T 2263/08 () of 19.10.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:T226308.20101019
Datum der Entscheidung: 19 October 2010
Aktenzeichen: T 2263/08
Anmeldenummer: 03727263.0
IPC-Klasse: B22D 11/055
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 26 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Anpassung des Wärmeüberganges bei Stranggiesskokillen, insbesondere im Giessspiegelbereich
Name des Anmelders: SMS Siemag AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Hauptantrag und 1. Hilfsantrag - Neuheit (verneint)
2. Hilfsantrag - Erfinderische Tätigkeit (verneint)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 03 727 263.0 (internationale Veröffentlichungsnummer WO 03/092931) betrifft Stranggießkokillen und die Anpassung der Kühlung an den lokalen Wärmeübergang.

II. Die Prüfungsabteilung ist zum Ergebnis gekommen, dass die beanspruchten Kokillen nicht neu bzw. nicht erfinderisch seien. Sie hat daher mit der am 7. Juli 2008 zur Post gegebenen Entscheidung die Patentanmeldung zurückgewiesen.

III. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin (hier die Beschwerdeführerin) am 5. September 2008 Beschwerde eingelegt, gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet und am 17. November 2008 ihre Beschwerde begründet.

IV. Eine mündliche Verhandlung fand am 19. Oktober 2010 statt.

V. Anträge

Die Beschwerdeführerin beantragt, die Zurückweisung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des mit der Beschwerdebegründung als Hauptantrag eingereichten Anspruchssatzes oder hilfsweise auf der Grundlage eines der mit demselben Schriftsatz als Hilfsanträge 1 und 2 eingereichten Anspruchssätze zu erteilen.

VI. Ansprüche

a) Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:

"1. Kokille zum Stranggießen von schmelzflüssigen Metallen, insbesondere von Stahl, mit Kühlkanälen (1) in der von der Kontaktfläche mit der Schmelze abgewandten Kokillenseite (2),

dadurch gekennzeichnet,

dass die geometrischen Ausgestaltungen der wärmeübertragenden Flächenbereiche eines Kühlkanals (1) oder einer Gruppe von Kühlkanälen in Form, Querschnittsfläche, Umfang, Grenzflächenbeschaffenheit, Orientierung zur Kontaktfläche, Anordnung und/oder Anordnungsdichte gegenüber der Kontaktfläche mit der Schmelze über der Höhe der Kokille in die lokale Ausbildung der Wärmestromdichteverteilung im Gießbetrieb angepasst sind."

b) Hilfsantrag 1

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 hat im Oberbegriff denselben Wortlaut wie Anspruch 1 des Hauptantrags, während das Kennzeichen wie folgt lautet:

"1. … dadurch gekennzeichnet,

dass die geometrischen Ausgestaltungen der wärmeübertragenden Flächenbereiche eines Kühlkanals (1) oder einer Gruppe von Kühlkanälen in Form, Querschnittsfläche, Umfang, Grenzflächenbeschaffenheit, Orientierung zur Kontaktfläche, Anordnung und/oder Anordnungsdichte gegenüber der Kontaktfläche mit der Schmelze über der Höhe der Kokille im Bereich zwischen dem Badspiegel und der maximalen Temperatur der Kontaktfläche an die lokale Ausbildung der Wärmestromdichteverteilung im Gießbetrieb angepasst sind."

c) Hilfsantrag 2

Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags hat folgenden Wortlaut:

"1. Kokille zum Stranggießen von schmelzflüssigen Metallen, insbesondere von Stahl in Form von Brammen oder Dünnbrammen, mit Kühlkanälen (1) in Form von Kühlbohrungen in der von der Kontaktfläche mit der Schmelze abgewandten Kokillenseite (2); wobei die Oberfläche der Kühlkanäle oberhalb des Badspiegels gegenüber der Oberfläche der Kühlkanäle im Badspiegelbereich nicht vergrößert ist;

dadurch gekennzeichnet,

dass die Rillentiefe der Kühlkanäle im Bereich des Badspiegels vermindert ist gegenüber der maximierten Tiefe der Rillen im Bereich der maximalen Temperatur der Kontaktfläche."

VII. Stand der Technik

Die Prüfungsabteilung hat u.a. die folgenden Dokumente in ihre Entscheidung erwähnt:

D1: WO-A-02/16061

D2: US-A-2001/0 017 199

D7: JP-A-11207442 (Zusammenfassung)

VIII. Vorbringen der Beschwerdeführerin

a) Hauptantrag

Nach Anspruch 1 des Hauptantrags werden die geometrischen Ausgestaltungen der wärmeübertragenden Flächenbereiche des Kühlkanals über der Höhe der Kokille an die lokale Ausbildung der Wärmestromdichteverteilung angepasst. Die Beschwerdeführerin trägt vor, dass es der Kerngedanke der Anmeldung sei, dass das Temperaturmaximum der Kokille nicht auf Höhe des Meniskus, sondern deutlich darunter liege und die Kühlwirkung der Kühlkanäle an diese Wärmestromdichteverteilung angepasst werde.

