T 1756/08 (Fungizide Wirkstoffkombination/BAYER CROPSCIENCE) of 19.7.2011

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2011:T175608.20110719
Datum der Entscheidung: 19 Juli 2011
Aktenzeichen: T 1756/08
Anmeldenummer: 04790896.7
IPC-Klasse: A01N 43/88
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Fungizide Wirkstoffkombination
Name des Anmelders: Bayer CropScience Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention R 139
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(3)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein) - verbesserter Effekt nicht nachgewiesen - naheliegende Alternative
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0197/86
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die die Europäische Anmeldung Nr. 04 790 896.7 zurückgewiesen hat, wurde eine Beschwerde eingelegt.

II. Anspruch 1 des Antrags vor der Prüfungsabteilung lautete:

"1. Wirkstoffkombination, enthaltend eine Verbindung der Formel (I) (Spiroxamine) und eine Verbindung der Formel (II) (Prothioconazole) uns eine Verbindung der Formel (III) (Fluoxastrobin)."

III. Die Prüfungsabteilung entschied, dass der Gegenstand des Antrags den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ nicht genüge. Diese Entscheidung war unter anderem auf folgende Dokument gestützt:

(1) WO-A-98/47367

(2) mit Schreiben vom 5. September 2007 eingereichte Versuche.

Nach Auffassung der Einspruchsabteilung wurde mit den Versuchen in der ursprünglichen Anmeldung und im Dokument (2) keine zusätzliche Wirkung der beanspruchten ternären Mischung (I + II + III) gegenüber allen einzelnen Wirkstoffen so wie gegenüber jeder binären Mischung (I + II; I + III und II + III) nachgewiesen. Die Tatsache, dass eine synergistische Wirkung erzielt wird, war zu erwarten.

IV. Während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ersetzte die Beschwerdeführerin ihren bisherigen Hauptantrag durch einen neuen Hauptantrag, auf dem die vorliegende Entscheidung basiert.

Anspruch 1 dieses Hauptantrags lautet wie folgt:

"1. Synergistische Wirkstoffkombination, enthaltend eine Verbindung der Formel (I)

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

und eine Verbindung der Formel (II)

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

und eine Verbindung der Formel (III)

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

dadurch gekennzeichnet, dass in der Wirkstoffkombination das Gewichtsverhältnis von Wirkstoff der Formel (I)

zu Wirkstoff der Formel (II) 1:0,1 bis 1:10 beträgt und

zu Wirkstoff der Formel (III) 1:0,05 bis 1:10 beträgt."

V. Die Argumente der Beschwerführerin können wie folgt zusammengefasst werden:

- Die Aufwandmengen der einzelnen Wirkstoffe bei kombinierter Anwendung seien kleiner.

- Ein breiterer Schutzspektrum könne durch die Kombination des Hauptantrags erreicht werden.

- Die in der Beschreibung erwähnten Daten zeigen, dass die einzelnen Stoffe schlechter als die Mischung der drei Komponenten wirken.

- Die vorgelegten Vergleichsversuche zeigen, dass die erfindungsgemäße Kombination besser als die binären Kombinationen wirke.

- Dokument (1) enthalte keinen ausdrücklichen Hinweis auf eine ternäre Kombination.

- Ein überraschender "Supersynergismus" lasse sich ohne weiteres mit dem bisher zur Verfügung stehenden Mitteln nicht darlegen. Ein neues Rechenmodell sei notwendig.

- Ausgehend vom Dokument (1) könnte der Fachmann zur erfindungsgemäßen Kombination gelangen aber würde es nicht, da es keine Veranlassung gebe, ausgehend von den binären Kombinationen des Dokuments (1) die erfindungsgemäßen ternären Kombinationen auszusuchen, weil keine gesteigerte Wirkung mit jeglicher Kombination vorhersehbar war.

VI. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Zurückweisung aufzuheben und ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen: Ansprüche Nr. 1 bis 8, eingereicht an der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2011.

VII. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Zulassung des Hauptantrags

2. In diesem Hauptantrag wurde der abhängige Anspruch 2 in Anspruch 1 aufgenommen und der Anspruch 6 umformuliert.

2.1 Obwohl der Hauptantrag früher hätte eingereicht werden können, da die Kammer mit Schreiben vom 21 März 2011 ihre vorläufige Meinung in Bezug auf der Patentierbarkeit des beanspruchten Gegenstands gab, erhöhen diese Änderungen weder die Komplexität des Verfahrens noch erfordern sie eine Verlegung der mündlichen Verhandlung (Artikel 13 (1) und (3) VOBK).

