T 0127/09 (Korrelation mit Bezahlvorgang/VODAFONE) of 8.1.2014

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2014:T012709.20140108
Datum der Entscheidung: 08 Januar 2014
Aktenzeichen: T 0127/09
Anmeldenummer: 07004485.4
IPC-Klasse: G06F 17/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Mobiles elektronisches Endgerät, Informationssystem und Verfahren zur Korrelation von Suchergebnissen mit einem Bezahlvorgang
Name des Anmelders: Vodafone Holding GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention R 103(1)(a)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 11
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - (nein)
Zurückverweisung an die erste Instanz - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0641/00
T 1784/06
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 07004485.4 mit der Bezeichnung "Mobiles elektronisches Endgerät, Informationssystem und Verfahren zur Korrelation von Suchergebnissen mit einem Bezahlvorgang" zurückzuweisen.

II. Der angefochtenen Entscheidung liegen die Ansprüche 1 bis 17 in der ursprünglich eingereichten Fassung zu Grunde. Die Prüfungsabteilung erkannte auf mangelnde erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973), da Anspruch 12 ein Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten betreffe, das lediglich durch triviale, offensichtliche Merkmale seiner technischen Umsetzung charakterisiert sei. Automation sei das einzige erkennbare technische Problem, liege jedoch jeder computer-implementierten Erfindung zu Grunde und könne daher keine erfinderische Tätigkeit begründen. Der gleiche Einwand gelte mutatis mutandis gegen den Vorrichtungsanspruch 1 und den Systemanspruch 5.

III. Mit der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der ursprünglich eingereichten Ansprüche zu erteilen.

a) Anspruch 1 lautet:

"1. Mobiles elektronisches Endgerät, insbesondere Mobiltelefon, mit einer Schnittstelle zur Verbindung zu einer Rechnereinheit in einem Kommunikationsnetz, einer Eingabeeinrichtung zur Erzeugung einer Suchanfrage, die über die Schnittstelle an die Rechnereinheit übertragen wird oder übertragbar ist, einer Anzeigeeinrichtung zur Darstellung von von der Rechnereinheit erzeugten und übertragenen Suchergebnissen, einer auf dem Endgerät implementierten Bezahlfunktionalität, und mit einer Einrichtung zum Aufbau einer Verbindung zwischen dem Endgerät und einem externen elektronischen Schreib/Lesegerät,

dadurch gekennzeichnet, dass das Endgerät eine Komparatoreinrichtung aufweist, die auf das Endgerät übertragene Suchergebnisse mit zumindest einer dem Schreib/Lesegerät zugeordneten Identifikationskennung vergleicht."

b) Der unabhängige Systemanspruch 5 lautet:

"5. Informationssystem zum Korrelieren von aufgrund einer Suchanfrage erzeugten Suchergebnissen mit einem Bezahlvorgang in einem Geschäft,

aufweisend zumindest ein mobiles elektronisches Endgerät, mit einer Schnittstelle zur Verbindung zu einer Rechnereinheit in einem Kommunikationsnetz, einer Eingabeeinrichtung zur Erzeugung einer Suchanfrage, die über die Schnittstelle an die Rechnereinheit übertragen wird oder übertragbar ist, einer Anzeigeeinrichtung zur Darstellung von von der Rechnereinheit erzeugten und übertragenen Suchergebnissen, einer auf dem Endgerät implementierten Bezahlfunktionalität, und mit einer Einrichtung zum Aufbau einer Verbindung zwischen dem Endgerät und einem externen elektronischen Schreib/Lesegerät,

aufweisend eine Rechnereinheit im Kommunikationsnetz mit einer Schnittstelle zur Verbindung zu wenigstens einem mobilen elektronischen Endgerät in dem Kommunikationsnetz, mit einer Speichereinrichtung mit Informationsdaten, mit einer Einrichtung zur Erzeugung von Suchergebnissen aufgrund der Suchanfrage eines mobilen elektronischen Endgeräts und zur Übertragung der Suchergebnisse an das mobile elektronische Endgerät,

aufweisend zumindest ein einem Geschäft zugeordnetes elektronisches Schreib/Lesegerät, mit einer Einrichtung zum Aufbau einer Verbindung zwischen dem zumindest einen elektronischen Schreib/Lesegerät und einem mobilen elektronischen Endgerät,

aufweisend eine Komparatoreinrichtung, die in der Rechnereinheit erzeugte Suchergebnisse mit zumindest einer dem Schreib/Lesegerät zugeordneten Identifikationskennung vergleicht."

