European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2010:T173808.20100622 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 22 Juni 2010 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1738/08 | ||||||||
Anmeldenummer: | 01925367.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61F 13/15 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Absorbierender Hygieneartikel zum einmaligen Gebrauch | ||||||||
Name des Anmelders: | Paul Hartmann Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SCA Hygiene Products AB | ||||||||
Kammer: | 3.2.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (ja) Erfinderische Tätigkeit (ja - nach Änderungen) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die am 02. März 2001 unter Inanspruchnahme zweier deutscher Prioritäten vom 2. März 2000 eingereichte Patentanmeldung Nr. 01925367.3 ist das europäische Patent Nr. 1 259 207 erteilt worden. Die Einspruchsabteilung hat den gegen dieses Patent eingelegten Einspruch mit der am 8. August 2008 zur Post gegebenen Entscheidung zurückgewiesen. Sie hielt sowohl den Gegenstand des Anspruchs 1 als auch das Verfahren gemäß Anspruch 12 für jeweils neu und erfinderisch im Sinne der Artikel 54 und 56 EPÜ 1973 gegenüber dem, aus folgenden Dokumente bekannten, Stand der Technik
D1 WO-A-95/10996
D2 US-A-3 676 242
D3 US-A-3 704 198
D4 US-A-3 715 251
D5 EP-A-0 418493
D6 US-A-5 318 554
D7 WO-A-99/47089
D8 US-A-5 147 345
D9 US-A-4 554 292
D10 WO-A-98/56430.
II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 4. September 2008 Beschwerde eingelegt und die Beschwerdegebühr bezahlt. In der Beschwerdebegründung, welche am 18. Dezember 2008 eingereicht wurde, hat sie erläutert, weshalb nach ihrer Auffassung das beanspruchte Verfahren nicht neu sei und weder der beanspruchte Hygieneartikel, noch das beanspruchte Verfahren auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 100 a) EPÜ 1973). Zur zusätzlichen Untermauerung ihrer Auffassung überreichte sie das Dokument
D11 WO-A-97/34557.
III. Die Beschwerdekammer hat in ihrer Mitteilung vom 8. Februar 2010 darauf hingewiesen, dass D11 ausreichend relevant zu sein scheine, um im Beschwerdeverfahren berücksichtigt zu werden. Insbesondere in Kombination mit D10 würde die Patentfähigkeit der Gegenstände der unabhängigen Ansprüche zu diskutieren sein.
IV. Am 22. Juni 2010 fand eine mündliche Verhandlung statt. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis des während der mündlichen Verhandlung eingereichten Antrags.
Anspruch 1 dieses Antrags lautet wie folgt:
"Absorbierender Hygieneartikel zum einmaligen Gebrauch, insbesondere Windel, Damenbinde, Inkontinenzvorlage, mit einem wenigstens zweischichtigen Saugkörper (30), der eine im Gebrauch des Artikels körperzugewandte Flüssig-keitsaufnahme-, verteiler- und -zwischenspeicherschicht (32) und eine auf deren körperabgewandter Seite vorgesehene Speicherschicht (34) mit einem Anteil von wenigstens 50 Gew.-% an superabsorbierenden Polymermaterialien umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass die Flüssigkeitsaufnahme-, -verteiler- und -zwischen-speicherschicht (32) aus einem thermoplastischen Polymer unter Zusatz eines Treibmittels extrudiert ist, dass die Flüssigkeitsaufnahme-, verteiler- und -zwischen-speicherschicht (32) ein Gesamtporenvolumen von wenigstens 30 ml aufweist, dass die Flüssigkeits- aufnahme-, -verteiler- und -zwischenspeicherschicht (32) im wesentlichen frei von superabsorbierenden Polymermaterialien ist und dass der Schäumungsgrad größer als 50 % ist, und dass die Flüssigkeitsaufnahme-, verteiler- und -zwischenspeicherschicht (32) als Zuschlagstoffe 3 - 30 Gew.-%, insbesondere 10 - 20
Gew.-% Fasern umfasst."