D1 und D7 beträfen Stranggießkokillen, die unterschiedliche Kühlungsbereiche aufweisen. D1 offenbare auch ein Wärmestromprofil, wobei das Temperaturmaximum unter dem Meniskus des flüssigen Metalls liege; dies sei auch dem Fachmann bekannt. Jedoch erfolge nach der Lehre der D1, sowie der D7, lediglich eine Anpassung der Kühlwirkung der Kühlkanäle an das Wärmestromprofil im Teilbereich unterhalb der maximalen Temperatur bis hin zum Kokillenausgang. Im Höhenbereich zwischen dem Temperaturmaximum and dem Meniskus sei dagegen die Kühlwirkung nicht an das Wärmestromprofil in Sinne der Erfindung angepasst.

Im Vergleich dazu werde nach der Erfindung die Anpassung der Kühlwirkung an die Wärmestromdichteverteilung nicht lediglich in Teilbereichen, sondern über der gesamten Höhe der Kokille vorgenommen.

b) Hilfsantrag 1

Nach Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags ist die beanspruchte Anpassung der Kühlung an die lokale Wärmestromdichteverteilung auf den Bereich zwischen dem Meniskus und der unter dem Meniskus liegenden maximalen Temperatur beschränkt. Aus der oben erwähnten Begründung bezüglich des Hauptantrags sei dieses Merkmal hinsichtlich der zitierten Dokumente weder offenbart noch naheliegend.

c) Hilfsantrag 2

Die Beschwerdeführerin trägt vor, dass keine der zitierten Dokumente die verminderte Größe der Rillentiefe im Bereich des Meniskus gegenüber der maximierten Größe im Bereich des Temperaturmaximums thematisiere. Deshalb sei der Gegenstand des Anspruchs 1 des zweiten Hilfsantrags neu und erfinderisch.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag - Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

2.1 Anspruch 1 betrifft eine Kokille zum Stranggießen von schmelzflüssigen Metallen, insbesondere von Stahl. Solche Kokillen sind mit Kühlkanälen versehen, die im Gießbetrieb von einem Kühlmedium durchströmt werden.

2.2 Während des Gießbetriebs ist die Kokille über ihre Höhe wegen der lokalen Temperatur- und Wärmestromdichteverteilung thermisch ungleichmäßig belastet, was zu thermischen Spannungen und Rissbildungen führt. Das Temperaturmaximum bzw. die maximale thermische Belastung der Kokille liegt nicht auf der Höhe des Meniskus des flüssigen Metalls, sondern deutlich darunter. Die Beschwerdeführerin trägt vor, dass diese Erkenntnis der Kerngedanke der Erfindung sei.

2.3 Diese Erkenntnis ist jedoch nicht neu, wie auch die Beschwerdeführerin einräumt. Vielmehr ist es dem Fachmann bekannt, dass der Bereich des Temperaturmaximums unterhalb des Badspiegels liegt, weil sich hier keine erstarrte Strangschale ausgebildet hat und das flüssige Metall im direkten Kontakt mit der Kokillewand steht; der Meniskus selbst ist dagegen mit Schlacke bedeckt. Ein solches Temperaturprofil ist in Figur 5c) der D1 dargestellt.

2.4 Anspruch 1 des Hauptantrags bezieht sich aber überhaupt nicht auf den angesprochenen Bereich zwischen dem Meniskus und dem Temperaturmaximum, sondern generell auf die Höhe der Kokille. Es kommt daher für den Hauptantrag auch nicht darauf an, ob die Anpassung nur im oberen Bereich oder in irgendeinem anderen Bereich der Kokille vorgenommen wird. Auch eine Anpassung über der gesamte Höhe ist nicht gefordert. Zudem ist auch der Begriff "Anpassung" nicht näher definiert und umfasst daher jede Variation der wärmeübertragenden Flächen der Kühlkanäle, die zu einer Vergleichmäßigung des Temperaturprofils über die Höhe der Kokille führt.

Für den Hauptantrag stellt sich daher nur die Frage, ob es im zitierten Stand der Technik explizit offenbart ist, eine derartige Anpassung über die Höhe der Kokille vorzunehmen.

