T 2007/08 () of 8.12.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T200708.20091208
Datum der Entscheidung: 08 Dezember 2009
Aktenzeichen: T 2007/08
Anmeldenummer: 00115202.4
IPC-Klasse: F01N 3/28
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zur Abscheidung von Feinstpartikeln aus dem Abgas von Brennkraftmaschinen
Name des Anmelders: MAN NUTZFAHRZEUGE AG
Name des Einsprechenden: Ecocat Oy
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention R 76(2)(c)
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Einspruch zulässig (ja)
Neuheit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einspruchsabteilung hat mit ihrer am 12. August 2008 zur Post gegebenen Entscheidung festgestellt, dass unter Berücksichtigung der im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das europäische Patent Nr. 1072765 den Erfordernissen des Europäischen Patentübereinkommens genügt.

Anspruch 1 dieser Fassung lautet:

"Verfahren zur Abscheidung von Feinstpartikeln aus dem Abgas von Brennkraftmaschinen, bei der das NO-haltige Abgas an einem platinhaltigen Oxidationskatalysator (2) zu NO2 aufoxidiert wird und das mit NO2 angereicherte Abgas in Kontakt mit einem Partikelabscheider (3) gebracht wird, der katalytisch beschichtet sein kann, dadurch gekennzeichnet, dass der Partikelabscheider (3) zur filterlosen Abscheidung die Effekte der Thermophorese in Kombination mit der Konvektion und der Diffusion nutzt, wobei die Partikel (9)

- durch Thermophorese an Oberflächen (6), die kälter als der Abgasstrom sind, abgeschieden werden und zur Kühlung der Oberflächen (6) als Kühlmedium ein gasförmiger Stoff oder eine Flüssigkeit eingesetzt wird,

- durch Konvektion mit Hilfe von strukturierten Oberflächen (13) und/oder auf Grund von wiederholtem Umlenken der Strömung abgeschieden werden,

- durch Diffusion in Strömungstotzonen und/oder engen, im Querschnitt verringerten Strömungskanälen abgeschieden werden."

Der unabhängige Anspruch 2 betrifft eine für dieses Verfahren geeignete Vorrichtung.

II. Die Einspruchsabteilung kam zu dem Ergebnis, dass das Verfahren nach Anspruch 1 und die Vorrichtung nach Anspruch 2 den Erfordernissen des EPÜ genügten. Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 seien ursprünglich offenbart (Artikel 123(2) EPÜ) und würden eine Einschränkung gegenüber dem Gegenstand der Ansprüche des erteilten Patents beinhalten und folglich seinen Schutzbereich nicht erweitern (Artikel 123(3) EPÜ). Die Gegenstände seien neu und beruhten auf erfinderischer Tätigkeit (Artikel 54 und 56 EPÜ 1973) unter Berücksichtigung des Standes der Technik nach:

E1 W. C. Hinds, Aerosol Technology, Properties, Behavior, and Measurements of Airborne Particles", Second Edition John Wiley & Sons, Inc.

E2 EP-A-0 869 844

E3 EP-A-1 057 519

E4 EP-A-0 835 684

E5 SAE 971028, 1997; "Temperature Examinations on a Metal Catalyst System"

E6 SAE 910 614, 1991; "How to Achieve Optimum Physical Properties in the Metal Catalyst"

E7 FennoSteel Oy, catalogue: Opel Omega B 2.2i, Opel Sintra, BMW 520i, Opel Omega B 2.5i V6.

III. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) am 17. Oktober 2008 Beschwerde eingelegt und die Beschwerdegebühr bezahlt.

