T 0185/09 () of 10.9.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:T018509.20100910
Datum der Entscheidung: 10 September 2010
Aktenzeichen: T 0185/09
Anmeldenummer: 03025855.2
IPC-Klasse: F16D 3/68
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Elastische Kupplung
Name des Anmelders: Siemens Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: SEW-EURODRIVE GmbH & Co. KG
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - verneint
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die am 29. Dezember 2008 zur Post gegebene Entscheidung über die Aufrechterhaltung in geändertem Umfang des Europäischen Patents Nr. EP 1 420 182, unter gleich zeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr und Vorlage der Beschwerdebegründung, am 20. Januar 2009 Beschwerde eingelegt.

II. Die Einspruchsabteilung war zu der Auffassung gekommen, dass die Ansprüche des damals geltenden Hauptantrags den Erfordernissen der Artikel 123 (2) EPÜ und Artikel 84 EPÜ genügten und dass ihr Gegenstand gegenüber der Kombination der Lehre von Druckschrift

D13: Maintenance and Reliability, Idhammer Consult, Södertälje, 1984, ISBN 91-970632-1-5, Titelseite, Vorwort, Seite 43

mit der Lehre von Druckschrift

D6: GB-A-1 434 736

oder der Lehre von Druckschrift

D7: GB-A-1 146 836

auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

III. Am 10. September 2010 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des angefochtenen Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

IV. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

"Elastische Kupplung mit zwei gegeneinander verdrehbaren Kupplungsteilen (2, 4), die über Elastomerelemente (5) ineinander greifen, wobei im Bereich des Kupplungs spaltes (7) auf dem Außenrand des einen Kupplungsteiles (4) eine Markierung (8) und auf dem Außenrand des anderen Kupplungsteiles (2) eine Anzeigeneinrichtung zur Bestimmung des Relativverdrehwinkels der Kupplungsteile (2, 4) angebracht ist, wobei die Markierung (8) und die Anzeigeneinrichtung auf den Kupplungsteilen (2, 4) zueinander mittig angeordnet sind, wobei die Anzeigen einrichtung als Anzeigenschild (9) ausgebildet ist, wobei das Anzeigenschild (9) eine Skala mit einer Zahlen- oder Ziffernfolge (10) und mehrere Anzeigen felder (11, 12) mit einem mittigen Anzeigenfeld (11) und zwei seitlichen Anzeigenfelder (12) aufweist, wobei das mittige Anzeigenfeld (11) den zulässigen Bereich und die beiden seitlichen Anzeigenfelder (12) den unzulässigen Bereich des aktuellen, sich aus dem Relativverdrehwinkel ergebenden Verschleißes der betreffenden Elastomer elemente (5) darstellen, und wobei die Kupplung mit einer ortsfest angeordneten Stroboskoplampe kombinierbar ist, deren intermittierender Strahl auf die Markierung (8) und das Anzeigenschild (9) gerichtet werden kann und deren Blitzfrequenz mit der Drehzahl der Kupplung synchronisierbar ist."

V. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin folgendes vorgetragen:

D13 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar. Davon unterscheide sich der Gegenstand des Anspruchs 1 dadurch, dass ein Anzeigenschild vorhanden ist, das eine Skala mit Ziffern- oder Zahlenfolgen und mehreren Anzeigenfeldern aufweist, wobei die Anzeigenfelder den zulässigen und den unzulässigen Bereich darstellen. Ausgehend von D13 bestehe die zu lösende Aufgabe darin die Ablesbarkeit der maximal zulässigen Winkelverdrehung zwischen den Kupplungsteilen zu verbessern. Die Lösung dieser Aufgabe lege die Kombination der Lehre von D13 mit derjenigen von D7 das Anbringen einer Skala auf einem der Kupplungsteile nahe. Außerdem sei es aus dem täglichen Leben, z.B. bei Druck anzeigen, bekannt, Anzeigenfelder neben Skalen aufzu stellen, um so die zulässigen von den nicht zulässigen Bereichen zu unterscheiden. Eine erfinderische Tätigkeit sei mit diesen in der Technik üblichen Maßnahmen jedoch nicht verbunden.

VI. Die Beschwerdegegnerin hat den Ausführungen der Beschwerdeführerin widersprochen und im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Von D13 ausgehend löse der Gegenstand des Anspruchs 1 die Aufgabe, die Kupplung so zu gestalten, dass die Messung des Verschleißzustandes der Elastomerelemente bei rotierender Kupplung auf einfache Weise möglich ist.

Da der Drehmomentmesser gemäß D7 keine Elastomerteile aufweise, könne dieses Gerät deren Verschleiß auch nicht anzeigen, so dass der Fachmann diese Entgegenhaltung nicht in Erwägung ziehen würde, um die gestellte Aufgabe zu lösen.

