European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2011:T163508.20110630 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 30 Juni 2011 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1635/08 | ||||||||
Anmeldenummer: | 02025459.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16L 11/12 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Flexibler, mehrschichtiger, beheizbarer Schlauch | ||||||||
Name des Anmelders: | ContiTech Schlauch GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Veritas AG | ||||||||
Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag, nein) Zulassung des verspätet eingereichten Hilfsantrags V (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 1 329 660 widerrufen worden ist, Beschwerde eingelegt.
Im Einspruchsverfahren war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 54 und 56 EPÜ angegriffen worden. Die Einspruchsabteilung war in der angefochtenen Entscheidung der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
II. Am 30. Juni 2011 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
III. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 3, eingereicht als Hauptantrag am 21. August 2008, oder, hilfsweise, des Anspruchs eingereicht als Hilfsantrag V in der mündlichen Verhandlung.
IV. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
V. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:
"1. Flexibler mehrschichtiger beheizbarer Schlauch (1), mit einer Innenschicht (7), mit wenigstens einer Verstärkungsschicht (2) und einer elastomeren Außenschicht (4) sowie einem zur Erwärmung eines im Schlauch (1) fließenden Mediums dienenden elektrischen Heizleiter (3), der sich über zumindest einen Teilbereich der Schlauchlänge erstreckt und aus einer metallischen Seele (5) und einer Ummantelung (6) besteht, wobei der Heizleiter (3) unter oder innerhalb der elastomeren Außenschicht (4) eingebettet ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Heizleiter (3) außerhalb der Verstärkungsschicht angeordnet ist und zumindest in einem Teilbereich der Schlauchlänge wendelförmig unter oder innerhalb der elastomeren Außenschicht (4) verläuft, und dass die elastomere Außenschicht (4) eine geringere Festigkeit als der Heizleiter (3) aufweist, die so bemessen ist, dass der Heizleiter (3) durch eine radial nach außen einwirkende Kraft unter Durchtrennen der ursprünglichen oder geschwächten elastomeren Außenschicht (4), aber ohne Schädigung seiner metallischen Seele (5) und seiner Ummantelung freilegbar und unmittelbar mit einer elektrischen Anschlußvorrichtung (9) elektrisch verbindbar ist."
Der Anspruch gemäß Hilfsantrag V lautet wie folgt:
"Verfahren zum Verbinden eines Heizleiters (3) eines flexiblen mehrschichtigen Schlauches (1) mit einer elektrischen Anschlußvorrichtung (9), wobei der Schlauch wenigstens eine Verstärkungsschicht (2) und eine elastomere Außenschicht (4) sowie einen zur Erwärmung eines im Schlauch fließenden Mediums dienenden elektrischen Heizleiter (3) aufweist, der sich über zumindest einen Teilbereich der Schlauchlänge erstreckt und aus einer metallischen Seele (5) und einer Ummantelung (6) besteht, wobei der Heizleiter (3) unter oder innerhalb der elastomeren Außenschicht (4) eingebettet ist, wobei der Heizleiter (3) außerhalb der Verstärkungsschicht (2) angeordnet ist und wobei die elastomere Außenschicht (4) eine geringere Festigkeit als der Heizleiter (3) aufweist, die so bemessen ist, daß der Heizleiter (3) durch eine radial nach außen einwirkende Kraft unter Durchtrennen der ursprünglichen elastomeren Außenschicht (4), aber ohne Schädigung seiner metallischen Seele (5) und seiner Ummantelung freilegbar und unmittelbar mit einer elektrischen Anschlußvorrichtung (9) elektrisch verbindbar ist, wobei die Enden des Heizleiters (3) durch eine radial nach außen einwirkende Kraft unter Durchtrennen der ursprünglichen elastomeren Außenschicht (4), aber ohne Schädigung seiner metallischen Seele (5) und seiner Ummantelung freigelegt und unmittelbar mit einer elektrischen Anschlußvorrichtung (9) elektrisch verbunden werden."
