T 0013/09 () of 26.11.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T001309.20121126
Datum der Entscheidung: 26 November 2012
Aktenzeichen: T 0013/09
Anmeldenummer: 02798649.6
IPC-Klasse: H01H 27/00
H03K 17/945
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Zuhaltesystem eines Sicherheitsschalters mit einem Lesekopf und einem Betätiger
Name des Anmelders: Euchner GmbH + Co. KG
Name des Einsprechenden: K.A. Schmersal Holding KG
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. EP 1 430 497 zurückzuweisen.

Anspruch 1 des Streitpatents lautet wie folgt (die hinzugefügte Merkmalsgliederung entspricht derjenigen, die in der angefochtenen Entscheidung verwendet wurde):

"1. Zuhaltesystem (1) eines Sicherheitsschalters

a) mit einem Lesekopf (2)

und einem Betätiger (3),

die jeweils eine von einer ersten bzw. zweiten Baugruppe (10, 14) mit elektrischen und/oder elektronischen Bauelementen aufweisen, die elektrisch kontaktlos in Wechselwirkung miteinander bringbar sind und dadurch den Sicherheitsschalter steuern,

dadurch gekennzeichnet,

b) dass der Betätiger (3) am Lesekopf (2) mittels eines mit einem Gegenelement (12) zusammenwirkenden schaltbaren Elektromagneten (7) zuhaltbar ist,

c1) dass das Gegenelement (12) und/oder der Elektromagnet (7) mit einem zugehörigen und am Betätiger (3) bzw. am Lesekopf (2) festgelegten Grundelement (13) fest verbunden,

c2) aber diesem gegenüber schwenkbar ist, und

d) dass die erste oder zweite Baugruppe (10, 14) in dem jeweiligen Gegenelement (12) integriert ist."

Ansprüche 2 bis 10 des Streitpatents sind vom Anspruch 1 abhängig.

In der Entscheidung wurden unter anderen folgende Druckschriften erwähnt:

D3: DE 199 53 898 A1

D4: "Das neue GEZE RWS, Intelligente Technik sorgt für dreifache Sicherheit bei Rettungswegen: Verriegelung, Kontrolle und Fluchtwegsteuerung", Id. Nr. 030 006-07.95-Änderungsstand 1.0, Copyright by GEZE, Leonberg, 1995

D6: DE 93 13 408 U

Die Einspruchsabteilung stellte in der Entscheidung im Wesentlichen fest:

- dass Dokument D3 als nächstliegender Stand der Technik gegenüber dem Gegenstand des Anspruchs 1 angesehen wird;

- dass Dokument D3 die Merkmale a, b und d des Anspruchs 1 offenbart, aber nicht die Merkmale c1 und c2, womit der Gegenstand des Anspruchs 1 neu ist;

- dass mit diesen Merkmalen die Aufgabe gelöst wird, "eine hohe Zuhaltekraft zu realisieren" (vgl. Absatz [0015] der Patentschrift EP 1 430 497 B1);

- dass die gefundene Lösung in Zusammenschau von D3 und D4, bzw. D3 und D6 nicht naheliegend ist; und

- dass der Gegenstand des Anspruchs 1 somit auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

II. Mit einem Schreiben vom 14. September 2012 wurden die Parteien zu einer mündlichen Verhandlung vor der Kammer geladen.

III. Mit einem Schreiben vom 25. Oktober 2012 reichte die Beschwerdeführerin folgende Druckschriften ein:

D7: DE 1 845 316 U

D8: US 5 141 271 A.

IV. Mit einem Schreiben vom 26. Oktober 2012 reichte die Beschwerdegegnerin neue Patentansprüche im Rahmen von Hilfsanträgen 1 und 2 ein.

V. Die mündliche Verhandlung fand am 26. November 2012 statt.

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag), oder das Patent in geänderter Form auf der Grundlage der Ansprüche des 1. oder 2. Hilfsantrags, eingereicht mit Schreiben vom 26. Oktober 2012, aufrechtzuerhalten.

VI. Die für diese Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Dokument D3 offenbare die Merkmale a, b, c1 und d des erteilten Anspruchs 1.