c) Der unabhängige Verfahrensanspruch 12 lautet:

"12. Verfahren zum Korrelieren von aufgrund einer Suchanfrage erzeugten Suchergebnissen mit einem Bezahlvorgang in einem Geschäft,

dadurch gekennzeichnet,

dass eine Suchanfrage in einer Eingabeeinrichtung zumindest eines mobilen elektronischen Endgerätes erzeugt und zu einer einem Kommunikationsnetz zugeordneten Rechnereinheit übertragen wird;

dass in der Rechnereinheit die Suchanfrage mit Informationsdaten, die auf einer Speichereinrichtung der Rechnereinheit gespeichert sind, verglichen wird und dass bei Übereinstimmung der Suchanfrage mit gespeicherten Informationsdaten Suchergebnisse erzeugt werden;

dass die erzeugten Suchergebnisse von der Rechnereinheit an das zumindest eine mobile elektronische Endgerät übertragen und auf einer Anzeigeeinrichtung des Endgerätes dargestellt werden;

dass in einer Komparatoreinrichtung die auf das Endgerät übertragenen Suchergebnisse mit einer einem externen elektronischen Schreib/Lesegerät eines Geschäfts zugeordneten Identifikationskennung verglichen werden, wenn über eine auf dem Endgerät implementierte Bezahlfunktionalität eine Verbindung mit dem externen elektronischen Schreib/Lesegerät des Geschäfts zum Bezahlen einer Rechnung aufgebaut worden ist; und

dass bei einer Übereinstimmung der Identifikationskennung eines Schreib/Lesegerätes des Geschäfts mit den auf das Endgerät übertragenen Suchergebnissen das Ergebnis in einem Datenarchiv der Rechnereinheit gespeichert wird."

IV. Die Kammer beraumte eine mündliche Verhandlung an, wie hilfsweise beantragt, und legte in einem Ladungsanhang ihre vorläufige Meinung dar, dass der Fachmann durch naheliegende Schritte zu einem mobilen elektronischen Endgerät nach Anspruch 1 zu gelangen scheine.

V. Auf den Ladungsbescheid reichte die Beschwerdeführerin eine schriftliche Erwiderung ein.

Den nächstkommenden verfügbaren Stand der Technik bilde das im Oberbegriff des Anspruchs 1 unterstellte mobile elektronische Endgerät. Der Erfindung liege die (in der Anmeldung genannte) Aufgabe zu Grunde, ein mobiles elektronisches Endgerät, ein Informationssystem und ein Verfahren zu schaffen, die eine durch ein mobiles elektronisches Endgerät angeforderte Suchergebnisliste und einen durch das Endgerät ausgelösten Bezahlvorgang in einem realen Geschäft zueinander in Beziehung setzen könnten. Ferner solle durch das Inbeziehungsetzen der auf das Endgerät übermittelten Suchergebnisse und des Bezahlvorgangs ein Ranking der Suchergebnisse ermöglicht werden.

Die erfindungsgemäße Lösung erfolge über eine Komparatoreinrichtung, die die auf das Endgerät übertragenen Suchergebnisse mit einer Identifikationskennung eines dem Geschäft zugeordneten Schreib/Lesegeräts vergleiche.

Diese Lösung liege nicht nahe, denn sie stelle für den Fachmann nicht den einzigen gangbaren Weg dar; es gebe eine Reihe verschiedener Möglichkeiten, um einen Vergleich zwischen einer Suchergebnisliste und einem Zahlungsempfänger anzustellen.