Anspruch 7 lautet:
"Verfahren zum Herstellen einer Flüssigkeitsaufnahme-, verteiler- und -zwischenspeicherschicht (32) im Zuge der Herstellung eines Hygieneartikels nach einem oder mehreren der vorstehenden Ansprüche 1 - 6, die folgenden Verfahrensschritte umfassend:
- Einbringen eines thermoplastischen Polymers in eine Extrusionsvorrichtung,
- Schmelzen des thermoplastischen Polymermaterials,
- Einbringen eines Treibmittels unter Überdruck,
- Extrudieren des Gemischs, wobei das Treibmittel bei Druckabbau zur Schäumung des thermoplastischen Polymers führt, wobei als Zuschlagstoff Fasern in die Extrusionsvorrichtung eingebracht werden."
V. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:
Der während der mündlichen Verhandlung vorgelegte Antrag sei nicht zulässig, da er spät eingereicht worden sei. Die Ansprüche 1 und 7 enthielten keine weiteren erfindungsrelevanten Merkmale, weshalb er nicht geeignet sei, die Einwände bezüglich des während der mündlichen Verhandlung erörterten Mangels an erfinderischer Tätigkeit der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Ansprüche auszuräumen. Er sollte daher nicht zum Verfahren zugelassen werden.
Weder der Hygieneartikel nach Anspruch 1, noch das Verfahren nach Anspruch 7 des nun vorliegenden Antrags beinhalte eine erfinderische Tätigkeit. Der in D11 offenbarte absorbierende Hygieneartikel enthalte einen zweischichtigen Saugkörper, wobei auf der körperabgewandten Seite eine Speicherschicht und auf der körperzugewandten Seite eine Flüssigkeitsaufnahme- und -verteilerschicht angeordnet sei. Die Speicherschicht könne 50 bis 100 % superabsorbierende Polymere enthalten. Die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 seien daher vorhanden und D11 stelle einen im Rahmen des Aufgabe-Lösungsansatzes geeigneten nächstliegenden Stand der Technik dar. In Bezug auf die Flüssigkeitsaufnahme- und -verteilerschicht offenbare D11 zwar als bevorzugtes Material verstärkte Fasern, weise jedoch zusätzlich oder alternativ auf polymere Schaummaterialien hin (S. 12, Z. 24/25). Geeignete polymere Schaummaterialien seien dem Fachmann aus D10 bekannt, welche mittels Treibgas extrudierte Polymere als Alternative zu HIPE-Schäumen offenbare. Derartig hergestellte Schichten würden in D10 als geeignet zur Verwendung in absorbierenden Hygieneartikeln dargestellt. Diese extrudierten Schichten würden den anspruchsgemäß geforderten Schäumungsgrad aufweisen, seien aus thermoplastischen Polymeren aufgebaut und enthielten keine superabsorbierenden Polymermaterialien.
Da D11 bereits Schaumschichten als Alternative oder als Zusatz zu den Flüssigkeitsaufnahme- und -verteiler-schichten aus verstärkten Fasern vorschlage, beinhalte der vorgeschlagene Anteil an Fasern keine erfinderische Tätigkeit. Der diesbezüglich beanspruchte Gewichtsanteil betreffe einen Bereich, welcher innerhalb der üblichen Grenzen liege, die der Fachmann ohnehin wählen würde. Für dessen Auswahl fehle im Streitpatent das Aufzeigen signifikanter Effekte.
Die Merkmale des Verfahrens gemäß Anspruch 7 unterschieden sich von den in D11 gezeigten Verfahrensmerkmalen nur darin, dass als Zuschlagstoff Fasern in die Extrusionsvorrichtung eingebracht werden sollen. Ein derartiges Einbringen sei aber dann naheliegend, wenn eine weitere Verstärkung einer Schicht erreicht werden soll. D11 verweise bereits auf die Verwendung von Fasern und Schäumen für die Flüssigkeitsaufnahme- und -verteilerschicht. Auch wenn in den auf diesen Verweis folgenden Textstellen HIPE - Schäume besprochen würden, sei die Verwendung von extrudierten Schäumen dadurch ebenso nahe gelegt.
Die Kombination der beanspruchten Merkmale lag daher für den Fachmann ausgehend von D11 in Verbindung mit D10 sowohl für den Hygieneartikel gemäß Anspruch 1 als auch für das Verfahren gemäß Anspruch 7 nahe.
VI. Die Argumente der Beschwerdegegnerin können wie folgt zusammengefasst werden:
Der während der mündlichen Verhandlung vorgelegte Antrag sei zuzulassen, da beide unabhängigen Ansprüche jeweils ausschließlich aus einer Kombination von erteilten Ansprüchen bestehen würden. Daher könnten keine formalen Einwände vorliegen.
