HAUPTANTRAG UND HILFSANTRAG I

2. Klarheit des Disclaimers (Artikel 84 EPÜ)

2.1 Anspruch 1 des Hauptantrags unterscheidet sich von der erteilten Fassung dadurch, dass er einen Disclaimer für Gegenstände enthält, die in D4 offenbart sind.

2.2 Gemäß der Entscheidung G 1/03 (ABl. EPA 2004, 413; siehe Nr. II.1 der Entscheidungsformel) kann ein in der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht offenbarter Disclaimer zulässig sein, wenn er dazu dient, die Neuheit wiederherzustellen, indem er den Anspruch gegenüber einem Stand der Technik nach Artikel 54 (3) und (4) EPÜ 1973 abgrenzt. Der Disclaimer muss den Erfordernissen der Klarheit und Knappheit nach Artikel 84 EPÜ erfüllen (siehe G 1/03, Nr. II.4 der Entscheidungsformel).

2.3 Im vorliegenden Fall verlangt der Disclaimer, dass "es sich bei den Bindemitteln nicht um Schmelzfasern handelt, sofern deren Anteil an den Fasern des Stapelfaservlieses zwischen 2% und 50% beträgt". Der Gehalt der Schmelzfasern im Disclaimer wird in "%" angegeben. Wie von der Beschwerdegegnerin richtig bemängelt, lässt diese Angabe für sich genommen offen, ob es sich hierbei um Gewichts- oder Volumenprozent handelt. Unbestritten gibt D4 keine Auskunft über diese Angabe.

2.4 Von der Beschwerdeführerin wurde die Auffassung vertreten, dass auf Grund der in dem Gebiet üblichen Verwendung von Gewichtsprozenten, der Fachmann grundsätzlich annehmen würde, dass es sich bei den Prozentangaben in D4, und daher in Anspruch 1, um Gewichtsprozentangaben handeln muss. Sie stützte sich dabei auch auf die Verwendung von Gewichtsangaben im Streitpatent (siehe Spalte 6, Zeilen 1-4).

2.5 Dieses Argument überzeugt die Kammer jedoch nicht. In D4 selbst gibt es keinen Hinweis darauf, dass sich die Angaben "%" auf Gewichtsprozent beziehen sollen. Angaben des Streitpatents können aber zur Auslegung des aus D4 stammenden Disclaimers nicht verwendet werden. Außerdem müssen die Ansprüche per se für einen Fachmann mit Hilfe seines allgemeinen Fachwissens deutlich sein, so dass er die Beschreibung des betreffenden Patents zur Auslegung nicht hinzuziehen muss. Folglich kann das auf der Beschreibung basierende Argument der Beschwerdeführerin nicht durchgreifen.

2.6 Der Disclaimer enthält ferner eine weitere Unklarheit. Gemäß Absatz [0025] des Patents können dem Vliesträger während des Produktionsvorganges weitere Additive, wie UV-Stabilisatoren oder Flammschutzmittel zugesetzt werden. Im Disclaimer ist jedoch nicht angegeben, ob der Anteil der Schmelzfasern an den Fasern des Stapelfaservlieses vor oder nach einer möglichen Zugabe von Additiven berechnet werden soll.

2.7 Aus den obigen Ausführungen folgt, dass der in Anspruch 1 aufgenommene Disclaimer nicht klar ist. Anspruch 1 ist daher nicht gewährbar.

2.8 Auch Anspruch 1 des Hilfsantrags I ist nicht gewährbar, da dieser den gleichen Disclaimer wie Anspruch 1 des Hauptantrags enthält.

HILFSANTRAG II

3. Klarheit (Artikel 84 EPÜ)

3.1 In Anspruch 1 des Hilfsantrags II wurde, unter anderen, zusätzlich das Merkmal "wobei das Stapelfaservlies durch Zugabe von Bindemitteln weiter derart verfestigt ist, dass sich ausschließlich auf Faserknotenpunkten Faser-Faser-Bindungen ergeben, so dass unter Erhalt der lockeren, offenen Struktur im Vlies trotzdem ein stabiles, dreidimensionales Netzwerk gebildet wird" aufgenommen, um die Art der Verfestigung zu präzisieren. Die Offenbarung zu dieser Änderung findet sich in der ursprünglich eingereichten Beschreibung, Seite 5, Zeilen 27-34.