2.2 Die Kammer lässt daher diesen spät eingereichten Hauptantrag ins Verfahren zu.

Korrektur der Beschreibung

3. Als Wirkstoff (III) wurde Tebuconazole statt Fluoxastrobin in der Tabelle der Seite 9 der ursprünglich eingereichten Beschreibung erwähnt.

3.1 Da dieses Beispiel die erfindungsgemäße Kombination betrifft (siehe Seite 9, Zeile 14) wird dies als ein offensichtlicher Fehler angesehen. In Anbetracht des beanspruchten Gegenstands, nämlich eine Kombination dreier bestimmten Verbindungen der Formeln (I), (II) und (III), fehlt zwangsläufig Fluoxastrobin als Wirkstoff neben den Verbindungen der Formel (I) und (II) in der Tabelle der Seite 9. Daher ist dem Fachmann unmittelbar eindeutig, dass in der Tabelle der Seite 9 Fluoxastrobin anstatt Tebuconazole gemeint wurde.

3.2 Daher erfüllt diese Korrektur die Erfordernisse der Regel 139 EPÜ.

Erfinderische Tätigkeit

4. Dokument (1) stellt den nächstliegenden Stand der Technik dar. Es beschreibt auch Wirkstoffkombinationen, die zur Bekämpfung von phytopathogenen Pilzen einsetzbar sind (siehe Seite 1, erster Absatz). Weiterhin wirken diese Kombinationen synergistisch (siehe Seite 10, die zwei letzten Zeilen und Seite 11, die zwei ersten Zeilen). Die Kombinationen des Dokuments (1) enthalten zwangsläufig die Verbindung der Formel (I), die der Verbindung der Formel (II) in der vorliegenden Anmeldung entspricht (siehe Anspruch 1). Weiterhin wurde im Dokument (1) präzisiert, dass zusätzlich zu dieser Verbindung der Formel (I) weitere Wirkstoffe anwesend sein können, die auf den Seiten 2 bis 10 aufgeführt sind. Unter diesen Wirkstoffen finden sich die Verbindungen der Formeln (XI) (siehe Seite 5, Absatz 10) und (XIV) (Seite 6, Absatz 13), die den Verbindungen der Formeln (I) und (III) des Anspruchs 1 des Hauptantrags entsprechen.

Die Gewichtsverhältnisse der Verbindungen (I), (XI) und (XIV), die den Verbindungen der Formeln (II), (I) und (III) entsprechen, [(siehe Seite 17, siebter Absatz, "Formel (I)" und Seite 18, achter Absatz "Gruppe (10)" und elfter Absatz "Gruppe (13)")] überlappen sich mit denjenigen der Kombination des Anspruchs 1 des Hauptantrags. Daher unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags vom Gegenstand des Dokuments (1), nur dadurch dass die bestimmte Kombination der Verbindungen (I), (II) und (III) nicht eindeutig und unmittelbar im Dokument (1) offenbart wurde.

4.1 Ausgehend vom Dokument (1) formulierte die Beschwerdeführerin die zu lösende Aufgabe wie folgt: die Bereitstellung synergistischer Wirkstoffkombinationen zur Bekämpfung von Pilzen, die verbesserte Eigenschaften aufweisen, nämlich die ein breiteres Spektrum aufweisen sowie eine kleinere Aufwandmenge erfordern.

4.2 Die mit Schreiben von 5. September 2007 von der Beschwerdeführerin erbrachten Versuche können die behaupteten verbesserten Eigenschaften nicht nachweisen.

4.2.1 In der Tabelle 7 des Dokuments (1) wurde die protektive Wirksamkeit der binären Kombination der Verbindungen (I) + (XIV) (beziehungsweise Verbindungen (II) und (III) des Anspruchs 1 des Hauptantrags) in den Gewichtsverhältnissen 1:3 auf Weizen gegen Leptosphaeria nodorum gezeigt. Aus dieser Tabelle ist zu entnehmen, dass kein Befall beobachtet wurde (siehe Seite 49 in Verbindung mit Seite 48, Zeilen 24 bis 26). Die Vergleichsversuche (2) betreffen ebenfalls die protektive Wirksamkeit auf Weizen gegen Leptosphaeria nodorum aber die Gewichtsverhältnisse der erfindungsgemäßen Verbindungen der Formeln (II) und (III) beträgt 1:1 anstatt 1:3 im Beispiel der Tabelle 7 des Dokuments (1). Weiterhin wurde die Aufwandmenge an Wirkstoff in der Tabelle 7 des Dokuments (1) in "g/ha" gemessen während diese Menge in den Vergleichsversuchen in "ppm" gemessen wurde. Infolgedessen unterscheiden sich diese Beispiele nicht nur durch die Natur der Wirkstoffkombination (binäre/ternäre), sondern auch durch die unterschiedlichen Aufwandmengen an Wirkstoffen und die unterschiedlichen Gewichtsverhältnisse dieser eingesetzten Wirkstoffe.