IV. In der Beschwerdebegründung, welche am 22. Dezember 2008 eingereicht wurde, hat die Beschwerdeführerin erläutert, warum der Gegenstand der Ansprüche 1 und 2 nach ihrer Auffassung gegen die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ verstoße, und weshalb der Gegenstand beider Ansprüche weder neu noch erfinderisch sei. Zur weiteren Stützung ihrer Auffassung überreichte sie die Dokumente

E8 C. Berger, et. al. J. Aerosol Sci. Vol. 26, No. 2, pp. 211-217, 1995

E9 F. Stratmann, et al. J. Aerosol Sci. Vol. 20, No. 8 pp. 899 - 902, 1989

E10 GB-A-2 319 191

E11 EP-A-0 277 615.

V. Mit Schreiben vom 8. Mai 2009 beantragte die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) die Beschwerde zurückzuweisen. Der Einspruch sei schon unzulässig, da er im Zeitpunkt der Einlegung nicht ausreichend substantiiert gewesen sei. Im Übrigen sei er unbegründet. Daneben wandte sie sich gegen die Berücksichtigung der verspätet in das Verfahren eingeführten Dokumente und bezweifelte die Gültigkeit der Priorität der E3. Zugleich reichte sie vier Hilfsanträge ein.

VI. Die Beschwerdekammer hat in ihrer Mitteilung vom 28. Juli 2009 darauf hingewiesen, dass der Einspruch zulässig zu sein scheine. Ferner scheine der Hauptantrag wegen Verstoßes gegen Artikel 123(2) EPÜ nicht gewährbar, da die in Anspruch 2 definierte Kombination von Merkmalen nicht ursprünglich offenbart sei. Die Zulassung der neu eingereichten Dokumente werde zu diskutieren sein.

VII. Daraufhin reichte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 6. November 2009 weitere Dokumente (E12 bis E16) zur Substantiierung der Argumente in Bezug auf das Fehlen einer erfinderischen Tätigkeit ein. Des Weiteren verwies sie bezüglich der vorliegenden Hilfsanträge auf die Entscheidung G 9/92 und das darin erläuterte Verbot einer "reformatio in peius". Zusätzlich wurde eine Übersetzung des finnischen Prioritätsdokumentes der E3 eingereicht.

VIII. Am 8. Dezember 2009 fand eine mündliche Verhandlung statt, in der die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, das Patent auf der Grundlage des während der mündlichen Verhandlung eingereichten Anspruchs in geänderter Fassung aufrecht zu erhalten.

Dieser Anspruch unterscheidet sich von Anspruch 1 des von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Antrags dadurch, dass beim Kühlmedium für die Kühlung der Oberflächen die Alternative des gasförmigen Stoffes gestrichen wurde und somit das Kühlmedium auf eine Flüssigkeit begrenzt ist, und dass im letzten Merkmal die Alternative der engen, im Querschnitt verringerten Strömungskanäle gestrichen wurde.

IX. Die Argumente der Beschwerdeführerin zur Stützung ihrer Anträge lassen sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Der Einspruch sei zulässig und von Beginn an ausreichend substantiiert gewesen.

Die Priorität von E3 sei gültig. E3 offenbare ein Verfahren zur Abscheidung von Partikeln aus dem Abgas von Diesel-Brennkraftmaschinen. Beide darin offenbarten, nacheinander angeordneten Bienenwaben-Katalysatoren enthielten katalytisch aktive Substanzen um Stickoxide zu reduzieren und NO2 zu bilden und um CO- und CH-Verbindungen zu oxidieren. Gemäß Absatz [0037] könne die Temperatur des Verbrennungsgases durch einen Wärmeaustausch, welcher in das Abgassystem integriert sei, variiert werden. Dafür könne ein flüssiges oder gasförmiges Hitzetransfermedium verwendet werden. Die Anpassung der Temperatur an ein für NOx optimiertes Pt-katalysiertes Verfahren für Diesel-Abgase sei möglich. Die Größe der Partikel betreffe den für Dieselabgas generell zutreffenden Bereich. Thermophorese, Konvektion und Diffusion seien in derartigen Verfahren grundsätzlich auftretende Phänomene. Bezüglich der Thermophorese offenbare E3 auf Seite 6, Zeile 21, dass das Abgas abgekühlt werde, bezüglich Konvektion und Diffusion verweise E3 auf Seite 5, Absatz [0032], und zwar auf Ecken und Achselhöhlen der Strömungskanäle. Daher seien alle Merkmale des beanspruchten Verfahrens aus E3 bekannt und dieses folglich nicht neu.

