European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2011:T157008.20110308 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 08 März 2011 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1570/08 | ||||||||
Anmeldenummer: | 03708279.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | B29C 45/17 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Platte für eine Spritzgiessmaschine | ||||||||
Name des Anmelders: | KraussMaffei Technologies GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | HUSKY INJECTION MOLDING SYSTEMS LTD | ||||||||
Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Klarheit, Hauptantrag (ja) Unzulässige Erweiterung, Hauptantrag (nein) Neuheit, Hauptantrag (ja) Erfinderische Tätigkeit, Hauptantrag (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der der auf die in Artikel 100(a) EPÜ (fehlende Neuheit, Artikel 54 EPÜ; mangelnde erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ) genannten Gründe gestützte Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 1 497 096 zurückgewiesen worden ist, Beschwerde eingelegt.
II. Am 8. März 2011 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
III. Im Beschwerdeverfahren wurde auf folgende Druckschrift Bezug genommen:
E1: EP-A-0 747 196.
IV. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und, als Hauptantrag, das Patent auf der Grundlage des ersten Hilfsantrags, eingereicht am 8. Februar 2011, aufrechtzuerhalten, hilfsweise, auf der Grundlage des zweiten Hilfsantrags, eingereicht am selben Tag.
V. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:
"1. Platte für eine Spritzgießmaschine, insbesondere Schließ- und/oder Düsenplatte zur Aufnahme eines Werkzeuges (7) mit einem vorderen, eine Werkzeugauf spannfläche aufweisenden Plattenabschnitt (1), einem hinteren Plattenabschnitt (2), über den eine Kraftein leitung mittels einer Schließeinrichtung an zumindest zwei Positionen in die Platte möglich ist, und einem Verbindungsabschnitt (3), welcher den vorderen und den hinteren Plattenabschnitt (1, 2) miteinander verbindet, wobei,
der hintere Plattenabschnitt (2) in Form eines umlaufenden Rahmens (6) ausgebildet ist,
im hinteren Plattenabschnitt (2) Bohrungen (4) zur Aufnahme von Zugholmen angeordnet sind, und der Verbindungsabschnitt (3) mit dem hinteren Platten abschnitt (2) zumindest im wesentlichen außerhalb der Bohrungen (4) verbunden ist,
dadurch gekennzeichnet, dass der hintere Platten abschnitt (2) und der vordere Plattenschnitt (1) über umlaufende Seitenwände (3) verbunden sind, welche den Verbindungsabschnitt (3) bilden,
dass der Verbindungsabschnitt (3) unter einem spitzen Winkel in den vorderen Plattenabschnitt (1) mündet,
wobei die Position der Bohrungen im hinteren Platten abschnitt (2) auf die konstruktive Ausführung von vorderem Plattenabschnitt (1), Verbindungsabschnitt (3) und hinterem Plattenabschnitt (2) derart zueinander abgestimmt sind, dass sich die Flächenbereiche im hinteren Plattenabschnitt (2), an denen die Kraft ein leitung erfolgt, unter Lasteinwirkung im Wesentlichen nur in Krafteinleitungsrichtung verformen."
VI. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Änderungen
Der 'umlaufende Rahmen' sei nur in Kombination mit Verstärkungen (5) in den Eckbereichen offenbart worden (veröffentlichte Fassung der Anmeldung, Seiten 2 und 3 überbrückender Absatz; Seite 4, vorletzter Absatz; Figuren 1, 3 und 5). Durch das Entfallen dieser Verstärkungen entstünde eine ursprünglich nicht offenbarte Verallgemeinerung, so dass der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) nicht den Anforderungen des Artikels 123(2) EPÜ entspräche.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) sei nicht klar, weil es keine konkreten Merkmale zur relativen Größe des Ausschnitts gebe, um zwischen einer 'Platte mit einem inneren Ausschnitt' und einem 'Plattenab schnitt in Form eines umlaufenden Rahmens' zu unter scheiden.
Neuheit
Gemäß der Druckschrift E1 beziehe sich die Schnitt zeichnung gemäß Figur 4 noch auf ein weiteres Ausführungsbeispiel, bei dem als horizontaler Schnitt eine konische Version wie in Figur 5 gezeigt, dargestellt sei (Spalte 5, Zeilen 33 bis 36). Die Figur 4 selbst offenbare, dass der Verbindungsabschnitt (126, 128) mit dem hinteren Plattenabschnitt (114) im Wesentlichen außerhalb der Bohrungen (125) verbunden sei. Somit seien diese beiden Merkmale eindeutig und unmittelbar in Kombination in der Druckschrift E1 offenbart. Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) sei daher nicht neu.