VI. Im Beschwerdeverfahren wurde insbesondere auf die Dokumente
E2: DE-U-295 18 580
E3: DE-A-41 18 926
E4: DE-A-199 15 228 und
E5: US-A-4 553 023
verwiesen.
VII. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Hauptantrag
Dokument E2 befasse sich nicht mit dem Freilegen des Heizleiters. Auch in Dokument E4 sei hierzu nichts ausgeführt. Das Freilegen des Heizleiters durch eine radial nach außen einwirkende Kraft sei somit durch diese Dokumente nicht nahegelegt. Beheizbare Schläuche gebe es schon seit Jahrzehnten, es sei aber nie eine einfache Lösung für das Freilegen des Heizdrahts eines solchen Schlauchs gefunden worden. Auch dieser Umstand spreche für die erfinderische Tätigkeit beim Gegenstand des Anspruchs 1.
Hilfsantrag V
Das Einreichen des Anspruchs gemäß Hilfsantrag V habe sich durch die vorausgegangene Diskussion in der mündlichen Verhandlung als notwendig erwiesen. Die in diesem Anspruch nunmehr ausschließlich beanspruchte Alternative, dass der Heizdraht die ursprüngliche, also die nicht geschwächte, elastomere Außenschicht durchtrenne, sei von Anfang an Bestandteil des Streitpatents gewesen, so dass die Beschwerdegegnerin genügend Zeit gehabt habe, diese Alternative zu recherchieren und sich darauf einzustellen. Es spreche somit nichts gegen die Zulassung des Hilfsantrags V. Keines der Dokumente zeige das Merkmal des Freilegens des Heizdrahts durch das Durchtrennen der ursprünglichen Außenschicht. Einen Draht, wie in Dokument E3 gezeigt, durch einen schon vorhandenen Schlitz der Außenschicht zu führen, stelle kein Durchtrennen dar.
VIII. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Hauptantrag
Dokument E2 offenbare alle Merkmale des Anspruchs 1 mit Ausnahme der Ummantelung des Heizdrahts. Dokument E4 gebe jedoch Hinweise, wann man eine solche Ummantelung vorsehe. Der Heizleiter müsse zwangsläufig freigelegt werden. Auch beim Schlauch des Dokuments E2 sei dies durch eine radial nach außen wirkende Kraft möglich. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Hilfsantrag V
In der angefochtenen Entscheidung werde darauf hingewiesen, siehe Punkt 3.1.1 der Entscheidungsgründe, dass der Anspruch nicht gewährbar sei, wenn eine der beiden Alternativen, nämlich Durchtrennen der ursprünglichen Außenschicht oder Durchtrennen der geschwächten Außenschicht, nicht gewährbar sei. Die Beschwerdeführerin hätte demnach schon zu Beginn des Beschwerdeverfahrens vorsorglich einen Hilfsantrag mit der Einschränkung auf eine dieser Alternativen vorsehen können. Der Hilfsantrag V solle deshalb als verspätet eingereicht nicht zugelassen werden. Außerdem handele es sich bei der nunmehr exklusiv beanspruchten Alternative um eine inhärente Eigenschaft der aus Dokument E2 bekannten Anordnung, da Metalldrähte grundsätzlich eine höhere Festigkeit besäßen als eine elastomere Außenschicht eines flexiblen Schlauchs. Auch sage der Anspruch nichts über die Eigenschaft der Außenschicht aus, zum Beispiel, ob sie, wie die Außenschicht bei Dokument E3, ursprünglich schon einen Schlitz aufweise, so dass dieser Anspruch nicht nur verspätet eingereicht, sondern auch prima facie nicht gewährbar sei.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag
Dokument E2 offenbart einen flexiblen mehrschichtigen beheizbaren Schlauch 1 mit einer Innenschicht 2, einer Verstärkungsschicht 5 und einer elastomeren Außenschicht 6 und einem zur Erwärmung eines im Schlauch fließenden Mediums dienenden elektrischen Heizleiter 4, der sich wendelförmig über die Schlauchlänge erstreckt und unter der elastomeren Außenschicht eingebettet und außerhalb der Verstärkungsschicht angeordnet ist (vgl. die Beschreibung und Figur 1). Da der Heizleiter üblicherweise aus Metall besteht, hat er eine höhere Festigkeit als die elastomere Außenschicht und kann deshalb durch eine radial nach außen einwirkende Kraft zumindest dann die Außenschicht durchtrennen, wenn diese geschwächt ist. Im Anschluss daran kann der so freigelegte Heizleiter mit einer elektrischen Anschlussvorrichtung verbunden werden.