E4 sei als nächstliegender Stand der Technik zu betrachten. Aufgabe der Erfindung sei, eine Alternative bereitzustellen, wobei die Effekte der Thermophorese im Hinblick auf eine verbesserte Effizienz des Verfahrens genutzt werden sollten. Ausgehend von E4 sei der Fachmann aufgrund seiner Fachkenntnisse in der Lage, einen Partikelabscheider mit den beanspruchten Merkmalen dafür einzusetzen. Falls er weitergehende Informationen benötige, so könne er diese aus E9 entnehmen, welche die Effekte der Thermophorese, der Konvektion und der Diffusion im hier gegenständlichen Zusammenhang erläutere. Deshalb sei eine erfinderische Tätigkeit nicht erforderlich um zum Anspruchsgegenstand zu gelangen.

X. Die Beschwerdegegnerin entgegnete wie folgt:

Der Einspruch sei unzulässig, da nicht ausreichend substantiiert. Aus der Einspruchsschrift sei nicht zu entnehmen gewesen, ob E1 zum vorveröffentlichten Stand der Technik gehöre. Des Weiteren würden die als E1 eingereichten Seiten eines Handbuchs nicht die beanspruchten Merkmale beinhalten. Daher sei, auch unter Einbeziehung der E2, kein auf die Gegenstände der Ansprüche bezogenes Vorbringen während der Einspruchsfrist erfolgt.

E3 offenbare kein Verfahren, bei welchem insbesondere die Thermophorese in der beanspruchten Form verwendet werde. Ferner habe nicht jedes Leitblech eine Strömungstotzone und daher sei auch die Diffusion wie beansprucht nicht zweifelsfrei aus E3 bekannt. Im Gegensatz zur Offenbarung der E3 beinhalte das Verfahren nach dem geltenden Anspruch des Streitpatents einen Partikelabscheider, welcher alle drei Effekte in der beanspruchten Form nutze.

E4 bilde den nächstliegenden Stand der Technik für die Erörterung der erfinderischen Tätigkeit. Die Erfindung habe sich die Aufgabe gestellt, die Abscheidung der Partikel zu reduzieren. Eine Kühlung der Oberflächen sei in diesem Zusammenhang unerwünscht. Folglich sei eine Kühlung mit einem Kühlmedium nicht mit dieser Lehre zu vereinbaren. Eine Kombination mit der E9 komme daher nicht in Betracht.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Die Kammer teilt die Auffassung der Einspruchsabteilung zur Zulässigkeit des Einspruchs.

Die Einspruchsschrift enthielt eine Erklärung darüber, in welchem Umfang gegen das europäische Patent Einspruch eingelegt (Widerruf des Patents) und auf welche Einspruchsgründe (Artikel 100 (a) EPÜ: mangelnde Neuheit und fehlende erfinderische Tätigkeit) der Einspruch gestützt wurde. Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern (siehe hierzu Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 5. Auflage, VII. C. 4.5.1) ist das Erfordernis der Angabe der zur Begründung des Einspruchs vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel dann erfüllt, wenn die relevanten Tatsachen und Beweismittel so ausreichend angegeben sind, dass das Europäische Patentamt und der Patentinhaber das Vorbringen ohne weitere Ermittlungen verstehen können.

Zur Begründung des Einspruchs wurden E1 und E2 vorgelegt und ausführlich diskutiert. Die Erfordernisse gemäß Regel 76 (2) c) EPÜ sind daher erfüllt.