3.2 Diese Änderung erfüllt jedoch nicht die Voraussetzungen von Artikel 84 EPÜ. Insbesondere ist es nicht klar, wie der Ausdruck "ein stabiles dreidimensionales Netwerk" im Lichte von dem "Erhalt der lockeren, offenen Struktur im Vlies" zu verstehen ist. Es sind außerdem relative Begriffe wie "lockere" oder "offene" verwendet. Letztlich lässt die Änderung völlig offen, ob sie eine einschränkende oder eine rein erklärende Wirkung haben soll.

3.3 Somit ist Anspruch 1 des Hilfsantrags II im Hinblick auf Artikel 84 EPÜ nicht gewährbar und der Hilfsantrag II ist zurückzuweisen.

HILFSANTRAG III

4. Änderungen

4.1 Anspruch 1 wurde gegenüber der erteilten Fassung durch Aufnahme des Merkmales "das Bindemittel ein Bindemittel ist, das in Wasser oder organischem Lösemittel gelöst ist oder als Dispersion vorliegt" geändert. Dieses Merkmal wurde aus den erteilten Anspruch 2 aufgenommen. Es stützt sich auf Anspruch 2 der ursprünglichen Anmeldung. Durch diese Einschränkung entfällt der im Hauptantrag und Hilfsantrag I als nicht gewährbar erachtete Disclaimer bezüglich der Schmelzfasern.

4.2 Die Beschwerdegegnerin vertrat die Auffassung, dass der Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 nicht klar sei und dass durch diese Änderung der Schutzbereich erweitert sei.

4.3 Die Kammer kann sich dieser Auffassung nicht anschließen. Sie kommt vielmehr zu dem Ergebnis, dass der beanspruchte Gegenstand die Erfordernisse der Artikel 84 und 123 EPÜ erfüllt.

4.4 Wie nachstehend dargelegt, kommt die Kammer jedoch zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags III nicht neu ist. Unter diesen Umständen erübrigt sich eine ausführliche Begründung.

5. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

5.1 Die Beschwerdegegnerin bestritt die Neuheit des Anspruchs 1 im Hinblick auf die Dokumente D1 bis D3.

5.1.1 Das Dokument D1 beschreibt in Anspruch 1 ein Klebeband mit einem Vliesträger vom Typ Malivlies, der ein- oder beidseitig mit einem Kleber beschichtet ist. Das Klebeband wird zum Bandagieren von Kabelbäumen, wie sie insbesondere in der Automobilindustrie eingesetzt werden, verwendet (siehe Anspruch 11). Neben der Klebebeschichtung kann eine zusätzliche Beschichtung der zweiten Trägerseite mit Acrylatlack - ein Bindemittel -oder mit einer Kombination aus Schaum und Lack vorhanden sein (siehe Ansprüche 7 und 8; siehe auch Spalte 1, Zeile 54 - Spalte 2, Zeile 6).

5.1.2 Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, dass das während dem erfindungsgemäßen Einsatz des Bindemittels, das Bindemittel in der Vliesschicht vollständig integriert ist und diese durchdringt, so dass sich die Dicke der Vliesschicht nicht verändert. Im Gegenteil zu D1 ergibt sich durch das Bindemittel keine zusätzliche Schicht auf dem Vlies.

5.1.3 Die Frage, ob der beanspruchte Gegenstand neu ist, hängt von der Auslegung des Merkmales "durch Zugabe von Bindemitteln weiter verfestig ist" in Anspruch 1 ab. Mit anderen Worten, es ist zu klären, ob die beanspruchte Verfestigung des Vlieses eine oberflächliche Behandlung des Vliesmaterials einschließt oder nicht.

5.1.4 Gemäß Paragraph [0016]-[0018] des Streitpatents kann die Zugabe von Bindemitteln in fester, flüssiger, geschäumter oder pastöser Form erfolgen (siehe Spalte 5, Zeilen 18-21). Für mechanisch vorverfestigte Vliese bietet sich der einseitige Sprühauftrag eines Bindemittels an, nämlich auf der Trägeroberseite, um das problematische Ausreißen von Einzelfasern zu reduzieren (siehe Spalte 5, Zeilen 43-51). Bei dieser Verfahrensweise verbleibt die Dispersion vorwiegend im oberen Bereich des Vlieses (siehe Spalte 5, Zeilen 53-56).