Anspruch 1 betreffe einen absorbierenden Hygieneartikel mit einer Flüssigkeitsaufnahme-, verteiler- und -zwischenspeicherschicht, wobei das Gesamtporenvolumen, der Schäumungsgrad, sowie der Gehalt an Fasern diese Schicht des Artikels eindeutig charakterisieren. Weder aus D11 noch aus der Zusammenschau von D11 und D10 sei ein Hygieneartikel, welcher eine derartige Schicht enthalte, zu entnehmen.
Anspruch 7 betreffe ein Verfahren zur Herstellung eines derartigen zweilagigen Hygieneartikels. Die Flüssigkeitsaufnahme-, verteiler- und -zwischenspeicher-schicht sei durch die Verfahrensschritte als Faser-haltige extrudierte Schaumschicht charakterisiert. Ein derartiges Verfahren sei keinem der zitierten Dokumente zu entnehmen, auch nicht in deren Kombination.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen
Anspruch 1 besteht aus einer Kombination der erteilten Ansprüche 1, 2, 3, 5 und 7. Anspruch 7 besteht aus einer Kombination der erteilten Ansprüche 12 und 15. Die Erfordernisse des Artikels 123 EPÜ sind daher erfüllt.
3. Im Beschwerdeverfahren neu eingeführter Stand der Technik
D11 wurde mit der Beschwerdebegründung eingereicht. Im Beschwerdeverfahren rechtzeitig eingereichte neue Beweismittel werden - von Fällen einer missbräuchlichen Verfahrensgestaltung einmal abgesehen, wovon mangels entsprechendem Anhaltspunkt hier nicht auszugehen ist - der Prüfung der Beschwerde dann zugrunde gelegt, wenn sie für die zu treffende Entscheidung relevanter sind, als das bereits vorliegende Beweismaterial. D11 offenbart einen absorbierenden Hygieneartikel, welcher zusätzlich zu den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 des Streitpatents auch die Verwendung geschäumter Schichten als Flüssigkeitsaufnahme- und -verteilerschicht offenbart. Folglich liegt diese Gestaltung aus Sicht des Fachmanns näher am beanspruchten Gegenstand. D11 ist deshalb bei der Neuheitsprüfung und der Prüfung auf das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit der geltenden Ansprüche zu berücksichtigen. Hinzu kommt, dass die Vorlage des neuen Dokuments auch deshalb veranlasst war, weil die Beschwerdeführerin mit ihren in der ersten Instanz vorgelegten Beweismitteln erfolglos geblieben war.
4. Anspruch 1
4.1 Neuheit
4.1.1 D11 offenbart einen Hygieneartikel mit einer mehrlagigen Struktur der Absorptionsschicht (Anspruch 1). Die Speicherschicht kann einen Anteil von 50 - 100 % an superabsorbierenden Polymermaterialien aufweisen (Anspruch 5, S. 14, Z. 30/31). Die Flüssigkeitsaufnahme- und -verteilungsschicht soll vorzugsweise frei von derartigen Polymermaterialien sein (S. 12, Z. 22/23) und kann polymere geschäumte Materialien enthalten (S. 12, Z. 24/25). Als besonders vorteilhafte absorbierende Schäume wird darin auf HIPE-Schäume (welche durch Polymerisation aus einer Emulsion entstehen) hingewiesen (S. 12, Z. 25 bis S. 13, Z. 31).
4.1.2 Der in Anspruch 1 beanspruchte Gegenstand unterscheidet sich daher von dem in D11 offenbarte Hygieneartikel darin, dass
a) die Flüssigkeitsaufnahme-, -verteiler- und -zwischenspeicherschicht aus einem thermoplastischen Polymer unter Zusatz eines Treibmittels extrudiert ist,
b) diese Schicht ein Gesamtporenvolumen von wenigstens 30 ml aufweist und der Schäumungsgrad größer als 50 % ist,
c) und diese Schicht als Zuschlagstoffe 3 - 30 Gew.-% Fasern umfasst.
Da keines der entgegengehaltenen Dokumente dem beanspruchten Gegenstand näher kommt als die D11, ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu (Artikel 54 EPÜ 1973).