4.2.2 Gemäß der Rechtsprechung der Beschwerdekammern muss der Vergleich mit dem Stand der Technik so angelegt sein, dass die angeblichen Vorteile überzeugend auf das Unterscheidungsmerkmal der Erfindung gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik zurückgeführt wird (T 197/86, ABl. 1989, 371). Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu (siehe Punkt 4.2.1 oben). Daher betrachtet die Kammer die vorgelegten Vergleichsversuche als nicht aussagekräftig, um die behaupteten Vorteile (siehe Punkt 4.1) nachweisen zu können.

Das Beispiel 2 der Beschreibung kann auch nicht dazu dienen, die behaupteten verbesserten Eigenschaften nachzuweisen. Obwohl sich dieses Beispiel von dem ersten Beispiel der Tabellen 5 des Dokuments (1) (siehe Seite 44) nur durch die Natur der Wirkstoffkombination (binäre/ternäre) unterscheidet, beträgt der Wirkungsgrad in den beiden Beispielen 100%, weil nämlich kein Befall beobachtet wurde. In Ermangelung eines Wirkungsgradunterschieds ist eine verbesserte Eigenschaft nicht erwiesen.

Es ergibt sich daraus, dass die oben erwähnte Aufgabe (siehe Punkt 4.1) nicht gelöst wurde.

4.3 Folglich muss die zu lösende Aufgabe umformuliert werden, nämlich in der Bereitstellung einer alternativen synergistischen Wirkstoffkombination, die als Fungizid verwendet wird.

4.4 Beispiel 2 der Beschreibung zeigt, dass diese Aufgabe gelöst wurde.

4.4.1 Dokument (1), das den nächstliegenden Stand der Technik darstellt, bot dem Fachmann eine Anregung die beanspruchte Kombination herzustellen. Dokument (1) beschreibt (siehe 1, erster Absatz), dass die beanspruchten Wirkstoffkombinationen zusätzlich zu der Verbindung der Formel (I) (entsprechend Verbindung der Formel (II) in Anspruch 1 des Hauptantrags) weitere bekannte fungizide Wirkstoffe enthalten können. Diese weiteren Wirkstoffe werden auf den Seiten 2 bis 10 des Dokuments (1) und auch im Anspruch 1 aufgeführt. Unter diesen verschiedenen Wirkstoffen werden unter anderem "Spiroxamin" (siehe Seite 5, Absatz (10), Verbindung (XI)) und "Fluoxastrobin" (siehe Seite 6, Absatz (13), Verbindung (XIV)) genannt. Der Fachmann, der die obengenannte Aufgabe lösen will, nämlich die Bereitstellung einer alternativen synergistischen Wirkstoffkombination, um Pilze zu bekämpfen, würde die verschiedenen fungiziden Wirkstoffe des Anspruchs 1 kombinieren und daher zwangsläufig - ohne erfinderisches Zutun - zu der erfindungsgemäßen Wirkstoffkombination gelangen.

4.5 Die Argumente der Beschwerdeführerin (siehe IV oben) haben die Kammer nicht überzeugt.

Es wurde nicht gezeigt, dass die erfindungsgemäße Wirkstoffkombination kleinere Aufwandmengen erfordert und/oder ein breiteres Schutzspektrum aufweist, da keine Daten zu diesen Eigenschaften vorgelegt wurden. Auch wurde nicht nachgewiesen, dass die erfindungsgemäße Wirkstoffkombination besser als die einzelnen Verbindungen oder die binären Kombinationen wirkt (siehe 4.2.1 und 4.2.2). Eine Methode für die Bewertung des behaupteten "Supersynergismus" wurde von der Beschwerdeführerin nicht dargelegt und die Anwesenheit dieses "Supersynergismus" ebensowenig nachgewiesen. Wie im Absatz 4.4.1 erläutert ist eine Veranlassung zu der erfindungsgemäßen Wirkstoffkombination nicht notwendig, da der Fachmann ausgehend von Dokument (1) zu dieser Kombination gelangen würde (siehe Punkt 4.4.1 oben).

4.6 Der Gegenstand des Hauptantrags beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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