5.1.5 Aus diesen Passagen in der Beschreibung folgt eindeutig, dass ein vollständiges Eindringen in das Vlies anspruchsgemäß nicht erforderlich ist, ein Auftrag vorwiegend auf die Oberfläche sogar bevorzugt ist. Diese Schlussfolgerung wird durch Beispiel 2 des Patents bestätigt. Dort wird zur Fixierung der Fasern an der Oberfläche eine Acrylatdispersion gesprüht. In Spalte 10, Zeilen 29 bis 35 wird festgestellt, dass: "je nach den gewählten Verfahrensparametern ... wird eine mehr oberflächliche Beschichtung mit filmähnlicher, aber nicht geschlossener Struktur oder aber merkliches Eindringen des Bindemittels in den Faserverbund erreicht" (Betonung durch die Kammer).

5.1.6 Es ist somit unzweifelhaft, dass die anspruchgemäß weitere Verfestigung des Stapelfaservlieses sowohl eine oberflächliche Behandlung als auch eine Durchdringung des Bindemittels einschließt. Im Hinblick darauf ist die aus D1 bekannte Beschichtung mit Acrylatlack auf der Oberseite des Trägers von Anspruch 1 umfasst.

5.2 Dem Argument der Beschwerdeführerin, dass sich durch das Bindemittel keine zusätzliche Schicht auf dem Vlies ergibt, kann daher nicht gefolgt werden. Tatsächlich wird patentgemäß eine oberflächliche Beschichtung mit filmähnlicher Struktur auch umfasst.

5.3 Demnach ist der beanspruchte Gegenstand im Hinblick auf das Dokument D1 nicht neu. Der Hilfsantrag III ist daher nicht gewährbar.

HILFSANTRAG IV

6. Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)

6.1 Um die Neuheit gegenüber D1 herzustellen, hat die Beschwerdeführerin in Anspruch 1 des Hilfsantrags IV das Merkmal "durch Zugabe von Bindemitteln weiter verfestigt ist" durch Aufnahme des Merkmals "über die gesamte Dicke des Trägers" ergänzt. Damit sollte eine oberflächliche Behandlung, wie aus Dokument D1 bekannt, ausgeschlossen werden.

Dieses Merkmal ist in der ursprünglich eingereichten Fassung unbestritten explizit nicht offenbart.

6.2 Die Beschwerdeführerin hat argumentiert, dass dieses Merkmal jedoch implizit in der ursprünglich eingereichten Beschreibung sowie in der Figur 1 offenbart ist. Sie bezieht sich insbesondere auf Seite 11, Zeilen 1 bis 8 der ursprünglich eingereichten Fassung, wo beschrieben wird, dass es durch die Zugabe des Bindemittels zu einer Verfestigung in "z-Richtung" kommt. Die Berührungspunkte der Einzelfasern sind im Verbund fest miteinander verschmolzen, so dass beim Abrollen von der Rolle kein Spalten des Vlieses auftritt.

Ihrer Meinung nach ließ sich ein Spalten des Vlieses in z-Richtung nur dann verhindern, wenn über die gesamte Dicke des Vlieses Bindemittel eingetragen ist. Das wird durch Figur 1 bestätigt, weil die dort dargestellten Faserknotenpunkte über die gesamte Dicke verteilt sind.

6.3 Diese Ansicht kann die Kammer aus zwei Gründen nicht teilen. Erstens impliziert der Verweis auf die "z-Richtung" zwar ein dreidimensionales Netzwerk, jedoch nicht eine Erstreckung über die jetzt geforderte "gesamte" Dicke des Trägers. Auch die Tatsache, dass beim Abrollen kein Spalten des Vlieses auftritt, ist nicht zwingend nur durch eine Erstreckung über die gesamte Dicke des Trägers A zu erreichen. Zumindest liegen diesbezüglich keine Beweise vor.

Darüber hinaus kann die grafische Darstellung von Figur 1 nicht als Stütze genutzt werden. Es ist zwar aus der Figur zu entnehmen, dass das Bindemittel in den Faserverbund eingedrungen ist, jedoch kann sie das Merkmal "über die gesamte Dicke des Trägers" nicht stützen. Aus der Figur wäre nur ein Eindringen über "einen Teil der Dicke" oder über "einen wesentlichen Teil der Dicke" genau so denkbar wie ein Eindringen über die gesamte Dicke des Trägers. Somit stellen die von der Beschwerdeführerin zitierten Stellen der ursprünglichen Anmeldung keine klare und unzweideutige Offenbarung für die Änderung dar, weder explizit noch implizit.

6.4 Die Kammer kommt deshalb zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags IV über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgeht.

7. Es liegt somit keine gewährbare Anspruchsfassung des Streitpatents vor.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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