4.2 Erfinderische Tätigkeit
4.3 D11 weist allgemein auf polymere Schaummaterialien als Ergänzung oder Alternative zu den offenbarten verstärkten Faserschichten hin (S. 12, Z. 24/25) und stellt die Vorteile der Verwendung von HIPE-Schäumen ausführlich dar (S. 12, Z. 25 bis S. 13, Z. 31).
4.4 Ausgehend von diesem Stand der Technik, ist die dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents zugrunde liegende objektive technische Aufgabe darin zu sehen, eine Flüssigkeitsaufnahme-, -verteiler- und -zwischenspeicherschicht mit weiter verbesserten technischen Eigenschaften bereitzustellen. Gelöst wird diese technische Aufgabe durch die in Anspruch 1 definierten Materialien und Eigenschaften dieser Schicht.
4.5 Hierzu ist klarzustellen, dass eine Flüssigkeitsaufnahme- und -verteilerschicht wie in D11 offenbart, immer auch eine Flüssigkeitszwischen-speicherfunktion übernehmen muss, da sie sonst ihrer Verteilerfunktion nicht gerecht werden kann. Daher kann aus dieser Wortwahl keine zusätzliche Funktion oder Eigenschaft abgeleitet werden.
4.6 Damit bleibt die Frage zu klären, ob der Fachmann bei einer angestrebten Verbesserung der Flüssigkeits-aufnahme-, - verteiler- und -zwischenspeicherschicht die Lehre aus D10, welche auf eine geschäumte Schicht aus extrudierten thermoplastischem Material verweist, berücksichtigt und sie im Rahmen weiterer Untersuchungen verwendet hätte, und damit ausgehend von D11 ohne erfinderische Tätigkeit zum Gegenstand gemäß Anspruch 1 gelangt wäre.
4.6.1 Da der Fachmann ausgehend von D11 einen mindestens zweischichtigen Saugkörper den Überlegungen bereits zugrunde legt, und D11 auf die Möglichkeit Schaumschichten für die Flüssigkeitsaufnahmeschicht einsetzen hinweist (S. 12, Z. 24/25), würde der Fachmann die in D10 offenbarte Schaumschicht als technisch interessante Alternative ansehen, da aus D10 hervorgeht, dass die unter Zusatz eines Treibmittel extrudierten, offenporigen, thermoplastischen Schaumschichten eine verbesserte Absorptionsfähigkeit und -geschwindigkeit (S. 5, Z. 14 - 20) auch in verschiedenen Richtungen aufweisen (S. 9, Z. 15 - 20) und daher den in D11 offenbarten HIPE-Schaumschichten überlegen sind und in absorbierenden Hygieneprodukten zum Einsatz kommen können (S. 15, Z. 32 - 35). Daher handelt es sich hierbei um eine offensichtlich vorteilhafte und gezielte Auswahl, welche keine erfinderische Tätigkeit beinhaltet.
4.6.2 Anspruch 1 umfasst jedoch zusätzlich ein weiteres Merkmal, welches einen Anteil von 3 - 30 Gew.-% Fasern in der Flüssigkeitsaufnahme-, - verteiler- und -zwischenspeicherschicht bestimmt.
4.6.3 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass aus D11, S. 12 letzter Absatz bereits hervorgehe, dass die Flüssigkeitsaufnahme- und -verteilerschicht auch oder alternativ zu den Materialien aus verstärkten Fasern polymere Schaummaterialien enthalten könne. Dieser Satz bezieht sich allgemein auf polymeres Schaummaterial. Direkt anschließend wird dann als besonders vorteilhaft auf Schaummaterialien aus emulsions-basierenden HIPE-Schäumen verwiesen. Der allgemeine Hinweis auf die Verwendung von polymerem Schaummaterial gemeinsam oder alternativ mit Fasermaterialien betrifft daher nicht die beanspruchte Mischung in der das Polymer unter Zusatz eines Treibmittels extrudiert ist.
4.6.4 D10 verweist in Bezug auf die verbesserten Eigenschaften der extrudierten absorbierenden Schaumschichten ausschließlich auf reine polymere Schaumschichten. Die Steuerung der Flüssigkeitsaufnahme- und -verteilungs-funktion soll durch die Dichte, die Porengröße, die Zellgröße und den Gehalt an offenen Zellen sowie das Verhältnis der effektiven durchschnittlichen Porengröße zur durchschnittlichen Zellgröße erreicht werden.