2.5 Die D1 zeigt eine gekühlte Stranggießkokille, bei der sich der Querschnitt der Kühlkanäle über die Höhe der Kokille ändert. Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass die gezeigte Verbreitung der Kanäle im oberen Bereich, die auch Gegenstand des Anspruchs der D1 ist, die Kühlung dort verschlechtert, womit das genaue Gegenteil einer Anpassung erreicht werde. Dieses Argument verkennt aber, dass in der in Figur 5e) gezeigten Weise die Höhe der Kanäle nach oben verringert wird, so dass sich im Zusammenwirken mit der Breitenänderung der Kanäle die in Figur 5c) dargestellte Vergleichmäßigung des Temperaturprofils gegenüber dem Wärmestromprofil über die Höhe der Kokille ergibt und damit die Aufgabe gemäß Seite 6, Zeilen 31 bis 34 gelöst wird.

2.6 Da somit die Kühlung der Kokille der D1 das in Figur 5 dargestellte Temperaturprofil in Betracht zieht, ist dort auch die Ausgestaltung der Kanäle an die Wärmestromdichteverteilung über der Höhe der Kokille "angepasst". Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher nicht neu.

2.7 Die D7 offenbart eine Kokille mit einem Kühlkanal, der zwei Wärmeübertragungsbereiche aufweist. Die Kühlwirkung des unteren Bereiches des Kühlkanals (10b) ist größer als des oberen Bereiches (10a), so dass die Kühlwirkung unterhalb des Meniskus vergrößert ist (siehe das Abstract und die Figur). Die geometrischen Ausgestaltungen des Kanals im Bereich zwischen dem Badspiegel und der maximalen Temperatur der Kontaktfläche ist daher zumindest unterhalb des Meniskus an die lokale Ausbildung der Wärmestromdichteverteilung angepasst.

2.8 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist deshalb hinsichtlich D1 oder D7 nicht neu.

3. Hilfsantrag 1 - Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

3.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 spezifiziert weiter, dass die geometrische Ausgestaltungen des Kühlkanals an die Wärmestromdichteverteilung im Bereich zwischen dem Meniskus und der maximalen Temperatur der Kontaktfläche angepasst sind.

3.2 D1 offenbart, dass das thermische Profil über die Kokillenhöhe vergleichmäßigt worden ist. Dies schließt auch den Bereich zwischen dem Meniskus und der maximalen Temperatur der Kontaktfläche ein und Figur 5c) der D1 zeigt auch, dass das Temperaturprofil in diesem Bereich geändert ist (vergleiche die Kurven J und T). Da Anspruch 1 den Begriff "anpassen" nicht weiter definiert, ist diese Änderung auch als eine "Anpassung" anzusehen. Deshalb schließt sich die Kammer der Argumentation der Beschwerdeführerin nicht an, dass D1 keine Anpassung der Kühlung an die lokale Wärmestromdichteverteilung auf den Bereich zwischen Meniskus und der unter dem Meniskus liegenden maximalen Temperatur offenbart.

3.3 Die Kühlwirkung des Kanals nach D7 ist ebenfalls oberhalb des Meniskus geringer als darunter, so dass die Kühlung nach D1 im Bereich zwischen dem Meniskus und der maximalen Temperatur auch angepasst ist.

3.4 Die Kokille des Anspruchs 1 des ersten Hilfsantrags ist daher im Hinblick auf die D1 oder D7 nicht neu.

4. Hilfsantrag 2 - Erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

4.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 ist auf die Rillentiefe der Kühlkanäle gerichtet, die die Größenverhältnisse der Wärmeübertragungsflächen im Bereich des Meniskus und knapp unten dem Badspiegel zueinander beeinflusst.

4.2 Die D2 offenbart eine Kokille zum Stranggießen, die einen oberen Bereich aufweist, wo der Wärmeübergang vergrößert ist. Zu diesem Zweck ist die Oberfläche der Kühlkanäle in diesem Bereich mit Rillen vorgesehen (siehe Absatz [0024] und die Figuren). Die Lehre der D2 ist auch, dass solche Rillen überall benutzt werden können, wo eine vergrößerte Kühlung nötig ist, z.B. im oberen Bereich der Kokille, und dass die Anzahl und die Form der Rillen variiert werden können, um die Kühlung anzupassen (siehe Seite 3, Absatz [0028]:

"Alternatively, cooling enhanced slots could be provided throughout the entire mold, or, by varying the number and shapes of the fins in the slots, cooling may be enhanced throughout the mold, but more in certain selected areas such as by the transition regions 54.").

4.3 Wie oben dargelegt, zeigt die D1, dass das Temperaturmaximum unterhalb des Meniskus liegt (Figur 5c)). Mit dieser Information liegt es für den Fachmann nahe, die Kühlkanäle der D2 an das Temperaturprofil der D1 anzupassen. Die Anpassung der Tiefe der Rillen (d8 in D2) ist für den Fachmann eine fachübliche Maßnahme, um die gewünschte Wärmeübertragung zu erzielen.

4.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des zweiten Hilfsantrags beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation