European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2009:T160108.20091216 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 16 Dezember 2009 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1601/08 | ||||||||
Anmeldenummer: | 01128197.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | B60K 17/356 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Antriebsanordnung für allradgetriebene Fahrzeuge | ||||||||
Name des Anmelders: | GKN Walterscheid GmbH, et al | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Brueninghaus Hydromatik GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Unzulässige Änderung (verneint) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Der von der Einsprechenden gegen das europäische Patent Nr. 1 234 706 eingelegte Einspruch, der unter anderem auf den Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 c) EPÜ 1973 gestützt wurde, führte mit der am 25. Juli 2008 zur Post gegebenen Entscheidung zum Widerruf des Patents.
II. Die Einspruchsabteilung befand, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 über den Inhalt der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht (Artikel 100 c) EPÜ 1973).
III. Gegen diese Entscheidung legten die Beschwerdeführerinnen (Patentinhaberinnen) unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr am 14. August 2008 Beschwerde ein. Die Beschwerdebegründung wurde am 14. November 2008 eingereicht.
IV. Am 16. Dezember 2009 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerinnen beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
V. Der erteilte Anspruch 1 hat den folgenden Wortlaut:
"Antriebsanordnung für allradgetriebene Fahrzeuge mit Vorderrädern und mit Hinterrädern, insbesondere für Traktoren für Landmaschinen oder Baumaschinen oder für selbstfahrende Arbeitsmaschinen, umfassend
- einen Antriebsmotor (1),
- einen ersten Antrieb (15) zum Antreiben der Hinterräder,
- einen zweiten Antrieb (27) zum Antreiben der Vorderräder,
- eine verstellbare Hydropumpe (5), die von dem Antriebsmotor (1) angetrieben ist,
- einen verstellbaren ersten Hydromotor (9) der antriebsmäßig mit dem ersten Antrieb (15) zum Antreiben der Hinterräder verbunden ist und der antriebsmäßig mit dem zweiten Antrieb (27) zum Antreiben der Vorderräder verbindbar ist,
- einen zweiten Hydromotor (10), der mittels einer ersten schaltbaren Kupplung (20) mit dem ersten Antrieb (15) zum Antreiben der Hinterräder verbindbar ist und der antriebsmäßig mit dem zweiten Antrieb (27) zum Antreiben der Vorderräder verbindbar ist,
dadurch gekennzeichnet,
daß der zweite Hydromotor (10) mittels einer zweiten schaltbaren Kupplung (24) mit dem zweiten Antrieb (27) zum Antreiben der Vorderräder verbunden ist, wobei der erste Hydromotor (9) einen hohen Wirkungsgrad innerhalb eines ersten Fahrgeschwindigkeitsbereichs des Fahrzeugs aufweist und der zweite Hydromotor (10) einen hohen Wirkungsgrad innerhalb eines zweiten Fahrgeschwindigkeitsbereichs des Fahrzeugs aufweist und wobei der zweite Fahrgeschwindigkeitsbereich über dem ersten Fahrgeschwindigkeitsbereich liegt, jedoch mit dem ersten Fahrgeschwindigkeitsbereich eine Überschneidung aufweist."
VI. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass das Merkmal (i) des kennzeichnenden Teils des erteilten Anspruchs 1
"wobei der zweite Fahrgeschwindigkeitsbereich über dem ersten Fahrgeschwindigkeitsbereich liegt, jedoch mit dem ersten Fahrgeschwindigkeitsbereich eine Überschneidung aufweist"
gegenüber dem Merkmal (i0) des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1
"wobei der erste Fahrgeschwindigkeitsbereich über dem zweiten Fahrgeschwindigkeitsbereich liegt, jedoch mit dem ersten Fahrgeschwindigkeitsbereich eine Überschneidung aufweist"
eine unzulässige Änderung darstellt.
VII. Zur Stützung ihres Vorbringen haben die Beschwerdeführerinnen vorgetragen, dass der Absatz [0008] der ursprünglich eingereichten Anmeldung EP-A-1 234 706 (nachfolgend D0 bezeichnet) eine eindeutige Grundlage für das Merkmal (i) bilde.