Es sei zwar allgemein bekannt, zulässige und unzulässige Bereiche durch Anzeigenfelder hervorzuheben, um die Lesbarkeit zu verbessern, jedoch würde der Fachmann nicht die Kupplung gemäß D13 mit dem allgemeinen Fachwissen kombinieren, weil zum einen die bekannten Messgeräte mit Anzeigenfeldern nicht rotierend, sondern fest eingebaut sind. Zum anderen stelle die erfindungs gemäße Kupplung im Gegensatz zu den üblichen Messgeräten nicht direkt die zu ermittelnde physikalische Größe dar, sondern ermögliche über die Messung eines Bogenmaßes und einer Umrechnung indirekt die Ermittlung des Verschleißes. Deswegen sei es nicht naheliegend, z.B. die aus dem Gebiet der Druckmessung bekannten Anzeigen mit Anzeigenfeldern auf die rotierende Kupplung gemäß D13 zu übertragen. Ferner würden in der vorliegenden Erfindung drei sich überlagernde Effekte gemessen und dargestellt, nämlich die Höhe des Drehmoments, das Fügespiel und die Größe des Verschleißzustandes. Hingegen stelle keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften diese Effekte kombiniert dar, so dass schon deswegen der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig

2. Erfinderische Tätigkeit

Die elastische Kupplung gemäß D13 stellt unstrittig den nächstliegenden Stand der Technik dar. Die Entgegen haltung offenbart nämlich:

Eine elastische Kupplung (couplings) mit zwei gegen einander verdrehbaren Kupplungsteilen, die über Stahlbolzen mit Elastomerelementen (rubber-bushed steel bolts) ineinander greifen, wobei im Bereich des Kupplungs spaltes (y) auf dem Außenrand des einen Kupplungsteiles eine Markierung (durchgezogener Strich auf der Höhe der Mittelachse auf dem rechten Kupplungs teil) und auf dem Außenrand des anderen Kupplungsteiles eine weitere Markierung (durch gezogener Strich auf der Höhe der Mittelachse auf dem linken Kupplungsteil) zur Bestimmung des Relativ verdreh winkels der Kupplungsteile ("as a load is applied to the coupling, the marks on each side of the coupling will separate") angebracht ist. Die Markierungen auf den Kupplungsteilen sind zueinander mittig angeordnet, wobei sich aus dem Relativ verdreh winkel der Markierungen der Verschleiß der betreffenden Elastomer elemente ergibt und wobei die Kupplung mit einer ortsfest angeordneten Stroboskoplampe kombinierbar ist, deren intermittierender Strahl auf die Markierung und das Anzeigenschild gerichtet werden kann und deren Blitzfrequenz mit der Drehzahl der Kupplung synchronisierbar ist ("the check can be carried out while the coupling is running if a stroboscope is used to give a visual illusion of a stationary coupling").

D13 offenbart also eine Kupplung, bei der der Verschleiß der Elastomerteile bei drehender Welle über den Abstand A zwischen zwei Markierungen gemessen wird. Somit löst D13 die patentgemäße Aufgabe, eine elastische Kupplung so zu gestalten, dass der Verschleißzustand der Elastomerelemente bei rotierender Kupplung ablesbar ist.

Ferner lehrt D13 auch, dass der Abstand A mit zunehmendem Verschleiß der Elastomerelemente größer wird und ein maximal zulässiger Abstand A der Markierungen ermittelt werden soll, ab dem die Elastomerteile ersetzt werden müssen ("a maximum permissible separation should be determined and be used to decide when the bushings are due for replacement").

Deswegen kann von D13 ausgehend die zu lösende Aufgabe nicht, wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen, als Messung des Verschleißes bei rotierender Kupplung, formuliert werden, sondern sie besteht vielmehr darin,

a) die direkte Ablesbarkeit der Winkelverdrehung der beiden Kupplungsteile zu ermöglichen, und

b) die Unterscheidung des zulässigen vom unzulässigen Verdrehungsbereich und somit des unzulässigen Verschleißes zu vereinfachen.

Zur Lösung der Teilaufgabe a) ist vorgesehen, eine Anzeigeneinrichtung als Anzeigenschild auszubilden, wobei das Anzeigenschild eine Skala mit einer Zahlen- oder Ziffernfolge aufweist.

Zur Lösung der Teilaufgabe b) umfasst das Anzeigenschild mehrere Anzeigenfelder mit einem mittigen Anzeigen feld und zwei seitlichen Anzeigen feldern, wobei das mittige Anzeigenfeld den zulässigen Bereich und die beiden seitlichen Anzeigenfelder den unzulässigen Bereich des aktuellen Verschleißes darstellen.