Erfinderische Tätigkeit
Die Druckschrift E1 beschreibe den nächstliegenden Stand der Technik. Der Fachmann würde dem Hinweis in der Spalte 5, Zeilen 33 bis 36, die Figur 4 als einen horizontalen Schnitt der in Figur 5 gezeigten Ausführungsform anzusehen, folgen: Er würde deshalb die umlaufende konische Verbindungswand des dritten Ausführungsbeispiels gemäß der Figur 5 außerhalb der Zugholmbohrungen anbringen und gelange somit ohne erfinderisch tätig zu werden zum Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag).
Aus der Druckschrift E1 sei bereits die Biegeproblematik der Zugholme angesprochen (Spalte 2, Zeile 17 bis 31; Spalte 3, Zeilen 13 bis 15; Spalte 7, Zeilen 40 bis 43). Der Fachmann habe daher einen Anlass gehabt, das Merkmal der Ausführungsbeispiele der Figuren 2 bis 4, dass der Verbindungsabschnitt mit dem hinteren Plattenab schnitt im Wesentlichen außerhalb der Bohrungen verbunden sei, mit dem Merkmal des Ausführungsbeispiels der Figur 5, dass der hintere Plattenabschnitt und der vordere Plattenabschnitt über umlaufende Seitenwände verbunden seien, zu vereinen, um damit die Biegebeanspruchung der Zugholme zu reduzieren.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) beruhe somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
VII. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Änderungen
Der 'umlaufende Rahmen' des Anspruchs 1 (Hauptantrag) sei im die Seiten 2 und 3 überbrückenden Absatz der Anmeldung (veröffentlichte Fassung) ursprünglich offenbart. Anspruch 1 (Hauptantrag) erfülle somit die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
Der Begriff 'Plattenabschnitt' verweise lediglich auf einen der drei Abschnitte (vorderer und hinterer Plattenabschnitt, Verbindungsabschnitt) der beanspruchten Platte und sei nicht so auszulegen, dass er dessen spezifische Form beschreibe. Das Streitpatent gebe hierzu auch keinen Anlass. Ferner wisse der Fachmann spätestens aus dem Streitpatent, was unter einem umlaufenden Rahmen zu verstehen sei. Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) sei somit klar.
Neuheit
Die Merkmale "der Verbindungsabschnitt (3) [ist] mit dem hinteren Plattenabschnitt (2) zumindest im Wesentlichen außerhalb der Bohrungen (4) verbunden" und "der hintere Platten abschnitt (2) und der vordere Platten[ab] schnitt (1) [sind] über umlaufende Seitenwände (3) verbunden" des Anspruchs 1 (Hauptantrag) seien nicht eindeutig und unmittelbar in Kombination in der Druckschrift E1 offenbart. Ferner offenbare die Druckschrift E1 keinen hinteren Plattenabschnitt in Form eines umlaufenden Rahmens. Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) sei somit neu.
Erfinderische Tätigkeit
Die Druckschrift E1 beschreibe den nächstliegenden Stand der Technik. Der Fachmann habe keine Veranlassung, das Merkmal der Ausführungsbeispiele der Figuren 2 bis 4, dass der Verbindungsabschnitt mit dem hinteren Plattenabschnitt im Wesentlichen außerhalb der Bohrungen verbunden sei, mit dem Merkmal des Ausführungsbeispiels der Figuren 4 und 5, dass der hintere Plattenabschnitt und der vordere Plattenabschnitt über umlaufende Seitenwände verbunden seien, zu vereinen, um damit die im Streitpatent gestellte Aufgabe (Absatz [0004], Streitpatent), dass der hintere Plattenabschnitt unter der Schließlast nicht wegkippe oder sich nach außen verforme, zu lösen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) beruhe somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Entscheidungsgründe
Hauptantrag
1. Änderungen
1.1 Anspruch 1 (Hauptantrag) unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 dadurch, dass das Merkmal
"der hintere Plattenabschnitt (2) einen umlaufenden Rahmen (6) umfasst"
durch das Merkmal
"der hintere Plattenabschnitt (2) in Form eines umlaufenden Rahmens (6) ausgebildet ist"
ersetzt und der Anspruch dadurch eingeschränkt wurde (Artikel 123(3) EPÜ).
1.2 Der die Seiten 2 und 3 überbrückende Absatz der veröffentlichten Fassung der Anmeldung offenbart: "Eine besonders bevorzugte Ausbildungsform ist dadurch gekennzeichnet, dass der hintere Plattenabschnitt in Form eines umlaufenden, vorzugsweise an seinen Ecken verstärkten Rahmen ausgebildet ist". Dieser Absatz gehört zum allgemeinen Teil der Offenbarung und bezieht sich somit nicht ausschließlich auf das Ausführungsbei spiel. Ferner geht aus diesem Absatz hervor, dass die Verstärkungen in den Eckbereichen des Rahmens lediglich einer bevorzugten Ausgestaltung entsprechen. Das Merkmal, dass "der hintere Plattenabschnitt (2) in Form eines umlaufenden Rahmens (6) ausgebildet ist", ist somit in dieser allgemeinen Form ursprünglich offenbart.
Anspruch 1 (Hauptantrag) erfüllt daher die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
1.3 Der Begriff eines 'umlaufenden Rahmens' ist an sich verständlich und somit auch an sich nicht unklar. Zudem wird der umlaufende Rahmen (6) in der Beschreibung und dem Ausführungsbeispiel beschrieben (Absatz [0007] und [0015], Figuren 1 bis 3, Streitpatent) ohne, dass es dabei zu einem Widerspruch oder einer sonstigen Unklarheit kommt. Der von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Einwand, bezüglich der Abwesenheit konkreter Unterscheidungsmerkmale einer ebenfalls als umlaufenden Rahmen ansehbaren 'Platte mit einem inneren Ausschnitt', hebt lediglich hervor, dass der Schutz umfang breit gefasst ist. Zu einer Unklarheit kommt es dabei aber nicht.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) ist somit klar (Artikel 84 EPÜ).
1.4 Die im Anspruch 1 (Hauptantrag) vorgenommenen Änderungen sind klar und genügen den Erfordernissen der Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.
2. Neuheit
Die Druckschrift E1 offenbart verschiedene Ausführungs beispiele einer Platte für eine Spritzgießmaschine (Spalte 3, letzte Zeile bis Spalte 4, Zeile 18; Figuren 1 bis 5).
Bei der Platte gemäß den ersten und zweiten Ausführungs beispielen (Figuren 2 und 3, sowie Figur 4 insofern diese einen senkrechten Schnitt darstellt und sich auf das zweite Ausführungsbeispiel bezieht) besteht der Verbindungsabschnitt lediglich aus zwei Rippen 26, 28 (Figuren 2 und 3) bzw. 126, 128 (Spalte 5, Zeilen 28 bis 32; Figur 4), die zu den Seiten hin offen sind, und somit keine umlaufenden Seitenwände bilden.
Bei der Platte gemäß dem dritten Ausführungsbeispiel (Figuren 4 und 5, insofern sich Figur 4 auf das Ausführungsbeispiel der Figur 5 bezieht) besteht der Verbindungsabschnitt aus einer umlaufenden (konischen) Seitenwand 226 und ist gemäß Figur 5 innerhalb der Bohrungen 238 mit dem hinteren Plattenabschnitt 214 verbunden. In Spalte 5, Zeilen 36 bis 40 wird dies in Bezug auf die Schnittansicht der Figur 4 zusätzlich dahingehend bestätigt, dass die Zugholme 125 eigentlich in Figur 4 nicht sichtbar seien, weil diese von der Seitenwand 226 des Verbindungsabschnitts verdeckt sind. Daraus folgt, dass die den Verbindungsabschnitt bildende Seitenwand zwangsläufig mit dem hinteren Platten abschnitt innerhalb der Bohrungen der Zugholme verbunden ist.