Da Anspruch 1 nur von freilegbar und verbindbar spricht, als Vorrichtungsanspruch nicht aber vom tatsächlichen Freilegen und Verbinden, können die Eigenschaften des Heizdrahts, dass er durch eine radiale Kraft und unter Durchtrennen der Außenschicht freilegbar und unmittelbar elektrisch verbindbar ist, keinen Unterschied des Schlauchs gegenüber dem in Dokument E2 offenbarten Schlauch darstellen. Diese Eigenschaften weist in Verbindung mit der Beschaffenheit der Außenschicht zwangsläufig auch der Heizdraht des Dokuments E2 auf, auch wenn darin keine Aussage über die Art und Weise des Freilegens und Verbindens des Heizdrahts gemacht wird. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich demnach von dem in Dokument E2 offenbarten Schlauch nur dadurch, dass der Heizleiter mit einer Ummantelung versehen ist, da in diesem Dokument von einer Ummantelung des Heizdrahts nicht gesprochen wird.
Die Ummantelung eines stromführenden Drahts ist allerdings eine Maßnahme, die ein Fachmann entsprechend der gegebenen Umstände und Anforderungen treffen wird. Wenn die Gefahr besteht, dass sich elektrische Leiter berühren, so wird der Fachmann sie isolieren, um Kurz- oder Fehlschlüsse zu vermeiden. Darauf ist im Streitpatent selbst hingewiesen (vgl. Spalte 1, Zeilen 21 bis 25), und darauf wird in Dokument E4 hingewiesen (vgl. Spalte 2, Zeilen 27 bis 41), das sich ebenfalls mit einem flexiblen beheizbaren Schlauch befasst. Auch Dokument E5 bezieht sich auf einen flexiblen beheizbaren Schlauch, bei dem die Heizdrähte ebenfalls mit einer Ummantelung versehen sind (vgl. Spalte 3, Zeilen 61 bis 68). Die Ummantelung eines Heizdrahts eines beheizbaren Schlauchs ist deshalb als übliches fachmännisches Handeln anzusehen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
2. Hilfsantrag V
Der Hilfsantrag V wurde erst während der mündlichen Verhandlung vorgelegt und ist deshalb im Sinne des Artikels 114(2) EPÜ und des Artikels 13 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) als verspätet eingereicht anzusehen. Somit stellt sich die Frage der Zulässigkeit dieses Hilfsantrags.
Der Anspruch gemäß Hilfsantrag V bezieht sich auf ein Verfahren, in dem definiert ist, wie der Heizdraht eines flexiblen beheizbaren Schlauchs freigelegt und elektrisch verbunden wird. Der dabei verwendete Heizdraht entspricht dem Heizdraht des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag in der auf die ursprüngliche Außenschicht bezogenen Alternative, und das Verfahren beschränkt sich auf das Durchtrennen der ursprünglichen Außenschicht durch den radial nach außen gezogenen Heizleiter.