D7 offenbart einen Drehmomentmesser, bei dem bei drehender Welle und mit Hilfe einer Stroboskoplampe das Drehmoment durch die relative Winkelverdrehung zweier miteinander elastisch verbundenen Teilen gemessen wird. Dabei sind auf einem der beiden Teile eine Markierung und auf dem anderen eine Zahlenskala angebracht, so dass eine direkte Ablesung des Relativverdrehwinkels und damit des Drehmoments möglich ist. Deswegen regt D7 den Fachmann dazu an, zur Lösung der Teilaufgabe a) eines der beiden Kupplungsteile mit einer Skala, die eine Zahlen- oder Ziffernfolge aufweist, zu versehen. Dem Argument der Beschwerde gegnerin, wonach der Fachmann D7 nicht in Betracht ziehen würde, weil sie einen Drehmomentmesser und keine Kupplung offenbart, kann die Kammer nicht folgen. Zum einen beruhen sowohl D13 als auch D7 auf dem gleichen Messprinzip, nämlich auf der Messung der Verdrehung zweier rotierenden und zueinander verdrehbaren Teile, um dadurch auf die zu messende Größe zu schließen. Deswegen würde der Fachmann eine Übertragung der Lehren von einem Gerät auf das andere sehr wohl in Betracht ziehen. Zum anderen wird auch bei der patentgemäßen Kupplung und nach D13 neben dem Fügespiel und Verschleiß auch das Drehmoment gemessen.

Außerdem betrifft die Aufgabenstellung die Lesbarkeit der Verdrehung zwischen zwei Teilen und nicht die Messung einer spezifischen Größe, so dass es für die Beurteilung der Übertragbarkeit der Lehre der D7 auf die Kupplung gemäß D13 und somit der erfinderischen Tätigkeit irrelevant ist, welche Größe indirekt über diese Verdrehung gemessen wird. Deswegen würde der Fachmann die Zahlenfolge gemäß D7 auf die Verdreh winkel anzeige gemäß D13 übertragen, ohne dabei erfinderisch tätig zu werden.

Es ist von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten worden, dass aus vielen Bereichen der Technik, z.B. aus der Druckmesstechnik, um nur ein technisches Gebiet zu nennen, bekannt ist das Anzeigenschild mit zum Teil farblich verschiedenen Anzeigenfeldern zu versehen, um die zulässigen von den unzulässigen Bereichen einer zu messenden Größe klar und leicht zu unterscheiden. Dabei stellt das mittige Feld den zulässigen und die daran seitlich anliegenden Felder in der Regel den unzulässigen Bereich dar. Es ist für den Fachmann naheliegend, ohne dabei erfinderisch tätig zu werden, zur Lösung der Teilaufgabe b) diese allgemein bekannte Art der Darstellung der zulässigen und der unzulässigen Werte auf die Kupplung gemäß D13 zu übertragen.

Die Beschwerdegegnerin konnte nicht überzeugend darlegen, aus welchen Gründen der Fachmann diese Anzeigenart nicht auf ein rotierendes Teil übertragen würde, denn die Anzeige liegt bei Benutzung einer Stroboskoplampe (wie sie schon aus D13 und aus der D7 bekannt ist) stationär im Betrachtungsfeld des Technikers, so dass die Darstellung nicht von der Rotation beeinflusst wird.

Bei der Verschleißmessvorrichtung gemäß Anspruch 1 wird der Verschleiß nicht direkt, sondern über die Messung des Verdrehwinkels und über eine Umrechnung ermittelt. Allerdings gibt der Verdrehwinkel nicht nur den Verschleiß, sondern auch das Drehmoment und das Fügespiel wieder. Jedoch ist dies auch bei der Kupplung gemäß D13 der Fall. Wegen der Bauart der Kupplung verdrehen sich die beiden Kupplungsteile zwangsläufig allein schon deswegen zueinander, weil erstens ein Drehmoment auf sie ausgeübt wird, und zweitens immer ein baulich nicht vermeidbares Fügespiel vorhanden ist. Ferner wird auch bei der Kupplung gemäß D13 ein Bogenmaß, also ein Abstand gemessen, um daraus Schlussfolgerungen auf den Verschleiß zu ziehen ("A maximum permissible separation should be determined, and be used to decide when the bushings are due for replacement"). Somit dienen die anspruchsgemäßen Anzeigenfelder der Darstellung derselben Größe, die schon in D13 gemessen und ausgewertet wird. Deswegen ist das Übertragen dieser Darstellungsart auf eine bekannte Messtechnik naheliegend. Auch wenn dies in D13 nicht ausdrücklich erwähnt wird, so lässt sich eine Veränderung des Abstandes "A" in D13 nur dann exakt feststellen, wenn man ein Längenmaß oder eine Skala auflegt. Diese mit Zahlen oder Ziffern zu versehen und durch Bereiche bzw. Felder farblich (z.B. rot oder grün) zu kennzeichnen entspricht einfachem technischen Handeln.

Der Gegenstand des Anspruch 1 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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