VI. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragte die Beschwerdeführerin zusätzlich eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr, da das Verfahren vor der Prüfungsabteilung nicht den Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt entsprochen habe. Der einzige Bescheid der Prüfungsabteilung sei nämlich unvollständig gewesen, er habe lediglich zum Verfahren nach Anspruch 12 Stellung genommen und somit die Beschwerdeführerin im Unklaren gelassen, wie die Prüfungsabteilung die zusätzlichen unabhängigen Ansprüche 1 und 5 beurteile. Somit sei die Beschwerdeführerin nicht in die Lage versetzt worden, in verfahrensökonomischer Weise eine informierte Entscheidung über eine angemessene Fortsetzung des Prüfungsverfahrens (reine Argumentation, Änderung/Streichung von Ansprüchen oder vollständige Aufgabe der Anmeldung) zu treffen. Obwohl die Beschwerdeführerin die Prüfungsabteilung auf die Existenz und die Unterschiede der weiteren unabhängigen Ansprüche 1 und 5 aufmerksam gemacht habe, habe die Prüfungsabteilung im nächsten Verfahrensschritt die Anmeldung sogleich zurückgewiesen. Diese überraschende Vorgehensweise habe die Beschwerde erforderlich gemacht.

Daher regte die Beschwerdeführerin auch eine Zurückverweisung der Angelegenheit an die Prüfungsabteilung zur weiteren Prüfung und Entscheidung an.

VII. In materieller Hinsicht hob die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung hervor, dass der Fachmann bei der Lösung der (in der Anmeldung genannten und in der Ladungserwiderung bestätigten) Aufgabenstellung bereits im Keim den Gedanken verwerfen würde, die angestrebte Korrelation von Suchergebnissen und Bezahlvorgängen ausgerechnet im mobilen Endgerät der Nutzers durchzuführen. Dem Fachmann sei bewusst, dass der Suchdienstanbieter über eine erheblich größere Rechenkapazität verfüge als das mobile Endgerät. Außerdem würde der Fachmann die Luftschnittstelle des Endgeräts nicht mit zusätzlichem (unbezahlten) Datenverkehr belasten, zumal der Nutzer des Endgeräts kein unmittelbares Interesse an der Korrelation habe. Das Korrelationsinteresse liege vielmehr auf Seiten des Suchdienstanbieters (Steigerung seiner Attraktivität) und des besuchten Händlers (Aufstieg im Ranking). Der Fachmann würde also die technische Durchführung der Korrelation bei diesen ansiedeln, anstatt Neuland zu betreten und das Endgerät des Nutzers in die Beziehung zwischen Suchdienstanbieter und Händler einzubinden.

Die erfindungsgemäße Durchführung der Korrelation im Endgerät des Nutzers biete den Vorteil, dass die Händlerseite keine Korrelation durchführen und sich somit kein höheres Ranking erschleichen könne.

Entscheidungsgründe

Materielle Beurteilung

1. Anmeldungsgegenstand

Gemäß der Anmeldung, veröffentlicht als

A1: EP-A1-1 847 934 (24. Oktober 2007),

ist für Informationsanbieter nachteilig, dass sie keinen Nachweis erhalten, ob aufgrund einer Suchergebnisliste, die sie an ein mobiles elektronisches Endgerät übermittelt haben, ein Bezahlvorgang in einem realen Geschäft stattfindet, d.h. ob das Suchergebnis den Kunden veranlasst hat, das reale Geschäft zu besuchen und dort einzukaufen. Aufgrund des fehlenden Nachweises kann der Betreiber einer Suchmaschine keine Provision vom Betreiber des realen Geschäfts erhalten (A1, Absatz 0005).

Die Anmeldung stellt sich daher die Aufgabe, ein mobiles elektronisches Endgerät, ein Informationssystem und ein Verfahren zu schaffen, die in der Lage sind, eine an das mobile Endgerät übermittelte Suchergebnisliste und einen durch das Endgerät in einem realen Geschäft ausgelösten Bezahlvorgang zueinander in Beziehung zu setzen. Ferner soll durch das Inbeziehungsetzen der auf das mobile elektronische Endgerät übermittelten Suchergebnisse und des Bezahlvorgangs ein Ranking der Suchergebnisse ermöglicht werden (A1, Absatz 0006).

Zur Lösung der Aufgabe schlägt die Anmeldung gemäß Anspruch 1 vor, dass das mobile Endgerät nicht nur eine Bezahlfunktion besitzt und hierfür eine Verbindung zu einem externen Schreib-/Lesegerät (eines realen Geschäfts) aufbauen kann, sondern darüber hinaus eingerichtet ist, die auf das Endgerät übertragenen Suchergebnisse mit einer Identifikationskennung des Schreib-/Lesegeräts zu vergleichen.