4.6.5 Daher kann der Fachmann nicht ohne weiteres daraus schließen, dass eine derartige Flüssigkeitsaufnahme-schicht aus unter Zusatz eines Treibmittels extrudiertem Polymermaterial, welches zu einem bestimmten Gewichtsanteil Fasern umfassen sollte, in einem Hygieneartikel verwendet werden könne. Im übrigen zeigt keines der entgegengehaltenen Dokumente ein unter Zusatz eines Treibmittels extrudiertes Polymermaterial, welches zu einem bestimmten Gewichtsanteil Fasern umfasst.
4.6.6 Da D11 auf unter Zusatz eines Treibmittels extrudiertes Polymermaterial nicht eingeht, kann der Fachmann eine derartige Lehre weder diesem Dokument noch aus einer Kombination von D11 und D10 entnehmen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher nur unter Zugrundelegung einer erfinderischen Tätigkeit zu erreichen.
5. Anspruch 7
5.1 Das Verfahren nach Anspruch 7 unterscheidet sich von dem in D10 offenbarten Verfahren zumindest dadurch, dass als Zuschlagstoff Fasern in die Extrusionsvorrichtung eingebracht werden.
5.2 Ausgehend von Anspruch 29 der D10 als nächstliegendem Stand der Technik ist daher zunächst die Aufgabe zu bestimmen, die durch das unterscheidende Merkmal gelöst wird. Die dem Streitpatent zugrunde liegende objektive technische Aufgabe ist darin zu sehen, ein Verfahren zur Herstellung eines Hygieneartikels mit verbesserten Flüssigkeitsaufnahme und -verteilungseigenschaften herzustellen. Diese Aufgabe wird durch das Beimischen von Fasern während der Extrusion des Polymerschaums für die Flüssigkeitsaufnahme- und -verteilungsschicht gelöst.
5.3 Absatz [0011] des Streitpatents erläutert die Vorteile eines derartigen Faserzusatzes. Diese bewirken, dass während des Extrusionsvorgangs Kanäle gebildet werden, die das Eindringen und die Verteilung von wässriger Flüssigkeit in die Struktur und innerhalb der Struktur sowie die Weitergabe der Flüssigkeit an die im fertigen Hygieneartikel darunter angeordnete Speicherschicht fördern.
5.4 D11 kann weder ein Hinweis auf einen derartigen Verfahrensschritt noch auf den erzielten Effekt liefern, denn es wird lediglich auf emulsions-basierte Schäume verwiesen. D10 liefert ebenso keinen Hinweis auf einen derartigen Verfahrensschritt, da darin lediglich extrudierte Schäume als Alternative zu emulsions-basierten Schäumen offenbart werden.
5.5 Die Auffassung der Beschwerdeführerin, den Fachmann würde die Offenbarung aus D11 (S. 12, Z. 24/25) dazu führen, die Flüssigkeitsaufnahme- und -verteilungsschicht zusätzlich zu den in D11 bevorzugten verstärkten Fasern mit Schaummaterialien auszustatten, wäre nur dann zutreffend, wenn diese Textstelle auf den nunmehr beanspruchten Verfahrensschritt hinweisen würde. Diese Passage betrifft aber nicht den nunmehr beanspruchten Verfahrensschritt, den gewünschten Faseranteil direkt in die Extrusionsvorrichtung einzubringen und somit den Polymerschaum gemeinsam mit dem Faseranteil unter Zusatz eines Treibmittels zu extrudieren, sondern verweist lediglich allgemein auf die Verwendung polymeren Schaummaterials in Flüssigkeitsaufnahme- und -verteilungsschichten. In welcher Form die gemeinsame oder alternative Verwendung des Schaum- und Fasermaterials bei der Herstellung realisiert wird, ist nicht offenbart. Das Verfahren, wie hier beansprucht, kann somit weder aus D11 oder D10 alleine noch aus der Kombination dieser Dokumente abgeleitet werden.
6. Aus den oben dargelegten Gründen kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 und 7 nicht in naheliegender Weise aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik herleitbar ist und somit auf erfinderischer Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ 1973).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen, mit der Anordnung, das europäische Patent mit folgenden Unterlagen aufrecht zu erhalten:
Ansprüche 1 - 14, eingereicht am 22. Juni 2010;
Beschreibung: Spalten 1, 2, 2A, 3 - 8 eingereicht am 22. Juni 2010;
Zeichnungen: Figuren 1 - 3 wie erteilt.