Die Tatsache, dass die als E1 überreichte Kopie einen Copyright-Vermerk nur mit der Jahreszahl 1999 trug, war von der Beschwerdegegnerin umgehend beanstandet worden, woraufhin eine Publikationsbestätigung übermittelt wurde. Auf die Begründung des Einspruchs, welche auch ohne die Kenntnis des genauen Publikationsdatums verstanden werden konnte, hatte dieses Datum keinen Einfluss. An der Zulässigkeit des Einspruchs besteht somit auch insoweit kein Zweifel.

2. Verspätet eingereichte Dokumente

2.1 E3 bis E7 wurden bereits in der ersten Instanz in das Verfahren eingeführt. In einem solchen Fall überprüft die Beschwerdekammer die Ausübung des Ermessens der Einspruchsabteilung nur hinsichtlich der angewandten Kriterien und der Einhaltung des Ermessensspielraums (vgl. G 7/93, Pt. 2.6). Als ausschlaggebendes Kriterium für die Zulassung von verspätetem Vorbringen wurde von der Einspruchsabteilung die Relevanz der Dokumente angesehen. Diese ist als wichtiges Kriterium für die Frage der Zulassung verspäteten Vorbringens vor der Einspruchsabteilung anerkannt (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 5. Auflage, VI.F.2.).

3. Neuheit

3.1 E3 zeigt ein Verfahren zur Abscheidung von Partikeln aus dem Abgas von Diesel-Brennkraftmaschinen mittels zweier Bienenwaben-Katalysatoren. Durch eine Bypass-Leitung erreicht ein Teil der Abgase direkt den zweiten Katalysator, wobei die Zelldichte des ersten Bienenwaben-Katalysators höher ist als die Zelldichte des zweiten Bienenwaben-Katalysators. Zumindest einer der beiden Katalysatoren bindet den Ruß und/oder Schwefeloxide und/oder Stickoxide. Es wird mit Nachdruck auf die Vorteile des erfindungsgemäßen Nachspritzens mittels der Bypass-Leitung verwiesen (Absatz [0037], Figuren 1, 2, Beispiele).

3.2 Das beanspruchte Verfahren unterscheidet sich von dem in E3 offenbarten Verfahren dadurch, dass nur ein Oxidationskatalysator vorgesehen ist. Deshalb kann auch eine Bypass-Leitung, wie in E3 zwischen den beiden Katalysatoren offenbart, im beanspruchten Verfahren des Streitpatents nicht angebracht werden. Ferner unterscheidet sich das beanspruchte Verfahren von der Lehre des E3 darin, dass der Partikelabscheider - und nicht der Oxidationskatalysator - die beschriebenen Effekte der Thermophorese, Konvektion und Diffusion nutzt.

3.3 Es wird in E3 (Absatz [0037]) darauf hingewiesen, dass die Temperatur der Auspuffgase mittels eines Wärmeaustauschers, welcher in das Abgassystem integriert werden kann, um 30 - 100ºC reduziert werden könnte, um die Katalysatoren in einen bezüglich NOx optimierten Temperaturbereich zu bringen. In den Beispielen oder der weiteren Beschreibung wird jedoch darauf nicht mehr eingegangen. Die Optimierung des Verfahrens wird vielmehr über die Zelldichte der Bienenwaben-Katalysatoren erreicht. Dieser Hinweis auf die Möglichkeit einer Temperaturreduktion ist jedoch nicht auf die Kühlung von Oberflächen gerichtet, welche die Thermophorese im Partikelabscheider bewirken, sondern betrifft allgemein das Abgassystem. Daher ist auch das anspruchsgemäße Merkmal, welches die Thermophorese an gekühlten Oberflächen des Partikelabscheiders betrifft, nicht aus E3 bekannt.