Der Vergleich setzt die auf das Endgerät übertragenen Suchergebnisse und den im realen Geschäft durch das Endgerät ausgelösten Bezahlvorgang zueinander in Beziehung (A1, z.B. Absätze 0008 und 0021). Wenn eine solche Beziehung festgestellt wird, kann der Betreiber einer Suchmaschine eine Provision vom Betreiber des realen Geschäfts erhalten (z.B. Absätze 0015, 0022, 0054). Die Beziehung kann auch das Ranking von Suchergebnissen beeinflussen (z.B. Absätze 0021, 0028, 0047). Somit werden neue Umsatzpotenziale aus der Vermarktung von Suchfunktionen erschlossen (Absatz 0049), und es entsteht Information über den Wert eines Suchergebnisses im Sinne von Umsatz in einem realen Geschäft (Absatz 0050).

2. Nächstkommender Stand der Technik

2.1 Die Prüfungsabteilung hat für die Sachprüfung kein Dokument zum Stand der Technik eingeführt (angefochtene Entscheidung, Punkt I.2).

Dies beruhte offensichtlich auf der Einschätzung, dass Anspruch 12 ein Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten betreffe, das lediglich durch triviale, offensichtliche Merkmale seiner technischen Umsetzung charakterisiert sei (angefochtene Entscheidung, Punkt II.1).

Gegen die Einführung von Dokumenten mag darüber hinaus gesprochen haben, dass der Oberbegriff des Anspruchs 1 die meisten Merkmale des (auch in Anspruch 12 verwendeten) mobilen elektronischen Endgeräts bereits enthält und somit als Stand der Technik darstellt. Auch die Beschreibung geht davon aus, dass internetfähige Mobiltelefone sowie Mobiltelefone mit Bezahlfunktion bekannt seien (A1, Absätze 0003 und 0004), namentlich Personal Digital Assistants (PDAs) (A1, Absätze 0009 und 0023).

2.2 Die Kammer hat sich vergewissert, dass vor dem Prioritätstag mobile elektronische Endgeräte in Form von PDAs (Personal Digital Assistants) verbreitet waren, die sowohl internetfähig als auch zu einer Nahbereichskommunikation (z.B. "Bluetooth", Infrarot etc.) in der Lage waren, insbesondere um an einem Händlerterminal in einem realen Geschäft (POS = Point of Sale) zu bezahlen. Als Beispiel hat die Kammer die vorveröffentlichte Druckschrift US-A-2004/143500 benannt (insbesondere Figur 5 und zugehörige Beschreibung ab Absatz 0089).

2.3 Die Oberbegriffsmerkmale des Anspruchs 1 gehören in Verbindung miteinander somit zum Stand der Technik, was die Beschwerdeführerin auch nicht in Abrede gestellt hat.

3. Artikel 56 EPÜ 1973 - Erfinderische Tätigkeit

3.1 Für Anspruch 1 hatte die Kammer daher nur zu prüfen, ob die Hinzufügung des kennzeichnenden Merkmals nahelag, d.h. ob es nahelag, das mobile Endgerät mit einer Komparatoreinrichtung zu versehen, die auf das Endgerät übertragene Suchergebnisse mit einer dem externen Schreib/Lesegerät zugeordneten Identifikationskennung vergleicht.

3.2 Angesichts der von der Anmeldung hervorgehobenen geschäftlichen Ziele (A1, z.B. Absätze 0005/0006, 0049/0050) stellt sich die Frage, welchem technischen Zweck der im kennzeichnenden Teil genannte Vergleich dient.

3.2.1 Die Beschwerdeführerin sieht hinter den geschäftlichen Zielen ein konkretes technisches Problem darin, wie ein Informationsanbieter bzw. ein Anbieter von Suchergebnislisten den Nachweis erhalten könne, dass aufgrund einer von ihm an ein mobiles elektronisches Endgerät übermittelten Suchergebnisliste ein Bezahlvorgang in einem realen Geschäft erfolgt ist (Beschwerdebegründung, Seite 2, Absatz 2).