Lediglich das Merkmal c2 (Schwenkbarkeit) sei aus D3 nicht bekannt. Die zu lösende Aufgabe bestehe darin, die Toleranz hinsichtlich der Ausrichtung zwischen Gegenelement und Elektromagnet zu verbessern.

Diese Aufgabe konnte der Fachmann durch fachnotorisch bekannte Mittel lösen, ohne erfinderisch tätig zu werden. Es sei eine rein handwerkliche Maßnahme, eine Verschwenkbarkeit von Gegenelement und/oder Elektromagnet vorzusehen. Die Dokumente D4, D6, D7 und D8 belegten dieses fachnotorische Wissen.

VII. Die für diese Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die Merkmale c1, c2 und d des Anspruchs 1 seien aus Dokument D3 nicht bekannt.

Insbesondere sei ein Grundelement gemäß Merkmal c1 in D3 nicht offenbart. Zudem sei es aus D3 nicht bekannt, eine Baugruppe mit elektrischen und/oder elektronischen Bauelementen eines Lesekopfs bzw. eines Betätigers in dem Gegenelement zu integrieren (vgl. Merkmal d). Deshalb käme der Fachmann nicht auf naheliegender Weise zu den Merkmalen c1, c2 und d.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag der Beschwerdegegnerin

2.1 Dokument D3 offenbart eine Zugangsschutzeinrichtung, die eine Zuhaltung, einen Sicherheitssensor S1, S2 und eine Steuerung C umfasst (siehe Titel, Figur 1 und Spalte 2, Zeilen 15 bis 40).

Figuren 4 und 5 zeigen zwei Ausführungsformen eines berührungslosen Sicherheitssensors und Figuren 2, 3, 6 und 7 zeigen verschiedene Ausführungsformen einer magnetischen Zuhaltung (vgl. Spalte 2, Zeilen 9 bis 14).

2.2 Nach Spalte 3, Zeile 28 bis Spalte 4, Zeile 14 umfasst der in Figur 4 dargestellte Sicherheitssensor eine Sensoreinheit 10, die an der Wand 2 angeordnet ist, sowie einen Auslöser 11, der an der Tür 1 angeordnet ist. Die Sensoreinheit 10 umfasst zwei Kanäle, die unterschiedliche physikalische Prinzipien zur Überwachung der Position der Tür 1 nutzen. Der erste Kanal umfasst einen Reedkontakt 12, der von einem Schaltmagneten 13 des Auslösers 11 betätigbar ist. Der zweite Kanal umfasst eine Spulenanordnung 17 zum Senden und Empfangen eines hochfrequenten Trägersignals, die mit einem entsprechenden Taktsignalgenerator (nicht dargestellt) gekoppelt ist. Die Spulenanordnung 17 wirkt mit einem Antwortsender 18 des Auslösers 11 zusammen, indem der Antwortsender 18 dem von der Spulenanordnung 17 in der geschlossenen Position der Tür 1 empfangenen Trägersignal ein einprogrammiertes Signal, etwa eine einprogrammierte Zahl, ein TAG-Datum, aufmoduliert und dieses so in vorbestimmter Weise modulierte Signal an die Spulenanordnung 17 zurücksendet, die an einen beispielsweise einen Mikroprozessor 19 umfassenden Auswertekreis 20 angeschlossen ist, der das dem Trägersignal durch den Antwortsender 18 aufmodulierte Signal demodulieren kann. Das so durch Demodulation gewonnene Signal kann etwa über eine serielle Schnittstelle an die Steuerung C zur Verarbeitung geliefert werden.

Daraus geht nach Auffassung der Kammer hervor, dass der Antwortsender 18 des Auslösers 11 eine Baugruppe mit elektrischen und/oder elektronischen Bauelementen aufweisen muss. Zudem bildet die Spulenanordnung 17 zusammen mit dem den Mikroprozessor 19 umfassenden Auswertekreis 20 eine Baugruppe mit elektrischen und/oder elektronischen Bauelementen. Somit entsprechen die Sensoreinheit 10 und der Antwortsender 18 von D3 einem Lesekopf und einem Betätiger im Sinne von Merkmal a von Anspruch 1 des Streitpatents.

2.3 Aus Spalte 4, Zeile 61 bis Spalte 5, Zeile 16 von Dokument D3 geht hervor, dass die Zuhaltungen, die in Figuren 6 und 7 abgebildet sind, jeweils ein Element 28 bzw. 30, zwei Jochstücke 4 und eine Spülenwicklung 29 bzw. 32 umfasst. Diese bilden einen schaltbaren Elektromagneten, der an der Wand 2 zu montieren wäre (vgl. Spalte 2, Zeilen 52 bis 60). Zudem umfassen diese Zuhaltungen jeweils ein Joch 5, das an der Tür montiert ist und als Gegenelement mit dem Elektromagneten zusammenwirkt, um die Tür geschlossen zu halten (ibid.). Somit ist der Antwortsender (Betätiger) an der Sensoreinheit (Lesekopf) zuhaltbar, vgl. Merkmal b von Anspruch 1 des Streitpatents.

2.4 Im letzten Absatz der Beschreibung von Dokument D3 steht (Hervorhebung durch die Kammer):

"Die Zuhaltung und der Sicherheitssensor sind zweckmäßigerweise zu einer türseitigen und einer wandseitigen Baueinheit zusammengefasst und in entsprechenden Gehäusen untergebracht".

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin könne dieser Absatz so ausgelegt werden, dass die türseitigen und wandseitigen Teile der Zuhaltung in entsprechenden Gehäusen untergebracht sind, und dass die türseitigen und wandseitigen Teile des Sicherheitssensors in entsprechenden Gehäusen untergebracht sind (d.h. insgesamt vier Gehäusen). Dieser Argumentation folgt die Kammer jedoch nicht, weil bei dieser Auslegung nichts "zusammengefasst" wäre.

Nach Auffassung der Kammer geht aus diesem Absatz jedoch hervor, dass:

- die türseitigen Teile der Zuhaltung (d.h. Joch 5) und die türseitigen Teile des Sicherheitssensors (d.h. Antwortsender 18) zweckmäßigerweise zu einer türseitigen Baueinheit zusammengefasst und in einem türseitigen Gehäuse untergebracht sind, und dass

- die wandseitigen Teile der Zuhaltung (d.h. Elektromagnet 4, 28, 29; 4, 30, 31, 32) und die wandseitigen Teile des Sicherheitssensors (d.h. der Sensoreinheit 10) zweckmäßigerweise zu einer wandseitigen Baueinheit zusammengefasst und in einem wandseitigen Gehäuse untergebracht sind.

2.5 Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass das wandseitige und das türseitige Gehäuse von D3 jeweils als ein "Grundelement" im Sinne des Merkmals c1 von Anspruch 1 angesehen werden könne. Es sei dem Fachmann offensichtlich, dass der Elektromagnet 4, 28, 29; 4, 30, 31, 32 und das Joch 5 mit dem jeweiligen wandseitigen bzw. türseitigen Gehäuse, in denen sie untergebracht sind, fest verbunden sein müssten. Zudem müssten die Sensoreinheit 10 und der Antwortsender 18 an dem jeweiligen wandseitigen bzw. türseitigen Gehäuse, in denen sie untergebracht sind, befestigt ("festgelegt") sein, und umgekehrt. Dem ist seitens der Beschwerdegegnerin nicht widersprochen worden. Auch die Kammer sieht nicht, was gegen diese Argumente sprechen könnte. Somit kann das Merkmal c1 von Anspruch 1 als aus D3 bekannt angesehen werden.

2.6 Nach Merkmal d von Anspruch 1 ist "die erste oder zweite Baugruppe (10, 14) in dem jeweiligen Gegenelement (12) integriert" (Hervorhebung durch die Kammer).

Zunächst ist festzustellen, dass das Zuhaltesystem des Streitpatents lediglich ein Gegenelement enthält. Die Parteien sind sich aber einig, dass das Merkmal d anhand der Gesamtoffenbarung so zu verstehen ist, dass entweder die erste oder die zweite Baugruppe mit elektrischen und/oder elektronischen Bauelementen in dem Gegenelement integriert ist. Auch die Kammer legt Merkmal d so aus.

Die Beschwerdeführerin schließt sich im wesentlichen der Feststellung in der angefochtenen Entscheidung an, dass Dokument D3 das Merkmal d offenbart, da "der Betätiger (18) mit dem Gegenelement (5) zusammengefasst ist". Für diese Feststellung findet die Kammer keine Grundlage in Dokument D3. Selbst wenn der Antwortsender 18 der Sensoreinheit 10 (vgl. Figuren 4 und 5) und das Joch 5 der Zuhaltung (vgl. Figuren 6 und 7) zusammengefasst wären und in einem türseitigen Gehäuse untergebracht wären, wie im letzten Absatz der Beschreibung angesprochen, findet die Kammer keinen Hinweis dafür, dass der Antwortsender 18 der Sensoreinheit 10 in dem Joch 5 der Zuhaltung integriert wäre. Auch der Hinweis im Anspruch 9 von D3, dass "der Magnet den Schaltmagneten bildet" führt nicht dazu, dass eine Baugruppe mit elektrischen und/oder elektronischen Bauelementen in dem Joch 5 der Zuhaltung integriert ist. Selbst wenn das Joch 5, wie in Abbildungen 6 und 7 gezeigt wird, einen Teil des Elektromagneten bildet und dieser wiederum den in Figuren 4 und 5 schematisch dargestellten Schaltmagneten 13 bildet, heißt das nicht, dass eine Baugruppe mit elektrischen und/oder elektronischen Bauelementen im Joch integriert wäre. Auch der Sensor 33 (Reedkontakt oder Hallsensor), der in Spalte 5, Zeilen 17 bis 24 erwähnt ist, ist nicht in das Joch 5 integriert, sondern zwischen den Enden der Jochstücke 4 angeordnet. Daher kommt die Kammer zu dem Schluss, dass das Merkmal d von Anspruch 1 dem Dokument D3 nicht zu entnehmen ist.

2.7 Auch das Merkmal c2, wonach das Gegenelement gegenüber dem Grundelement schwenkbar ist, ist aus Dokument D3 nicht bekannt. Dies wurde nicht bestritten.

2.8 Aus den oben genannten Gründen ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu gegenüber Dokument D3.

2.9 Bei der Entscheidung über erfinderische Tätigkeit geht es darum, ob der von D3 ausgehende Fachmann aufgrund des weiteren Stands der Technik in naheliegende Weise zu den Merkmalen c2 und d kommen würde.

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin liegt es für den Fachmann nahe, das Joch 5 von Dokument D3 in dem türseitigen Gehäuse schwenkbar unterzubringen (vgl. Merkmal c2), um die Toleranz hinsichtlich der Ausrichtung zwischen Elektromagnet 4, 28, 29; 4, 30, 31, 32 und Joch 5 zu verbessern. Die Dokumente D4, D6, D7 und D8 belegten, dass es eine rein handwerkliche Maßnahme sei, zu diesem Zweck einem magnetischen Joch eine gewisse Verschwenkbarkeit zu verleihen.

Ungeachtet der Frage, in wie weit es für den von D3 ausgehenden Fachmann naheliegend wäre, überhaupt in diesem Zusammenhang die Lehre eines der Dokumente D4, D6, D7 und D8 heranzuziehen, lässt sich feststellen, dass keins dieser Dokumente dem Fachmann irgendeinen Anlass gibt, bei D3 die elektrischen bzw. elektronischen Bauelemente des Lesekopfs bzw. des Betätigers in dem Gegenelement (Joch 5) zu integrieren (vgl. Merkmal d). Beim aus D4 bekannten Haftmagnet sind keine elektrischen Bauelemente in der Gegenplatte 3 integriert. Bei der aus D6 bekannten mechanischen Zuhaltung und dem aus D7 bekannten Möbelschnapper sind gar keine elektrischen Bauelemente vorgesehen. Beim aus D8 bekannten elektromagnetischen Schloss sind keine elektrischen Bauelementen in der Gegenplatte (armature 46, elongated rectangular plate 48) integriert.

2.10 Aus diesen Gründen kommt die Kammer zum Schluss, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents nicht auf naheliegender Weise aus dem genannten Stand der Technik ergibt. So gilt die Erfindung als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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