3.4 Der Gegenstand des Anspruchs ist daher neu.

3.5 Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass die Gültigkeit der Priorität der E3 von der Beschwerdegegnerin nicht weiter bestritten wurde, nachdem die Übersetzung des Prioritätsdokuments vorlag. Es gibt auch für die Kammer keinen Hinweis, weshalb die Priorität nicht gültig sein sollte.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1 Das in E4 offenbarte Verfahren stellt einen für die Prüfung des Vorliegens einer erfinderischen Tätigkeit geeigneten nächstliegenden Stand der Technik dar. E4 offenbart ein Abgas-Kontroll-System für (leichte) Diesel-Brennkraftmaschinen, welches zwei Bienenwaben-Katalysatoren aufweist. Der erste Katalysator wandelt NO in NO2 um, der zweite Katalysator oxidiert insbesondere CH, NO und VOF. Um eine möglichst vollständige Verbrennung des Rußes zu erreichen, wird - insbesondere bei Anwesenheit höherer S-Anteile im Abgas - ein Aufrechterhalten der optimalen Temperaturen durch zusätzliches Heizen mittels Infrarot oder anderer Strahlungsenergiequellen vorgeschlagen (Spalte 3, Zeilen 14 - 21).

4.2 Das anspruchsgemäße Verfahren unterscheidet sich von diesem Verfahren dadurch, dass es lediglich einen (Bienenwaben-) Oxidationskatalysator aufweist, sowie darin, dass die Thermophorese an Oberflächen, die kälter als der Abgasstrom sind, zur Abscheidung der Partikel genutzt wird und dafür als Kühlmedium eine Flüssigkeit zur Kühlung der Oberflächen eingesetzt wird, wobei des Weiteren Konvektion sowie Diffusion in Strömungstotzonen stattfindet.

4.3 Nach der von der Beschwerdeführerin vorgeschlagenen Aufgabenstellung, eine Alternative zu dem Verfahren aus E4 bereitzustellen, um die Effekte der Thermophorese zu nutzen, sollte das beanspruchte Verfahren zusätzlich eine verbesserte Effizienz mit sich bringen. Dies ist im Streitpatent jedoch nicht gezeigt.

4.4 Die Beschreibung des Streitpatents erläutert anhand der Ausführungsbeispiele, dass die Partikelreduktion bei filternden Systemen doppelt so hoch ist, jedoch der Abgasgegendruck deutlich über dem der filterlosen Partikelabscheidung liegt. E4 offenbart zwei Katalysatoren aber keinen Partikelfilter. Daher können die Ausführungsbeispiele keinen effizienzsteigernden Effekt gegenüber der E4 belegen. Die Aufgabe ausgehend von E4 kann sich somit nicht auf dieses Merkmal beziehen.

4.5 Die objektive technische Aufgabe kann daher nur darin liegen, ein alternatives Verfahren zur Abscheidung von Feinstpartikeln zu entwickeln. Dies wird gemäß den Ausführungsbeispielen erfindungsgemäß erreicht, insbesondere unter Berücksichtigung des Abgasgegendrucks.

4.6 Sowohl die Verwendung nur eines Oxidationskatalysators als auch die Kühlung der Oberflächen des Partikelabscheiders zur Ausnutzung der Thermophorese in Verbindung mit der Gestaltung des Strömungsverlaufs in Bezug auf die Strukturierung der Oberflächen (Konvektion) und der Einbeziehung von Strömungstotzonen (Diffusion) kann ausgehend von E4 auch bei Heranziehung des allgemeinen Fachwissens nicht als nahegelegt angesehen werden.

4.7 Ein mit der oben erläuterten Aufgabenstellung konfrontierter Fachmann kann ausgehend von seinem Fachwissen das Verfahren an mehreren Stellen alternativ gestalten. Dazu gehört auch u. a. eine Optimierung der Katalysatoren (u. a. Bauart, Design, Metall, Temperaturen, Strömungsverlauf).