3.2.2 Nach Ansicht der Kammer besteht die Aufgabenstellung aus einem nicht-technischen und einem technischen Teil:

- eine Marketingabteilung des Informations- oder Suchergebnisanbieters möchte mit dem Inhaber eines realen Geschäfts erfolgsabhängig eine Provision abrechnen oder eine Aktualisierung seines Rankings anbieten und wünscht daher aus dem realen Geschäft eine Meldung, die dem Informationsanbieter ermöglicht, den Erfolg einer Geschäftsempfehlung zu erfassen, wobei Erfolg in der Weise definiert ist, dass der Empfänger nach Erhalt einer Empfehlungsliste (Suchergebnisliste) in einem der empfohlenen Geschäfte einkauft und bezahlt;

- ein technischer Fachmann soll eine technische Implementierung bereitstellen, die den Informationsanbieter über einen Erfolg seiner Geschäftsempfehlungen automatisch unterrichtet.

3.3 Der nicht-technische Teil der Aufgabe kann keinen erfinderischen Abstand zum Stand der Technik herstellen und bleibt daher bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit außer Betracht (T 641/00-Zwei Identitäten/COMVIK, Leitsatz 1, ABl. EPA 2003, 352; T 1784/06-Classification method/COMPTEL).

3.4 Der technische Teil der Aufgabe --- nämlich wie der Informations- oder Suchergebnisanbieter den Erfolg seiner Dienstleistung automatisch erfährt --- erfordert offensichtlich in einem ersten Schritt, dass irgendeine Komponente des Gesamtsystems das Vorliegen eines Erfolgs feststellt. Ein Bezahlvorgang in einem der empfohlenen Geschäfte ist ein unmittelbarer Indikator eines solchen Erfolgs. Die Feststellung, ob das besuchte Geschäft auf der Liste der empfohlenen Geschäfte steht, geschieht naheliegend durch Vergleich einer Identifizierung des besuchten Geschäfts mit der Empfehlungsliste (Suchergebnisliste).

Ein zahlendes Mobilgerät und ein empfangendes externes Gerät tauschen insbesondere zu Autorisierungszwecken in der Regel ihre Kennungen aus. Daher liegt es nahe, die Kennung des Schreib-/Lesegeräts des realen Geschäfts auch als Identifizierung des Geschäfts zu verwenden.

Für das Erreichen des Vergleichszwecks ist konzeptionell einerlei, wo der Vergleich durchgeführt wird: im zahlenden Endgerät (wo die zu vergleichenden Daten bereits vorliegen) oder in einer anderen Systemkomponente, z.B. in einem Rechner des Informationsanbieters oder des Geschäfts (wo die zu vergleichenden Daten zunächst zusammengeführt werden müssten, um verglichen zu werden).

Zusätzliche Abwägungen des Fachmanns, die in der Praxis für die Verwirklichung oder Verwerfung der einen oder der anderen Variante sprechen, ändern nichts daran, dass ihm die grundsätzlichen Möglichkeiten zunächst präsent sind, sobald er mit der Aufgabe der automatischen Erfolgserfassung konfrontiert wird.

Technisch bietet es sich an, den gewünschten Vergleich zwischen der Suchergebnisliste und dem besuchten Geschäft in einem Gerät durchzuführen, in dem die zu vergleichenden Daten bereits gemeinsam zur Verfügung stehen: Das netzfähige Mobilgerät mit örtlicher Bezahlfunktion hat über das Kommunikationsnetz die Suchergebnisliste und über die Nahverbindung zum externen Schreib/Lesegerät die Kennung des realen Geschäfts empfangen. Die Speicher- und Rechenleistung mobiler Endgeräte reicht zu deren Korrelation ohne weiteres aus. Über die Luftschnittstelle braucht nur ein (positives) Ergebnis des Vergleichs übertragen zu werden (an den provisionsberechtigten Suchdienstanbieter).

Nicht-technische Erwägungen können keinen erfinderischen Beitrag leisten. Diese Feststellung betrifft zum einen die Inkaufnahme eines technischen Nachteils (Belastung der Luftschnittstelle), den der technische Fachmann vorzugsweise vermeidet, während der Kaufmann ihn akzeptiert, um ein Geschäftsmodell abzubilden. Erst recht betrifft die Feststellung kaufmännische Überlegungen, die innerhalb des Geschäftsmodells verbleiben (zum Beispiel wie unterschiedliche wirtschaftliche Interessen zur Balancierung der geschäftlichen Dreiecksbeziehung genutzt werden).

3.5 Nach Ansicht der Kammer bedurfte es somit keines erfinderischen Schritts des (technischen) Fachmanns, um zu einem mobilen elektronischen Endgerät nach Anspruch 1 zu gelangen.