Im Einspruchsverfahren und im schriftlichen Abschnitt des Beschwerdeverfahrens waren stets zwei Alternativen vorgesehen, nämlich dass der Heizdraht unter Durchtrennen der ursprünglichen oder der geschwächten Außenschicht freilegbar ist bzw. freigelegt wird. Auch noch in dem nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Hilfsantrag III waren diese beiden Alternativen vorgesehen. Die angefochtene Entscheidung hat aber unmissverständlich darauf hingewiesen, dass bei Nichtgewährbarkeit einer der beiden Alternativen der ganze Anspruch nicht gewährbar sei (vgl. Punkt 3.1.1 der Entscheidungsgründe). Auch in dem der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Bescheid hat die Kammer einen Hinweis auf die Problematik der auf die geschwächte Außenschicht gerichteten Alternative gegeben (vgl. Punkt 5, "zumindest bei geschwächter Außenschicht"). Trotzdem hielt die Beschwerdeführerin sowohl in der Beschwerdebegründung als auch während des Beschwerdeverfahrens bis in die mündliche Verhandlung an auf beide Alternativen gerichteten Ansprüchen fest. Die Beschwerdegegnerin konnte deshalb davon ausgehen, dass dies ein verbindlicher Anspruchsumfang ist und sie mit Tatsachen und Argumenten gegen lediglich eine der beiden Alternativen zum Erfolg kommen könnte.
Durch die Einschränkung auf eine der beiden Alternativen für die Beschaffenheit der Außenschicht stellen sich zwei Fragen. Zum einen wird der Schwerpunkt auf einen Aspekt verlegt, von dem zuvor nicht erkennbar war, dass er eine entscheidende Rolle spielen könnte. Dieser Aspekt erfordert neue Überlegungen hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit, die zu einem so späten Zeitpunkt weder der Beschwerdegegnerin noch der Kammer ohne Vertagung der mündlichen Verhandlung zumutbar waren. Die Zulassung eines derart geänderten Vorbringens wäre daher nicht in Einklang mit den Bestimmungen des Artikels 13(3) VOBK. Außerdem stellt sich die Frage, ob der Anspruch gemäß Hilfsantrag V prima facie gewährbar sein könnte, denn es ist fraglich, ob das Freilegen des Heizdrahts unter Durchtrennen der ursprünglichen Außenschicht, deren Beschaffenheit mit Ausnahme der elastomeren Eigenschaft im Anspruch nicht näher definiert ist, überhaupt eine erfinderische Tätigkeit darstellen kann. Das Freilegen eines Drahts durch eine radial nach außen wirkende Kraft unter Durchtrennen der geschwächten Außenschicht ist dem Fachmann nämlich aus dem Bereich der Elektroinstallation bekannt und geläufig und, wie im Rahmen der Gegenstände der nicht weiter verfolgten Hilfsanträge diskutiert, auch in Verbindung mit einem beheizbaren Schlauch in Dokument E5 gezeigt (vgl. Spalte 5, Zeilen 3 bis 11 und Figur 5). Je nach den Gegebenheiten (Durchmesser des Drahts, Dicke und Festigkeit der Außenschicht) wird sich ein Fachmann aber nicht die Mühe machen, vor der Freilegung des Drahts die Außenschicht zu schwächen, wenn der Draht auch ohne diese Schwächung radial nach außen durch die Außenschicht gezogen werden kann, so dass auch die Freilegung eines Drahts, ohne vorher die Außenschicht zu schwächen, im Rahmen üblichen fachmännischen Handelns liegt.
Da also weder der Beschwerdegegnerin noch der Kammer weitergehende Überlegungen und Recherchen zu dem späten Zeitpunkt zumutbar waren und auch nicht erkennbar ist, dass das geänderte Vorbringen der Beschwerdeführerin zu einem gewährbaren Anspruch führen könnte, wird der Hilfsantrag V in Einklang mit Artikel 114(2) EPÜ und Artikel 13(1) und (3) VOBK nicht zugelassen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.