Die sich auf Figur 4 beziehende Textpassage Spalte 5, Zeilen 33 bis 40 enthält verschiedene Ungereimtheiten: so kann die Schnittansicht der Figur 4 kein horizontaler Schnitt der Platte gemäß Figur 5 darstellen, weil in diesem Fall die Zugholme sich nicht mit der konischen Seitenwand 226 des Verbindungsabschnitts überschneiden würden. Zudem ist der Verweis auf die Abwesenheit der Löcher 124 nicht nachvollziehbar, weil diese zwangsläufig für den Durchgang der Zugholme durch die die Spritzgussform aufnehmende vordere Platte 212 benötigt werden. Es wurde seitens der Beschwerdeführerin argumentiert, dass der Fachmann innerhalb dieser Textpassage den Satz "The cross-section taken horizontally could be substantially the same to define another embodiment" (Spalte 5, Zeilen 33 bis 35) daher auch isoliert betrachten würde, und so einen Hinweis auf ein weiteres, vermeintlich viertes, alleine auf der Figur 4 basierendes Ausführungsbeispiel bekäme. Bei einem derartigen nur auf der Figur 4 basierendem vierten Ausführungsbeispiel bleibt aber die Ausgestaltung der Seitenwände des Verbindungsabschnitts abseits der in der Figur 4 gezeigten Schnittdarstellung völlig offen. Eine eindeutige und unmittelbare Offenbarung einer umlaufenden Seitenwand ist somit hierbei nicht gegeben.
Somit offenbart keines der Ausführungsbeispiele der Druckschrift E1 eindeutig und unmittelbar in Kombination die Merkmale des Anspruchs 1 (Hauptantrag), nämlich dass "der Verbindungsabschnitt (3) mit dem hinteren Plattenabschnitt (2) zumindest im wesentlichen außerhalb der Bohrungen (4) verbunden ist" und "der hintere Plattenabschnitt (2) und der vordere Platten[ab] schnitt (1) über umlaufende Seitenwände (3) verbunden sind". Diese Kombination ist zudem auch nicht dem allgemeinen Teil der Beschreibung der Druckschrift E1 entnehmbar.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) ist somit neu (Artikel 54 EPÜ).
3. Erfinderische Tätigkeit
Die Druckschrift E1 offenbart mit dem alleine auf der Figur 4 basierenden vermeintlichen vierten Ausführungs beispiel (Spalte 5, Zeilen 33 bis 36) den nächstlie genden Stand der Technik.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) unter scheidet sich davon dadurch, dass "der hintere Platten abschnitt (2) und der vordere Platten[ab]schnitt (1) über umlaufende Seitenwände (3) verbunden sind, welche den Verbindungsabschnitt (3) bilden" und "die Position der Bohrungen im hinteren Plattenabschnitt (2) auf die konstruktive Ausführung von vorderem Plattenabschnitt (1), Verbindungsabschnitt (3) und hinterem Plattenab schnitt (2) derart zueinander abgestimmt sind, dass sich die Flächenbereiche im hinteren Plattenabschnitt (2), an denen die Krafteinleitung erfolgt, unter Lasteinwirkung im Wesentlichen nur in Krafteinleitungsrichtung verformen".
Der dadurch erzielte Effekt, "dass sich die Flächen bereiche im hinteren Plattenabschnitt, an denen die Krafteinleitung erfolgt, unter Lasteinwirkung im Wesentlichen nur in Krafteinleitungsrichtung verformen" entspricht der im Streitpatent gestellten Aufgabe, nach der die Platte "sich dadurch auszeichnet, dass bei den Bereichen, über welche die Schließkräfte von der Schließeinheit eingeleitet werden, keine Biegebeanspru chung wirkt. Die Platte sollte in diesen Bereichen also nicht wegkippen oder sich nach außen verformen" (Absatz [0004], Streitpatent).
Die in der Druckschrift E1 gestellte Aufgabe besteht hauptsächlich darin, die die Spritzgussform aufnehmende vordere Seite der Platte auch unter Einwirkung der Schließlasten gleichmäßig und plan zu halten (Spalte 2, Zeile 32 bis Spalte 3, Zeile 12; Spalte 6, Zeilen 42 bis 45; Spalte 7, Zeilen 10 bis 37). Dadurch erfahren die Zugholme auch eine gleichmäßigere Belastung und geringere Biegung (Spalte 7, Zeilen 40 bis 43). Diese bilden auch eine weitere explizite Aufgabenstellung in der Druckschrift E1 (Spalte 2, Zeile 17 bis 31; Spalte 3, Zeilen 13 bis 15; Spalte 7, Zeilen 40 bis 43).