4.8 Es gibt keine Veranlassung, den zweiten Oxidationskatalysator durch einen reinen Partikelabscheider zu ersetzen. Des Weiteren widerspricht eine Absenkung der Temperatur im Bereich der Oxidationskatalysatoren der Lehre der E4 - zumindest für Abgase mit höheren S-Gehalten. Die Grundlagen-Kenntnisse des Fachmanns bezüglich der Zusammenhänge von Thermophorese, Konvektion und Diffusion können nicht zur Auflösung dieses Widerspruchs beitragen. Die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Argumente liefern keine Begründung, wie der Fachmann dies tun sollte.

4.9 Die von der Beschwerdeführerin zur Begründung des Naheliegens weiter vorgetragene Kombination der Dokumente E4 und E9 ist aus diesem Grund ebenfalls nicht zielführend.

4.10 E9 offenbart eine experimentelle und theoretische Studie des Partikeltransports in gekühlten, laminaren, tubulären Leitungen. Es wird gezeigt, dass der theoretisch vorhergesagte höhere Partikelverlust mit ansteigender Partikelgröße in einem bestimmten Partikelgrößenbereich auch experimentell nachgewiesen werden konnte und durch die gegenseitige Abhängigkeit von Konvektion, Diffusion und Thermophorese verursacht wird.

4.11 E9 betrifft Strömungsverhältnisse in gekühlten Leitungen (0,5 m Länge, 6,3 mm Radius und einer Durchflussge-schwindigkeit von 0,3 l/min bei einer Oberflächentem-peratur der Leitungswände von 0ºC). Es ist nicht nachzuvollziehen, warum ein Fachmann, der die Lehre der E4 weiterentwickeln möchte - die sich ja vorwiegend auf ein System von zwei aufeinanderfolgenden Katalysatoren stützt - durch diese experimentellen Resultate dazu angeregt werden könnte, von der Lehre der E4 in Bezug auf zwei Katalysatoren und in Bezug auf eine Temperaturerhöhung des Abgases abzuweichen. Die Übertragbarkeit der speziellen Versuchsbedingungen (wie z.B. die Oberflächentemperatur der Leitungswände von 0ºC; laminare Strömungen) auf die Verhältnisse in Dieselabgasen und insbesondere in deren Temperaturbereich (200ºC - 500ºC) ist nicht ohne Weiteres nachvollziehbar.

4.12 Ausgehend von E4 kann der Fachmann daher die aus E9 bekannten experimentellen und theoretischen Überlegungen und Schlussfolgerungen nicht einfach für reelle Abgase von Brennkraftmaschinen übernehmen. Da in E9 insbesondere laminare Strömungen untersucht wurden, treffen die dortigen Ergebnisse nicht notwendigerweise auf strukturierte Oberflächen und Leitungen mit Strömungstotzonen zu. Zum einen kann eine Anregung, turbulente Strömungen in einem Partikelabscheider, welcher mittels Flüssigkeit gekühlt wird, vorzusehen, weder aus E4 noch aus E9 entnommen werden, zum anderen erfordert insbesondere die Diffusion in Strömungstot-zonen speziell gestaltete Leitbleche. Die aus dem allge-meinen Fachwissen bekannten Effekte der Thermophorese, Konvektion und Diffusion finden zu einem gewissen Ausmaß in jedem Abgassystem statt. Ihre spezielle Ausgestaltung wie hier beansprucht, kann jedoch aus der Kombination der Dokumente E4 und E9 nicht abgeleitet werden.

4.13 Aus den oben dargelegten Gründen kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand des Anspruchs nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik herleitbar ist und somit auf erfinderischer Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ 1973).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen, mit der Auflage, das europäische Patent mit folgenden Unterlagen aufrecht zu erhalten:

Anspruch und Beschreibung Seiten 2 - 5, jeweils vom 8. Dezember 2009;

Zeichnungen Figuren 1 - 15, wie erteilt.

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