VIII. Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin stelle das Merkmal (i) eine unzulässige Änderung dar. Zwar sei im Absatz [0008] der Anmeldung D0 offenbart, dass der zweite Fahrgeschwindigkeitsbereich über dem ersten Fahrgeschwindigkeitsbereich liege, gleichwohl sei in dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 und in dem Absatz [0006] der Druckschrift D0 auch genau das Gegenteil ausgesagt, nämlich dass der erste Fahrgeschwindigkeitsbereich über dem zweiten Fahrgeschwindigkeitsbereich liege. Welche dieser zwei widersprüchlichen Aussagen die richtige sei, könne der Fachmann aus der ursprünglichen Offenbarung nicht unmittelbar und eindeutig erkennen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Frage der ursprünglichen Offenbarung in Hinblick auf das Merkmal (i) des erteilten Anspruchs 1
2.1 Das Merkmal (i0) des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1 hat den folgenden Wortlaut:
"wobei der erste Fahrgeschwindigkeitsbereich über dem zweiten Fahrgeschwindigkeitsbereich liegt, jedoch mit dem ersten Fahrgeschwindigkeitsbereich eine Überschneidung aufweist".
Wie bereits von der Einspruchsabteilung festgestellt, ergibt diese Formulierung, insbesondere die Angabe, dass der erste Fahrgeschwindigkeitsbereich mit dem ersten Fahrgeschwindigkeitsbereich, also mit sich selbst, eine Überschneidung aufweist, keinen Sinn. Obwohl diese Formulierung fehlerhaft ist, enthält sie dennoch die Offenbarung einer Überschneidung der Fahrgeschwindigkeitsbereiche, denn es ist letztendlich gleichgültig, ob der erste Bereich den zweiten überschneidet oder der zweite den ersten. Der Fachmann versteht aus dem Merkmal (i0), dass eine Überschneidung in Bezug auf die zwei zuvor definierten ersten und zweiten Fahrgeschwindigkeitsbereiche vorhanden sein soll.
2.2 Des Weiteren, wenn der Fachmann von den Textstellen der ursprünglich eingereichten Anmeldung D0 (Absatz [0006]) absieht, die aus patentrechtlichen Gründen (Regel 27 (1) c) 1973) den Wortlaut des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1 einschließlich der zuvor erwähnten mangelhaften Formulierung wiederholt, kann er im Absatz [0008] von D0 folgendes lesen:
"Der erste Hydromotor weist einen hohen Wirkungsgrad im ersten Fahrgeschwindigkeitsbereich, in der Regel dem Hauptfahrgeschwindigkeitsbereich, des Fahrzeugs auf. [...] Der zweite Hydromotor weist hingegen im zweiten, darüberliegenden Fahrgeschwindigkeitsbereich höherer Geschwindigkeit einen hohen Wirkungsgrad auf. Dies bedeutet, dass im Hauptfahrgeschwindigkeitsbereich der erste Hydromotor einen deutlich höheren Anteil am gesamten Antriebsmoment übernimmt als der zweite Hydromotor. Bei der ersten Schaltstellung bedeutet dies, dass ein höheres Antriebsdrehmoment über die Hinterräder als über die Vorderräder übertragen wird. Vorzugsweise werden 70 % des gesamten Antriebsdrehmoments über die Hinterräder und 30 % des gesamten Antriebsdrehmoments über die Vorderräder übertragen. Sobald sich die Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs erhöht, ändert sich dieses Verhältnis aufgrund der sich in Abhängigkeit der Fahrgeschwindigkeit ändernden Wirkungsgrade der Hydromotoren. Im zweiten Fahrgeschwindigkeitsbereich, der über dem ersten Fahrgeschwindigkeitsbereich liegt, wird der größte Anteil des gesamten Antriebsdrehmoments über die Vorderräder übertragen."
Diese Textstelle stellt in Verbindung mit der ursprünglich eingereichten Zeichnung eine schlüssige Schilderung eines technischen Sachverhalts dar und die darin enthaltenen Erwägungen machen auch technisch einen Sinn. Hier wird explizit angegeben, dass der zweite Fahrgeschwindigkeitsbereich über dem ersten Fahrgeschwindigkeitsbereich liegt. Diese Textstelle bestätigt auch implizit, dass eine Überschneidung zwischen dem ersten und dem zweiten Fahrgeschwindigkeitsbereich vorhanden ist.
Somit ist eine eindeutige und unmittelbare Offenbarung für das Merkmal (i) des erteilten Anspruchs 1 in den ursprünglich eingereichten Unterlagen gegeben.
2.3 Im Ergebnis ist festzustellen, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht über den Inhalt der Anmeldung D0 in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht.
3. Die Prüfung des Einspruchs wurde von der Einspruchsabteilung nicht abgeschlossen, da sie in ihrer Entscheidung die weiteren von der Einsprechenden geltend gemachten Einspruchsgründe nicht geprüft hat. Eine Abhandlung der weiteren strittigen Fragen durch die Kammer hätte daher zwangsläufig einen Instanzverlust zu Folge. Die Kammer hält es daher für angebracht, die Angelegenheit gemäß Artikel 111 (1) EPÜ 1973 an die erste Instanz zur Fortsetzung des Einspruchsverfahrens zurückzuverweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.