Bei allen in der Druckschrift E1 offenbarten Ausführungsbeispielen bewirken die Schließlasten, dass der hintere Plattenabschnitt unter einer sie dehnenden Zugbelastung steht, wodurch wiederum die Zugholme nach außen gedrückt werden (Spalte 6, Zeilen 46 bis Spalte 7, Zeile 9, Figuren 2, 4 und 5). Somit wird bei den in der Druckschrift E1 offenbarten Lösungen geduldet, dass in den Bereichen der Zugholme, über welche die Schließ kräfte von der Schließeinheit eingeleitet werden, eine Biegebeanspruchung wirkt, bzw. die Platte in diesen Bereichen wegkippt oder sich nach außen verformt. Dies bildet dementsprechend auch den im Absatz [0003] (Streitpatent) gewürdigten Ausgangspunkt für die Erfindung des Streitpatents.
Die Druckschrift E1 enthält somit kein Hinweis darauf, dass die Kombination der Merkmale "der Verbindungs abschnitt [ist] mit dem hinteren Plattenabschnitt zumindest im Wesentlichen außerhalb der Bohrungen verbunden" und "der hintere Plattenabschnitt und der vordere Platten[ab]schnitt [sind] über umlaufende Seitenwände verbunden" eine Lösung der im Streitpatent gestellten Aufgabe erreichen kann. Zwar ist in der Druckschrift E1 das erste dieser beiden Merkmale in den ersten beiden Ausführungsbeispielen und das zweite im dritten Ausführungsbeispiel enthalten, die Auswirkung der Kombination dieser Merkmale auf die Vermeidung der Verbiegung des hinteren Plattenabschnitts unter der Schließlast wurde aber offensichtlich nicht erkannt.
Es wurde seitens der Beschwerdeführerin argumentiert, dass der Fachmann von Spalte 5, Zeilen 33 bis 36 den Hinweis, die Figur 4 als horizontalen Schnitt der Figur 5 zu nehmen, dahingehend folgen würde, das dritte Ausführungsbeispiel gemäß Figur 5 dem Schnitt der Figur 4 anzupassen und somit zu einer umlaufenden Verbindungswand, welche außerhalb der Zugholmbohrungen mit dem hinteren Plattenabschnitt verbunden ist, gelangen würde. Dieses Argument basiert auf einer rückschauenden Betrachtungsweise, weil insofern der Fachmann in der Textpassage, Spalte 5, Zeilen 33 bis 40 dem Verweis auf Figur 5, folgt, er keinen Anlass hat, von dem dritten Ausführungsbeispiel gemäß Figur 5 mit der umlaufenden konischen Verbindungswand, welche innerhalb der Zugholmbohrungen mit dem hinteren Plattenabschnitt verbunden ist, abzuweichen. Somit führt ein Heranziehen der Figur 5 nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag).
Es wurde seitens der Beschwerdeführerin ferner argumentiert, dass der Fachmann, um die Biegebelastung der Zugholme zu reduzieren, das Merkmal der umlaufenden konischen Verbindungswand des dritten Ausführungs beispiels gemäß Figur 5 und das Merkmal, dass "der Verbindungsabschnitt mit dem hinteren Plattenab schnitt zumindest im Wesentlichen außerhalb der Bohrungen verbunden ist", der Ausführungsbeispiele 2 und 3 und insbesondere der Figur 4, kombinieren würde und somit zu einer umlaufenden Verbindungswand, welche außerhalb der Zugholmbohrungen mit dem hinteren Plattenabschnitt verbunden ist, gelangen.
Wie bereits erörtert wurde in der Druckschrift E1 die Auswirkung der Kombination dieser Merkmale auf die Vermeidung der Verbiegung des hinteren Plattenabschnitts unter der Schließlast nicht erkannt. Somit hat der Fachmann für diese Vorgehensweise keinen Anlass, so dass diese Argumentation ebenfalls auf einer rückschauenden Betrachtungsweise basiert.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 wird somit durch die Druckschrift E1 nicht nahe gelegt und beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
Die abhängigen Ansprüche 2-7 betreffen Weiterbildungen der Erfindung und beruhen ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit.
4. Da der Hauptantrag der Beschwerdegegnerin gewährbar ist, war auf den Hilfsantrag nicht einzugehen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent im geänderten Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
a) Beschreibung: Seiten 2 und 3, eingegangen in der mündlichen Verhandlung und Seite 4, wie erteilt,
b) Ansprüche 1 bis 7, eingegangen am 8. Februar 2011 als erster Hilfsantrag,
c) Zeichnungen: Figuren 1 bis 6, wie erteilt.