Antrag auf Erstattung der Beschwerdegebühr und/oder Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung

4. Die Beschwerdeführerin rügt eine Überraschungsentscheidung der Prüfungsabteilung nach angeblich unüblich kurzem Verfahren. Der einzige Bescheid der Prüfungsabteilung vor der Zurückweisungsentscheidung bestand aus einem formularmäßigen Verweis auf eine negative Stellungnahme der Recherchenabteilung zur europäischen Recherche, deren Begründung aus folgenden drei Absätzen bestand:

"Der Anspruchsgegenstand beansprucht ein Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten (Artikel 52 (2) c) EPÜ), das lediglich durch triviale, offensichtliche Merkmale seiner technischen Umsetzung charakterisiert ist.

Es liegt das Geschäftsproblem vor, Zahlungsvorgänge die auf Websites von Dritten getätigt werden, zu erfassen. Die Anmeldung schlägt hierzu vor, mittels einer Identifikatorkennung eine Korrelation zwischen den Suchergebnissen und dem Bezahlvorgang durchzuführen, was von jedem Fachmann in ganz naheliegender Weise und ohne Einsatz einer erfinderischen Tätigkeit auf einem Computersystem implementiert werden würde.

Daher konnte der Prüfer kein technisches Problem erkennen, dessen Überwindung einen erfinderischen Schritt benötigt hätte."

5. Die Kammer versteht zwar, dass die Beschwerdeführerin die kurze und nach ihrem Wortlaut nur das Verfahren nach Anspruch 12, nicht aber die ebenfalls unabhängigen Ansprüche 1 (Produktanspruch) und 5 (Systemanspruch) betreffende Begründung als Anzeichen einer formal unvollständigen Sachprüfung ansieht. Andererseits wird aus dem Bescheid der zentrale Einwand der Prüfungsabteilung deutlich, dass in der vorliegenden Patentanmeldung ein Bezahlvorgang allein aus geschäftlichen Gründen mit Suchergebnissen korreliert wird, während das zugehörige technische Problem --- die Implementierung der Korrelation --- lediglich in fachmännischer Weise gelöst wird. Da aber auch die anderen unabhängigen Ansprüche (Ansprüche 1 und 5) dieses Lösungsmerkmal beinhalteten, verstand sich (implizit) ohne weiteres, dass der gleiche Einwand auch sie trifft.

Nach Ansicht der Kammer war nach dem Prüfungsbescheid insoweit deutlich, dass eine Zurückweisung der gesamten Anmeldung und damit auch der Ansprüche 1 und 5 drohte, solange der Einwand gegen den Verfahrensanspruch 12 nicht ausgeräumt war. Daher hätte die Beschwerdeführerin in ihrer Erwiderung auf den Prüfungsbescheid den Anspruch 12 zumindest hilfsweise einschränken oder streichen sollen, wenn sie ohne Antrag auf mündliche Verhandlung einer Zurückweisung vorbeugen wollte. Ohne Änderung eines beanstandeten breiten Anspruchs und ohne Antrag auf mündliche Verhandlung muss eine Partei damit rechnen, dass eine Zurückweisung folgen kann, wenn ihre Gegenvorstellung zum erhobenen Einwand die Prüfungsabteilung nicht überzeugt. Da ein Anspruchssatz nur als Ganzer gewährbar ist, reicht ein Hinweis auf die Existenz engerer unabhängiger Ansprüche - hier der Ansprüche 1 und 5 - im Anspruchssatz, wie ihn hier die Beschwerdeführerin in ihrem Antwortschreiben auf den Bescheid der Prüfungsabteilung gegeben hatte, nicht aus, eine unmittelbar folgende negative Entscheidung sicher zu verhindern. Die kritisierte Notwendigkeit einer Beschwerde nach unüblich kurzem Verfahren ergab sich somit auch aus dem eigenen vorangegangenen Verhalten der Beschwerdeführerin.

6. Nach Ansicht der Kammer liegt somit jedenfalls kein wesentlicher Verfahrensfehler der Prüfungsabteilung vor, der eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr als billig erscheinen ließe (Regel 103 (1) (a) EPÜ) oder eine Zurückverweisung der Angelegenheit an die Prüfungsabteilung gemäß Artikel 11 VOBK nahelegen würde.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdegebühr wird nicht erstattet

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